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Die nationale Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc arbeitet mit ihren deutschen Kollegen zusammen

Die Teilnehmer einer Studienreise vor dem Hamburger Hafen © Nationale Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc

 

In dem während des Zweiten Weltkriegs von der deutschen Armee requirierten Gefängnis von Montluc wurden Jean Moulin, Marc Bloch und die Kinder von Izieu gefangen gehalten. Von den 10.000 Internierten des Gefängnisses wurden fast 7000 deportier.

Die nationale Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc, die 2010 als nationale Gedenkstätte besonderer Bedeutung eingeweiht wurde, ist damit Teil der vom Verteidigungsministerium und dem Nationalen Büro der Kriegsveteranen und Kriegsopfer geleiteten Standorte.

 

Ziel dieser Gedenkstätte ist es, die Tausenden Widerstandskämpfer, Juden und Geiseln, die während des Zweiten Weltkriegs Opfer der Nazi und des Vichy-Regimes wurden, zu würdigen und die Einführung repressiver Politik besser verständlich zu machen. Als unerlässlicher regionaler Akteur zur Vermittlung dieser Geschichte ist es der Gedenkstätte nunmehr wichtig, diesen Projekten eine europäische Dimension zu verleihen. Dazu wurde im April 2018 in Frankreich und Deutschland eine Fortbildung für Geschichtelehrer der Académie de Lyon organisiert. Unter dem Titel Vom Gefängnis von Montluc zum Universum der Konzentrationslager ermöglichte die Fortbildung den Lehrern, die Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc, die Gedenkstätte der Internierung des Lagers Royallieu, die Gedenkstätte des Lagers Neuengamme, den Denkort Bunker Valentin sowie die Gedenkstätte Bullenhuser Damm kennenzulernen. Der rote Faden dieser Tage bestand darin, den Weg der Internierten des Gefängnisses von Montluc zu verfolgen, die dann über das Durchgangslager Royallieu in diese Lager deportiert wurden. Vom Studium der Schicksale mit oft tragischem Ausgang ausgehend, konnten die Teilnehmer drei wichtige Themenkreise an der Spitze der zeitgenössischen Geschichtsschreibung behandeln: das Verständnis der Besatzung und der Internierung in der Südzone, in der das Gefängnis von Montluc einen zentralen Platz einnahm, die Kenntnis der Zwangsarbeit in den Lagern und Unterlagern und schließlich die Verwendung der Untersuchung der Verfolger in einem didaktischen Rahmen.

 

Im Nationale Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc wurde eine Führung mit verschiedenen Stimmen durchgeführt, um die Rolle des Gefängnisses im repressiven Räderwerk des deutschen Militärkommandos und der in Lyon von Klaus Barbie befehligten Abteilung IV der SIPO-SD, allgemein Gestapo genannt, in seiner Komplexität zu erfassen. Die Mitarbeiter präsentierten anschließend das pädagogische Angebot, dessen Grundlagen auf der sorgfältigen Geschichtstheorie beruhen. Workshops bieten Schülern die Möglichkeit, den Weg der Internierten anhand des Studiums von Archivdokumenten nachzuzeichnen, wodurch ein Nachdenkprozess über die Geschichtsschreibung beginnt.

 

Der Historiker Thomas Fontaine beendete den Tag mit einem Vortrag über die repressive Deportation. Durch Erläuterung des Weges, der ihn vom Studium der Deportierten zum Verständnis der Deportation gebracht hat, führte er die Entwicklung der repressiven Politik der Nazi und des Systems der Aufteilung der Deportierten auf die Konzentrationslager genau aus.

 

Die Teilnehmer wurden anschließend in Compiègne bei der Gedenkstätte des Internierungslagers Royallieu von der Direktorin der Einrichtung, Frau Anne Bonamy, willkommen geheißen. Die Gedenkstätte des Lagers Royallieu ist ein Ort mit ehrgeizigen Zielen. Sie soll in Zukunft mit jener des Gefängnisses von Montluc zusammenarbeiten, da der Großteil seiner nicht jüdischen männlichen Internierten hier durchgekommen ist.

 

Ein dritter Fortbildungsteil fand in Deutschland in Hamburg und Bremen statt. Die Lehrer besichtigten die Gedenkstätte des Lagers Neuengamme. Das 30 Kilometer von Hamburg entfernt liegende Lager Neuengamme war zwischen 1940 und 1945 das wichtigste Konzentrationslager im Nordwesten Deutschlands. Etwa 100.400 Menschen wurden dorthin deportiert, darunter die Internierten des Gefängnisses von Montluc ab dem Frühjahr 1944. Vier Konvois mit insgesamt mehr als 7000 Menschen kamen aus dem Lager Royallieu in Neuengamme an.

 

Nach einem Besuch der Stätte sprach der Leiter des pädagogischen Dienstes ein Thema an, das im Zentrum der neuen französischen Geschichtsschreibung steht: die Untersuchung der Peiniger, und die Art und Weise, in der sich dieser Gedenkort dieses Thema annimmt, das im Rahmen des Unterrichts und des Gedenkens vorsichtig und behutsam zu behandeln ist.

Am nächsten Tag geht es um das Thema Zwangsarbeit, das den Studientag in der Gedenkstätte vom Bunker Valentin einnahm. Im Bunker Valentin, dessen Kommando mit Neuengamme verbunden war, hätten die Teile eines U-Boots der Nazi zusammengebaut werden sollen, aber der Bunker wurde vor seiner Fertigstellung von den Alliierten bombardiert. 10.000 Zwangsarbeiter, darunter zahlreiche Franzosen, die zuerst im Gefängnis Montluc und dann in Royallieu interniert waren, wurden gezwungen, dieses riesige Bauwerk zu errichten. Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen und die willkürliche Gewalt der Verfolger führten dazu, dass fast 3000 Menschen auf der Baustelle ihr Leben verloren. Durch Vertiefung des Themas der Zwangsarbeit konnten die Lehrer gleichzeitig sowohl die Vielfalt als auch die Entwicklung der Logik der Konzentrationslager erfassen: von der ideologischen Gleichschaltung bis zur wirtschaftlichen Ausbeutung. Die gleichermaßen fanatischen wie pragmatischen Nazis setzten die belastbaren Deportierten als bedingungslos ausgelieferte und austauschbare Arbeitskräfte ein, die zu den Kriegsanstrengungen beitragen mussten. Jedoch sind es Privatunternehmen, die mit der Leitung der Produktion beauftragt wurden und so selbst im Verbund mit der SS die Deportierten ausbeuteten. Die Anstrengungen der zeitgenössischen Geschichtsschreibung gehen darüber hinaus: der Durchlässigkeit des Universums der Konzentrationslager mit der Zivilgesellschaft Gehör zu verschaffen.

 

Die wissenschaftliche Leiterin der Einrichtung, Christel Trouvé, stellte die pädagogischen Aktivitäten der Gedenkstätte Bunker Valentin vor. Der übergreifende, innovative Ansatz der Workshops begeisterte die Teilnehmer.

 

Der letzte Tag einer Fortbildung, die mit Streifzügen auf den Pfaden der Geschichte und des Gedenkens durch die Straßen von Hamburg belebt wurde, fand in der Gedenkstätte Bullenhuser Damm statt. Dieses Unterlager von Neuengamme wurde ausgewählt, um dort in der Nacht von 20. auf 21. April 1945 jüdische Kinder zu ermorden, die Opfer medizinischer Versuche im Hauptlager waren, sowie deren Pfleger, darunter der Internierte des Gefängnisses von Montluc, Gabriel Florence. Dieser Ort, der seit 2011 eine Gedenkstätte ist, ermöglichte die Behandlung der Geschichte der Shoah und der Prozesse nach dem Krieg unter der Perspektive der Mikrogeschichte.

 

Die Leistung der Studienreise war es daher, den Teilnehmern eine Verschiebung vorzuschlagen, indem sie die französischen pädagogischen Maßnahmen und geschichtlichen Auslegungen mit den deutschen Ansätzen und Interpretationsrastern vergleichen. Die Fortbildung zeigte, dass sie sich nicht widersprachen, sondern sich im Gegenteil ergänzten. Diese französisch-deutsche Perspektive der Untersuchungen der Internierung und Deportation trug dazu bei, die Sichtweisen zu öffnen, um an einer profunden Kenntnis dieser Zeit zu arbeiten. Neue thematische Perspektiven, die den Akteuren des Schulwesens innerhalb und außerhalb der Schule am Herzen liegen und dann bei den Schülern wieder Einzug halten.

 

Der Veranstalter der Fortbildung, die nationale Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc, rechnet damit, dass diese Kooperation mit den deutschen Gedenkstätten fortgesetzt wird. Ziel ist es, diese Aktionen langfristig zu implementieren und den jungen Generationen zu zeigen, dass die französisch-deutsche Beziehung nach einer langen Zeit der Konflikte mittlerweile im Zeichen eines beruhigten Gedenkens steht. Es verleiht Hoffnung und Mut, den jungen Generationen zu zeigen, dass die Geschichte kein Verhängnis ist. Im Gegenzug ist auch eine Studienreise zur Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc mit Mediatoren der deutschen Gedenkstätten sowie mit Professoren geplant.