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Franklin Delano Roosevelt

1882-1945

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Roosevelt en 1933. ©Library of Congress/Elias Goldensky

Franklin Delano Roosevelt kommt am 30. Januar 1882 als Sohn einer holländischen Kolonistenfamilie zur Welt, die im 17. Jahrhundert in die USA ausgewandert war. Er absolviert ein Studium an der hoch angesehenen Universität von Harvard und beginnt zunächst eine Karriere als Rechtsanwalt, bevor er sich dann der Politik zuwendet und den Spuren seines Cousins Theodore Roosevelt, Präsident der Vereinigten Staaten von 1901 bis 1909, folgt.

Als Star der demokratischen Partei beginnt er 1910 seine politische Karriere, nachdem er zum Senator des Staates New York gewählt wurde. 1913 wird er von Präsident Woodrow Wilson zum Staatssekretär der Marine ernannt. Während des Ersten Weltkrieges war er verantwortlich für die Entwicklung der U-Boote und das Anlegen eines Minenfelds in der Nordsee, mit dem Ziel, die alliierten Schiffe gegen die Angriffe der deutschen U-Boote zu schützen.

Im Rahmen einer Inspektionsreise nach England und an die französische Front trifft er zum ersten Mal auf Winston Churchill.

Nach dem Waffenstillstand wird er mit der Demobilisierung betraut und gibt deshalb im Juli 1920 seinen Posten bei der Marine auf. Im selben Jahr beginnt nach der Niederlage der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl eine lange Durststrecke, während der er 1921 schwer erkrankte und infolgedessen er seine Beine nicht mehr bewegen konnte.

Dennoch kehrt er 1928 auf die politische Bühne zurück und wird zum Gouverneur des Staates New York gewählt. Während dieses Mandats treibt er verschiedene Reformen voran, sowohl für die ländlichen Regionen als auch im sozialen Bereich. Insbesondere nennenswert ist die Errichtung eines temporären Büros für Sofortmaßnahmen. Dazu zählten die Unterstützung von Arbeitslosen, Senkung der Arbeitszeiten für Frauen und Kinder und die Verbesserung der klinischen Versorgung. Zudem zeigt er viel Toleranz im Umgang mit Immigration und Religion. Seine erfolgreiche Arbeit wird durch die Wiederwahl im Jahr 1930 bestätigt.

 

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Roosevelt (rechts) mit Woodrow Wilson am 14. Juni 1914. ©Library of Congress /Öffentliches Eigentum

 

1932 tritt Roosevelt als Kandidat der Demokraten für die Präsidentschaftswahl an. Seine Kampagne basiert auf dem New Deal, ein Programm zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise, welche dem Land seit dem Börsenkrach im Jahr 1929 schwer zu schaffen macht. Er wird mit 57% der abgegebenen Stimmen gewählt und setzt sein Programm zur Wiederbelebung der Wirtschaft und zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit um. Weiterhin reformiert er das amerikanische Bankensystem und führt die Sozialversicherung ein. Obwohl die Wirtschaft nach wie vor schwach ist, greifen die von Roosevelt eingeführten Maßnahmen immer mehr und er wird in den Jahren 1936 und 1940 erneut gewählt.

Während sich die Lage in Europa zunehmend verschlechtert, drängt er auf einen Bruch mit der politischen Isolation und Neutralität der Vereinigten Staaten, was vom Kongress und der öffentlichen Meinung in den USA gestützt wurde. Im September 1939 gelingt ihm zuerst die Aufhebung der Gesetze über das Embargo für den Verkauf von Waffen an Krieg führende Mächte. 1941 folgt die Zustimmung des Kongresses zur Unterstützung der Alliierten durch unentgeltliche Waffenlieferungen. Das am 11. März 1941 unterzeichnete Gesetz Lend-Lease (Leih- und Pachtgesetzt) schafft den Amerikanern die Grundlage für die Lieferung von Kriegsmaterial an die Alliierten, ohne direkt in den Konflikt einzugreifen. Am 14. August 1941 unterzeichnen Roosevelt und Churchill die Atlantik-Charta, eine gemeinsame Erklärung zur Festlegung der moralischen Grundsätze. Sie gelten als Basis für die Rückführung zu dauerhaftem Frieden und sind später Grundlage für die Charta der Vereinten Nationen (Juni 1945).

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Der amerikanische Präsident Roosevelt bei der Unterzeichnung der Kriegserklärung gegen Japan am 8. Dezember 1941.
© National Archives und Records Administration/ Abbie Rowe

 

In der Zwischenzeit verschlechtern sich im pazifischen Raum die Beziehungen zwischen Japan und den Westmächten. Die USA bekräftigen durch einen Leih-/Pachtvertrag ihre Unterstützung für China und stellen sich somit gegen Japan. Im Gegenzug verweigert Japan seinen Rückzug aus Indochina und China, woraufhin die USA, Großbritannien und die Niederlande den Entschluss fassen, ein Embargo für Rohstoffe zu verhängen und gleichzeitig das auf US Konten befindliche Vermögen Japans einzufrieren. Am 7. Dezember 1941 bombardieren die japanischen Streitkräfte Pearl Harbor, den größten Marinestützpunkt der USA im pazifischen Ozean, woraufhin die USA in den Krieg eintreten.

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Franklin Delano Roosevelt bei der Unterzeichnung der Kriegserklärung gegen Deutschland am Donnerstag, 11. Dezember 1941.
© Farm Security Administration/Office of War Information/Öffentliches Eigentum

 

1942 konzentriert sich Roosevelt auf die europäische Front und versucht gleichzeitig, den japanischen Vormarsch im Pazifik in Schach zu halten. In diesem Rahmen beginnt die Intervention der USA an der Seite Großbritanniens, zunächst in Nordafrika (Operation Torch im November 1942), gefolgt vom Eingreifen in Europa durch die Landung in Italien und Frankreich.

Während des gesamten Konflikts zählt Roosevelt zu den Hauptakteuren der Konferenzen der Alliierten (Anfa im Januar 1943 zur Festlegung der nächsten europäischen Front und der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, Dumbarton Oaks vom August bis Oktober 1944 zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung der Vereinten Nationen sowie Jalta im Februar 1945 zur Lösung der Probleme im Europa der Nachkriegszeit).

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Franklin D. Roosevelt, Churchill, Giraud und de Gaulle während der Konferenz von Anfa (Casablanca), 24. Januar 1943.
© National Archives and Records Administration

 

Roosevelt, der die Legitimität von General de Gaulle nicht anerkennt und ihm misstraut, weil er in ihm einen kommenden Diktator sieht, ist gegen die Beteiligung des Freien Frankreich an den Vereinten Nationen, solange keine Wahlen in Frankreich stattgefunden haben. Die Rückkehr von Laval an die Macht im Jahr 1942 hat zur Folge, dass die Vichy-Regierung den amerikanischen Botschafter zurückruft und die Einrichtung eines Konsulats in Brazzaville genehmigt. Der amerikanische Präsident unterstützt zunächst Admiral Darlan (einen offenkundigen Kollaborateur) und später General Giraud (einen überzeugten Vichy-Anhänger), mit dem Ziel, die Arbeit des französischen Komitees zur nationalen Befreiung in Algier zu erschweren, das unter der Leitung von de Gaulle stand, während Giraud zur Ausführung rein militärischer Aufgaben verbannt wurde.

Seine Vorstellung, das befreite Frankreich unter die militärische Besatzung der Amerikaner (AMGOT) zu stellen, kommt nicht mehr zum Tragen, nachdem General Eisenhower am 30. Dezember 1943 de Gaulle bestätigt: "Unter den gegebenen Umständen anerkenne ich für Frankreich ausschließlich Ihre Autorität an." Als Zeichen der Beruhigung und zur Zufriedenstellung der Presse und der öffentlichen Meinung der Amerikaner, die dem General sehr wohlgesonnen war, empfängt er ihn im Juli 1944 in Washington.  Dennoch folgt die offizielle Anerkennung der provisorischen Regierung der Französischen Republik erst im Oktober 1944. Auch wird der Regierungschef nicht nach Jalta eingeladen, da das Misstrauen immer noch nicht ganz verschwunden war. 

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Konferenz von Jalta, 1945. ©Army Signal Corps Collection/National Archives

 

Am 7. November 1944 wird Franklin Roosevelt für seine vierte Amtszeit im Weißen Haus wiedergewählt. Am 12. April 1945 stirbt er überraschend an einer Hirnblutung. Wie in der amerikanischen Verfassung festgelegt, tritt der Vizepräsident Harry Truman seine Nachfolge an.

 

Philippe Viannay

1917-1986

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Philippe Viannay (au centre). ©Fondation de la Résistance, AERI, coll. Défense de la France DR

 

Nichts hatte ihn darauf vorbereitet, dem Krieg ins Auge zu sehen und in den Widerstand zu gehen. Und dennoch wird Philippe Viannay mit 25 Jahren der unumstrittene Anführer einer der wichtigsten Widerstandsbewegungen in der Zone Nordfrankreich. Rückblick auf den Werdegang eines freiheitsliebenden Mannes, der ein Vorreiter in verschiedensten Bereichen war.

 

Im Universum der großen Führungspersönlichkeiten der Résistance nimmt Philippe Viannay einen besonderen Platz ein. Obwohl er die Gruppe Défense de la France (DF), eine bedeutende Widerstandsbewegung in der Zone Nordfrankreichs geleitet hat, ist er weniger bekannt als viele seiner seine Kollegen, wie Frenay, Bourdet oder das Ehepaar Aubrac, um nur einige zu nennen. Seine Jugend – 1940 ist er gerade erst 23 Jahre alt, seine Weigerung, nach dem Krieg eine politische Karriere einzuschlagen, die posthume Veröffentlichung seiner Memoiren…, all dies erklärt dieses relative Stillschweigen. Zugleich erinnern sich alle, die im begegnet sind – sei es im Dunkel des Widerstands oder im Ausbildungszentrum für Journalisten (CFJ), im Club Jean Moulin oder im Segelklub „Centre nautique des Glénans“ - mit viel Emotionen an eine äußerst charismatische Persönlichkeit. Was auch immer seine Verdienste waren, es geht hier nicht darum, eine hagiographische Sicht auf einen Widerstandskämpfer zu liefern, sondern darum, die Besonderheit einer wichtigen Führungsperson der Armee im Schatten zu erforschen.

Philippe Viannay wird 1917 in einem konservativen Umfeld geboren: Sein Vater steht der PSF des Colonel la Rocque nahe, seine Mutter entstammt eher dem niedrigen Amtsadel. Er war übrigens der Meinung, dass seine Familie einer „Ehrenbourgeoisie“ angehörte, die Geld verachtete, obwohl sie ein wenig davon hatte. Nach einem Jahr in einer Vorbereitungsklasse (hypokhâgne) am Lycée Louis-le-Grand beginnt er ein Philosophiestudium und zieht auch das Priesteramt in Betracht, eine Berufung, die er 1938 beiseite legt, um sein Studium an der Sorbonne fortzusetzen.

Nachdem er 1940 tapfer gekämpft hat, kommt er nach Paris zurück, fest entschlossen, wie es das Leitmotiv sagt, „Etwas zu tun“. Und tatsächlich plant er ab Oktober 1940 die Herausgabe einer Untergrundzeitung nach der Idee eines Arbeitgebers seiner Freunde, Marcel Lebon. Mit Hilfe eines ehemaligen Studienkollegen, Robert Salmon, und der Studentin Hélène Mordkovitch, die er an der Sorbonne kennen gelernt hat und 1942 heiratet, gibt er eine Untergrundzeitung namens Défense de la France heraus, deren erste Ausgabe am 14. Juli 1941 erscheint.

Kann man sich von seinen Ursprüngen emanzipieren? Der Werdegang Viannays lädt zu einer nuancierten Antwort ein. Der Spross einer konservativen katholischen Familie übernimmt in mehrerer Hinsicht die Reflexe seines Milieus. DF hält bis 1942 eine Linie ein, die Petain unterstützt und ihm fälschlicherweise eine widerständische Gesinnung zuschreibt. Der Philosophiestudent konstruiert seinen Kampf auch auf ethischem Niveau. Er versucht nicht, militärisch gegen den Besatzer vorzugehen, sondern ruft vor allem zu einer moralischen Mobilisierung auf.

Gleichzeitig entfernt sich Viannay von seinem Milieu. Weit davon entfernt, dem Marschall blind zu folgen, sieht er im Kampf gegen die Deutschen eine absolute Priorität. Und Dank Hélène Viannay wird DF zu einem Ort, an dem sich eine eher rechts situierte Bourgeoisie vor allem mit russischen Emigranten, die eher links anzusiedeln sind, vermischt. 

Durch sein Charisma, sein Organisationstalent und seine offene Geisteshaltung gibt Viannay anschließend seiner Bewegung eine neue Richtung. Sich der Tatsachen bewusst, verlässt die Zeitung schrittweise die Linie Petains, um nach einem Umweg über Giraud schließlich de Gaulle zu unterstützen. Vor allem tritt die DF progressiv in den bewaffneten Kampf ein und gründet Freikorps und anschließend Maquis, insbesondere in Bourgogne-Franche-Comté und Seine-et-Oise. Aber es gelingt ihm nicht, sich bei der France Combattante durchzusetzen. Obwohl er die Mittel erhält, die es ihm unter anderem gestatten, ein Büro für falsche Papiere zu finanzieren, ist seine Bewegung nicht Bestandteil des Conseil national de la Résistance. Ohne Zweifel hatte Viannay mehr organisatorisches als politisches Talent! Deshalb zieht er es 1944 vor, in Seine-et-Oise, wo er schwer verletzt wird, zu kämpfen, als in Paris die offizielle Herausgabe von Défense de la France /France Soir vorzubereiten.

 

Viannay

Albert Bernier, Philippe Viannay (in der Mitte) und Françoise de Rivière, Maquis von Seine-et-Oise, August 1944.
© Fondation de la Résistance, AERI, coll. Défense de la France DR

 

Obwohl er Abgeordneter der beratenden Versammlung ist, beendet Viannay nach der Befreiung seine politische Karriere und seine Arbeit bei France-Soir. Hingegen gründet er, mit dem Ziel Journalisten auszubilden, deren Mangel an Professionalismus er vor dem Krieg festgestellt hatte, das CFJ, beteiligt sich an der Zeitung France-Observateur, und ruft den Segelklub „Centre nautique des Glénans“ ins Leben. In diesem Sinne bleibt er seinen Postulaten treu. Obwohl er sich über die Union de la Gauche socialiste und später den Club Jean Moulin für öffentliche Angelegenheiten interessiert, bevorzugt er, sich in der zivilen Gesellschaft einzubringen – ein roter Faden, der sein Engagement im Widerstand mit seinen Engagements während der ruhigeren Zeiten der wieder gefundenen Republik verbindet. Er stirbt 1986 im Alter von 69 Jahren.


Olivier Wieviorka, Autor von Une certaine idée de la Résistance, Seuil, 1995, Neuaufl. 2010. In Les Chemins de la Mémoire, 240/November 2013

Colonel Rémy

1904-1984

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Bildquelle: ©Chancellerie de l’Ordre de la Libération

Schon 1940 beginnt Gilbert Renault, alias Rémy, das bedeutendste Nachrichtennetzwerk des Freien Frankreichs auf die Beine zu stellen: die Confrérie Notre-Dame, die zahlreiche Aktionen in Frankreich ausführen wird. Sein Biograf, der Historiker Guy Perrier, kommt auf sein Wirken zurück, vor allem, was das Jahr 1943 betrifft.

 

Erschüttert vom Zusammenbruch 1940 weigert sich Gilbert Renault, ein strenggläubiger Katholik, der den Ideen von Action Française nahe steht, ohne dieser Bewegung jedoch jemals anzugehören, die Niederlage Frankreichs zu akzeptieren. Er trennt sich von seiner Frau und seinen vier Kindern, verlässt die Stadt Vannes und begibt sich nach England, wo er sich General de Gaulle anschließt. Zwischen den beiden entstehen respektvolle und freundschaftliche Verbindungen, die trotz der zukünftigen Meinungsverschiedenheiten bestehen bleiben. De Gaulle weist ihn dem 2. Büro, welches später das Bureau central de renseignement et de l'action (BCRA) (Zentralbüro für Aufklärung und Aktion) werden sollte, unter Leitung von Oberst Passy, mit richtigem Namen André Dewavrin zu, der ihn damit beauftragt, ein Netzwerk entlang der Atlantikfront zu errichten, von wo aus die deutsche Kriegsmarine die britischen Schiffe bedroht. 

Ein neues Leben beginnt somit für den impulsiven, eigenwilligen und ehrenhaften Abenteurer Rémy, der, nachdem er verschiedenste Berufe ausgeübt hatte, lange Zeit als Filmproduzent tätig war. Dank zahlreicher Reisen zwischen England, dem besetzten Frankreich und Spanien verfügt Rémy bald über Informanten in allen Häfen. Nachdem er am 6. Januar 1942 die Kirche Notre-Dame des Victoires besucht hatte, nannte er seine Bewegung Confrérie Notre-Dame (CND), deren Erfolg, so Sébastien Albertelli, Autor von Services secrets de la France libre, ihm „ein unvergleichliches Prestige beim Intelligence Service“ einbringt. 

Nachdem das Netzwerk das bedeutendste des Freien Frankreichs geworden ist, empfängt und übermittelt es die Nachrichten mehrerer anderer Netzwerke: Organisation civile et militaire (OCM), Libération-Nord, Fana (kommunistisch). Nach einem Aufenthalt in Frankreich Ende 1942 kehrt Rémy am 11. Januar 1943 nach London zurück und verlässt die Stadt bis zur Befreiung praktisch nicht mehr. Bei dieser Gelegenheit veranlasst er ein Treffen des führenden kommunistischen Politikers Fernand Grenier mit de Gaulle, ein Ereignis, das beachtliche Folgen hat. Für Rémy, dessen monarchistische Ansichten im Gegensatz zu denen der kommunistischen Partei stehen, muss das Schicksal seines Landes über ideologischen Differenzen stehen!

Während die Confrérie Notre-Dame ihren Nachrichtendienst fortsetzt, erschüttert ein schlimmes Ereignis ihre Aktivitäten. Am 6. Oktober 1943 fällt ein Agent der CND, Parsifal, in die Hände der Abwehr, des deutschen Sicherheitsdienstes. Er wird von einem belgischen Kollaborateur, Christian Masuy, verhört, der ihn der Foltermethode des simulierten Ertränkens aussetzt. Der Agent kann dem nicht widerstehen und verrät die Namen bedeutender Mitglieder des Netzwerks. Die Confrérie Notre-Dame wird dadurch sehr geschwächt.

Rémy entwirft einen Notplan, um seine Organisation wieder auf die Beine zu stellen, und möchte nach Frankreich zurückkehren. Aber London entscheidet, dass der Colonel Rémy vor Ort nützlicher ist, um die Landung der Alliierten im Rahmen der Operation Sussex vorzubereiten, die vorsieht, französische Soldaten bei streitkräfteübergreifenden Missionen einzusetzen.   Rémy bleibt also in England, und hat das Glück, während der Weihnachtsabend 1943, den er mit seiner Frau in seinem kleinen Haus in Elwood verbringt, im Radio die Botschaft der Unterstützung, die er am Vorabend über die BBC an die in Frankreich gefangenen Widerstandskämpfer gesandt hatte, zu hören.

Am 13. März 1942 wird Rémy zum Compagnon de la Libération ernannt. Nach der Befreiung kämpft er für eine neue Sache, die heute unglaublich erscheint: Gaullisten, Widerstandskämpfer jeglicher Gesinnung und antideutsche Petainisten zu versöhnen!  Nach Kriegsende wird er ein aktives Mitglied des gaullistischen RPF (Rassemblement du peuple français) und verteidigt die These, dass General de Gaulle und Pétain sich einander ergänzt hätten, wobei ersterer „das Schwert Frankreichs“ und letzterer „den Schild“ repräsentierten. Eine Aussage, die er in mehreren seiner Bücher über sein Wirken im Widerstand bekräftigt, die aber von de Gaulle selbst abgelehnt wird, welcher ihm jedoch immer ihn Freundschaft und Wertschätzung verbunden bleibt.

Am 28. Juni 1984 stirbt Rémy, Agent Nr. 1 des Freien Frankreichs, wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag. Staatspräsident François Mitterrand ehrt in ihm „einen der glorreichsten Helden des Widerstands, der für immer eine Ehre für Frankreich bleiben wird“. Zwei Jahre nach seinem Tod erscheint sein letztes Buch mit dem schlichten Titel: La Résistance.

 

Guy Perrier, Historiker, In Les Chemins de la Mémoire, 235/April 2013

Marc Bloch

1886-1944

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Marc Bloch. ©Roger-Viollet/Albert Harlingue

Auch wenn er ein sehr berühmter Historiker ist, ist die Tätigkeit im Widerstand von Marc Bloch, der im März 1944 von der Gestapo verhaftet und zusammen mit 29 anderen Widerstandskämpfern am 16. Juni in Saint-Didier de Formans erschossen wurde, wenig bekannt. Der Historiker Laurent Douzou erzählt von der Aktion im Untergrund dieses engagierten Intellektuellen, von 1943 bis zu seinem Tod.

 

„Wir sollten uns mehr als wir es tun mit den Todesursachen von Akademikern befassen, falls sie nicht an Krankheiten oder Altersschwäche sterben“ schrieb der Philosoph Georges Canguilhem in Bezug auf Marc Bloch, dessen Berühmtheit als Historiker manchmal die aktive Rolle, die er während der Besatzung gespielt hatte, in den Hintergrund rückt.

Bei Kriegsausbruch war der an der Sorbonne unterrichtende Professor, Mitbegründer der Fachzeitschrift Annales d'histoire économique et sociale, ein eminenter Wissenschaftler. Mittleren Alters konnte er bereits auf ein reges Schaffen zurückblicken. Er hatte außerdem im Ersten Weltkrieg gekämpft, wofür er mit der Ehrenlegion für militärische Verdienste und dem Kriegskreuz ausgezeichnet wurde.

Mit 53 Jahren beschließt der sechsfache Familienvater im Jahr 1939 in den Kampf zu ziehen. Er wird mit der Treibstoffversorgung der 1. Armee beauftragt. Er erfüllt seine Aufgabe und stellt mit Erstaunen fest, dass die Struktur, die er für solide gehalten hatte, im Verfall begriffen war.  In einer im Sommer 1940 verfassten und 1946 unter dem Titel „L'Étrange Défaite“ (Die seltsame Niederlage) erschienenen Analyse schlüsselt er die verschiedenen Grade der Verantwortung für das Desaster auf und verschont sich dabei auch selbst nicht: „Ich gehöre einer Generation an, die ein schlechtes Gewissen hat. Es stimmt, dass wir sehr müde aus dem letzten Krieg zurückgekehrt waren. Wir waren auch nach vier Jahren des kämpferischen „Müßiggangs“ ungeduldig, die Werkzeuge unserer verschiedenen Berufe wieder aufzunehmen, die wir auf der Werkbank verrosten lassen hatten: wir wollten mit doppelter Geschwindigkeit die verlorene Arbeit wettmachen. Dies sind unsere Ausreden. Ich glaube schon seit langem nicht mehr, dass sie ausreichen, um uns reinzuwaschen“.

Marc Bloch war vom im Oktober verhängten Judenstatus betroffen und wurde von seinem Posten als Gastprofessor an der Universität von Straßburg, die sich nach Clermont-Ferrand zurückgezogen hatte, abberufen. Im Sinne von Artikel 8, der Ausnahmen für Personen vorsah, welche außergewöhnliche Dienste für Frankreich geleistet hatten, wurde er im Januar 1941 von der Maßnahme befreit und im Juli nach Montpellier versetzt. Er verzichtete darauf, das Visum für die Vereinigten Staaten, das er erhalten hatte, zu benutzen, da er seine Familie nicht verlassen wollte. Er übte seine Funktionen in Montpellier bis zu seiner Abberufung am 15. März 1943 aus.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sein friedliches Leben als Mediävist einen radikal anderen Weg eingeschlagen. Nachdem er Kontakte zur Gruppe Franc-Tireur geknüpft hatte, war Marc Bloch nun vollständig im Widerstand engagiert und hatte sich in „Narbonne“ verwandelt. Georges Altman, der Leiter dieser Bewegung, hat von folgender Begegnung erzählt: „Ich habe noch diesen charmanten Moment vor Augen, als Maurice [Pessis], einer unserer jungen Freunde im Untergrundkampf, sein junges Gesicht rot vor Freude, mir seinen „neuen Rekruten“ vorstellte, einen fünfzigjährigen Herrn mit Kriegsorden auf der Brust, einem schmalen Gesicht und grauen Haaren, einem scharfen Blick hinter seiner Brille, in der eine Hand eine Aktentasche, in der anderen einen Gehstock. Er wirkte zunächst ein wenig zeremoniell, doch schon bald reichte mir mein Besucher mit einem Lächeln die Hand und sagte in aller Freundlichkeit: Ja, ich bin der „Schützling“ von Maurice…“

 

Ein wertvoller Bericht, der gut andeutet, was der plötzliche Sprung in den Untergrund für den Akademiker Marc Bloch bedeutete. Die Karten waren neu gemischt, und er musste sich wie jeder Anfänger bewähren. Alles, was er von jetzt an machen musste, stand im Gegensatz zu seinem früheren Leben, wie George Altman berichtet: „Und schon bald sahen wir, dass der Professor der Sorbonne mit erstaunlicher Gelassenheit das anstrengende Leben eines „Straßenhundes“, mit dem die Résistance in den Städten zu vergleichen war, mit uns teilte. Nach kurzer Zeit vertraute man dem „Schützling von Maurice“ Aufgaben an, die seinen Talenten entsprachen. Er arbeitete für die von Franc-Tireur herausgegebenen Untergrundzeitschriften Cahiers politiques du Comité général d'Études und La Revue libre: Diese Publikationen tragen seine Handschrift, vor allem dieses thematische Verzeichnis der Artikel aus dem ersten Jahr der Cahiers politiques in der fünften Ausgabe vom Januar 1944!

 

Im Juli 1943 wird Marc Bloch eines der drei Mitglieder des regionalen Vorstands der Mouvements unis de résistance, ein Posten, der ihn zugleich der Gefahr aussetzte und sehr anstrengend war. „Narbonne“, der sich der Risiken bewusst war, bestätigte sich durch seine effiziente und entschlossene Art als legitime Führungsperson im kleinen, sehr fordernden Universum des Untergrunds. Seine Verhaftung am Morgen des 8. März 1944 durch eine gut informierte Gestapo am Pont de la Boucle in Lyon erschütterte seine Kameraden. Er wurde in den Räumlichkeiten der École de santé militaire gefoltert und im Gefängnis von Montluc eingesperrt. Marc Bloch wurde am 16. Juni 1944 zusammen mit 29 anderen Widerstandskämpfern in Saint-Didier-de-Formans erschossen.

 

Laurent Douzou, Historiker


In Les Chemins de la Mémoire, 234/März 2013

Germaine Tillion

1907-2008

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Bildquelle: Germaine Tillion, Studentenausweis, 1934. Verein Germaine Tillion

 

Die bedeutende Persönlichkeit des französischen Widerstandes, Ethnologien und Schriftstellerin Germaine Tillion hat aus ihren Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg Lehren gezogen, die ihr ihr ganzes Leben lang von Nutzen waren. Es gelang ihr, in allen Situationen Zeugnis, Überlegung und Handlung zu vereinen.

 

Germaine Tillion wird am 30. Mai 1907 in Allègre, Haute Loire geboren. 1919 übersiedelt die Familie in die Gegend von Paris. Im Laufe der zwanziger Jahre beginnt sie ein Ethnologiestudium und erhält 1933 ein Stipendium, um die Berberstämme im algerischen Aurès-Gebirge zu studieren. Zwischen 1934 und 1940 absolviert sie vier lange Aufenthalte bei den Chaouias und setzt die Verfassung ihrer Doktorarbeit fort.

Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich am 9. Juni 1940 beschließt sie, dass „Etwas getan werden muss“. Gemeinsam mit dem pensionierten Oberst Paul Hauet beginnt sie ihre Widerstandstätigkeit unter dem Deckmantel eines Vereins zur Hilfe von Kriegsgefangenen, der Union nationale des combattants coloniaux. Diese Zelle tritt mit anderen ähnlichen Gruppen in Kontakt, wie der des Musée de l’Homme, die aus mehreren Ethnologen unter der Leitung von Boris Vildé besteht. 1946, als sie sich um die administrative Anerkennung des Netzwerkes kümmert, gibt sie ihm den Namen „Réseau du musée de l'Homme“ in Hommage an einen Großteil seiner Gründer. Die Gruppe führt verschiedenste Aktionen aus: Sie sammelt Informationen, um sie nach London weiterzuleiten, nimmt flüchtige Soldaten auf oder organisiert Gefängnisausbrüche, bietet englischen Fallschirmspringern Unterschlupf, stellt falsche Papiere aus, verbreitet Kampfaufrufe und liquidiert Verräter und Gestapo-Agenten.

Obwohl sie eine engagierte Patriotin ist, vergisst Germaine Tilion niemals ein Grundprinzip, auf das sie sich beruft: die Hingabe für Wahrheit und Gerechtigkeit. In einem an die Untergrundpresse gerichteten Flugblatt merkt sie an, dass viele Informationen betreffend der aktuellen Situation in der französischen Gesellschaft  zirkulierten, aber sich widersprächen, da sie aus verschiedenen Quellen stammten. Sie gebietet ihren Kameraden der Résistance nicht von der Wahrheit abzuweichen, nichts zu verheimlichen und zu versuchen, zu verstehen und unparteiisch zu urteilen. „Was die Ideen angeht, so kennen wir zunächst nur eine Sache, die uns teuer ist, nämlich unsere Heimat, aus Liebe zu ihr haben wir uns zusammengeschlossen um zu versuchen, ihren Glauben und ihre Hoffnung zu bewahren. Aber wir wollen nicht, wir wollen auf keinen Fall ihr zuliebe die Wahrheit opfern, da unsere Heimat uns nur teuer ist unter der Bedingung, dass wir ihr nicht die Wahrheit opfern müssen.“

Eine erste Denunzierung führt zur Verhaftung mehrerer Mitglieder der Zelle des Musée de l’Homme. Im April 1941 werden die anderen Mitglieder nach einem weiteren Verrat verhaftet. Ihr Prozess findet ein Jahr später, im Februar 1942 statt. Zehn Personen, darunter mehrere enge Freunde, werden zum Tod verurteilt. Germaine Tillion, die den Verhaftungen entkommen war, tut alles, um ihre Begnadigung zu erreichen, jedoch umsonst: die sieben Männer der Gruppe werden erschossen, die drei Frauen deportiert. Sie selbst wird im August 1942 von der deutschen Polizei auf der Straße festgenommen. Sie war von einem französischen Priester verraten worden, der sich als Widerstandskämpfer ausgegeben hatte. Mehr als ein Jahr verbringt sie in den französischen Gefängnissen la Santé und Fresnes und wird im Oktober 1943 in das Lager von Ravensbrück deportiert. Sie verlässt das Lager im April 1945.

Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich widmet sie sich hauptsächlich der Geschichte des Widerstands und der Deportation, worüber sie mehrere Studien veröffentlicht. Jedoch vernachlässigt sie auch ihr bürgerliches Engagement nicht und nimmt an der Kampagne gegen die Lager teil, die noch immer in den kommunistischen Ländern Europas und in Asien betrieben werden.

1954 wird sie von der französischen Regierung in einer Beobachtungsmission nach Algerien gesandt, wo sich die ersten Anzeichen des Aufstandes bemerkbar machen. Zunächst schlägt sie vor, die Schulbildung der einheimischen Bevölkerung zu verstärken (Jungen und Mädchen, Kinder und Erwachsene), um ihr zu ermöglichen, aus der Misere heraus zu kommen, die der wirtschaftliche Aufschwung nicht eindämmen konnte. Der Konflikt eskaliert ab 1957 und Germaine Tillion macht es sich zur einzigen Aufgabe, die Auswirkungen der Gewalt zu lindern: sie macht sich gegen Folter und Hinrichtungen stark, trifft die Führer des FLN um sie zu überzeugen, die blindlings durchgeführten Attentate zu unterlassen.

Sie wird 1958 zur Direktorin der École pratique des hautes études gewählt und widmet sich in den folgenden Jahrzehnten dem Studium der Gesellschaften in Nordafrika.  Sie veröffentlicht auch eine Neufassung von Ravensbrück, ihrem Buch über die Deportation. Sie stirbt am 19. April 2008 im Alter von 100 Jahren. Ihre Autobiographie, Fragments de vie, erscheint im darauf folgenden Jahr.

Tzvetan Todorov - Präsident des Vereins Germaine Tillion. In Les Chemins de la Mémoire, 241/Dezember 2013

Marie-Madeleine Fourcade

1909-1989

Aktie :

Bildquelle: © Ministère de la Défense-DMPA

Ab 1940 im Widerstand, war Marie-Madeleine Fourcade die einzige Frau, die als Chef eines bedeutenden Netzwerkes der französischen Résistance, Alliance, anerkannt wurde. Ihre Biografin Michèle Cointet erzählt uns ihren ungewöhnlichen Werdegang. 

 

Marie-Madeleine Bridou entkommt dem Konformismus des gutbürgerlichen Milieus, in das sie 1909 hineingeboren wird. Sie lebt getrennt von ihrem Ehemann Édouard Méric, einem in Marokko arbeitenden Verwaltungsangestellten, mit ihren beiden Kindern in Paris. Sie teilt ihre Zeit auf zwischen „Radio-Cité“ und dem Generalsekretariat der antikommunistischen und antideutschen Publikationen des Kommandanten Loustaunau-Lacau, Gründer des Netzwerks Corvignolles und La Spirale, ihres Lehrmeisters in Sachen Geheimdienst. Die Liebe zu einer während einer Kindheit in Shanghai verklärten Heimat, wo ihr Vater als Generalagent der Messageries Martimes und…. „Honorable Correspondant“ (was in etwa einem Geheimagenten entspricht) tätig ist, ihre Illusionslosigkeit gegenüber Pétain, lösen im Juni 1940 einen Reflex aus: da die Männer die Waffen niedergelegt haben, müssen die Frauen sie ergreifen.

Dennoch lässt sie sich überzeugen, Loustaunau-Lacau nach Vichy zu folgen, angezogen von einer Generaldelegation der mächtigen Légion française des combattants. Es entsteht ein Netzwerk, das sich auf Marseille und Vichy konzentriert und einen Nährboden für die Anwerbung patriotischer Ministerial- und Verwaltungsbeamter darstellt. Der Bruch mit Vichy lässt nicht lange auf sich warten, nachdem der Admiral Darlan im Februar 1941 Loustaunau-Lacau aus der Legion entlässt. Der Kriegsverlauf bietet ihnen die Möglichkeit, sich aktiv gegen Hitler zu engagieren. Tatsächlich bedrohen die U-Boot-Einsätze das Überleben der Briten. Informationen über das Auslaufen von U-Booten von Lorient sind lebenswichtig. Nur die Franzosen können sie liefern. Im April 1941 wird ein Kontakt in Lissabon hergestellt, von wo Loustaunau-Lacau Geld und einen ersten Radiosender mitbringt, die effizienteste Waffe, da dadurch die mehrwöchigen Postwege wegfallen und endlich eine unmittelbare Antwort möglich ist. Alliance wird davon bis zu 17 Stück besitzen. Da Marie-Madeleine nicht wie Loustaunau-Lacau in Paris erwischt worden war, organisiert sie in der Zone Nord und im Westen das Netzwerk Alliance, dessen Name die Treue zu England und die Gleichwertigkeit der Partner widerspiegelt. Die Deutschen werden ihm den Namen „Arche Noah“ geben, da seine Mitglieder als Pseudonyme Tiernamen gewählt haben.

Im Mai 1941 wird Loustaunau-Lacau in Algier verhaftet, verurteilt und an die Deutschen ausgeliefert. Nach dieser Episode verweigert Marie-Madeleine politische Engagements, wodurch sie sich von Mitgliedern wie dem General Alamichel entfernt, der sich De Gaulle anschließen wollte. Auf Drängen ihrer Kameraden tritt sie die Nachfolge von Loustaunau-Lacau an und wählt einen neutralen Namen: POZ 55. Da die Ergebnisse hervorragend sind, erkennen die Briten die Frau, deren Identität endlich enthüllt ist, schließlich als Chef der militärischen Nachrichtendienste an, womit sie die einzige in Europa ist, die diesen Status genießt. Sie besitzt ein großes Organisationstalent, ist autoritär, streng, versteht es Menschen mitzureißen, ist beherzt und beweist genügend Flexibilität, um dem Rat der Briten zu folgen, das Netzwerk zu dezentralisieren und in mehrere Untergruppen wie Sea Star oder die bemerkenswerten Druiden von Georges Lamarque aufzuteilen.

Alliance wirbt besonders im öffentlichen Dienst an und weist eine Besonderheit auf: 24% der Mitglieder sind Frauen, was das Netzwerk zur Widerstandsorganisation mit der höchsten Frauenquote macht. Alliance spielte seine wichtigste Rolle während der Atlantikschlacht. Informationen über die TCO (deutsche Transporte in Richtung Osten) wurden geliefert, eine erste Information Dank Amniarix (Jeannie Rousseau) bezüglich der Versuche der V1 und V2 in Peenemünde, Aufnahmen der Abschussrampen im Nordwesten Frankreichs, sowie eine detaillierte Karte der Verteidigungsanlagen entlang der Atlantikküste. Marie-Madeleine organisiert am 4. November 1942 den Aufbruch per U-Boot im Hafen von Le Lavandou von General Giraud, der die Landung der Alliierten in Algier empfangen muss. 

Nachdem sie auf Grund der Verhaftung ihres Stellvertreters Faye im September 1943 in England festsitzt, gelingt es ihr, im Juli 1944 nach Frankreich zurückzukehren und sie führt nach ihrer Flucht aus einer deutschen Kaserne Nachrichtendienste in der Vorhut der Armee von General Patton aus.

Sie ist von seelischen und materiellen Notlagen sehr berührt und kümmert sich mehr als zwanzig Jahre lang um die Überlebenden und die Familien eines Netzwerks, das schwere Verluste hinnehmen musste – 431 Tote und Vermisste, was mehr als ein Drittel der Mitglieder ausmacht. Sie veröffentlicht ihre Erinnerungen in Form von Memoiren unter dem Titel L’Arche de Noé und verteidigt das Gedenken an den Widerstand als Vorsitzende des Comité d’action de la Résistance. Mit ihrem Ehemann Hubert Foucade, einem Mitglied der Freien französischen Streitkräfte, ist sie an der Rückkehr an die Macht von General de Gaulle 1958 beteiligt. Sie ist weder die Ikone einer politischen Partei, noch eine militante Antifaschistin, aber sie ist ihrer Auffassung des Widerstands immer treu geblieben: ein wirksamer, patriotischer Kampf gegen Hitlerdeutschland.


Michèle Cointet, emeritierte Universitätsprofessorin, In Les Chemins de la Mémoire, 239/Oktober 2013

 

Weitere Informationen :
Marie-Madeleine Fourcade-Un chef de la Résistance, éd. Perrin, 2006.

Louis Pergaud

1882-1915

Aktie :

"Gestorben für Frankreich"

 

Louis Pergaud wird am 22. Januar 1882 in Belmont, Doubs geboren. Als Sohn eines Dorfschulmeisters verbringt er seine Kindheit in kleinen Dörfern, wo er das Landleben erkundet und mit seinen Freunden Forellen fischen geht. Der ausgezeichnete Schüler wechselt im Jahr 1898 an die École normale und wird im Oktober 1901 zum Lehrer ernannt. Durch den Tod beider Elternteile im Februar und März 1900 erleidet der junge Mann ein schweres Trauma. In den Gedichten von Léon Deubel findet er nicht nur Trost, sondern sie erwecken in ihm auch die Leidenschaft für die Literatur.

1902 leistet er seinen Militärdienst ab, den er in schlechter Erinnerung behalten sollte. Seine im Jahr 1903 mit Marthe Caffot geschlossene Ehe scheitert und seine Tochter stirbt im Jahr 1904. Gleichzeitig führt seine republikanische Gesinnung zu Streitereien mit der Bevölkerung, was zu seiner Versetzung nach Landresse führt. All dies in einer Zeit, wo die Spannungen zwischen Kirche und der republikanischen Schule äußerst hoch sind. Der sich in seiner Haut äußerst unwohl fühlende Louis Pergaud flüchtet sich in die Jagd, Spaziergänge, Kindheitsträume und Gespräche mit seinen Freunden, darunter der redselige Schankwirt Duboz. Schon bald verliebt er sich in eine seiner Töchter, Delphine. Léon Deubel, der ihm geholfen hatte, 1904 seinen ersten Gedichtband zu veröffentlichen, schlägt ihm vor, nach Paris zu kommen.

Pergaud entscheidet sich, einen neuen Lebensweg einzuschlagen. 1907 zieht er in die Hauptstadt und heiratet nach seiner Scheidung dann Delphine. Léon Deubel unterstützt ihn in seinem Wunsch zu schreiben. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, nimmt er seinen Lehrerberuf wieder auf und während der Ferien widmet er sich seinen Werken. Auf Anhieb gelingt es Louis Pergaud, in der literarischen Welt bekannt zu werden: Sein Erfolg wird durch die Verleihung des Prix Goncourt für sein erstes Werk De Goupil à Margot, das sehr erfolgreich ist, gekrönt.

1912 folgt die Veröffentlichung von La Guerre des boutons, roman de ma douzième année. Die Geschichte basiert auf den Rivalitäten zweier Dörfer und der Autor nutzt diese Kulisse, um humorvoll und teilweise bissig die Themen anzuschneiden, die ihm wichtig sind: das ländliche Leben, das Kirchturmdenken, die Streitereien zwischen Laizismus und Kirche…1913 ist für Pergaud ein äußerst erfolgreiches Jahr, in dem er sein Buch Roman de Miraut, chien de chasse veröffentlicht. Durch den Selbstmord von Léon Deubel bringt ihm das Jahr jedoch auch äußerst schmerzvolle Momente.

 

Als naturalistischer Schriftsteller verfasst Pergaud wortreiche und komplexe Texte, Hymnen auf das unbeschwerte Leben, innovativ und stets darauf bedacht, Empathie für die Tiere zu wecken. Er kehrt in sein ländliches Universum zurück und verfasst mehrere Texte, die er dann im Frühjahr 1914 im Mercure de France unter dem Titel Les rustiques veröffentlicht. Das Buch ist noch nicht gedruckt, als Louis Pergaud in die Armee einberufen wird. Am 2. September bricht der Krieg aus. Eingeschrieben mit der Nummer 2216 in Belfort, wird er dem 166. Infanterieregiment in Verdun als Unteroffizier zugeteilt. "Als Pazifist und Antimilitarist wollte ich nicht, dass mein Land unter der militärischen Fuchtel des deutschen Kaisers noch unter irgendeiner anderen steht. » (1)

Im Oktober erreicht er die Front, im Sektor Meuse in Woëvre, einer Region mit feuchtem Klima, in deren Hügeln erbitterte Kämpfe stattfinden. Seine Korrespondenz stigmatisiert die "Lehnstuhlpatrioten", und er beschreibt den Mut der Frontsoldaten, die schlammigen Schützengräben und den Tod als ständigen Begleiter. Die kindlichen Raufereien zwischen der Bande von Lebrac und der von Aztec des Gués, Helden in La Guerre des boutons, haben in diesem Konflikt der Erwachsenen eine tödliche Dimension angenommen.

Unterleutnant Louis Pergaud (in der Bildmitte).

 

Im Frühjahr 1915 starten die Franzosen einen Angriff in den Höhenlagen der Meuse. In der Nacht des 7. April greift die Kompanie unter Unterleutnant Pergaud über Fresnes-en-Woëvre die Flanke 233 in Richtung Marchéville an. Kurz vor den feindlichen Schützengräben geraten die Soldaten in heftigem Regen unter massiven Beschuss. Die Sektion von Louis Pergaud erleidet erhebliche Verluste und die Überlebenden verschanzen sich und ziehen sich im Morgengrauen zurück. Der Schriftsteller wurde nicht wieder gesehen. Seine Männer berichteten, er sei verletzt worden. Möglicherweise wurde er von deutschen Sanitätern geborgen und in einen Schützenraben gebracht, um eine mögliche Evakuierung abzuwarten. Für die Eroberung des Kamms von Éparges musste die Flanke 233 wiedergewonnen werden: Am darauffolgenden Morgen beginnt die französische Artillerie mit dem Dauerbeschuss, wobei die gesamte Landschaft zerstört wird und die Soldaten für immer namenlos unter dieser Erde begraben werden.

Am 4. August 1921 wird der verschwundene Louis Pergaud vom Gericht der Seine als vermisst und am 8. April 1915 in Fresnes-en-Woëvre  als "gestorben für Frankreich" erklärt. Er zählt zu den 1.160 Vermissten und Gefallenen des 166. Infanterieregiments für das Jahr 1915. Kein Grabstein erinnert an ihn, und so sind es seine Bücher, die das Gedächtnis an diesen Schriftsteller mit dem traurigen Schicksal erhalten.

 

Gedenktafel, 3 rue Marguerin, Paris 14. Arrondissement. Quelle:  © Public Domain / Wikimedia Commons

 

(1) Brief an Lucien Descaves, März 1915.

Alain Savary

Algier 25. April 1918 - Paris 17. Februar 1988

Aktie :

Leutnant zur See Savary. Quelle: Sammlung des Museums des Ordens der Befreiung

 

Nach dem Besuch der weiterführenden Schule in Paris erwarb Alain Savary einen Abschluss in Rechts- und Politikwissenschaften und trat anschließend in die École du commissariat de la marine (Schule des Marinekommissariats) ein.

Er absolvierte den Frankreichfeldzug im Kommissärskorps, bevor er sich nach England begab, wo er sich am 8. August 1940 den Freien Französischen Seestreitkräften (FNFL) anschloss. Mit dem Rang eines Fähnrichs wurde er zum Adjutanten von Admiral Muselier, dem Kommandanten der FNFL. Nach dem Beitritt von Saint-Pierre und Miquelon ernannte ihn dieser zum Gouverneur dieses Territoriums mit dem Rang eines Leutnants zur See.

Im Juni 1943 schloss er sich in Tripolitanien zunächst als Stabsoffizier und später als Kommandant der 2. Eskadron dem 1. Regiment der Marineinfanteristen an, das als gepanzertes Aufklärungsregiment Teil der 1. Freien Französischen Division war. Er nahm mit seiner Einheit am Italienfeldzug, der Landung in der Provence und der Befreiung des nationalen Territoriums teil, bevor er im Oktober 1944 in die provisorische beratende Versammlung berufen wurde, um dort die Compagnons de la Libération (Gefährten der Befreiung) zu vertreten.

1945 wurde er dem Innenministerium zur Seite gestellt und begann daraufhin eine Karriere als hoher Beamter und Politiker.

1946 war er Generalsekretär des Kommissariats für deutsche und österreichische Angelegenheiten, später Berater der Französischen Union, Abgeordneter von Saint-Pierre und Miquelon, Staatssekretär für marokkanische und tunesische Angelegenheiten und von 1969 bis 1971 Erster Sekretär der Sozialistischen Partei. Er war Abgeordneter des Departements Haute-Garonne (1973-1981) und Vorsitzender des Regionalrats Midi-Pyrénées (1974-1981). Von 1981 bis 1984 war er Bildungsminister.

Alain Savary war Offizier der Ehrenlegion, Compagnon de la Libération, Träger des Kriegskreuzes 1939-1945 (mit drei Belobigungen), Träger der Widerstandskämpfermedaille und des Silver Star (USA).

 

Quelle: MINDEF/SGA/DMPA

Charles N’Tchoréré

1896 – 1940

Aktie :

Hauptmann N’Tchoréré, Kommandant der 7. Kompanie des 53. RICMS. Quelle: Musée des troupes de marine

Charles N’Tchoréré, Sohn einer angesehenen Familie, absolviert seine schulische Ausbildung in Montfort. Er sieht sich gezwungen, ins Berufsleben einzusteigen und nimmt eine Stelle als Handelsvertreter in Kamerun an. 

Im Zuge der Kriegserklärung im Jahr 1914 verlässt er die deutsche Kolonie und kehrt nach Gabun zurück. Im Jahr 1916 geht er als Freiwilliger an die Front. Nach Kriegsende entscheidet er sich endgültig für eine Karriere in der Armee. Nach seiner Beförderung zum Feldwebel im Jahr 1919 nimmt er an den Kämpfen in Marokko teil. Er besucht die Offiziersschule in Fréjus, die er mit dem Grad ‚Major’ 1922 absolviert. Bei einem Einsatz in der Levante wird der Leutnant N’Tchoréré im Zuge einer Operation in Syrien schwer verletzt. Im Jahr 1925 erhält er eine „Citation à l’ordre de la division’ und wird mit dem Kriegskreuz mit Silberstern ausgezeichnet. 

Nach einer kurzen Tätigkeit im Kriegsministerium äußert er den Wunsch, in den Sudan verlegt zu werden. In Kati übernimmt er das Kommando der Compagnie hors rang des 2. RTS und leitet gleichzeitig die Schule für die Kinder der Truppenangehörigen. 

1933 wird er zum Kapitän befördert und zum 1. RTS in Saint Louis (Senegal) verlegt, wo er ebenfalls die Schule für die Kinder der Truppenangehörigen leitet.

Im Zuge der Kriegserklärung im September 1939 beantragt er seine Mobilisierung mit einem Bataillon gabunischer Freiwilliger. Dem Lager von Sauge, in der Nähe von Bordeaux zugewiesen, wird er an die Front an der Somme geschickt, wo er das Kommando der 7. Kompanie des 53. RICMS übernimmt. Am 7. Juni 1940 werden Hauptmann N’Tchoréré und seine Kompanie, die sich im Dorf Airaines in der Nähe von Amiens verschanzt hatten, nach langen, zähen Kämpfen von den übermächtigen Deutschen gefangen genommen. Der Hauptmann macht sein Recht geltend, als französischer Offizier behandelt zu werden und wird mit einem Pistolenschuss aus nächster Nähe getötet.

Für sein Verhalten während des Frankreichfeldzugs erhält Hauptmann N’Tchoréré im Oktober 1940 posthum eine „Citation à l’ordre de la division“ und schließlich, im August 1954, eine „Citation à l’ordre du corps d’armée“ und wird mit dem Kriegskreuz mit Vermeilstern ausgezeichnet. 

Der Abschlussjahrgang 1957-1959 der École de formation des officiers ressortissants des territoires d’outre-mer nimmt den Namen "Capitaine N’Tchoréré" an.

Georges Thierry d'Argenlieu

Georges Thierry d'Argenlieu Brest 1889 – Carmel du Relecq-Kerhuon 1964

Aktie :

Georges Thierry d'Argenlieu. Quelle: Museum des Ordre de la Libération

Georges Thierry d'Argenlieu macht seinen Abschluss an der Seefahrtsschule im Jahr 1908. Er dient danach zunächst in Marokko, dann während dem Krieg von 1914 bis 1918 im Mittelmeer. Im Jahr 1920 tritt er dem Karmeliterorden bei.

 

Als Reservist wird er 1939 erneut einberufen und dem Generalstab in Cherbourg zugeordnet, bevor er zum Korvettenkapitän befördert wird. Er gerät am 19. Juni 1940 in Gefangenschaft, kann aber am 22. fliehen. Er schließt sich General de Gaulle an, der ihn zum Leiter des Generalstabs der Seestreitkräfte des Freien Frankreichs ernennt. Der Fregattenkapitän Thierry d'Argenlieu nimmt im Herbst 1940 an verschiedenen Operationen in Afrika teil. Anschließend wird er nach London zurückberufen, wo er im Juli 1941 zum Hochkommissar Frankreichs ernannt wird. Er ist zuständig für den Pazifik und er hält auch 1942 den Vorsitz, als sich das Wallis und Futuna anschließen. Nach seiner Teilnahme an der Konferenz von Casablanca wird er am 19. Juli 1943 zum Kommandant der Seestreitkräfte in Großbritannien ernannt. Am 14. Juli 1944 bringt er an Bord der Combattante General de Gaulle nach Frankreich und begleitet ihn bis Paris, wo sie gemeinsam am 25. August 1944 eintreffen.

 

Thierry d'Argenlieu wird im Dezember 1944 zum Vizeadmiral ernannt und hat diese Stellung bis über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus, bis im Jahr 1947, inne. Im Laufe dieser Zeit übernimmt er äußerst wichtige Funktionen. Von August 1945 bis März 1947 ist er Hochkommissar von Frankreich und leitender Kommandant in Indochina, bevor er dann dem Karmeliterorden beitritt.

 

Als ehrwürdiger Vater Louis de la Trinité wird Admiral Thierry d'Argenlieu mit dem Ehrenkreuz der Ehrenlegion und dem Compagnon de la Libération ausgezeichnet. Er ist Träger der Militärmedaille und des Kriegskreuzes von 1939 bis 1945 mit drei Palmen, dem Kriegskreuz für Auslandseinsätze mit Palme und der Medaille des Widerstands mit Rosette.

Mustapha Kemal Atatürk

1881-1938

Aktie :

Mustafa Kemal Atatürk Quelle: Licence Creative Commons. Foto ist lizenzfrei.

 

Mustafa Kemal wurde am 19. Mai 1881 in Saloniki, Mazedonien geboren.

Nach seinem Studium an der höheren Militärschule und später an der Militärakademie in Istanbul, die er 1905 mit dem Dienstrang des Hauptmanns abschloss, wird er nach Damaskus, Syrien versetzt, wo er in der 5. Armee gegen die Drusen kämpfte. Gleichzeitig gründete er die kleine oppositionelle Gruppe Vatan ve Hürriyet (Vaterland und Freiheit). Im Herbst 1907 wurde er zum Generalstab der 3. Armee in Saloniki berufen, wo er mit dem Komitee für Einheit und Fortschritt und den Jungtürken in Kontakt kam, allesamt Regimegegner, die eine erneute Inkraftsetzung der Verfassung von 1876 zum Ziel hatten. Im April 1909 gehört es zu seinen Aufgaben als Stabschef unter General Mahmoud Chevket, Kommandant der Armee und beauftragt durch verfassungstreue Offiziere, den Aufstand in Istanbul, die Verteidiger des Absolutismus niederzuschlagen.

Im Dezember 1911 wurde er während des italienisch-türkischen Krieges nach Libyen abkommandiert, wo er in der Schlacht von Tobruk einen Sieg erringen konnte, bevor er dann im März des darauffolgenden Jahres das Kommando in Darna übernahm. Als jedoch im Oktober Montenegro der Türkei den Krieg erklärte, kehrte er zurück und kämpfe im ersten Balkankrieg auf türkischer Seite gegen Montenegro, Serbien, Bulgarien und Griechenland. In seiner Funktion als Stabschef gelingt es ihm, die bulgarischen Angreifer zurückzudrängen. Im Jahr 1913 wird er in Sofia zum Militärattaché befördert.

Im November 1914 tritt die Türkei in den Krieg ein und bildete mit Deutschland eine Kriegsgemeinschaft. Oberstleutnant Mustafa Kemal wurde das Kommando über die 19. Division der Infanterie übertragen und er verdiente sich durch den deutsch-türkischen Abwehrkampf, der den Einmarsch der französisch-britischen Truppen in die Dardanellen erfolgreich verhindert hatte. Nachdem er die Alliierten erfolgreich zurückgedrängt hatte, gelang ihm im August ein wichtiger Sieg an der Front von Anafarta. Mittlerweile zum General befördert, übernimmt er 1916 das Kommando über das 16. Armeekorps im Kaukasus und anschließend die 2. Armee in Diyarbakir. Konfrontiert mit russischen Truppen, gelang es ihm, Mus und Bitlis zurückzuerobern. Wieder zurück in Syrien, wo er unter Befehlsgewalt des deutschen Generals Erich von Falkenhayn diente, übernimmt er das Kommando über die 7. Armee. Im Herbst 1917 kehrte er nach Istanbul zurück und begleitete Ende des Jahres den Kronprinzen Vahidettin auf seiner offiziellen Reise nach Deutschland. Im August führt es ihn wieder nach Syrien, wo er erneut das Kommando über die 7. Armee übernimmt und bis zur Unterzeichnung des Waffenstillstands von Moudros am 30. Oktober 1918 gegen die Briten kämpfte.

Nach dem Waffenstillstand begann die Besatzungspolitik und Aufteilung der Türkei und er ist engagiert, nationale Widerstandsgruppen zu organisieren. 

Im Mai 1919 wird er zum Generalinspektor der Nord- und Nordost-Armeen ernannt und ist verantwortlich für die Sicherheit der Region um Samsun. Hier standen sich Türken, Griechen und Armenier gegenüber und es galt, den griechischen Einmarsch in Smyrne zu verhindern.

Uneins mit der Politik des Sultans, rief er am 22. Juni 1919 in Amasya zur Gründung einer unabhängigen nationalen Vertretung sowie zur Einberufung des Kongresses in Erzurum und Sivas im Juli und September auf. Die Gründung der Nationalversammlung in Ankara am 23. April 1920 bescherte Mustafa Kemal endlich den Erfolg, indem er von der Versammlung zu ihrem Vorsitzenden gewählt wurde.

Er erreichte den Rückzug Frankreichs aus Sizilien und die Rückgabe der Regionen, die von Armenien besetzt waren. Es gelang ihm weiterhin die Griechen aus Anatolien zurückzuschlagen, insbesondere durch den Überraschungsangriff in der Schlacht von Doumlupinar (30. August 1922), und er unterzeichnete dann am 11. Oktober 1922 gemeinsam mit Griechenland den Waffenstillstand von Moudanya.

Währenddessen hatte der Sultan am 10. August 1920 den Vertrag von Sèvres unterzeichnet, der das türkische Empire beträchtlich beschnitt. Mustafa Kemal gelang es schlussendlich, sich gegen die Alliierten durchzusetzen. Am 24. Juli 1923 wurden durch den Vertrag von Lausanne die Rechtsansprüche von Armenien und Griechenland besiegelt und die Souveränität der Türkei auf dem gesamten Staatsgebiet anerkannt.

Nach diesem Durchbruch erarbeite er tiefgreifende politische, wirtschaftliche und soziale Reformen, um die Türkei in einen modernen Staat umzuwandeln. Der Sultan wurde aus seinem Amt entlassen (1. November 1922) und die Republik wurde ausgerufen (29. Oktober 1923). Als gewählter Präsident machte er Ankara zur Hauptstadt, schrieb den Laizismus in der Verfassung fest und unterstützte sein Land auf dem Weg des wirtschaftlichen Aufschwungs. Gemäß des 1934 erlassenen Gesetzes, das alle türkischen Bürger verpflichtet, einen Familiennamen anzunehmen, wählte er für sich Atatürk, „Vater der Türken“. 

Er verstarb am 10. November 1938 in Istanbul.

Alphonse Juin

(1888-1967)

Aktie :

Marschall Juin. Quelle: ECPAD

Alphonse Juin wird am 16. Dezember 1888 in Bône, Algerien als Sohn eines Polizisten geboren. Er studiert zunächst in Constantine und später in Algier und wird 1909 in Saint-Cyr aufgenommen. Er schließt als Jahrgangsbester ab – Jahrgang „de Fès“, wie auch Charles de Gaulle – und entscheidet sich für einen Einsatz bei der algerischen Infanterie.  Ende 1912 wird er nach Marokko versetzt und der Unterleutnant Juin nimmt an verschiedenen Befriedungseinsätzen des Landes teil.

Am 3. August 1914 erklärt Deutschland Frankreich den Krieg. Leutnant Juin zieht mit den marokkanischen Truppen an die Front. Im September 1914 nimmt er an den Kämpfen in der Marne teil. Im März 1915 wird er an der Front von Champagne schwer verletzt, infolgedessen sein rechter Arm dauerhaft gelähmt bleibt. 1916 kehrt als Hauptmann zum 5. Bataillon der marokkanischen Infanterie in Chemin des Dames zurück. Im Februar 1918 gehört er zum Generalstab in Melun, bevor er im Oktober in den Dienst des französischen und des amerikanischen Militärs versetzt wird. Dort ist er zuständig für die Weiterbildung von Offizieren für das amerikanische Expeditionskorps.

Als Diplomand der höheren Kriegsschule dient er 1921 in Tunesien, bevor er dann Ende 1923 nach Marokko zurückkehrt, um sich der Rif anzuschließen. Im Herbst 1925 kehrt er gemeinsam mit Marschall Lyautey nach Frankreich zurück und arbeitet unter ihm für den Obersten Kriegsrat. 1926 wird er zum Bataillonschef ernannt und kehrt im Folgejahr zum 7. Regiment der algerischen Infanterie in Constantine zurück.    

1929 ist er Leiter der Militärregierung unter dem offiziellen Vertreter Frankreichs, Lucien Saint, in Marokko. In dieser Funktion trägt er aktiv zur Realisierung der letzten Phase des Befriedungsplans von Atlas bei. Im März 1932 wird er als Oberstleutnant zum Professor für allgemeine Taktik an der höheren Kriegsschule, bevor er dann 1933 zum Kommandant über das 3. Regiment der Zuaven in Constantine befördert wird. Am 6. März 1935 übernimmt er das Kommando über dieses Regiment und wird im Juni zum Oberst befördert. 1937 erhält er einen Posten unter dem offiziellen Vertreter Frankreichs in Marokko, General Noguès, während er parallel den Unterricht am Zentrum der Militärstudien besucht.

Nachdem er am 26. Dezember 1938 zum Brigadegeneral ernannt wurde, wird er mit der Mobilisierung des Generalstabs für den Schauplatz Nordafrika betraut. Während sich die Situation in Europa weiter verhärtet, bereitet er in Algerien entsprechende Maßnahmen vor für die Einberufung der Divisionen in Algerien und Tunesien. Bei Ausbruch des Krieges im September 1939 bittet er um seinen Einsatz im Mutterland Frankreich. Am folgenden 4. Dezember übernimmt er das Kommando über die 15. Division der motorisierten Infanterie. Während die deutschen Streitkräfte am 10. Mai 1940 ihren Angriff an der Westfront starten, trifft er mit seiner Division in Belgien ein, wo er sich durch seine Aktionen am 14. und 15. Mai Ruhm verdient. Weiter im Süden war es den deutschen Truppen gelungen, die Front in Sedan zu durchbrechen. Juin erhält den Befehl zum Rückzug. Er verteidigt erfolgreich Valenciennes und die Vororte von Lille und gibt der 1. Armee Frankreichs Rückendeckung für den Rückzug in Richtung Dünkirchen. Am 30. Mai 1940 wird er in Lille gefangen genommen und in der Festung Königstein inhaftiert. Noch während seiner Gefangenschaft wird er zum Divisionsgeneral befördert und im Juni 1941 auf Befehl von Marschall Pétain als Spezialist für Nordafrika befreit. Der am 16. Juli 1941 zum Obersten Kommandant der Truppen in Marokko ernannte Juin wird dann zum General des Armeekorps befördert und übernimmt am darauffolgenden 20. November als Nachfolger von General Weygand das Kommando über die Truppen Nordafrikas. Er setzt die Vorgehensweise seines Vorgängers, die „Verteidigung gegen jeglichen Feind“ fort (Truppen der Achsenmächte wie die Alliierten).

Am 8. November 1942 landen die britisch-amerikanischen Truppen in Algerien und Marokko. Juin, der von dieser Operation nicht unterrichtet war, wird in Alger von Mitgliedern des lokalen Widerstands aufgehalten. Schnell übernehmen jedoch die Behörden die Kontrolle über die Stadt. Nach der Befreiung greift Juin ein und versucht, einen Waffenstillstand zwischen den Landungstruppen und den französischen Streitkräften zu erreichen. Die Afrikaarmee tritt an der Seite der Alliierten wieder in das Kriegsgeschehen ein und kämpft für die Rückeroberung des nationalen Territoriums. Der erste Kampfschauplatz ist hierbei Tunesien. Während dieses Feldzugs (November 1942 bis Mai 1943) hat General Juin die Befehlsgewalt über das Sonderkommando der französischen Armee (DAF) und wird am 25. Dezember 1942 zum Armeegeneral ernannt. Er übernimmt vorläufig den Posten des offiziellen Vertreters Frankreichs in Tunesien, beginnend am 8. Mai 1943. Im Sommer übernimmt er das französische Expeditionskorps (CEF) und nimmt mit ihm am Feldzug in Italien teil. Nach mehreren erfolgreichen Kämpfen im Dezember 1943 in Pantano und im Januar 1944 in Rapido und Belvédère gewinnt er am 13. Mai den Kampf um Garigliano und öffnet damit den Alliierten die Tore von Rom. Anschließend kehrt er nach Sienna und in den Norden der Toskana zurück. Juin verlässt im August das französische Expeditionskorps und somit auch Italien.

Als Leiter des Generalstabs für die nationale Verteidigung unter General de Gaulle, der seinerzeit provisorischer Regierungschef war, zieht er am 25. August in das befreite Paris ein.  Während sich die Befreiung des nationalen Territoriums weiter fortsetzt, widmet er sich der Neuorganisation der französischen Streitkräfte, damit diese vollständig bis zum Ende der Operation zur Verfügung stehen konnten. Gleichzeitig wird er als Militärexperte mit verschiedenen Missionen betraut, die ihn insbesondere im Dezember 1944 nach Moskau führen. Dort ist er an den Verhandlungen für den späteren französisch-sowjetischen Pakt beteiligt sowie im April 1945 in den USA an den Gesprächen zur Gründung der Vereinten Nationen. Im April 1946 wird General Juin nach Fernost entsandt, um den Rückzug der chinesischen Truppen zu verhandeln, die den Norden Indochinas besetzt hatten.

Im Jahr 1947 kehrt Juin nach Nordafrika zurück, wo er als offizieller Vertreter Frankreichs in Rabat, Marokko im Einsatz ist. Da sich die Lage in Fernost jedoch weiter zuspitzte, wird er im Oktober 1950 von der Regierung mit einer neuen Mission in Indochina betraut. Der im Januar 1951 als Generalinspektor der französischen Streitkräfte eingesetzte Juin übernimmt im September auf Befehl der alliierten Streitkräfte und im Rahmen der Atlantikallianz den Sektor Mitteleuropa. Seine Aufgaben umfassen die wichtigsten nationalen und internationalen Probleme: Stellung von Frankreich innerhalb der Atlantikallianz, Debatten über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), Entwicklung der Länder Nordafrikas, die Unabhängigkeit forderten, Krieg in Indochina usw. Zur selben Zeit wird er am 7. Mai 1952 zum Marschall von Frankreich ernannt und wird am 26. Juni von der Französischen Akademie aufgenommen.

Im Februar 1957 erscheint sein erstes Buch mit dem Titel Le Maghreb, das eine Abfassung seiner Memoiren und verschiedener Werke enthält.

Marschall Juin stirbt am 27. Januar 1967.

Er erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem das Ehrenkreuz der Ehrenlegion und die Militärmedaille, das Kriegskreuz 1914 – 1918, das Kriegskreuz 1939 – 1945, das Kriegskreuz für Auslandseinsätze, die Kolonialmedaille von Marokko und Tunesien sowie zahlreiche ausländische Auszeichnungen.

Charles Nungesser

1892-1927

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Charles Nungesser. ©SHD/Air

 

Im Mai 1927 verschwand der Weiße Vogel (L’oiseau blanc), das Flugzeug von Charles Nungesser und François Coli über dem Atlantik von den Radarschirmen und blieb verschollen. Dieser Unfall beendete das Leben eines Helden des Ersten Weltkriegs.

 

Charles Nungesser wurde am 15. März 1892 in Paris geboren. Bereits in seiner Kindheit hatte er einen Drang für kühne Abenteuer. Seine Leidenschaft für Mechanik und Fliegerei machte er zum Beruf und steuerte alsbald Rennautos und auch Flugzeuge.

Nachdem er 1907 die Kunstgewerbe- und Berufsschule absolviert hatte, brach Charles Nungesser auf seine Reise Richtung Südamerika auf.
Ein Importeur für Motoren in Buenos Aires bot im eine Stelle als Mechaniker an und 1909 nahm er an einem der ersten Autorennen in den Anden teil. Bald eroberte er die Welt des Fliegens und der talentierte Pilot konnte bei zahlreichen Flügen in Uruguay und Argentinien sein Können unter Beweis stellen.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte er nach Frankreich zurück und nahm seinen Militärdienst in einem Kavallerieregiment auf.
Sein Einsatz führte ihn in Grenzgebiete, wo er jedoch eingekesselt wurde. Am 3. September 1914 gelang es ihm, die französischen Linien zurückzuerobern, indem er ein deutsches Mors-Automobil in seine Gewalt brachte, die vier Offiziere erschoss und mit dem gestohlenen Auto das von den Deutschen besetzte Gebiet durchfuhr.
Für diese Aktion wurde er mit der Militärmedaille ausgezeichnet.

Nungesser, der nach wie vor vom Fliegen träumte, bat jedoch um seine Versetzung. Am 22. Januar 1915 begann er seine Ausbildung, die er am 8. April mit dem Pilotenschein abschloss. Er kam zur Escadrille 106, mit Stützpunkt im nahe Dünkirchen gelegenen Saint-Pol, und flog am 11. April seinen ersten Einsatz über Flandern in einem Bombenflieger des Typs Voisin 3.

Am 26. Nungesser führt er seinen ersten Luftkampf gegen eine deutsche Albatros. Der Voisin
wurde viermal getroffen, dennoch schaffte es Nungesser, das Flugzeug sicher nach Hause zu fliegen. Für seine ersten Einsätze wurde er abermals ausgezeichnet.

Am 5. Juli wurde er zum Feldwebel befördert und mit seinem Geschwader nach Nancy versetzt. In der Nacht vom 30. auf den 31. Juli schoss er das erste feindliche Flugzeug ab.

Trotz Verletzungen kehrt er an die Front zurück

Nach einer Fortbildung für Jagdflieger kehrte Charles Nungesser im November zur Escadrille N65 nach Nancy zurück. Zu diesem Zeitpunkt ließ er die Pilotenkanzel seiner Nieuport
mit einem Wappen bemalen, das zur Legende wurde: Ein schwarzes Herz, darauf ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen und zwei Kerzenleuchtern.

Während der Schlacht über der Somme gelang es Nungesser im September 1916, an nur einem Tag drei feindliche Flugzeuge abzuschießen. Im Dezember gelang ihm sein 20. Sieg, wofür er mit dem Militärorden und dem Military Cross ausgezeichnet wurde.

Trotz seiner Verletzung durfte er weiterhin fliegen und schoss am 1. Mai 1917 zwei feindliche Flugzeuge ab. Am 16. August erzielte er seinen 30. Sieg. Aufgrund seiner Verletzungen verschlechterte sich jedoch sein Gesundheitszustand dramatisch, als er bei einem Autounfall schwer verletzt wurde. Pochon, sein Mechaniker, überlebte diesen Unfall nicht. Dennoch kehrte Leutnant Nungesser im Dezember an die Front zurück.

Nachdem er am 5. Juni 1918 den 36. Abschuss eines Flugzeugs feiern konnte, erhielt er mit dem Titel Offizier der Fremdenlegion eine neue Auszeichnung und verkündete alsdann: „Jetzt kann ich sterben!“

Nach einem erneuten Krankenhausaufenthalt kehrte Nungesser am 14. August an die Front zurück.

Am 15. erzielte er seinen 45. und letzten Luftsieg.

Nach Kriegsende gründete Charles Nungesser eine Flugschule in Orly. Dennoch hörte er nie auf, eine neue sportliche Herausforderung zu suchen und schmiedete Pläne zur Überquerung des Atlantik per Flugzeug.

Am 8. Mai 1927 hebt der Oiseau blanc, das Flugzeug von Nungesser und seinem Kriegskamerad Coli in Bourget in Richtung 
des amerikanischen Kontinents ab. Nungesser blieb seither verschollen.

Paul Nizan

1905-1940

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Portrait de Paul Nizan. Source : bibliothèque des lettres de l'ENS - Fonds photographique
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Ich war zwanzig Jahre alt. Keiner soll je sagen, dass das das schönste Alter im Leben ist. Diese Worte wurden von einem 26-jährigen jungen Mann namens Paul Nizan verfasst. Sie leiten sein erstes Buch, „Aden Arabie“ ein, das 1931 veröffentlicht wurde, ein äußerst provokantes Pamphlet gegen den Kolonialismus, welches den Ton für das folgende Werk angibt: angespannt, polemisch und ausgesprochen verzweifelt. Auf dem Höhepunkt der Revolte und dem roten Faden des Kommunismus folgend hat Paul Nizan während seiner viel zu kurzen Karriere nie aufgehört, die bestehende Ordnung anzuprangern, die Fehler der bürgerlichen Gesellschaft aufzuzeigen und die Vorzeichen der Geschichte aufzudecken. 

Der am 7. Februar 1905 in Tours geborene Sohn einer kleinbürgerlichen Mutter und eines sich hochgearbeiteten Arbeiters tritt mit 19 Jahren sein Studium an der Ecole Normale Supérieure an. Zu seinen Kommilitonen im Abschlussjahrgang 1924 zählen Raymond Aron und Jean-Paul Sartre. Bei der Lektüre von „Aden Arabie“ sieht ihn Sartre, sein unzertrennlicher Freund, mit dem er immer verwechselt wird (der Eine schielt einwärts, der Andere auswärts), „in die Betrachtung seiner Fingernägel vertieft und seine Ungeheuerlichkeiten mit einer hinterlistigen und trügerischen Gelassenheit äußernd“. Aber diese scheinbare Kälte, dieses schillernde Auftreten eines charmanten Dandys, dessen lila Anzüge und lakonische Aussagen, wie zum Beispiel „Die Moral ist ein Arschloch“ für Aufregung in den Reihen seiner Kollegen sorgen, vermögen eine heimliche Verletzung nur schwer zu verbergen.

Meine einzige Originalität besteht darin, regelmäßig in Depressionen zu verfallen, vertraut er im Scherz Henriette Alphen, seiner zukünftigen Frau an. „Ich bin nicht fröhlich und ich bin nicht verzweifelt, aber ich bestätige während des Hauptganges, dass das Leben keinen Sinn hat und während der Nachspeise, dass es niemanden zu wundern braucht, wenn ich eines Tages in einen Orden eintrete.“ Nizan verfällt manchmal in tagelanges Schweigen, wenn er nicht plötzlich verschwindet und einige Nächte später völlig mitgenommen wieder auftaucht, er sucht seinen Weg zwischen Rechtsextremismus und Kommunismus und entdeckt seine Leidenschaft fürs Kino. Von einem Lebensüberdruss, der ihn nie verlässt, geplagt, besessen von Gedanken an den Tod und angewidert von der „offiziellen Ausübung der Philosophie“ tritt er eine Stelle als Hauslehrer bei einer englischen Familie in Aden im Jemen an. In Aden, „dieser Kompression Europas“, entdeckt er sein politisches Gewissen. Ein Jahr später kehrt er zurück und entscheidet sich für den Marxismus, die einzige konkrete Lösung, die seiner Revolte entspricht. Ende 1927 tritt er der kommunistischen Partei Frankreichs bei. Er ist beinahe 23 Jahre alt, hat eine Frau und bald auch zwei Kinder und einen Lehramtstitel für Philosophie. 

Der überzeugte Aktivist ist Parteikandidat bei den 1932 stattfindenden Wahlen in Bourg-en-Bresse, wo er ein Jahr lang Philosophie unterrichtet. Anschließend widmet er sich der Literatur und dem Journalismus, ist zunächst Chefredakteur der Avantgarde-Revue „BIFUR“, die Michaux, Sartre und Joyce bekannt macht, dann Literaturkritiker bei „l’Humanité“ (1935), wo er Céline, Breton und Lacan unterstützt und schließlich Redakteur für Außenpolitik bei „Ce Soir“ unter der Leitung von Aragon wird. Von Moskau, wo er den internationalen Schriftstellerkongress vorbereitet, bis Brest, Schauplatz blutiger Unruhen im Zuge des Vormarsches der Front Populaire, über England und Spanien einige Monate vor dem Bürgerkrieg, findet man ihn immer in den ersten Reihen. Obwohl er ein leidenschaftlicher Reporter ist, führt er parallel dazu eine Karriere als Schriftsteller und veröffentlicht Schlag auf Schlag Essays (Les Chiens de garde, Les Matérialistes de l'Antiquité) und Romane (Das Leben des Antoine B., Das Trojanische Pferd), die alle von den Kritikern begeistert aufgenommen wurden. 1938 wird Die Verschwörung mit dem Preis Interallié ausgezeichnet. Paradoxerweise gibt sich nur die kommunistische Partei sehr verhalten, ja sogar äußerst kritisch gegenüber seines literarischen Schaffens, wobei zu bemerken ist, dass seine Schriften nicht gerade orthodox sind und nicht dem eher engen Raster der Kommunisten der damaligen Zeit entsprechen. 

Im Jahr 1939 deckt er in seinem letzten Werk Chronique de Septembre die Mechanismen der Verhandlungen zwischen Hitler, Daladier, Chamberlain und Mussolini auf, die zum Münchner Abkommen und der Auflösung der Tschechoslowakei führten. Im Urlaub in Ajaccio wird er vom deutsch-sowjetischen Abkommen zwischen Stalin und Hitler überrascht.

Er kehrt umgehend nach Paris zurück, um sich möglichst schnell über die Haltung der Partei zu informieren, welche den Pakt befürwortet. Sich selbst und seinen antifaschistischen Überzeugungen treu tritt er öffentlich im September 1939 aus der kommunistischen Partei aus.

Nachdem er für den Militärdienst eingezogen wird, setzt er sich an der Front weiter für seine Überzeugungen ein, indem er vehement versucht, seinen Kameraden seine Haltung verständlich zu machen.

Er wird als Dolmetscher für die englische Armee nach Lille versetzt und stirbt am 23. Mai 1940 beim Angriff der Deutschen auf Dünkirchen. Er wird auf dem nationalen Soldatenfriedhof La Targette in Neuville-Saint-Vaast beigesetzt.

Louis Faidherbe

1818-1889

Aktie :

Porträt von Louis Léon César Faidherbe, General. Quelle : SHD (Historischer Dienst des Verteidigungsministeriums) Abteilung Landstreitkräfte

(Lille: 3. Juni 1818 - Paris: 28. September 1889)

 

Louis Léon César Faidherbe ist das fünfte Kind einer in bescheidenen Verhältnissen lebenden Familie von Strickwarenherstellern aus Lille. Er ist hartnäckig und fleißig und kommt 1838 auf die Ecole Polytechnique und später auf die Militärschule in Metz. 1842 wird er Offizier bei den Pionieren und macht Bekanntschaft mit den Kolonien: ein kurzer Aufenthalt auf der Insel Guadeloupe 1848, dann Algerien (1849), wo er sich durch sein Organisationstalent und seine physische und moralische Widerstandsfähigkeit auszeichnet. Als Gegner des Staatsstreichs vom 2. Dezember 1851 geht Faidherbe 1852 in den Senegal. Er vertritt die Interessen der Händler, die den Markt für Erdnüsse, Baumwolle usw. auf einem befriedeten Territorium nutzen wollen, und setzt den örtlichen Vertreter Frankreichs, Bouët-Willaumez (1808-1871) ab. Als Borom N'Dar, Gouverneur, nutzt er nun die Streitigkeiten der Stämme, um seinen Plan zur Gründung einer homogenen Kolonie um den Fluss Senegal auszuführen. 1854 erobert er mit seinen Truppen die Fürstentümer des Senegal, des Bambouk und Foutou Toro. Während dieses Feldzugs beendet er die Feindseligkeiten um El-hadj anlässlich der Belagerung von Medina im Jahr 1857, eine bedeutsame Episode in dem "Krieg des Kreuzes gegen den Halbmond".

Faidherbe erweitert die französische Einflusssphäre durch die Annexion des Königreichs Walo und eines Teils von Cayor und durch die Ausdehnung der französischen Kontrolle im oberen Senegal in Richtung Bambouk. Im Süden zwingt er dem Königreich Sine-Saloum, der Petite Côte, der Halbinsel Cabo Verde und weiter bis zur Casamance das französische Protektorat auf. Während seiner Aufenthalte im Senegal von 1852 bis 1861 und von 1863 bis 1865 gestaltet er diese Kolonie in einen in Arrondissements und Kreise eingeteilten Bereich um, in denen Offiziere aus dem Mutterland die Führung einnehmen. Er organisiert ein Rekrutierungssystem in der lokalen Bevölkerung, das 1857 auf militärischem Gebiet zur Gründung des ersten Regiments der senegalesischen Infanterie führt. Er wird wegen seiner zügigen militärischen und politischen Praktiken kritisiert und baut eine Taktik der kolonialen Expansion durch die Eisenbahn und eine Reihe von kleinen Festungen auf. Er führt den Unterricht in der französischen und franco-moslemischen Sprache ein, fördert die lokalen Eliten, gründet 1855 die Bank von Senegal und baut einen Hafen für Dakar.

Faidherbe erweitert die französische Einflusssphäre durch die Annexion des Königreichs Walo und eines Teils von Cayor und durch die Ausdehnung der französischen Kontrolle im oberen Senegal in Richtung Bambouk. Im Süden zwingt er dem Königreich Sine-Saloum, der Petite Côte, der Halbinsel Cabo Verde und weiter bis zur Casamance das französische Protektorat auf. Während seiner Aufenthalte im Senegal von 1852 bis 1861 und von 1863 bis 1865 gestaltet er diese Kolonie in einen in Arrondissements und Kreise eingeteilten Bereich um, in denen Offiziere aus dem Mutterland die Führung einnehmen. Er organisiert ein Rekrutierungssystem in der lokalen Bevölkerung, das 1857 auf militärischem Gebiet zur Gründung des ersten Regiments der senegalesischen Infanterie führt. Er wird wegen seiner zügigen militärischen und politischen Praktiken kritisiert und baut eine Taktik der kolonialen Expansion durch die Eisenbahn und eine Reihe von kleinen Festungen auf. Er führt den Unterricht in der französischen und franco-moslemischen Sprache ein, fördert die lokalen Eliten, gründet 1855 die Bank von Senegal und baut einen Hafen für Dakar.

Nach einer Zeit der Erholung und der kaiserlichen Ungnade hält sich Borom N'Dar bis 1870 in Algerien auf, wo er die ethnologischen und archäologischen Studien fördert und die Akademie von Hippone mit einer reichen Bibliothek ausstattet. 1869 erhält er aus den Händen des Bey von Tunis das Band des Ritters 1. Klasse des Ordens von Nichan al-Iftikhar. Aus Algerien verfolgt er aufmerksam die Kämpfe des Französisch - preußischen Krieges und erfährt von der Verhaftung des Kaisers in Sedan und der Kapitulation von Bazaine in Metz (27. Oktober 1870), er beendet sein Schweigen und kritisiert die Regierung von Napoleon III. Begeistert von den patriotischen Ideen der Regierung der nationalen Verteidigung wird er am 19. November 1870 zum 22. Armeekorps von Lille berufen, der Nordarmee von Bourbaki und geht dann nach Tours, wo er Gambetta trifft, bevor er am 4. Dezember im Grad eines Generalmajors sein Kommando antritt. Er leistet den Truppen des Barons Manteuffel an der Frontlinie Le Havre - Thionville erbitterten Widerstand. Unter Benutzung einer List und mit Unterstützung guter Aufklärer gelingt es ihm, die Kaiserlichen zum Rückzug von Rouen zu zwingen und General Goeben im Abschnitt von Amiens in Angst zu versetzen, wo seine Männer bei Pont-Noyelle (23.-24. Dezember 1870), Péronne-Bapaume und Cambrai-Saint-Quentin im Januar 1871 die Oberhand gewinnen. Diese Kampfeslust, die ihm bei den Deutschen den Spitznamen "Quecke" einträgt, ermöglicht es, die Umklammerung von Paris durch die Kaiserlichen zu lösen.

Er steht treu zur Republik, akzeptiert den Waffenstillstand und versorgt die Versaillais von Adolphe Thiers (1797-1877) mit Truppen. Dann zieht er es vor, sein Kommando abzugeben, um sich mehr der Stadt Lille widmen zu können, deren Bürgermeister er wird. Er veröffentlicht nun eine Reihe von Studien zur Neuorganisierung der Armee, in denen er für eine bessere Disziplin der Offiziere, für die zweijährige Wehrpflicht , die vor allem der Erziehung der unteren Klassen dienen soll, und die Modernisierung der benutzten Schusswaffen eintritt. Als Abgeordneter des Nordens nimmt er an den großen Debatten der jungen Dritten Republik teil und hat den Vorsitz in der Zentralkommission der Eisenbahnen. Als Literat studiert und publiziert er die libyschen Inschriften aus Ägypten, besucht Jerusalem (Mai 1872), usw. Am 28. Februar 1880 wird er zum Großkanzler der Ehrenlegion erhoben und reformiert die Maisons (Häuser) dieser Institution. 1883 wird er ohne Alterbegrenzung in seinen militärischen Funktionen belassen und kämpft ein letztes Mal an der Seite von General Boulanger, an dessen Triumph er teilhat, bevor er am 29. September 1889 stirbt. Am 2. Oktober erhält er ein Staatsbegräbnis. Eine große Mengenmenge und eine offizielle Delegation aus dem Senegal begleiten den Trauerzug zur Kapelle des Invalidendoms. Am nächsten Tag organisiert seine Geburtsstadt Lille ein großartiges Begräbnis. Viele Huldigungen werden ihm zuteil: im selben Jahr bestellt der Senat eine Büste für den Garten des Luxemburg - Schlosses; im Oktober 1891 weiht die Stadt Bapaume eine Statue zu seinen Ehren ein. In Lille wird 1896 eine Reiterstatue errichtet.

Eine Auswahl seiner Schriften fasst den reichen Lebensweg dieses republikanischen Soldaten zusammen, der Mitglied der Akademie der Inschriften und Literatur und der Geographischen Gesellschaft war: Die Berber und die Araber an den Grenzen Senegals (1854), Vokabular von ungefähr 1500 französischen Wörtern mit ihren Entsprechungen im Wolof von Saint-Louis, im Pular (Toucouleur) von Fouta, im Soninke (Sarakole) von Bakel, Saint-Louis (1860), ein Kapitel über die Geographie von Nordwestafrika für die Schulen von Senegambia (1865), eine vollständige Sammlung der numidischen (libyschen) lnschriften mit kurzen ethnographischen Darstellungen über die Numider (1870), Phönizische Epigraphik (1871), Feldzug der Nordarmee 1870-1871 (1871), eine zusätzliche Anmerkung an die Adresse der Untersuchungskommission über die Operationen der Nordarmee (1873), Der französische Sudan. Eisenbahn von Medina zum Niger (1881-1885), Senegalesische Sprachen: Wolof, der arabische Dialekt Hassania, Soninke, Severisch (1887); Beiträge und Gespräche im Echo du Nord und Mémorial.


Bibliographische Quellen
COURSIER (Alain), Faidherbe vom Senegal zur Nordarmee, Paris, Tallandier, 1989. Gambetta - Faidherbe. 125. Jahrestag der Ausrufung der 3. Republik: der Feldzug in der Picardie 1870-1871, Archäologische und historische Gesellschaft von Boulogne-Conchy-Hainvillers und Umgebung, 1995. MOURRE (Michel), Dictionnaire encyclopédique d'histoire, D-H, Paris, Bordas, 1996, p. 2086. PONS (Grégori), "Faidherbe, der stille Eroberer), Histoire magazine 9 (1980), p. 16-19. RIOUX (Jean-Pierre), Dir., Dictionnaire de la France coloniale, Paris, Flammarion, 2007.

Blaise Pagan

1604 - 1665

Aktie :

Blaise François, Graf von Pagan. Autor: Jacques Lubin. Quelle : Wikimedia Commons - gemeinfrei

(Saint-Rémy-en-Provence, 1604 - Paris, 1665)

Der französische Militäringenieur und Lehrer Vaubans, Blaise François Pagan, gründet mit Errard aus Bar-le-Duc und Antoine Deville die erste französische Schule der Kunst des Festungsbaus. Er ist der Autor des Werks "Kunst des Festungsbaus", in dem er die Bastion in den Plan der Festung integriert. Blaise François, Graf von Pagan, wird in Saint-Rémy-en-Provence in der Nähe von Avignon geboren. Seine Familie gehört einem aus Neapel stammenden Zweig des Hauses Luynes an. Er tritt sehr früh als Militäringenieur in die Dienste von Ludwig XIII. ein. Er zeichnet sich 1620 bereits bei der Belagerung von Caen aus, dann in der Schlacht von Ponts-de-Cé, nimmt an den Belagerungen von Saint-Jean-d'Angély und Clérac im Jahr 1621 teil, an der Einnahme von Navarreins und an der Belagerung von Montauban im Jahr 1622, bei der er das linke Auge verliert. Im Jahr 1623 dient er als Ingenieur bei der Belagerung von Nancy. Bei der Belagerung von Suse 1629 wird er berühmt, als er an der Spitze der französischen Truppen die Barrikaden überwindet, die die Stadt umgeben. Während des Dreißigjährigen Krieges arbeitet er mit Deville bei der Belagerung von Corbie, Landrecies und Hesdin zusammen. Er nimmt an der Belagerung von La Rochelle teil, dient in Italien, in der Picardie und in Flandern.

Als er 1642 erblindet, wird er zum Feldmarschall ernannt, beendet seine militärische Karriere und widmet sich im Ruhestand der Mathematik, der Geschichte und der Geographie, der Astronomie und der Kunst des Festungsbaus. Pagan verfasst eine Abhandlung über den Festungsbau, "Le Traité des fortifications" (1645), in der er die Prinzipien des Festungsbaus darlegt. Zu ihnen gehört insbesondere: bei der Planung einer Festung muss man von den vordersten Vorsprüngen für Bastionen ausgehen, um sich dem Gelände am besten anzupassen, denn mit dem Bau von Außenwerken erreicht man eine gute Staffelung der Verteidigung in die Tiefe und kann den Angriff auf die Festung selbst hinauszögern. Die Flanken der Bastionen liegen rechtwinklig zur Verteidigungslinie, um eine gute gegenseitige Flankierung zu erreichen. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich von Deville, für den die Bastionen nur vorgerückte, hinzugefügte und isolierte Festungswerke sind, die der Festung später angegliedert werden. Die Verteidigung wird durch eine starke Artillerie erreicht: er sieht bis zu dreißig Geschütze pro Bastion vor, die auf drei Ebenen verteilt sind. Zu den Außenwerken gehört ein Wehrgang mit einem kleinen Exerzierplatz auf der Kontraeskarpe (Prinzip der aktiven Verteidigung). Er sieht den Raum zwischen der Kontergarde und dem Hauptfestungsgürtel als Lagerplatz für die Dorfbewohner der Umgebung vor. Seine Prinzipien bleiben Theorie, werden aber von Vauban in seinem ersten Verteidigungssystem wieder aufgenommen.

Er ist auch Astronom und entwirft eine Theorie der Planeten. Er legt seine Arbeiten dar in den Theoremen der Planeten (1657), den astronomischen Tabellen (1658) und der Natürlichen Astrologie (1659). Der Mathematiker entwirft 1651 geometrische Theoreme. Andere Schriften findet man in dem Bericht über den Fluss Amazonas (1658) und in posthumen Werken (1669). 1652 wird der Graf von Pagan zu acht Jahren Haft in der Bastille verurteilt, weil er sich "damit gebrüstet hat, den König durch Magie zu töten". Er bleibt schließlich bis zu seinem Lebensende dort, vergessen vom König und von Kardinal Mazarin, wie er in seinem letzten Brief vom 28. November 1665 schreibt: "ich bin ein Greis von siebzig Jahren, der immer krank ist. [...] Eure Exzellenz [...] wird eines Tages erfahren, dass man mich schwindsüchtig und erfroren aufgefunden hat; bei diesem Wetter habe ich kein Feuer in meinem Zimmer und kaum etwas anzuziehen. Ich flehe Euch an, sich daran zu erinnern, dass ich seit dreizehn Jahren und zwölf Tagen hier bin und den König, unseren Herrn zu bitten, mich um der Liebe Gottes Willen frei zu lassen, damit ich nach Hause zurück kehren kann".

Pierre Clostermann

1921 - 2006

Aktie :

Pierre Clostermann. Quelle: Wikipedia - lizenzfrei.

Helden des Freien Frankreich

Der Autor des Beststellers „Le Grand Cirque“, Pierre Clostermann, stirbt am Mittwoch, 22. März 2006 in Montesquieu-des-Albères. Er wurde 85 Jahre alt.

 

Der am 28. Februar 1921 in Curitiba (Brasilien) als Diplomatensohn geborene Pierre Clostermann tritt am 18. März 1942 in England dem Freien Frankreich bei und dient in der Jägergruppe „Alsace“.

Ende des Krieges ist er Kapitän und auf sein Konto gehen 2.000 Flugstunden, nahezu 600 kriegerische Lufteinsätze, 33 Luftsiege und 5 vermutlich erfolgreiche Siege sowie zahlreiche materielle Zerstörungen: 225 Lkws, 72 Lokomotiven, 5 Panzer, 2 Torpedo-Schnellboote.

Nach seiner Auszeichnung mit dem Compagnon de la Libération am 21. Januar 1946 beginnt er seine politische Karriere. Er wird acht Mal wiedergewählt, insbesondere im Departement Bas-Rhin: 1951 wird er Abgeordneter von Marne, dann von Seine (1956-1958), Seine-et-Oise (1962-1967) und von Yvelines (1967-1969).

Der zum Kommandant beförderte Clostermann dient dann in Algerien, wo er eine weitere Beförderung zum Oberstleutnant der Luftwaffe erhält (1956 – 1957). Zwischen 1963 und 1969 unterstützt er den Vizepräsidenten der Kommission der Nationalen Verteidigung und die Streitkräfte der Nationalversammlung. 

Parallel zu seiner Karriere als Ingenieur wird er ein erfolgreicher Autor, der in seinem Werk Le Grand Cirque über seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg berichtet. Von diesem 1948 erschienen Buch werden über 3.000.000 Exemplare verkauft.

Raoul Monclar

1892-1964

Aktie :

Portrait von Raoul Monclar. Quelle: Ordre de la Libération

(07. Februar 1892: Budapest, Ungarn – 3. Juni 1964: Val-de-Grâce, Paris)

Raoul Magrin-Vernerey war Soldat mit Leib und Seele. Schon im Alter von sieben Jahren war er wild entschlossen, seine Familie zu verlassen und sich den Boers anzuschließen.

Als Sohn der in Wien tätigen Französischlehrerin Anne Magrin erweckt Raoul Charles das Interesse eines ungarischen Grafen, der seine intellektuelle und moralische Erziehung übernimmt. Der in kosmopolitischer Umgebung der österreichisch-ungarischen Gesellschaft aufgewachsene junge Mann behält sein ganzes Leben lang ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Zurück in Frankreich wird er dann von seiner Großmutter in Avison, Doubs erzogen. Nach seinem Studium an der Lycée Victor Hugo in Besançon und später am Seminar von Ornans, und immer noch besessen von seiner Leidenschaft, endlich eine Uniform tragen zu dürfen, flieht er im Alter von 15 Jahren von zuhause und verpflichtet sich in der Fremdenlegion. Zu jung für ein solches Abenteuer kehrt er zu seinen Studien zurück und beginnt seine militärische Karriere am 10. Oktober 1912 mit dem Eintritt in die spezielle Militärschule von Saint-Cyr.

1914 schließt er mit Diplom ab, geht nach Montmirail und schafft es in den Kriegswirren in das 60. Infanterieregiment: das Flachland im Elsass, Morte-Fontaine (Oise), die Kämpfe in Ourcq, Aisne, Freiwilliger beim Angriff auf Aumetzwiller (Moselle), Gegenangriff im Wald von Haumont (Bois des Caures), Angriff auf die Somme, Ypres, der Hügel von Tahure in der Gegend von Reims.

Der für seine heldenhaften Taten bekannte Monclar wird Opfer eines Giftgasanschlags, sechs Mal verletzt sowie 11 Mal lobend erwähnt, davon sieben Mal von der Armee. Mit einer Untauglichkeit von 90% wird er am 24. Juni 1916 zum Hauptmann des 260. Infanterieregiments befördert und von der Ehrenlegion ausgezeichnet.

Nachdem der Frieden eingekehrt ist, wird er an ausländische Einsatzorte wie Odessa (1919) und Syrien-Palästina (1920) versetzt, wo er sich erneut durch seine Verdienste einen Namen macht und mit dem Offizierskreuz der Ehrenlegion in Algerien, Marokko und dann im Dienst des 5. Auslandsregiment der Infanterie ausgezeichnet wird. Im Rahmen dieser Missionen gelingt es ihm, seinen Traum zu verwirklichen: Wiedereintritt in die Fremdenlegion im Jahr 1924.

Am 23. Februar 1940 gibt er sein Kommando über das 4. Infanterieregiment in Marokko auf, um zwei Marschbataillons der 13. Halbbrigade der Fremdenlegion für eine Expedition in Norwegen zu übernehmen. Er landet am 5. Mai in Ballangen, gewinnt die Herrschaft über Bjervik und Narvik, befreit 60 alliierte Gefangene und nimmt 590 Deutsche in Gefangenschaft. Die Expedition ist nur von kurzer Dauer und Magrin-Vernerey kehrt am 15. Juni nach Brest zurück. Mit Verkündigung des Waffenstillstands verlässt er gemeinsam mit Hauptmann Koenig und 500 Soldaten Frankreich, um sich der Befehlsgewalt von General de Gaulle zu unterstellen. Mit seiner Beförderung zum Hauptmann wird er bekannt als Monclar (Name eines Ortes in Tarn-et-Garonne, der Heimat seiner Familie) und Kämpfer für das Freie Frankreich. Im Dezember 1940 bricht die 13. Halbbrigade in Richtung Afrika auf: Dakar, Freetown, Kamerun, wo er eine kleine Abhandlung über sein Kampfkonzept verfasst, den so genannten Catéchisme du combat. Er landet im britisch-ägyptischen Sudan, nimmt an der Seite des Bataillons Garbay teil an den Kämpfen in Eritrea, befreit die Hauptstadt Massaouah und nimmt den Admiral und die Kommandochefs der italienischen Streitkräfte gefangen. Obwohl er sich geweigert hatte, dem Bündnis von Gabon beizutreten, möchte er sich auch in Syrien (Juni 1941) nicht engagieren, da er die Idee eines Bruderkriegs in der französischen Armee nicht unterstützen kann. 1941 wird er zum Brigadegeneral ernannt und führt verschiedene Kommandos in Großbritannien und dann im Morgenland. Er wird zum Kamerad der Befreiung.

Nach diversen Missionen in Algerien, Pakistan und Indochina wird er am 25. Juni 1948 zum Inspektor der Fremdenlegion ernannt.

Am 20. Februar 1950 nimmt Monclar als General des Armeekorps und bereits kurz vor Erreichen der Altersgrenze tatkräftig seine Aufgaben als Oberstleutnant wahr und meldet sich am 19. Oktober freiwillig für die Leitung des französischen Bataillons in Korea, das er bis 1951 gegen die kommunistischen Truppen Nordkoreas anführt.

Am 21. Oktober 1962 beginnt für die lebende Militärlegende, gewürdigt mit 17 nationalen und 21 internationalen Auszeichnungen, die Zeit als Pensionär. Er übernimmt die Nachfolge von General Kienst als Gouverneur der Invaliden.

Diesen Posten behält er bis zu seinem Tod im Jahr 1964 inne.

Henri Giraud

1879-1949

Aktie :

Porträt von General Giraud. 1934-1936. Quelle: ECPAD

(18. Januar 1879: Paris - 11. März 1949: Dijon)

Henri Giraud, der aus einer einfachen elsässischen Familie stammt, die in Paris wohnt - sein Vater war Kohlenhändler - ein junger Mann voller Tatendrang, ist ein ausgezeichneter Schüler der humanistischen Gymnasien Stanislas, Bossuet und Louis-le-Grand und tritt 1900 in die französische Armee ein, als er seine Ausbildung an der Militärschule Saint-Cyr abgeschlossen hat. Er wird der Einheit der 4. Zuaven in Nordafrika zugewiesen, mit der er 1914 an die Front geschickt wird. Er wird in der Schlacht von Guise während des Gegenangriffs von General Lanrezac gegen die 2. deutsche Armee von Bülow verwundet und kommt am 30. August in Gefangenschaft. Ende September gelingt ihm mit Hilfe des Netzes von Doktor Frère die Flucht. Er trifft den französischen Militärattaché in Den Haag, der ihn nach England bringt, von wo er sich wieder nach Frankreich einschifft. Im Herbst 1917 zeichnet er sich erneut aus, als das 3. Bataillon der 4. Zuaven das Fort de la Malmaison am Chemin des Dames zurück erobert, und später bei den von Pétain organisierten Offensiven nach der Krise im Frühling 1917. Nach dem Krieg schließt er sich den Truppen von General Franchet d'Esperey in Konstantinopel an und kehrt als Oberst auf Betreiben von Lyautey nach Morokko zurück, wo er die Aufstände der Berber bekämpft. So trägt er zur Übergabe von Abd-el-Krim (27. Mai 1926) während des Rifkrieges bei, eine Heldentat, die ihm die Ehrenlegion einbringt.

Als Militärkommandant der Festung Metz trifft er mit den Obersten Charles de Gaulle und Jean de Lattre de Tassigny zusammen. 1936 wird Giraud General und Kommandeur der 7. Armee und Mitglied des Obersten Kriegsrats. Da er nicht an die Wirksamkeit der Panzerarmee glaubt, lehnt er die von de Gaulle vertretene Taktik ab, als der Zweite Weltkrieg ausbricht. Am 10. Mai 1940 halten seine nach Holland geschickten Einheiten den deutschen Vormarsch auf, vor allem bei Breda am 13. Mai. Er wird am 19. Mai in Wassigny gefangen genommen, als er versucht, sich in den Ardennen mit der 9. französischen Armee den Panzerdivisionen entgegen zu stellen. Er wird in Schlesien, im Schloss Königstein in der Nähe von Dresden gefangen gehalten. Am 17. April 1942 flüchtet Giraud mit Hilfe von Freunden, den Generälen Mesny, Mast, Baurès und des britischen Geheimdienstes, die ihm die Flucht von Schandau aus ermöglichen. Von dort aus geht er ins Elsass und dann nach Vichy. Sein Abenteuer, das bald allgemein bekannt ist und das er in Mes évasions (Meine Fluchten) erzählt, ärgert die deutsche Regierung, die seine Auslieferung verlangt. Diese kann er dadurch verhindern, dass er einen Brief an Marschall Pétain unterzeichnet, in dem er versichert, dass er nicht gegen dessen Regime opponieren wird. Während er unter Hausarrest lebt, nehmen die Alliierten bald mit Giraud Kontakt auf, da sie General de Gaulle aus der Vorbereitung der Operation Torch heraus halten wollen. Er wird im November 1942 über Gibraltar außer Landes gebracht und trifft sich mit Eisenhower, der ihn mit dem Kommando über die französischen Truppen beauftragt. Vor Ort entwickeln sich bürgerkriegsähnliche Zustände, da die Leute von Admiral Darlan sich weigern, seine Führung anzuerkennen. Durch die Ermordung von Darlan am 24. Dezember wird dieser Konflikt beendet. Giraud macht sich zu dessen Nachfolger, behält die Institutionen wie auch das Ausnahmestatut der Juden bei und lässt einige Widerständler in Lagern in der südlichen Sahara internieren, die bei der Landung geholfen hatten. Als Teilnehmer an der Konferenz von Casablanca wird er gezwungen, diese Widerständler frei zu lassen und seiner Regierung einen demokratischeren Anstrich zu geben. Er wird Mitglied des Direktoriums des französischen Komitees der nationalen Befreiung (CFLN), das "Duell Giraud - de Gaulle" erreicht seinen Höhepunkt. Auf Grund der immer größeren Anhängerschaft von General de Gaulle muss er aber bald weichen. Seine uneingeschränkte Unterstützung von Pierre Pucheu diskreditiert ihn schließlich bei seinen Anhängern. Dieser ehemalige Innenminister von Pétain war nämlich nach Marokko gekommen, um dem Freien Frankreich zu dienen, aber sein Schritt wurde als verspätet empfunden, da ihm Kollaboration mit dem Feind und die Teilnahme an der Verhaftung von Geiseln vorgeworfen wurde.

Am 13. September 1943 schickt er französische Truppen zur Landung nach Korsika, um die dortigen Widerstandsgruppen zu unterstützen. Es ist ein militärischer Erfolg, aber Giraud wird von General de Gaulle stark kritisiert, weil er die kommunistische korsiche Résistance bewaffnet hat, wodurch die Operationen zur Befreiung Europas einen politischen Anstrich erhalten und die Arbeit der Vereinigung der Résistance erschwert wird. Er verliert endgültig seinen Sitz im CFLN. Im April 1944 organisiert Giraud die Teilnahme Frankreichs an der Schlacht um Italien, wird aber wegen seiner zu starken Verstrickung in das repressive System von Vichy von seinem Posten als Oberkommandierender abgelöst und muss sich aus den militärischen Institutionen des Freien Frankreichs zurück ziehen. Er schreibt später über seine Erfahrungen aus diesen unruhigen Jahren in seinem Werk: Un seul but: la Victoire (Ein einziges Ziel: der Sieg), Algier 1942-1944. Er überlebt ein Attentat in Mostaganem am 28. August 1944. 1946 lässt sich Giraud in Lothringen auf der Liste der republikanischen Partei der Freiheit und der unabhängigen Landwirte für einen Sitz in der zweiten verfassungsgebenden Nationalversammlung aufstellen. Als er am 2. Juni gewählt wird, vereinigt er die Gruppe der unabhängigen Republikaner und trägt zur Gründung der Vierten Republik bei, obwohl er sich weigert, für die Verfassung zu stimmen. Er beteiligt sich an den Debatten über die Situation der noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen (25. Juli 1946) und über die allgemeine Politik der Regierung in Algerien (22. August 1946). Bis Dezember 1948 hat er einen Sitz im Obersten Kriegsrat und erhält am 10. März 1949 die Militärmedaille für seine außergewöhnliche Flucht. Am nächsten Morgen stirbt er und wird im Invalidendom beigesetzt.

 

Georges Catroux

1877-1969

Aktie :

Porträt von General Catroux. Quelle: SHD

(29. Januar 1877: Limoges - 21. Dezember 1969: Paris)

 

Als Sohn eines Angehörigen des Militärs, der sich in den Schlachten des Zweiten Kaiserreichs in Nordafrika und Asien ausgezeichnet hatte, und einer genuesischen Mutter, hat Georges Catroux den Geist des Dienens und das Interesse an fernen Ländern geerbt. Nach dem Schulbesuch in Limoges, Angers und Rennes, den Garnisonsorten des Vaters, wird er Schüler der staatlichen Militärschule Prytanée von La Flèche und später, 1896, der Militärschule von Saint-Cyr, wo er dem Jahrgang "Grandes manoeuvres" (Große Manöver) angehört und wählt nach Beendigung der Ausbildung die Infanterie (Grenoble). Als junger Leutnant der Fremdenlegion wird er 1900 zu einer Befriedungsmission in die Sahara geschickt. Drei Jahre später wird er dem Gouverneur von Indochina, General Paul Beau, zugeteilt, bevor er nach Nordafrika zurück kehrt, zunächst nach Algerien, wo er Lyautey trifft, (einige Jahre später schreibt er un Lyautey le Marocain - Lyautey der Marokkaner), dann nach Marokko, wo er bis 1911 die Besetzung des Territoriums vorbereitet. Danach kehrt er nach Algier zu General Lutaud zurück. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs ist er Kommandeur des 2. Regiments der algerischen Infanterie. Er wird im Oktober 1915 bei Arras verletzt und kommt in Kriegsgefangenschaft, wo er Charles de Gaulle im Fort IX von Ingolstadt trifft.

1919-1920 ist er Mitglied der französischen Militärmission in Arabien und wird danach zum Gouverneur des Staates Damaskus ernannt, wo er die Verwaltung und die Regierung von Syrien aufbaut, bevor er als Militärattaché nach Konstantinopel geht. Seine Erfahrung in der Levante findet in dem Werk Deux missions au Moyen-Orient (Zwei Missionen im Mittleren Osten) von 1919-1922 ihren Niederschlag. Lyautey ruft ihn während des Rifkrieges nach Marokko zurück, von Juni bis Oktober 1925. Als er zu Henri de Jouvenel, dem Hochkommissar in der Levante versetzt wird, tritt Catroux für die Unabhängigkeit von Syrien und Libanon ein. Da diese These kein positives Echo findet, bittet er um seine Ablösung und kehrt 1927 in die Wüste zurück, an die Spitze des 6. Regiments der algerischen Infanterie in Tlemcen. Als Oberst und später General kommandiert er in Marrakesch von 1931 bis 1934, dann in Mülhausen und schließlich das 19. Armeekorps in Algier von 1936 bis 1939. Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung im September 1939 ist Catroux seit drei Monaten Generalgouverneur von Indochina: Mandel hatte ihn am 21. August aus der Reserve in dieses Amt berufen. Nach dem Waffenstillstand muss er mit einer Regierung zusammen arbeiten, die keine fremden Truppen auf diesem Territorium duldet und die Beziehungen mit China und den Japanern vorantreibt, die unbedingt den Kontinent besetzen wollen, um Peking auszuschalten. Die Regierung Vichy ruft ihn am 26. Juli 1940 zurück. Er weigert sich, nach Frankreich zurück zu kehren und schließt sich dem Freien Frankreich an,via Singapur und Kairo. Nach seiner Ankunft in London am 17. September 1940 betraut ihn General de Gaulle mit der Aufgabe, den Anschluss der Staaten der Levante als Vertreter des Freien Frankreichs in dieser Region vorzubereiten. Als Mitglied des Verteidigungsrates des Empire, Oberkommandierender und Delegierter des Freien Frankreichs im Mittleren Osten ruft er im Juni 1941 die Unabhängigkeit Syriens und des Libanons aus. Am 19. Juli wird er durch Verfügung von General Wilson, dem Oberkommandierenden der britischen Truppen in dieser Zone, zum Hochkommissar des Freien Frankreichs in der Levante ernannt. Er nimmt an den auf die Landung in Nordafrika folgenden Verhandlungen teil und macht sich daran, nachdem er am 25. November 1942 zum Kommandeur der französischen Streitkräfte ernannt wurde, die überseeischen Gebiete unter seinem Kommando zu vereinigen. Gleichzeitig übernimmt er die Rolle des Vermittlers zwischen de Gaulle und Giraud. Als Staatskommissar im französischen Ausschuss für die nationale Befreiung wird er im Mai 1943 mit der Koordinierung der muslimischen Angelegenheiten beauftragt und verfasst den Beschluss vom 7. März 1944, in dem bestimmten Kategorien von Mohammedanern die französische Staatsangehörigkeit verliehen wird und andere die Möglichkeit erhalten, sie zu erwerben. Im Juni 1944 wird er Generalgouverneur von Algerien und durch die Verleihung des Befreiungsordens Compagnon de la Libération und wird am 9. September durch die provisorische Regierung der französischen Republik zum Staatsminister für Nordafrika ernannt.

Die Erfahrungen als Botschafter in der Sowjetunion von 1945 bis 1948 finden ihren Niederschlag in seinem Werk J'ai vu tomber le rideau de fer (Ich habe den Eisernen Vorhang fallen sehen. Nach seiner Rückkehr ist er diplomatischer Berater der Regierung und wird 1954 zum Großkanzler der Ehrenlegion erhoben. Als eine Kommission damit beauftragt wird, die Verantwortung für die Niederlage von Dien Bien Phu zu klären, schreibt er über diesen Krieg in Deux actes du drame indochinois (Zwei Akte des indochinesischen Dramas . 1955 wird er mit der Lösung der Unruhen in Marokko beauftragt und spielt eine wichtige Rolle in den Verhandlungen zur Rückkehr von Sultan Mohammed V., der in Madagaskar im Exil lebt. Im folgenden Jahr ist er Minister - Resident in Algerien, tritt aber wegen der gegen die Europäer gerichteten Demonstrationen zurück. 1961 ist Catroux Mitglied des Militärgerichts, das die putschenden Generäle (Challe, Zeller) und ihre Komplizen aburteilen soll. 1969 scheidet er aus dem aktiven Dienst aus, und der Compagnon de la Libération Georges Catroux stirbt am 21. Dezember im Krankenhaus Val-de-grâce. Er wird auf dem Friedhof von Thiais (Val-de-Marne) beigesetzt.