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Die Stellung der Widerstandskämpferinnen im nationalen Gedenken Deutschlands

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Nina von Stauffenberg (dritte von rechts), Witwe von Claus von Stauffenberg, bei den Gedenkfeiern zum Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler, 20. Juli 1953. © Harry Croner/Ullstein Bild/Roger-Viollet

Im Juni 2019 verabschiedete der Deutsche Bundestag den Antrag „Würdigung der Frauen im deutschen Widerstand", der die Unsichtbarkeit von Widerstandskämpferinnen sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Forschung feststellte. Dabei hatten diese eine entscheidende Funktion. Sie wurden jedoch hauptsächlich zu Vermittlerinnen der Erinnerung der Männer, was dazu beigetragen hat, ihre eigene Rolle zu verdrängen oder zu schmälern.
 

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Im Rahmen der Frauenforschung tauchte das Thema des Widerstands deutscher Frauen ab den 1980er Jahren durch die Arbeiten von Annette Kuhn, Valentine Rothe, Rita Thalmann oder Claudia Koonz auf. Bis dahin hatten nur einige wenige Frauengestalten die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Der Fall Sophie Scholl ist sinnbildlich, da es in der Bundesrepublik seit der Nachkriegszeit zu einer Quasi-Sakralisierung dieser aus einem bürgerlich-protestantischen Milieu stammenden Studentin kam, deren Wirken je nach Zeitpunkt und Bedarf entweder übermäßig christianisiert oder entpolitisiert wurde. Frühe Anerkennung fand sie auch in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), wo bereits 1950 Straßen nach ihr benannt wurden. Diese Überpräsenz geht jedoch auf Kosten anderer Widerstandskämpferinnen, die überlebten, z. B. als Teil der Weißen Rose, wie Traute Lafrentz oder Lilo Rahmdohr.

Die beschränkte Anerkennung des Widerstands der Frauen

Erst 1993 wurde in Berlin von Christl Wickert die erste Tagung über den Widerstand deutscher Frauen organisiert. Die Tagungsunterlagen erschienen 1995 unter dem Titel Frauen gegen die Diktatur. Während bereits in den 1970er Jahren einige Zeitzeugenberichte von Widerstandskämpferinnen aus dem Arbeitermilieu herausgegeben wurden, erschienen ab den 1990er Jahren nach und nach auch Berichte von Frauen, die bekannten Gruppen angehörten, z. B. der Bekennenden Kirche oder der Verschwörung, die zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 führte. In den 1990er Jahren wurde der Widerstand der Frauen in der Bundesrepublik sichtbarer, aber das Interesse an ihm blieb marginal, und er wurde in der Öffentlichkeit und manchmal auch in der Forschung oft auf den „Widerstand des Herzens" (Nathan Stoltzfus) reduziert. Diese herabsetzende Formulierung soll sowohl vermeintliche Motivationen (sentimental, emotional) als auch Handlungen (beistehen, Hilfe leisten) zusammenfassen.

Für diese beschränkte Anerkennung gibt es mehrere Gründe. Zunächst kam es nach 1945 zu einer starken Aufwertung politischer Handlungen auf Kosten anderer. Es sei daran erinnert, dass der deutsche Widerstand praktisch unbewaffnet war: Es gab nur etwa 40 Attentatsversuche auf Hitler, keinen Maquis und nur wenige Sabotageaktionen. Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung innerhalb der Gruppen führte dazu, dass Frauen eher Sekretariatsarbeiten, Logistik, Kommunikation und Betreuung übernahmen, während die rein politischen Tätigkeiten (Texte schreiben, Programmdiskussionen, Planung, Verschwörung) den Männern vorbehalten waren. Diese Aufteilung zieht sich durch das gesamte politische Spektrum, von den Kommunisten bis zu den Konservativen. So wurde beispielsweise der Widerstand, der darin bestand, Juden bei sich aufzunehmen oder ihnen bei der Flucht zu helfen, in der Bundesrepublik erst spät gewürdigt, da das Museum zu diesem Thema erst 2008 in Berlin eingeweiht wurde. Diese Widerstandshandlungen wurden in zwei von drei Fällen von Frauen ausgeführt. Schon die Bezeichnung dieser Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer als stille Helden deutet auf ein bescheidenes Verhalten der Zurückhaltung hin, das sich nicht allein durch die Zugehörigkeit zum „Volk der Henker" erklären lässt und das nach dem Krieg häufig bei Widerstandskämpferinnen zu beobachten war. Die Überbewertung der politischen Formen des Widerstands hat also dazu beigetragen, die Aktionen der Frauen auszublenden.

 

Sophie Scholl

Sophie Scholl (1921-1943), deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, die der Bewegung „Weiße Rose" angehörte, 1940. © Ullstein Bild/Roger-Viollet

 

Eine weitere Ursache lag darin, dass die Frauen in den Polizei- und Gerichtsarchiven des Regimes unterrepräsentiert waren. Geschlechtervorurteile führten dazu, dass Polizei und Justiz die Rolle der Frauen im Widerstand unterschätzten oder ihre Aktionen entpolitisierten, mit Ausnahme derer, die als Marxistinnen galten und ebenso hart bestraft wurden wie Männer. Der Richter Roland Freisler bot beispielsweise der Studentin Eva-Maria Buch bei ihrem Prozess im Februar 1943 die Möglichkeit, sich von der Gruppe des Roten Orchesters zu distanzieren, mit der Begründung, sie habe die Art der Aktionen nicht wirklich verstanden und sei manipuliert worden, was die junge Frau jedoch entschieden bestritt. Umgekehrt erklärte Nina von Stauffenberg, die Witwe von Claus von Stauffenberg, dass sie vor der Gestapo „die kleine, dumme, mit Kindern, Windeln und schmutziger Wäsche überforderte Hausfrau" gespielt habe, um die Repressalien zu mildern, die sie nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 trafen. Diese Vertuschung oder Verharmlosung der Handlungen von Frauen durch Polizei und Justiz führte zu verzerrten Aussagen in den Archiven und beeinflussten den Blick der Forscher. Auch die Versuche, den Anteil der Frauen im Widerstand zu ermitteln, der je nach Milieu zwischen 10 und 20 % schwankt, sind quellenbedingt verzerrt.

In der DDR stellte sich die Frage nach der Stellung der Frauen im Widerstand nicht als solche, da die Geschlechterfragen in der marxistisch-leninistischen Konzeption des ostdeutschen Staates den Klassenfragen untergeordnet waren. Entsprechend dem Bild, das die DDR von sich als Garant für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zeichnen wollte, wurden von der Nachwelt jedoch auch Widerstandskämpferinnen porträtiert, die in Zellen der KPD, der Kommunistischen Partei Deutschlands, aktiv waren. So hatte auch die DDR symbolische Frauenfiguren, deren Heroisierung mit einer Verzerrung der Tatsachen einherging, wie z. B. Liselotte Herrmann, eine alleinerziehende Mutter, die mit 28 Jahren hingerichtet wurde und die alle ab den 1970er Jahren geborenen ostdeutschen Schulkinder dank Paul Dessaus Vertonung eines ihr gewidmeten Gedichts von Friedrich Wolf kennen. Die Gedenkpolitik führte 1959 auch zur Errichtung eines Denkmals im ehemaligen Frauenlager Ravensbrück, doch laut der Historikerin Anne Kwaschik bedauerten die ehemaligen Insassinnen, dass die die Skulptur mit dem Titel „Die Tragende" von Will Lammert sie als „sozialistische Pietà" darstellte, die ein totes Kind trug und sie auf Trauer, Mutterschaft und bestenfalls Solidarität beschränkte, während das Denkmal im Männerlager Buchenwald stehende Kämpfer feierte. In der Statue selbst sahen die Frauen eine Herabwürdigung ihrer Widerstandshandlungen.

Frauen als Vermittlerinnen des Gedenkens an den Widerstand

Die geschlechtsspezifischen Vorurteile des NS-Regimes sorgten dafür, dass nicht-marxistische Widerstandskämpferinnen eine höhere Überlebensrate als Männer hatten, was dazu führte, dass sie nach 1945 eine entscheidende Rolle spielten. Ob Schwestern, Ehefrauen oder Kameradinnen im Untergrund, Frauen wurden in der Nachkriegszeit zu Hüterinnen der Erinnerung an die Verschollenen, bei denen es sich überwiegend um Männer handelte. In der Bundesrepublik, wo Widerstand lange Zeit als Verrat am Vaterland galt, war es die vorrangige Aufgabe der Überlebenden, die Ehre der Verschollenen zu verteidigen, indem sie die Legitimität ihrer Handlungen, ihren Opfersinn und gegebenenfalls ihren Patriotismus betonten. Kurz vor seiner Hinrichtung vertraute beispielsweise der konservative Diplomat Ulrich von Hassel sein Tagebuch seiner Frau an, in der Hoffnung, dass sie es nach dem Krieg herausgeben und damit zu seiner Rehabilitierung beitragen würde.

 

Nina von Stauffenberg

Nina von Stauffenberg (dritte von rechts), Witwe von Claus von Stauffenberg,
bei den Gedenkfeiern zum Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler, 20. Juli 1953. © Harry Croner/Ullstein Bild/Roger-Viollet

 

Einige Frauen haben einen Teil ihres Lebens der Aufgabe gewidmet, dieses „Erbe" am Leben zu erhalten (Marion Yorck von Wartenburg). In den Reihen der Konservativen sammelten viele von ihnen beispielsweise die Dokumente, die das erste Archiv entstehen ließen, das von der Stiftung des 20. Juli, verwaltet wurde, deren erste Vorsitzende mit Renate von Hardenberg eine Frau war. In den Reihen des Widerstands der Arbeiterklasse und der Sozialdemokraten, deren Anerkennung in der Bundesrepublik vor dem Hintergrund der ideologischen und territorialen Spaltung zwischen den beiden Deutschlands noch später erfolgte als die der konservativen Widerstandskämpfer, bildete sich parallel zum offiziellen Diskurs ein militantes Gedenken heraus, das zum Teil von Frauen geführt wurde.

In zahlreichen Gruppen veröffentlichten diese autobiografische Dokumente, die von den Verschollenen geschrieben wurden - Memoiren, Korrespondenz, Tagebücher - und trugen so zu einem besseren Verständnis des Widerstands bei. Freya von Moltke veröffentlichte zum Beispiel 1988 eine Sammlung der Briefe, die ihr Mann Helmuth James von Moltke geschrieben hatte. Andere Frauen haben Zeugenaussagen gesammelt oder vorgelegt, wie das emblematische Büchlein Die Weiße Rose, das bereits 1953 von Inge Aicher-Scholl, der jüngeren Schwester von Hans und Sophie Scholl, veröffentlicht wurde und ihren Werdegang aus der Perspektive der Familie nachzeichnet.

Ab den 1980er Jahren war eine weitere Form des Engagements die Teilnahme an pädagogischen Aktionen für das schulische Publikum. Dies ist der Fall für Anneliese Knopp-Graf, eine Schwester von Willi Graf, der ebenfalls Mitglied der Weißen Rose war, und die sich besonders für diese Art von Treffen einsetzte. Freya von Moltke und Rosemarie Reichwein, Mitglieder und Ehefrauen von Mitgliedern des Kreisauer Kreises, einer Denkfabrik, deren politisches Spektrum von Sozialisten bis zu Konservativen reichte, engagierten sich für die deutsch-polnische Freundschaft und setzten sich dafür ein, das Gut Kreisau im polnischen Oberschlesien zu rehabilitieren und es anschließend in eine internationale Jugendbegegnungsstätte umzuwandeln. Frauen haben auf diese Weise aktiv am Gedenken an den Widerstand mitgewirkt, doch taten sie dies diskret und traten nur selten auf der politischen Bühne oder in den Medien in Erscheinung. Wenn man sich zum Beispiel die nationalen Gedenkfeiern ansieht, die seit 1952 jährlich am 20. Juli in Berlin stattfinden, muss man feststellen, dass sie erst spät eingeladen wurden, dort eine Rede zu halten, und dies dann auch nur in einer Minderheit taten.

 

Liselotte Herrmann

Liselotte Herrmann und ihr Sohn. Als kommunistische Aktivistin und Anti-Nazi-Widerstandskämpferin wurde sie 1938 im Alter von 28 Jahren hingerichtet. © German Resistance Memorial Center

 

Die Herabsetzung der eigenen Rolle durch die Widerstandskämpferinnen selbst

In ihren rückblickenden Erzählungen neigten viele Widerstandskämpferinnen dazu, ihre eigene Rolle herunterzuspielen. Diesem Phänomen scheinen mehrere Ursachen zugrunde zu liegen. Zunächst ist da das Überlebenden-Syndrom, das sie wahrscheinlich dazu veranlasst hat, zugunsten der Verstorbenen im Schatten zu bleiben. Tatsächlich handelt es sich bei den Symbolfiguren, ob weiblich oder männlich, fast ausschließlich um Persönlichkeiten, die vom Regime hingerichtet wurden. Es gibt außerdem eine Kontinuität zwischen dem „Syndrom der kleinen Hand" bei Widerstandsaktionen (Julien Blanc) und ihrer Darstellung nach den Ereignissen. So erklärte Emmi Bonhoeffer 1983, dass sich ihre Aktionen darauf beschränkten, vor dem Haus Wache zu halten, wenn sich die Männer drinnen zur Verschwörung trafen, oder verschlüsselte Telefonanrufe zu tätigen, als ob solche Aktionen, die sie als unpolitisch bezeichnete, nicht genauso riskant und für die Verschwörung unerlässlich waren.

Es gibt eigene Modalitäten für die Schilderung von Widerstandsaktionen durch Frauen. Margarethe von Oven, Akteurin der Verschwörung vom 20. Juli 1944, berichtete im Alter von über achtzig Jahren mit den folgenden Worten: „Gut, ich möchte betonen, dass ich nur ein Federhalter war, zwar ein guter Federhalter, aber deshalb möchte ich nicht zu den Frauen des 20. Juli gezählt werden. (…) Ja, gewiss, ich habe einen kleinen Beitrag geleistet, aber ich möchte nicht, dass dies hervorgehoben wird. (…) Ich verberge nichts, aber ich möchte nicht, dass mir ein Krönchen auf den Kopf gesetzt wird. Das macht mich allergisch." Dass Frauen in den Darstellungen des Widerstands nicht sichtbar waren, liegt auch daran, dass ihre Schilderungen, sofern sie überhaupt stattfanden, weder als Schilderungen des Widerstands formuliert noch als solche gehört wurden.

In der DDR finden sich die Frauen in dieser Position als Erinnerungsvermittlerinnen wieder, was sich auch in ihrer Rolle beim Aufbau des Gedenkens an den Widerstand der deutschen Kommunisten in Frankreich zeigt. Nachdem diese in der offiziellen Erinnerung an den ostdeutschen Antifaschismus in der Nachkriegszeit auf den Index gesetzt worden waren, erfolgte ihre Rehabilitierung in den 1970er Jahren, wie Alix Heiniger betont, durch den Aufbau eines speziellen Archivs. Drei Frauen, Luise Kraushaar und Edith Zorn sowie später Dora Schaul, die selbst antifaschistische Kämpferinnen waren, sammelten die etwa 2.500 Zeugenberichte, aus denen sich dieses Archiv zusammensetzt.

 

Die Tragende

Die Tragende von Will Lammert, Lager Ravensbrück, 2013. © Jessica Spengler

 

Über alle Grenzen und Ideologien hinweg gibt es übrigens Situationen, die unter den Mathilda-Effekt fallen, ein Name, der die Vereinnahmung der wissenschaftlichen Arbeit von Frauen durch ihre männlichen Kollegen bezeichnet. So verfasste Edith Zorn ein Manuskript über antifaschistische Widerstandskämpfer in Frankreich, das nicht veröffentlicht wurde, dessen Ideen aber von den Kommunisten Florimonte Bonte in Frankreich und Karlheinz Pech in der DDR in ihren jeweiligen Werken aufgegriffen wurden, ohne dass Zorn zitiert wurde. Clarita von Trott zu Solz ihrerseits vertiefte sich zwischen 1956 und 1958 in die Unterlagen ihres Mannes, des Diplomaten Adam von Trott zu Solz, um eine Biografie zu verfassen. Ein Exemplar vertraute sie ihrem britischen Freund Henry O. Malone an, der 1980 die erste Biografie des Diplomaten verfasste. Ihr 215 Seiten umfassendes Originalmanuskript wurde erst 1994 veröffentlicht.

Die seit 2019 im Zuge des Parlamentsantrags gestarteten Forschungs- und Ausstellungsprojekte werden zweifellos dazu beitragen, unser Wissen über den Widerstand deutscher Frauen zu erweitern. In der unmittelbaren Zukunft ist die Figur der Sophie Scholl weiterhin Gegenstand intensiver Vermittlungsarbeit. Mehrere Comics für Jugendliche wurden ihr gewidmet und ein Instagram-Account (@ ichbinsophiescholl/„je suis Sophie Scholl") wurde im Mai 2021 eingerichtet, um eine fiktive Bloggerin namens Sophie Scholl zu Wort kommen zu lassen und so die letzten zehn Monate ihres Lebens nachzuzeichnen. Dieser Account verzeichnet weltweit fast eine Million Abonnenten, was eine beachtliche Zahl ist. Zwar hat diese Vermittlungsarbeit den Verdienst, den deutschen Widerstand in Deutschland und im Ausland bekannt zu machen, behindert aber wahrscheinlich auch eine pluralistische und differenzierte Wahrnehmung der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer.

 

Hélène Camarade - Professorin für Germanistik an der Universität Bordeaux Montaigne, Mitglied des Institut universitaire de France