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Die deutsche Veteranenpolitik nach 1955

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Verleihung der ersten Veteranenabzeichen durch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf dem Luftwaffenstützpunkt Faßberg, 15. Juni 2019. © Reservistenverband/Sören Peters

Während die Politik der Wiedergutmachung und Anerkennung für ehemalige Kombattanten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland abrupt abbrach, wurde sie in den letzten Jahren für Soldaten, die an Auslandseinsätzen beteiligt waren, wieder aufgenommen.

Corps 1

Die deutsche Tradition, Veteranen zu ehren und zu feiern, verebbte mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Heldengedenktag, an dem Angehörige der Wehrmacht offiziell geehrt wurden, wurde nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands 1945 abgeschafft. Er wurde durch den Volkstrauertag ersetzt, den Tag der nationalen Trauer, der dem Gedenken an die Opfer von Krieg und Tyrannei aller Nationen gewidmet ist. 1946 begann der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit der Errichtung und Pflege von Kriegerdenkmälern und Soldatenfriedhöfen. Nach dem Ende des Konflikts wurden Kriegsinvaliden medizinisch und beruflich betreut, um ihre soziale Integration zu fördern. Da die Wehrmacht aufgelöst wurde, hatte Deutschland bis zur Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 keine Armee mehr. Veteranenvereinigungen waren weiterhin verboten. In der Folgezeit entstand in der neuen Bundesrepublik Deutschland nicht auf Anhieb eine neue Veteranentradition. Im Gegensatz zu anderen Staaten wurde dort keine spezielle Politik für Veteranen betrieben.

Auf dem Weg zu einer Kultur der Veteranen in Einsatzgebieten?

Die Haltung der deutschen Gesellschaft gegenüber Veteranen veränderte sich allmählich mit dem Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr in den 1990er Jahren. Bisher wurden rund 350.000 Soldaten in Afghanistan, im Nahen Osten, auf dem Balkan und in Afrika eingesetzt. Mehr als 100 haben ihr Leben verloren, viele sind verletzt oder traumatisiert zurückgekehrt.

Es sind vor allem diese aus dem Auslandseinsatz zurückgekehrten Frauen und Männer, die sich eine Kultur der Kriegsveteranen und eine vermehrte Berücksichtigung ihrer Probleme wünschen. Im August 2010 gründeten sie eine Vereinigung zur Verteidigung ihrer Rechte, den Bund Deutscher Veteranen, später umbenannt in Bund Deutscher EinsatzVeteranen e.V. Für diese Vereinigung gilt jeder Angehörige der Bundeswehr, der an Auslandseinsätzen teilgenommen hat, als Veteran. Sie bietet ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten konkrete Unterstützung an.

Die Politik wiederum reagierte auf diese Entwicklung. Ohne zunächst von einer Politik für Veteranen im engeren Sinne zu sprechen, wurden wichtige Gesetzesänderungen vorgenommen, um die Versorgung von Soldaten der Bundeswehr, die bei Auslandseinsätzen verletzt wurden, zu gewährleisten. Die insbesondere im Gesetz über die Renten ehemaliger Militärangehöriger und ihrer Hinterbliebenen und im Gesetz über den Verbleib von im Einsatz verwundeten Militärangehörigen in den Streitkräften festgelegten Definitionen haben wesentliche Verbesserungen mit sich gebracht. Die ersten Versuche, eine Veteranenkultur entstehen zu lassen, scheiterten hingegen am Fehlen einer von allen Beteiligten akzeptierten Definition.

 

Insigne de vétéran

Veteranenabzeichen.

 

„Mehr gesellschaftliche Anerkennung"

Erst am 23. November 2018 definiert die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Begriff des Veteranen der Bundeswehr. Als Veteran der Bundeswehr gilt ein Soldat oder eine Soldatin, der oder die sich im aktiven Dienst befindet oder diesen ehrenhaft beendet hat, d. h. dem oder der sein oder ihr Dienstgrad nicht aberkannt wurde. Diese bewusst weit gefasste Definition soll keineswegs Unterschiede betonen, sondern vielmehr Gemeinsamkeiten hervorheben, die eine Gemeinschaft bilden können.

Parallel zu dieser Definition hatte die Ministerin auch darum gebeten, Vorschläge für die Form der Ehrung der fast zehn Millionen Veteranen der Bundeswehr zu erarbeiten. Das Ziel sämtlicher politischer Maßnahmen für Veteranen besteht vor allem darin, die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung für die Leistungen dieser Veteranen zu erhöhen. Sie zielen außerdem darauf ab, die Betreuung und Unterstützung der Bundeswehr für ihre Veteranen zu verbessern. Der Schwerpunkt muss dabei auf den konkreten Bedürfnissen derjenigen liegen, die sich in der Bundeswehr engagieren oder engagiert haben.

Zunächst war es notwendig, einen Rahmen zu schaffen, der eine systematische Arbeit für die Veteranen ermöglicht. Der stellvertretende Generalstabschef der Bundeswehr übernahm in dieser Eigenschaft die Funktion des Beauftragten der Bundeswehr für Veteranenangelegenheiten. Zur Bündelung des Fachwissens wurde ein Kreis von Personen, die sich im Bereich der Kriegsveteranen engagieren, zur Unterstützung zusammengestellt. Das Bundesverteidigungsministerium erarbeitete und verwirklichte Leitlinien in einem lebensnahen Dokument, das die Grundsätze der Veteranenarbeit der Bundeswehr beschreibt. Außerdem verlieh die Ministerin am 15. Juni 2019 im Rahmen des Tages der offenen Tür der Bundeswehr erstmals öffentlich Veteranenabzeichen. Bis heute haben mehr als 65.000 aktive und ehemalige Militärangehörige das Veteranenabzeichen erhalten.

 

Remise des premiers insignes

Verleihung der ersten Veteranenabzeichen durch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf dem Luftwaffenstützpunkt Faßberg, 15. Juni 2019. © Reservistenverband/Sören Peters

 

Bemühungen für die Verletzten

Derzeit bemüht sich das Ministerium bei seiner Arbeit darum, konkrete Maßnahmen einzuleiten und zu entwickeln, die dem angestrebten Ziel dienen, nämlich die Anerkennung und Wertschätzung von Veteranen zu fördern sowie die Betreuung und Unterstützung zu verbessern. Dank der Unterstützung zahlreicher Veteranenverbände wurden Vorschläge ausgearbeitet, werden derzeit geprüft oder wurden bereits teilweise umgesetzt. Die Vorschläge in diesem Rahmen umfassen grundsätzliche und strukturelle Überlegungen zur Frage der zukünftigen Gestaltung der Veteranenarbeit, der Einführung eines Veteranentages oder der Nutzung des Tages der offenen Tür der Bundeswehr und anderer medienwirksamer Veranstaltungen, aber auch Einzelprojekte wie die Invictus Games 2023 in Düsseldorf als öffentlichkeitswirksame Veranstaltung, die kontinuierliche Verbesserung der Situation von Soldaten mit physischen oder psychischen Verletzungen oder auch Initiativen zur Herausgabe von Sonderbriefmarken. Die Ausrichtung der Invictus Games durch unser Land ist somit eine hervorragende Gelegenheit, die gesellschaftliche Wahrnehmung konkret zu verbessern und die Anerkennung und Wertschätzung gegenüber Veteranen zu fördern.

Darüber hinaus soll sich die Politik zur Unterstützung der Veteranen auf diejenigen konzentrieren, die bei der Ausübung ihres Dienstes physische oder psychische Verletzungen erlitten haben. In den letzten Jahren wurden bei der Betreuung von Militärpersonal erhebliche Verbesserungen erzielt. Dennoch müssen wir aufmerksam bleiben und offensichtliche Lücken schließen. So wird derzeit ein Konzeptentwurf unter dem Titel Veteranenheim erstellt. Er beinhaltet unter anderem den Vorschlag, die Leistungen der Bundeswehr sichtbarer zu machen und sich dabei auf die Beratung von physisch oder psychisch verletzten Soldaten und Veteranen zu konzentrieren.

Über dieses Projekt hinaus gibt es eine Vielzahl von Handlungsfeldern, die das Bundesministerium der Verteidigung in Zukunft angehen möchte, immer in Zusammenarbeit mit den Verbänden, die sich für unsere Veteranen einsetzen.

 

Oberst Peter Haupt - Leiter des Büros III 4 in der Generaldirektion Organisation und Umfeld der Streitkräfte des Bundesministeriums der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland,
Büro mit der Zuständigkeit für Reservisten und Veteranen, Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland
Aus dem Deutschen übersetzter Text