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Nationale Gedenkfeiern in Deutschland

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Zeremonie vor dem Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums in Berlin. © Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland

In Frankreich gibt es elf nationale Gedenktage für zeitgenössische Konflikte, während es auf der anderen Seite des Rheins neben dem Nationalfeiertag nur fünf weitere Gedenktage gibt. Die deutsche Gedenkplanung lässt je nach Jahrestag und großen Zyklen auch mehrere jährlich wiederkehrende Gedenkzeiten zu. Die Gedenkprogramme werden auf verschiedenen Ebenen durchgeführt und folgen einem festen Protokoll und bestimmten Regeln.

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In Deutschland sind offizielle Gedenktage eines der Symbole, mit denen der Staat seine Präsenz demonstriert. Sie rücken wichtige kollektive Ereignisse und Erfahrungen in den Mittelpunkt, die als prägend und bedeutungsvoll für die Gegenwart herausgestellt werden.

Bei nationalen Gedenkfeiern ist zwischen jährlichen Gedenktagen und Gedenkzeremonien zu unterscheiden, die mit einmaligen Ereignissen in Zusammenhang stehen.

In Deutschland gibt es jährlich fünf Gedenktage:

  • 27. Januar: Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus;
  • 17. Juni: Nationaler Gedenktag;
  • 20. Juni: Tag des Gedenkens an die Opfer von Flucht und Vertreibung;
  • 20. Juli: Gedenken an den Widerstand und die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur;
  • Zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag: Tag der Volkstrauer.

Zu diesen Gedenktagen kommt noch der „Tag der Deutschen Einheit" hinzu, der als Nationalfeiertag am 3. Oktober gefeiert wird.

Für die Planung der jährlichen Gedenktage ist der interne Protokolldienst der Bundesregierung zuständig. Der Gedenktag am 27. Januar stellt eine Ausnahme dar, da er vom Protokoll des Bundestags organisiert wird.

Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar)

Am 3. Januar 1996 wurde der 27. Januar durch eine Proklamation von Bundespräsident Roman Herzog zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Im Jahr 2005 wurde das gleiche Datum von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust gewählt. Historisch gesehen bezieht er sich auf die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Auschwitz ist das Symbol des Völkermords und steht für die Millionen von Menschen, die vom Naziregime entrechtet, verfolgt, gefoltert und ermordet wurden. Der Bundestag begeht diesen Tag jedes Jahr im Rahmen einer Feierstunde, an der Vertreter aus Politik und Gesellschaft teilnehmen.

Die offizielle Rede wird jedes Jahr von einem deutschen oder ausländischen Ehrengast gehalten, der eine persönliche Verbindung zu den Opfergruppen des nationalsozialistischen Rassismus hat. Im Jahr 2021 war es die Präsidentin der jüdischen Gemeinde in München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, eine Holocaust-Überlebende und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die Autorin Marina Weisband, die als Kind aus der Ukraine nach Deutschland kam, sprach als Vertreterin der dritten Generation nach dem Holocaust.

Nationaler Gedenktag (17. Juni)

Der 17. Juni wurde in der Bundesrepublik Deutschland durch ein Gesetz vom 4. August 1953 zum Feiertag erklärt und zehn Jahre später, am 11. Juni 1963, von Bundespräsident Heinrich Lübke zum „Nationalfeiertag" erklärt. Dieser Tag erinnert an die Opfer des Volksaufstandes in Ostberlin und der DDR am 16. und 17. Juni 1953. Der Aufruf, das Regime der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zu stürzen und freie Wahlen abzuhalten, wurde von der sowjetischen Armee blutig niedergeschlagen, fast 13.000 Menschen wurden verhaftet und mehr als 125 Menschen getötet.

Im Rahmen einer Zeremonie am Denkmal des Volksaufstandes auf dem Friedhof Seestraße im Berliner Bezirk Wedding gedenken Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Anwesenheit von Zeitzeugen mit Reden und Kranzniederlegungen der Opfer des Aufstandes. Die Zeremonie wird in der Regel vom Orchester der Bundespolizei Berlin begleitet.

Tag des Gedenkens an die Opfer von Flucht und Vertreibung (20. Juni)

Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts vom 27. August 2014 ist dieser Tag seit 2015 dem Gedenken an die Opfer von Flucht und Vertreibung weltweit und an die deutschen Vertriebenen im Besonderen gewidmet. In einer nationalen Zeremonie wird mit Ansprachen von Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Lebens, ergänzt durch persönliche Berichte der Betroffenen, das Andenken an die Opfer von Flucht und Vertreibung gewürdigt. Neben den Vertretern des Staates nehmen auch Vertreter und Mitglieder von Vertriebenenverbänden an der Zeremonie teil, die von verschiedenen Musikern oder Orchestern begleitet wird, die aufgrund ihrer thematischen Verbindung zu diesem Tag ausgewählt wurden.

Gedenken an den Widerstand und die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur (20. Juli)

Mit einer Gedenkfeier der Bundesregierung wird jedes Jahr am 20. Juli in Berlin der Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur gewürdigt. Die Feierlichkeiten finden an historischen Orten statt, die an den Putschversuch von 1944 erinnern. Diese Zeremonie findet abwechselnd in der Gedenkstätte des deutschen Widerstands (Ehrenhof des Bendlerblocks) und in der Gedenkstätte Berlin-Plötzensee statt. Die Zeremonie umfasst neben einer Begrüßungsrede und der Ansprache eines Vertreters des öffentlichen Lebens auch die Ehrung der Verstorbenen und die Kranzniederlegung, die von Ehrengardisten und Kranzträgern der Bundeswehr durchgeführt wird.

 

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Zeremonie vor dem Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums in Berlin.
© Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland

 

Tag der Deutschen Einheit seit 1990 (3. Oktober)

Die Regierungschefs der Länder und die Bundesregierung haben vereinbart, dass das Land, das den Vorsitz im Bundesrat (Oberhaus des Parlaments) innehat, die jährlichen Feierlichkeiten zum 3. Oktober ausrichtet. Dadurch soll den Ländern die Möglichkeit gegeben werden, in eigener Verantwortung einen Nationalfeiertag zu veranstalten und dabei einen eigenständigen Ansatz zu verfolgen.

Vertreter aus Politik und Gesellschaft nehmen an der offiziellen Zeremonie teil, die vom Bundesrat und einem anderen Bundesverfassungsorgan organisiert wird. Die Bevölkerung - vertreten durch Bürgerdelegationen - nimmt ebenfalls an den Feierlichkeiten teil. So wird parallel zur offiziellen Zeremonie für alle Bürger ein Bürgerfest veranstaltet, das live im Fernsehen übertragen wird.

Volkstrauertag (zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag)

Jedes Jahr wird am Volkstrauertag in der Neuen Wache, der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland, der Opfer von Krieg und Tyrannei gedacht.

Im Rahmen einer Zeremonie legen der Bundespräsident und die Vertreter der vier anderen föderalen Verfassungsorgane Kränze nieder. Gelegentlich werden ausländische Vertreter eingeladen, an der Zeremonie teilzunehmen. Dies war zum Beispiel 2018 beim französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron der Fall.

Eine Ehrenabteilung der Bundeswehr, bestehend aus Kranzträgern, Gardisten, einem Trompeter und einem Kommandoführer, ist fester Bestandteil der Zeremonie.

Protokoll und Gebräuche

Die Nationalhymne ist als Staatssymbol ein fester Bestandteil jeder Gedenkfeier, mit Ausnahme des Volkstrauertags. Gedenkfeiern folgen immer einem festgelegten Ablauf und Protokoll, das an die jeweiligen Umstände (wie den 5. oder 10. Jahrestag eines Ereignisses) oder an bestimmte Teilnehmer angepasst wird.

An allen Gedenktagen werden die Flaggen der obersten Bundesbehörden und ihrer Dienststellen sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht von Bundesbehörden unterstehen, auf dem gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland auf Halbmast gesetzt.

Gedenkfeiern sind in der Regel nicht öffentlich, sondern - vor allem aus Sicherheits- und Kapazitätsgründen - nur auf Einladung für einen begrenzten Teilnehmerkreis zugänglich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit wird durch die Präsenz der Medien sowie durch die Dokumentation im Internet sichergestellt.

Neben den obligatorischen jährlichen Gedenktagen werden Zeremonien anlässlich besonderer Ereignisse (z. B. Anschläge) oder bestimmter Jahrestage abgehalten. So verfügte der Bundespräsident, dass anlässlich des 40., 50. und 60. Jahrestages der Gründung der Bundesrepublik Deutschland offizielle Feierlichkeiten abgehalten werden. Ebenso war beschlossen worden, anlässlich des 50. und 75. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs offizielle Zeremonien abzuhalten. In der Regel ist es ferner Aufgabe des internen Protokolldienstes, die offiziellen Zeremonien zu organisieren.

 

Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.protokoll-inland.de.

Interner Protokolldienst beim Bundesministerium für Inneres
Aus dem Deutschen übersetzter Text