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Napoléon III

1808-1873

Aktie :

Porträt von Napoleon III. Quelle : SHD

NAPOLEON III.(Paris, 20.April 1808 - Chiselhurst, 9. Januar 1873)

Dritter Sohn des holländischen Königs Louis Bonaparte, des Bruders von Napoleon I., und der Hortense de Beauharnais, Stieftochter des Kaisers. Sein Erzieher war der Sohn des Konventsmitglieds Le Bas, der in ihm die Liebe zu der revolutionären Vergangenheit weckte. 1830 reist er auf den Spuren seines Onkels nach Italien, schließt sich der Bewegung der Carbonari an und nimmt an dem Aufstand von Menotti gegen Papst Gregor XVI. in der Romagna teil. Durch den Tod des Herzogs von Reichstadt 1832 wird Louis Napoléon legitimer Erbe der Bonaparte. Mit Hilfe von Persigny versucht er am 30. Okt. 1836 ohne Erfolg, die Garnison von Straßburg aufzuwiegeln. Louis-Philippe schickt ihn nach Brasilien ins Exil, von wo er in die Vereinigten Staaten geht und sich schließlich 1837 in England ansiedelt. Hier verteidigt er seine Vorstellung von einem "demokratischen Cäsarismus" in seinem Buch "Les Idées napoléoniennes" (1839) und beschließt auf Grund der neu aufkommenden bonapartistischen Begeisterung im Zusammenhang mit der Ankündigung der Rückkehr der Asche Napoleons I. nach Frankreich, am 6. August 1840 in Boulogne einen neuen Anlauf zu unternehmen. Er wird vor dem Obersten Gerichtshof zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt und im Fort von Ham (Somme) inhaftiert. Von dort flieht er im Mai 1846 nach England. Obwohl er in Frankreich als unerwünschte Person gilt, wird Louis Napoléon im Juni 1848 in fünf Departements gewählt und zieht drei Monate später in die Nationalversammlung ein.

Obwohl er ein miserabler Redner ist, tut der ehrgeizige Abgeordnete alles, um die Konservativen für sich zu gewinnen. Er redet zu den Massen und nimmt Verbindung mit der Armee auf, die sich nach dem Empire zurück sehnt. 1848 kandidiert er für die Präsidentschaftswahlen und wird mit einer Mehrheit von fünf Millionen Stimmen vor seinen Konkurrenten gewählt. Am 2. Dezember 1851 führt er einen Staatsstreich durch, den er durch eine Volksabstimmung am 20. und 21. Dezember genehmigen lässt. Nach einer vorhergehenden Verfassungsänderung wird er Präsident der Republik für zehn Jahre. So konzentriert er alle Macht in seinen Händen. Er unternimmt nun Reisen in die französischen Provinzen, um auf die Volksabstimmung vom 21. und 22. November 1852 vorzubereiten, durch die er sich zum Kaiser der Franzosen erklären lässt. Am 2. Dezember 1852 wird er Napoleon III. Wie Napoleon I. möchte er in den Kreis der europäischen Dynastien aufgenommen werden und heiratet im folgenden Jahr, am 30. Jan. 1853, eine spanische Aristokratin, Eugenia Maria de Montijo. Von 1852 bis 1860 hat Napoleon III. die ungeteilte Macht und stützt sich auf die allgemeine Wahl, die ihm immer wieder überwältigende Mehrheiten beschert, deren Richtung aber durch den Mechanismus der "offiziellen Kandidatur" bestimmt wird. Das Regime wird von der alten orleanistischen Bourgeoisie, den Katholiken und der Geschäftswelt getragen. Das politische Leben kommt zum Stillstand, eine Beklemmung drückt schwer auf dem ganzen Land: Die Opposition der Legitimisten schweigt und befolgt die von dem Grafen von Chambord angeordnete Stimmenthaltung; die republikanische Opposition ist führerlos, die Beamten sind gezwungen, dem Kaiser den Treueeid zu leisten, die Macht der Präfekten ist praktisch unbegrenzt; die Presse ist geknebelt durch die Vorausgenehmigung, die sehr hohe Stempelsteuer und durch das System der "Warnhinweise", und der Literatur geht es ähnlich. Es ist auch die Zeit des Prunks und des großen Stils: man führt Offenbach auf, die Seebäder sind in Mode. Die großen Bauvorhaben, die Haussmann, Präfekt von 1853 bis 1869, in Paris durchführen lässt, sind Symbol des ungeahnten Aufschwungs des wirtschaftlichen Lebens in dieser Zeit. Für Frankreich beginnt das industrielle Zeitalter: große Kreditinstitute werden gegründet (der Crédit foncier und der Crédit mobilier der Brüder Pereire im Jahr 1852, der Crédit industriel et commercial 1859, usw.); das Transportwesen wird ausgebaut (3 100 km Eisenbahnlinien im Jahr 1851, 17 000 am Ende des Empire, die großen Kaufhäuser werden eröffnet (Le Bon Marché, Le Louvre, Le Printemps, La Samaritaine). Das Verhandlungstalent von Napoleon III. während des Pariser Kongresses, der den Krimkrieg beendet (1854-1856), sichert ihm ein großes internationales Prestige. Er ist an der Gründung des Königreichs Rumänien beteiligt, arbeitet aktiv an der Vereinigung Italiens mit, auf Grund derer er Nizza und Savoyen an Frankreich anschließt. Wegen seiner Italien - Politik verliert er die Unterstützung der Katholiken, die sich für die weltliche Macht des Papstes einsetzen. Das Attentat von Orsini (14. Januar 1858), das dem Kaiserreich keinen Schaden zufügt, symbolisiert die Unzufriedenheit der Konservativen und ermöglicht es dem Kaiser, seine Macht zu festigen: durch das Gesetz zur allgemeinen Sicherheit vom 19. Februar 1858 kann er ehemalige politische Gefangene ohne Urteil internieren oder deportieren lassen.

 

Napoleon III. wendet sich dann zwischen 1860 und 1870 dem aufkommenden liberalen Gedankengut zu. Das Gesetz vom 24. November 1860 räumt der Legislative das Erwiderungsrecht ein und kündigt die Rückkehr der Republikaner in die politische Debatte an. Diese fordern die Abschaffung des Gesetzes für allgemeine Sicherheit, die Wiedereinführung der Pressefreiheit und der Versammlungsfreiheit und erhalten bei den Wahlen von 1863 zweiunddreißig Sitze. Die Regierungsmacht gibt nach: der antiklerikale Universitätsprofessor Victor Duruy wird zum Erziehungsminister ernannt (1863-1869), das Streik- und Koalitionsrecht wird im April 1864 durchgesetzt, die Presse erhält ihre Autonomie im Mai 1868 zurück, usw. Napoleon III. behält sich den Bereich der Außenpolitik vor: er will ein Kaiserreich errichten. Seine Anstrengungen in dieser Richtung beginnen schließlich, die anderen Mächte und ihre Ambitionen zu stören, vor allem anlässlich der französischen Intervention in Mexiko (1861-1867), als Napoleon III., der die Freundschaft des Vatikans zurück gewinnen will, versucht, in Mittelamerika ein großes romanisches, katholisches Reich zu gründen. In der Geschichte ist das tragische Schicksal des Kaisers von Mexiko, Maximilian von Habsburg, noch lebendig, und das Gefecht von Camerone, bei dem am 30. April 1863 die 3 Offiziere und 62 Fremdenlegionäre der Kompanie von Hauptmann Danjou einen ganzen Tag lang in der Hazienda von Camerone 2000 Mexikanern widerstanden haben - dieses Datum ist übrigens zum Geburtstag der Legion geworden. Im Übrigen schließt er die Eroberung von Algerien ab, festigt die koloniale Basis in Neukaledonien und im Senegal, annektiert Obock (Rotes Meer) 1862, wird zum Verteidiger der Christen in Syrien, unterstützt den Bau des Suez - Kanals (1859-1869), interveniert in China an der Seite von England (1860) und eignet sich Cochinchina an (1863). In Europa zieht der Kaiser der Franzosen eine zweideutige Haltung vor und verfolgt damit seine Politik der Schwächung Österreichs. Nachdem er zur Gründung Italiens beigetragen hat, unterstützt er das Preußen Bismarcks und die Bildung eines deutschen Staates im Oktober 1865 anlässlich des Treffens in Biarritz, wo er über die Einverleibung der Grenzgebiete am Rhein zu verhandeln versucht.

Nach dem überwältigenden Sieg der preußischen Truppen über die Österreicher in Sadowa (3. Juli 1866), wird sich Napoleon III. über die Bedrohung klar, die von diesem entstehenden Staat ausgeht und gibt seiner Politik eine neue Richtung. Er lässt mit der Niel - Reform von 1867 - 1868 die Streitkräfte neu organisieren, unterstützt Pius IX. in Rom, um die französischen Katholiken und die Orleanisten für sich zu gewinnen. Die Wahlen von 1869 bestätigen die republikanische Basis der Nationalversammlung: Emile Ollivier kommt im Januar 1870 in die Regierung. Das Empire wird parlamentarisch. Im Ausland irritiert währenddessen die französische Politik die Italiener und die Preußen, die sich deshalb einander annähern, während Bismarck Frankreich endgültig in Europa diskreditiert. Das Problem der Thronfolge in Spanien, wo der Thron ohne Erbe den Hohenzollern zufallen wird, lässt in Frankreich die Bedrohung der Einkesselung aufkommen. Bismarck nutzt die auf Grund der französischen Forderungen entstandene feindliche Stimmung, um die Vereinigung Deutschlands abzuschließen. In der "Emser Depesche" ändert er das Protokoll der Besprechung zwischen Benedetti und den Hohenzollern in einer Weise, die Napoleon III. dazu zwingt, den Krieg zu erklären; dies geschieht am 19. Juli 1870. Die preußischen Truppen geben dem Empire den Gnadenstoß: Froeschwiller und Forbach, Rezonville-Gravelotte, in der ersten Augusthälfte ist Bazaine in Metz eingeschlossen. Napoleon III. begibt sich am 2. September nach Sedan - wo er um Haaresbreite dem Exekutionskommando entgeht. Das Empire existiert nicht mehr, Gambetta verkündet im Palais Bourbon sein Ende. Am 4. September wird im Rathaus von Paris die Republik ausgerufen. Charles Louis Napoléon Bonaparte wird als Gefangener nach Wilhelmshöhe in Hessen gebracht. Nach seiner Freilassung wenig später kehrt er zu Eugenia de Montijo in das Schloss Chislehurst in Kent zurück. Wie sein Onkel stirbt er an einer Krankheit (Nierensteine), im Exil.

Sylvain Raynal

1867-1939

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Major Sylvain Eugène Raynal. Quelle: D.R.

Sylvain Eugène Raynal wird am 3. März 1867 in einer protestantischen Handwerkerfamilie in Bordeaux geboren, von der er den Sinn für Arbeit und einen tiefen Patriotismus erbt. Nach dem Lyzeum von Angoulême besucht er die Schule von Saint-Maixent, die er mit derselben Note, dreizehn, verlässt, mit der er eingetreten war. Danach führt er ein Leben in der Garnison. Nach seiner Versetzung zum Führungsstab in Paris dient er unter dem Kommando von Guillaumat; dann lernt er im 7. Infanterieregiment von Constantine Algerien kennen, wo er im Sommer 1914 vom Kriegseintritt Frankreichs erfährt. Nachdem er im September 1914 durch eine Maschinengewehrkugel an der Schulter und im Dezember erneut durch einen Luftangriff auf seinen Gefechtsstand verletzt wurde, verbringt er zehn Monate im Lazarett, bevor er am 1. Oktober 1915 wieder an den Kämpfen teilnimmt. Ende 1915 konzentriert sich die deutsche Offensive unter Führung des Kronprinzen, des ältesten Sohns des Kaisers, auf den Abschnitt von Verdun. 300 Tage Auge in Auge, ein modernes militärisches Heldenlied: Bois des Caures, Froideterre, Mort-Homme, Douaumont, Fleury, usw., Vaux. Am 4. März 1916 befiehlt der deutsche Führungsstab, den Riegel von Verdun zu brechen und nach Paris vorzudringen.

Das vorgeschobene Fort de Vaux wird von 300 noch kampffähigen Männern des 142. Regiments der Infanterie unter dem Kommando von Raynal vom 96. R.I. verteidigt, der als Freiwilliger in Verdun kämpft, während er sich noch von einer Verwundung durch ein Schrapnell erholt, für die er zum Offizier der Ehrenlegion ernannt wurde. Vom 2. bis zum 7. Juni 1916 hält Major Sylvain Eugène Raynal mit seinen Leuten den deutschen Angriffen des 39. Infanterieregiments stand. "Das Heldentum entsteht manchmal in der einfachsten Umgebung" (Fleuriot de Langle, in Le Ruban Rouge)... Aus seiner isolierten Stellung schickt er am 4. Juni seine letzte Brieftaube "Vaillant" (Tapfer) ab (Wehrstammnummer 787-15), mit folgender Botschaft: "Wir halten uns noch, aber wir haben einen Gasangriff mit sehr gefährlichen Dämpfen; wir müssen dringend hier heraus geholt werden. Geben Sie uns sofort optische Nachricht durch Souville, der unsere Anrufe nicht beantwortet. Dies ist meine letzte Taube. Raynal." Da keine Antwort kommt, kein Trinkwasser mehr vorhanden ist und die Stellung offensichtlich keine Verstärkung erhalten kann, ergibt sich der Major schließlich mit seinen Leuten. Als er vor den Kronprinz geführt wird, überreicht er ihm ein Bajonett eines einfachen Soldaten, da sein Säbel in den Trümmern des Forts nicht gefunden werden konnte: "Prinz, diese Waffe steht für den Säbel eines Offiziers". Dieser teilt ihm mit, nachdem eine Botschaft des französischen Stabes abgefangen wurde, dass man ihn mit der roten Krawatte der Ehrenlegion ausgezeichnet hat. Sein Botschafter, der seine Mission erfüllt hatte, erhält den Orden des Ehrenringes - im Postmuseum in Paris ist die Taube bis heute zu sehen. Raynal ist als Gefangener vom 11. Juni 1916 bis November 1917 in Mainz, dann 3 Monate in Stressburg an der polnischen Grenze in Ostpreußen und schließlich in Interlaken in der Schweiz, vom 30. März 1918 bis zu seiner Freilassung am 4. November. Sylvain Eugène Raynal zieht sich nach dem Krieg in das Haus in der Rue Denfert-Rochereau Nr. 36 in Boulogne-Billancourt (Hauts-de-Seine) zurück, wo er bis zu seinem Tod am 13. Januar 1939 lebt. 1966 wurde dort am fünfzigsten Jahrestag der Schlacht von Verdun eine Tafel angebracht.

François Bazaine

1811-1888

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Porträt von François Achille BAZAINE.
Quelle : Wikipedia, libre de droit

Marschall von Frankreich (Versailles, 13. Februar 1811 - Madrid, 23. September 1888)

 

Der Sohn von Pierre Dominique und Marie Madeleine Josèphe genannt Mélanie Vasseur, François Achille Bazaine, tritt 1831 in die Armee ein, nachdem er die Aufnahmeprüfung zur Ecole Polytechnique nicht bestanden hat. Er dient in der Fremdenlegion in Algerien und kämpft von 1835 bis 1838 in Spanien gegen die Carlisten, um dann nach Algier zurück zu kehren, wo er den Distrikt von Tlemcen leitet. 1840 wird er Oberst in der Legion. Bazaine zeichnet sich im Krim - Krieg aus. Auf Grund seines Mutes wird er in den Rang eines Generalmajors erhoben. Er führt die französischen Truppen bei der Kinburn - Expedition im Jahr 1859, wird in Melgrano verwundet und hat einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Schlacht von Solferino, nach der er das Großkreuz der Ehrenlegion erhält. Als Mitglied des Kontingents der Legionäre in Mexiko von 1862 bis 1867 nimmt er 1863 Puebla ein und löst schließlich General Foyer an der Spitze des Expeditionskorps ab. Er zwingt den mexikanischen Präsidenten, Benito Juárez, in den Untergrund zu gehen. Seine Qualitäten als Kommandeur werden anerkannt, und er wird 1854 Marschall.

Nachdem seine Frau sich das Leben genommen hat, heiratet er 1865 eine Mexikanerin aus einer wohlhabenden Familie, die dem abgesetzten Präsidenten nahesteht und ihn dazu bringt, gegen Kaiser Maximilian von Habsburg zu intrigieren. Angesichts der amerikanischen Intervention wird das französische Expeditionskorps zum Rückzug gezwungen; Bazaine bleibt bei seinen Leuten, bis sie 1867 in Vera Cruz wieder an Bord gehen. Obwohl er bei seiner Rückkehr nach Frankreich bei Napoleon III. in Ungnade gefallen ist, verhilft ihm seine große Popularität dazu, dass er 1869 das Kommando über die kaiserliche Garde und 1870 über das dritte Armeekorps der Rheinarmee erhält. Die deutsche Armee, die in der Überzahl, besser ausgerüstet und ausgebildet ist, überrennt schnell die Armee des Empire. Nach der Niederlage von Spichern beschließt Bazaine, eine strategische Stellung einzunehmen. Seine Erfahrung aus den Kolonien ist allerdings nicht hilfreich. Der unentschiedene und ängstliche Marschall lässt sich in Metz (am 18. August) von Constantin von Alvensleben einschließen, der die Festung zwei Tage lang von zwei Einheiten angreifen lässt. Die angeforderten Verstärkungen lassen auf sich warten. Hin- und hergerissen zwischen der Pflicht zum Gehorsam gegenüber einer Hierarchie, ständig seine Entscheidungen ändernd, die an eine Macht gebunden sind, an die er nicht mehr glaubt, und an den Wunsch, sich auf die Seite derjenigen Macht zu schlagen, die "Frankreich von sich selbst befreien soll", beschließt Bazaine, auf die Armee von Marschall Mac-Mahon aus Châlons zu warten. Nach der Kapitulation Napoleons III. in Sedan (2. September) versucht er, sich als Vermittler Frankreichs anzubieten und verliert seine Zeit mit Verhandlungen darüber mit Kaiserin Eugénie, bevor er schließlich am 27. Oktober 1870 gezwungen ist, sich bedingungslos zu ergeben. Die Deutschen nehmen 140 000 Soldaten der Rheinarmee gefangen.

1873 wird er nach einem Untersuchungsverfahren durch Séré de Rivière vor ein Kriegsgericht unter Leitung des Herzogs d'Aumale gestellt und zur militärischen Degradierung und zum Tode verurteilt. Er wird von dem damaligen Präsidenten der Republik, Mac-Mahon, begnadigt und für zwanzig Jahre auf der Insel Sainte-Marguerite interniert, von der er in der Nacht vom 9. auf den 10. August 1874 flüchtet. Er geht nach Spanien und zieht nach Madrid, wo er die Achtung der Regierung von Alfonso XII. gewinnt. In seinen letzten Lebensjahren schreibt er die "Épisodes de la guerre de 1870 et blocus de Metz" (Episoden des Krieges von 1870 und Belagerung von Metz) (1883), worin er seine Haltung rechtfertigt.

 

Honoré d' Estienne d'Orves

1901-1941

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Porträt von Honoré d'Estienne d'Orves. Quelle : www.ordredelaliberation.fr

Am 30. August 1941 erfahren die Pariser aus einem gelben, schwarz umrandeten Anschlag an den Mauern, dass " Henri Louis Honoré, Graf d'Estiennes d'Orves, Franzose, geboren am 5. Juni 1901 in Verrières ", der wegen Spionage durch das deutsche Gericht zum Tode verurteilt worden war, am Vortag zusammen mit Maurice Barlier und Jan Doornik erschossen wurde. D'Estienne d'Orves entstammt väterlicherseits einer alten Adelsfamilie: den d'Estienne, einer ursprünglich provenzalischen Familie, und mütterlicherseits den Vilmorin ; beide Familien waren legitimistisch eingestellt und fühlten sich dem sozialen Christentum verbunden. In einem Gleichgewicht von Lernen und Freizeit verbringt er eine glückliche Jugend: 1917 besteht er das Abitur, bereitet sich 1921 auf die École Polytechnique vor und unternimmt Reisen in Frankreich und Europa. Als er die Polytechnique im August 1923 verlässt, wo seine Mitschüler ihn als einen freundlichen Menschen, einen wissbegierigen und witzigen Geist beschrieben, beschließt er, seinen Militärdienst auf der Royale zu leisten. Im Oktober 1923 ist er Offiziersanwärter an Bord der Jeanne d'Arc. Seine Schiffsreisen führen ihn immer wieder zu neuen Horizonten: Von Brasilien nach China, von Marokko nach Bali, und diese Aufenthalte bieten ihm die Gelegenheit zu lernen und zu versuchen, die Menschen und ihre Kultur zu verstehen.

1929 heiratet er Eliane de Lorgeril, die aus altem bretonischem Adel stammt. Aus dieser Ehe gehen 5 Kinder hervor. 1939: Der Krieg bricht aus. Kapitänleutnant d'Estienne d'Orves gehört zu der Besatzung der Duquesne und dem Führungsstab der Force X, die unter dem Kommando von Admiral Godfroy zur Verstärkung der britischen Flotte unter Admiral Cunningham im östlichen Mittelmeer eingesetzt wird. Der Waffenstillstand wird geschlossen, als sich die Franzosen in Alexandria befinden: ein stillschweigendes Abkommen zwischen den französischen und englischen Admirälen vermeidet Kampfhandlungen zwischen den bis vor kurzem Verbündeten, aber die französischen Schiffe liegen fest. Diese voraussichtliche Untätigkeit und das Bewusstsein, noch eine gewisse Manövrierfähigkeit zu besitzen bringen d'Estienne d'Orves zu dem Entschluss, den Kampf fortzusetzen. Diese Entscheidung ist nicht schmerzlos: er weiß, dass er seine Familie zurück lassen muss, wie auch seine Heimat; seine Wurzeln, seine Erziehung und auch seine militärische Stellung hätten ihn dazu bringen können, in dem Lager zu bleiben, in dem die meisten seiner Freunde sich versammeln werden. Dagegen schreibt er, "Indem ich den Kampf fortsetzte, meinte ich, unseren Traditionen treu zu bleiben". Und so veröffentlicht er unter dem Pseudonym Château vieux (der Name einer seiner Ahnen) eine Presseverlautbarung, in der er die Bildung der 1. Marinegruppe ankündigt.

Anfang Juli 1940 bietet d'Estienne d'Orves General Legentilhomme seine Dienste an, dem Kommandeur der französischen Truppen in Djibouti, der seine Absicht angekündigt hat, den Waffenstillstand zurück zu weisen und die Kolonie auch dazu zu bewegen. Mit einigen anderen Offizieren und Seeleuten geht er nach Suez, wo er mit Oberst de Larminat zusammentrifft, der sich dem Freien Frankreich angeschlossen hat. Am 23. Juli legt er von Antenor nach Aden ab, als er erfährt, dass Legentilhomme mit seinem Projekt gescheitert ist. D'Estienne d'Orves beschließt nun, nach Großbritannien zu gehen, wo französische Schiffe auf Besatzungen warten. Am 2. August 1940 schifft sich d'Estienne d'Orves mit seiner Begleitung auf einem bewaffneten Frachter, der Jehangir, ein und erreicht London Ende September an Bord eines Dampfers, der Arundel Castle, nach einer langen, abenteuerlichen Fahrt entlang der afrikanischen Küste. Er wird nie als Kommandant eines Schiffes zur See fahren: Die Wiederaufrüstung von Schiffen nimmt in der Tat sehr viel Zeit in Anspruch, und außerdem ist er einer der wenigen Offiziere der Marine des Freien Frankreichs, der die Kriegsakademie besucht hat. Am 1. Oktober 1940 wird er zum Korvettenkapitän befördert und zum 2. Büro des Generalstabs versetzt. Die wichtigste Aufgabe des Nachrichtendienstes des Freien Frankreichs richtet sich auf das besetzte Land: man muss die feindlichen Truppenbewegungen, die Lage der Flugplätze, die Positionen der Batterien erkunden ... Mehrere Missionen sind bereits mit diesem Ziel an die französischen Küsten geschickt worden. Als Adjutant von Oberst Passy, Chef des Zentralbüros für Aufklärung und Aktion B.C.R.A., legt d'Estienne d'Orves die Fundamente für eine Organisation, "Nemrod". Am 6. September 1940 erreicht Maurice Barlier als erster Agent Frankreich: Jan Doornick folgt ihm am 1. Oktober.

 

Aber d'Estienne d'Orves will bald selbst an Ort und Stelle die Arbeit seiner Leute koordinieren, notwendige Kontakte knüpfen, weitere Agenten anwerben. In diesem Moment übernimmt er die Leitung des Nachrichtendienstes, da Passy zeitweilig auf einen anderen Posten berufen wird. War es klug, schon zu diesem Zeitpunkt den Chef des Geheimdienstes in das besetzte Land zu schicken? Passy bezweifelt sogar, ob dieser grundehrliche, vertrauensselige Mann für das Agieren im Untergrund geschaffen ist. Aber General de Gaulle gibt sein Einverständnis: Am 21. Dezember 1940 legt der Trawler "Marie-Louise" von Newlyn, Cornwall ab, mit d'Estienne d'Orves - jetzt "Jean-Pierre" - und einem jungen elsässischen Funker, Alfred Geissler genannt "Marty" an Bord, die am selben Abend nicht weit von der Pointe du Raz anlegen, bevor sie in Chantenay in der Nähe von Nantes untergebracht werden. Kontakte werden mit den Mitgliedern von "Nemrod" in Lorient und Nantes aufgenommen. Am 25. Dezember ist die erste Funkverbindung zwischen dem besetzten Frankreich und London hergestellt. Barlier hat den Auftrag, die Region von Bordeaux zu erkunden, während sich d'Estienne d'Orves um den Norden und die Gegend um Paris kümmert. Am 27. Dezember hält er sich in Paris auf, wo er Pioniere der Résistance trifft. Aus der Bretagne schickt "Marty" regelmäßig wichtige Botschaften nach London. Allerdings erweist er sich als merkwürdig trinkfreudig und geschwätzig. "Jean-Pierre", der am 19. Januar 1941 wieder in Nantes ist, beschließt, ihn wieder mit nach England zu nehmen. Aber "Marty", der Sohn eines nationalsozialistisch eingestellten Elsässers und selbst deutschfreundlich, hat an diesem Tag bereits die deutsche Gegenspionage benachrichtigt und die 34 Namen der Mitglieder der Organisation verraten. Die Verhaftungen folgen Schlag auf Schlag - d' Estienne d'Orves wird in der Nacht vom 21. auf den 22. Januar festgenommen - während "Marty" bis Februar falsche Botschaften nach London schickt. Die Gefangenen werden nacheinander nach Nantes verlegt - wo die ersten Verhöre stattfinden - dann nach Angers, Paris und Berlin, bevor sie am 26. Februar wieder nach Paris in das Cherche-Midi - Gefängnis gebracht werden. Am 13. Mai 1941 beginnt sein Prozess und der seiner 26 Kameraden. Er dauert 12 Tage. D'Estienne d'Orves deckt seine Mitgefangenen. Das Militärgericht fällt Gefängnisstrafen und 9 Todesurteile, nachdem es, erstaunlicher Weise, den Feind gewürdigt hat. Es werden Gnadengesuche eingereicht. Der Aufschub, der vor allem d'Estienne d'Orves gewährt wird, wird auf verschiedene Weise erklärt: einige sehen darin den Wunsch von Stülpnagels, des Militärkommandeurs in Frankreich, auf eine spektakuläre Gelegenheit zu warten, um die Menschen zu beeindrucken; andere machen darauf aufmerksam, dass die Verurteilung eine starke Reaktion in der Marine, in London, aber auch in Vichy ausgelöst hatte, so dass sich Admiral Darlan veranlasst sah, bei den deutschen Behörden vorstellig zu werden.

In dem Gefängnis Cherche-Midi und dann in dem Gefängnis von Fresnes beschäftigt sich d'Estienne d'Orves mit Lesen, Meditieren, Beten, kommentiert die großen Klassiker der Literatur und erhält die Moral seiner Mitgefangenen aufrecht. Vor allem schreibt er. Sein Tagebuch ist ein Zeugnis, fast im religiösen Sinne des Wortes: er erzählt seiner Familie seine Kindheit und zeichnet ihnen einen beispielhaften Christen und Soldaten. Perioden der Hoffnung und der Enttäuschung folgen von Tag zu Tag aufeinander. Sein Anwalt, Oberleutnant Mörner, scheint hoffnungsvoll. Am 21. August 1941 wird der Fähnrich Moser von der Kriegsmarine in Paris, in der Untergrundbahnstation Barbès-Rochechouart, ermordet. Am 22. unterzeichnet General Schaumburg, Kommandant von "Groß - Paris", eine Verfügung, durch die von nun an die verhafteten Franzosen in Geiseln verwandelt werden. Parallel dazu hat der Militärkommandeur von Frankreich, von Stülpnagel, zweifellos die Gelegenheit gefunden, ein Exempel zu statuieren, indem er die schon zum Tod verurteilten Gefangenen hinrichten lässt. Am 28. August 1941 schreibt d'Estienne d'Orves an seine Schwester über Frankreich, " ich sterbe (...) für seine vollkommene Freiheit, ich hoffe, mein Opfer wird helfen"

"Niemand soll daran denken, mich zu rächen. Ich wünsche nur den Frieden in der wieder gefundenen Größe Frankreichs. Sagt allen, dass ich für Frankreich sterbe, für seine vollkommene Freiheit, und ich hoffe, mein Opfer wird helfen. Ich umarme euch alle voll unendlicher Zärtlichkeit. Honoré"

Am nächsten Tag werden d'Estienne d'Orves, Barlier und Doornik - ihre 6 Kameraden sind begnadigt worden - in die Festung Mont-Valérien gebracht. Es ist ein sonniger Morgen. Vor dem Erschießungspfahl bleibt sich der Marineoffizier treu, indem er öffentlich seinen Richtern verzeiht. Er hatte geschrieben: "Fühlt um meinetwillen gegen niemanden Hass, denn jeder hat seine Pflicht für sein Vaterland getan. Bemüht euch aber, den Charakter der Nachbarvölker Frankreichs besser kennen zu lernen." Um 6h30 werden die drei Männer erschossen. Für d'Estienne d'Orves war die Pflicht zum Gehorsam sehr wichtig: Trotzdem entschied er sich, seinen Vorgesetzten nicht zu gehorchen, im Namen eines Ideals, obwohl er leicht seinen Platz in dem Frankreich Marschall Pétains hätte finden können. Dies hat er niemals vorgehabt, da er überzeugt war, dass ein Kampf niemals wirklich verloren ist, solange noch die Möglichkeit einer Handlung in Freiheit besteht. Am 11. März 1943 veröffentlichte Aragon sein Gedicht "La Rose et le Réséda" (Rose und Reseda) das an den gemeinsamen Kampf "desjenigen erinnert, der an den Himmel glaubte und desjenigen, der nicht daran glaubte". Mit dem ersten meinte er d'Estienne d'Orves.

Théodose Morel

1915-1944

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Portrait von Théodose Morel alias "Tom". Quelle: http://www.ordredelaliberation.fr

Théodose Morel, genannt "Tom"

Théodose Morel erblickt am 1. August 1915 in Lyon das Licht der Welt. Sein Vater stammt aus einer alteingesessenen Familie aus Lyon, die in der industriellen Verarbeitung von Seide tätig ist, seine Mutter stammt aus einer Savoyer Offiziers- und Juristenfamilie.

Er besucht die Primär- und Sekundärschule der Jesuitenbrüder und entscheidet sich dann, Soldat zu werden. Von 1933 bis 1935 bereitet er sich in der Sondermilitärschule in Saint-Cyr für die Aufnahme an der Sainte Geneviève in Versailles vor. 1935 wird er für die ESM zugelassen (im militärischen Jahrgang von Lyautey) und als er zwei Jahre später die Schule verlässt, öffnet ihm sein erreichter Dienstgrad viele Türen: Er entscheidet sich für das 27. Gebirgsjägerbataillon (27. BCA) in Annecy, wo er am 1. Oktober 1937 seinen Dienst antritt. Am selben Tag wird er zum Unterleutnant ernannt.

Théodose Morel heiratet im November 1938 Marie-Germaine Lamy und der in Chamonix ausgebildete Gebirgsaufklärer wird zum stellvertretenden Kommandant der Sektion der Gebirgsaufklärer in Abondance, bevor er später selbst die Leitung übernimmt. Im Mai 1939 gewinnt seine Sektion Savoyen und die italienische Grenze. Sein Posten ist oberhalb von Val d'Isère angesiedelt. Am 21. September wird er zum Leutnant befördert. Während sich das 27. BCA auf den Weg an die Ostfront macht, bleibt seine Sektion, sehr zu seinem Bedauern, vor Ort, um die Grenzen zu bewachen.

Dies hindert ihn dennoch nicht daran, sich auszuzeichnen, als er vom 12. bis 20. Juni den italienischen Gebirgstruppen gegenüber steht. Durch ein geschicktes, wenn auch riskantes Manöver gelingt es ihm gemeinsam mit einem seiner Jäger, vier feindliche Soldaten gefangen zu nehmen.

Obwohl er am 18. Juni von einer Kugel getroffen und am rechten Arm verletzt wird, bleibt er bei seinen Jägern und erhält dafür das Kriegsverdienstkreuz. Am 21. und 22. Juni 1940 wird er mit seiner Sektion nahe des Kleinen Sankt Bernhard Passes zur Verstärkung gerufen. Es gelingt ihm, die feindlichen Truppen aufzuspüren, wodurch die Artillerie das Feuer eröffnen und die feindlichen Truppen zum Rückzug zwingen kann. Leutnant Morel erhält eine zweite Auszeichnung und den Orden der Ehrenlegion verliehen.

Anschließend dient er in der Armee des Waffenstillstands in Annecy, wo Kommandant Vallette d'Osia das Kommando der 27. BCA übernommen hatte, mit dem Ziel, seine Einheit auf die Rache vorzubereiten.

Im August 1941 wird Leutnant Morel in Saint-Cyr zum Ausbilder ernannt, zieht sich nach Aix-en-Provence zurück und in der Hoffnung, dass der Kampf wieder aufgenommen wird, bildet er seine Schüler entsprechend aus. Nach dem Einmarsch der Deutschen im November 1942 in der Südzone und der Demobilisierung der Armee des Waffenstillstands, tritt er in der Haute-Savoie dem Widerstand bei und unterstützt unter dem Deckmantel einer Weberei die Untergrundbewegung. Er trifft erneut auf Vallette d'Osia, der die Geheimarmee (AS) des Departements befehligt sowie auf Hauptmann Anjot vom 27. BCA. Er kümmert sich um den Aufbau der AS in der Haute-Savoie, die durch die Einführung des Arbeitsdienstes (STO) im Februar 1943 unbeabsichtigt dazu beigetragen hatte, dieses Feuer zu entfachen. Durch die Verhaftung von Vallette d'Osia im September 1943 durch die Deutschen, die den Platz der Italiener eingenommen hatten, und seine anschließende Flucht nach England, verliert die AS der Haute-Savoie ihren Anführer. Sein Nachfolger wird Henri Romans-Petit, Leiter der AS in Ain. Morels Aktivitäten nehmen immer mehr zu und seine Familie entkommt nur knapp einer Verhaftung.

Ende Januar 1944 erhält Leutnant Théodose Morel, alias Tom von Henri Romans-Petit die Befehlsgewalt über die Widerstandsgruppe der Haute-Savoie. Seine Mission besteht darin, die Fallschirmabwürfe über dem Plateau von Glières in 1.500 m Höhe und ca. 15 km entfernt von Annecy, in Empfang zu nehmen. Die Aktionen des Widerstands und der Sabotage weiteten sich immer weiter aus und im Departement wird das Kriegsrecht verhängt. Tom entscheidet sich, 120 Widerstandskämpfer in Glières zu formieren. Es werden zwei Kompanien gebildet. Ab Februar nehmen die Auseinandersetzungen mit den Reserveeinheiten (GMR) in den folgenden sechs Wochen ständig zu. Ende Februar sind drei Kompanien mit über 300 Männern auf dem Plateau eingekesselt.

Mit hohem Kraftaufwand organisiert Tom mit den ihm verbleibenden Mitteln die Verteidigung von Glières und schwört sein Bataillon zu einer starken und homogenen Truppe zusammen, um den Befreiungskampf zu gewinnen. Dank seinem Impuls gelang es dem Bataillon, dessen Devise nun lautete „frei leben oder sterben“, nicht nur die Mitglieder der AS, sondern auch die Franc-Tireurs et Partisans (FTP) und einige Dutzend spanische Republikaner zu vereinen, eine erfolgreiche Mischung aus Soldaten unterschiedlicher Einheiten und der Widerstandskämpfer aus Savoyen.

Dank dem ersten Fallschirmabwurf von 54 Containern waren sie nun mit Leichtwaffen ausgestattet. Am 2. März wurde die Operation gegen das Hôtel Beau séjour in Saint Jean de Sixt entschieden, wo die GMR stationiert war. 30 Männer wurden gefangen genommen und zum Austausch für die Befreiung von Michel Fournier benutzt, ein Medizinstudent und Sanitäter in der Untergrundbewegung, der von Grand Bornand nur wenige Tage zuvor gefangen genommen wurde. Trotz der informellen Zusage des Polizeiintendanten Lelong von Annecy, wurde Fournier dennoch nicht freigelassen.

Am 5. März erfolgt der nächste Fallschirmabwurf mit 30 Containern. Mit der Absicht, Lelong zur Einhaltung seines Versprechens zu zwingen, plant Tom für die Nacht vom 9. März 1944 eine wichtige Operation gegen die P.C. der GMR in Entremont, bei der ungefähr 100 Männer involviert sind. Das Hauptangriffsziel stand fest: Angriff auf das Hôtel de France, Sitz des Generalstabs der Polizei. Die Sektion der Gebirgsaufklärer dringt ins Innere ein und führt einen erbitterten Kampf.

In dem Moment, als die Jäger ihre Gefangenen entwaffnet hatten, zieht Kommandant Lefèvre, Chef der GMR, eine Waffe aus der Tasche, lädt diese und zielt auf Tom Morel, der durch einen Schuss ins Herz zusammenbricht, bevor der Schütze selbst niedergeschlagen wird.

Leutnant Théodose Morel wird von seinen Kameraden am 13. März auf dem Plateau von Glières begraben. Am 2. Mai 1944 wird sein Leichnam in das Tal gebracht. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Militärfriedhof von Morette, heute bekannt unter Nécropole Nationale des Glières, in der Haute-Savoie.

  • Ritter der Ehrenlegion
  • Compagnon de la Libération – Erlass vom 20.11.44
  • Kriegsverdienstkreuz 1939 – 1945 (2 Auszeichnungen)

Jean Rosenthal

1906-1993

Aktie :

Portrait von Jean Rosenthal. Quelle: www.ordredelaliberation.fr

Jean Rosenthal wird am 5. September 1906 im ersten Arrondissement in Paris geboren. Sein Vater handelte mit Edelsteinen. Er besucht die Ecole Alsacienne, macht das Abitur und schließt ein Jurastudium ab. 

Im Oktober 1925 leistet er vorzeitig seinen Wehrdienst beim 1er Groupe d'Ouvriers d'Aéronautique. Er wird im Juni 1926 zum Korporal ernannt, dann im November zum Unteroffizier und im Mai 1927 entlassen. 

Er arbeitet anschließend im Juweliergeschäft seines Vaters, bevor er sich 1935 selbständig macht.

Jean Rosenthal wird im September 1939 als Leutnant der Reserve eingezogen und dem 8. Luftgeschwader zugeteilt. Nach seiner Demobilisierung im Juli 1940 lebt er dann im Haus seiner Familie in Megève.

Im Dezember 1942 beschließt er, über Spanien aus Frankreich zu fliehen. Er wird verhaftet und zwei Wochen im Gefängnis von Pamplona festgehalten, dann gelingt es ihm, über Madrid und Lissabon am 23. Januar 1943 Großbritannien zu erreichen.

Er wird im Februar 1943 der Force "L“ als Leutnant zugeteilt und über Freetown und Lagos nach Kairo entsandt. Er erreicht Tripolis und die Streitkräfte von General Leclerc am 25. März 1943. Leclerc entsendet ihn im Juli 1943 als Panzerleutnant für eine Mission nach London.

Am 1. September 1943 tritt er dem Zentralbüro für Aufklärung und Aktion (BCRA) bei und meldet sich nach einer kurzen Ausbildung freiwillig für eine Mission im besetzten Frankreich.

In der Nacht vom 21. auf den 22. September wird er im Rahmen der Mission „Musc“ in einer Luftoperation im Gebiet „Junot“, das an der Kreuzung der Departements Rhône, Ain und Saône-et-Loire liegt, abgesetzt, zusammen mit dem britischen Oberst Richard Heslop (alias "Xavier") von der Special Opération Executive (SOE). Ihre Mission besteht darin, die Situation der Partisanengruppen in Obersavoyen sowie deren Bedarf an Waffen und Verpflegung, ihre Anzahl und ihren Ausbildungsgrad zu beurteilen. Sie erkunden die Partisanengruppen während Hauptmann Jean Rosenthal unter dem Decknamen „Cantinier“ im Gendarmerieposten von Megève ein Funkgerät installiert. 

„Cantinier“ kehrt im Zuge einer Luftoperation in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober nach London zurück, um General de Gaule persönlich Bericht zu erstatten und wird unverzüglich mit einer zweiten Mission betraut. Er ist nunmehr Delegierter des Freien Frankreichs und wird in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober im Jura, in der Zone „Orion“ bei Bletterans abgesetzt, zusammen mit Xavier, dem amerikanischen Funker Denis O. Johnson alias Paul und Elisabeth Reynolds, einer Verbindungsagentin. Er begibt sich in Obersavoyen in den Untergrund. Zu seiner Mannschaft gehört auch seine 16-jährige Cousine Micheline Rosenthal alias Michette, die Verbindungsagentin wird. 

Zusammen mit Bourgès-Maunoury trifft er Chaban-Delmas, aber vor allem verhandelt er ein Abkommen mit der FTP, dem Vorläufer der FFI. In Paris trifft er deren Chef, Charles Tillon, und ein Gentleman-Abkommen wird getroffen. Cantinier kann sich nun den bedeutenden Manövern von Glières widmen.

Anfang 1944 führt er in Verbindung mit den Leitern der verschiedenen Partisanengruppen gefährliche Missionen durch, vor allem den heiklen Sabotageakt an der Kugellagerfabrik Schmidt-Ross in Annecy, durch den die Fertigung für mehrere Monate unterbrochen werden muss. Er organisiert ebenfalls mehrere Fallschirmabwürfe für die Partisanengruppe von Glières.

Am 9. März ist er bei der Expedition gegen die Garnison der GMR bei Entremont, bei der Tom Morel getötet wird, anwesend und nimmt an der Verteidigung des Plateaus von Glières teil. Nachdem am 26. März 1944 die Order zum Rückzug gegeben wird, nimmt er die Vorbereitung der Befreiung von Obersavoyen in Angriff. 

Am 3. Mai 1944 kehrt Jean Rosenthal nach London zurück, um seine Befehle entgegenzunehmen und macht sich dann erneut auf den Weg nach Frankreich Er wird in der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 1944 zusammen mit Bourgès-Maunoury und Paul Rivière per Fallschirm in Cluny en Saône-et-Loire abgesetzt, um die Verbindung zwischen den Partisanen und dem Generalstab der Alliierten sicherzustellen.

Im August 1944 befreien die Partisanen unter seiner Führung das Departement, nehmen 3.000 Gefangene und beschlagnahmen zahlreiches Kriegsmaterial. Am 19. August 1944 nimmt er im Beisein des Regionalchefs der FFI Nizier in der Präfektur von Obersavoyen die Kapitulation der deutschen Streitkräfte unter dem Kommando von General Oberg entgegen.

Im Oktober 1944 wird Jean Rosenthal zur „Direction Générale des Etudes et Recheches (DGER)“ in Paris versetzt, und meldet sich dann freiwillig für einen Einsatz in Fernost gegen die Japaner. Von London aus begibt er sich im April 1945 nach Kalkutta, wo er Stellvertreter des Basisleiters ist. Er wird zum Leiter des Bataillons ernannt, bereitet Fallschirmabwürfe vor und erzielt mit seinen Fallschirmspringern hervorragende Ergebnisse. Nach mehreren Hin- und Rückreisen nach Paris kommt er im März 1946 endgültig zurück und wird anschließend demobilisiert.

Von da an nimmt Jean Rosenthal seine Vorkriegsaktivitäten und seinen Beruf als Juwelenhändler wieder auf. Er ist Präsident des Weltschmuckverbandes (Confédération Internationale des Bijoutiers, Joailliers, Orfèvres et Horlogers).

Als Ehrenoberst übernimmt er auch wichtige Aufgaben in der jüdischen Gemeinde, wie zum Beispiel das Amt des Präsidenten des CRIF und der Vereinigung der Juden in Frankreich. 

Jean Rosenthal stirbt am 2. August 1993 in Garches (Hauts-de-Seine). Er liegt auf dem Friedhof Montparnasse in Paris begraben.

 

  • Großoffizier der Ehrenlegion [list]Kamerad der Befreiung – Erlass vom 20. November 1944
  • Kriegsverdienstkreuz 1939 – 1945 (6 Auszeichnungen)
  • Kolonialmedaille
  • Military Cross (GB)

 

Maurice Anjot

1904-1944

Aktie :

Portrait von Hauptmann Anjot. Quelle: Jourdan-Joubert L., Helgot J., Golliet P., Glières, Haute-Savoie: Erster Kampf des Widerstands vom 31. Januar - 26. März 1944

Auch bekannt als „Bayart“

 

Der am 21. Juli 1904 in Rennes geborene Maurice Anjot wächst in einer Familie auf, deren Leben sehr stark geprägt ist von religiösen und nationalen Traditionen. Bereits in jungen Jahren ist er pflichtbewusst und beherzigt moralische Werte und für diese Charakterzüge und seine Intelligenz wurde er von seinen Vorgesetzten stets bewundert. Er ist ein sehr lebendiger und robuster Mann. Im ersten Moment mochte man ihn für zurückhaltend und kühl halten. Wenn man ihn jedoch näher kannte, war schnell zu spüren, dass er nur wenig kommunizierte und sich niemals in den Vordergrund drängen wollte. Er lebte sein Leben sehr intensiv, jedoch nie verantwortungslos oder seine Ideale vergessend.

Seine militärische Laufbahn verlief hervorragend. Nachdem er Saint-Cyr im Jahr 1925 verlassen hatte, kehrt er 1929 für sechs Jahre als Ausbilder zurück. Seine Vorgesetzten attestierten im stets eine „äußerst seltene Kombination aus moralischen, intellektuellen und physischen Qualitäten“, die ihn auszeichneten. Er war bekannt als „energischer und gleichzeitig besonnener Vorgesetzter“ mit einem „hohen Gerechtigkeitssinn, praktischen Ansichten, aufmerksam und mit großem Taktgefühl“. Ab 1935 verdiente er sich als Hauptmann in den Kämpfen bei Aisne und Marne einen guten Ruf. Nach dem Waffenstillstand wird er der 27. BCA in Annecy zugeteilt.

Im Frühjahr 1941 schließt sich der Eliteoffizier dem Widerstand an. In Polizeiberichten ist von „regierungsfeindlichem Verhalten“ zu lesen, woraus Rückschlüsse auf seine Aktionen in diesem Jahr geschlossen werden können. Dank seiner Kontakte zu den Reserveoffizieren gelingt es, in der Region Geheimbataillons zu errichten. „Laut Aussage eines Zeugen, der im Herbst 1942 befragt wurde, erhielt dieser im Frühjahr 1941 Besuch von Hauptmann Danjot oder Anjot, Unterleutnant des 27. Jägerregiments. Er war in zivil gekleidet und kam mit dem Auto. Er stellte sich mir vor und informierte mich über die Lage Frankreichs. Nach ihrer Niederlage im Jahr 1918 hatten die Deutschen eine Geheimorganisation gegründet, um eine neue Armee aufzubauen. Er sagte mir, dass es normal wäre, dass Frankreich dasselbe tut. Die Organisation der Bewegung sah wie folgt aus: In jedem Bezirk sollte mithilfe der Reserveeinheiten ein Bataillon zusammengestellt werden, das einem Jägerbataillon gleicht. Diese Bataillons sollte jeweils aus Tausend Soldaten bestehen, die individuell angeworben werden sollten. “

Dieser Plan der Widerstandskämpfer erwies sich als äußerst effizient: Im richtigen Moment wurde hinter dem Rücken des Feindes eine sehenswerte Reservearmee aufgebaut, die sich schnell vergrößerte und zur Armee des Waffenstillstands wurde. Dieser Plan war Anfang 1941 sehr gewagt. Schließlich handelt es sich um eine Epoche, in der die Mehrheit der Franzosen keinesfalls an inneren Widerstand dachte. Durch die Invasion der neutralen Zone im November 1942 war dieser Plan jedoch zum Scheitern verurteilt. Es musste ein neuer Ansatz gefunden werden. Das Ziel blieb jedoch dasselbe: Wiederaufbau von Bataillons „für den Tag, an dem das Land gesäubert werden muss (so ebenfalls im Polizeiprotokoll von Anjot zu lesen)“. So entstand die Geheimarmee. Hauptmann Anjot zählte zu den besten Leuten in der Haute-Savoie und unterstand der Befehlsgewalt von Oberst Vallette d'Osia.

Nachdem sein Vorgesetzter in Gefangenschaft geriet, lernte auch er das Leben eines Geächteten kennen. Er lässt sich einen Bart wachsen und wird ein neuer Mann mit neuer Identität. Unterschlupf findet er zunächst bei Freunden, dann bei einem Priester und schließlich auf einem Bauernhof. Auch im Widerstand bleibt er jedoch seinen Grundsätzen, die er in der Armee verfolgte, treu: Er arbeitet mit methodischen Ansätzen, ist hartnäckig und hält ununterbrochen an seinen Plänen fest. Er stellt wichtige Verbindungen her, zentralisiert die Informationen. Er leistet Beihilfe und Unterstützung im Untergrund in einem Umfang und einer Produktivität, die nur er selbst abschätzen konnte. Im Kampf um Glières zögert er keinen Moment, dem Polizeiintendanten Oberst Lelong entgegenzutreten, um mit ihm zu verhandeln. „All jenen, die ihn vor den Gefahren eines solchen Vorstoßes warnen wollten, sagte er, dass er gerne bereit sei, sein Leben zu geben, wenn er andere damit retten könne. “ Wenige Tage später wird Tom in den Kämpfen um Entremont getötet. Er war ein Offizier, der mit Leib und Seele gegen jeden und alles kämpfte, damit Glières seinen Ursprung nicht verlor. Anjot stellte sich zur Verfügung und fand heraus, dass sein Erscheinen auf dem Plateau von den Offizieren herbeigesehnt wurde.

Er schreibt seiner Frau einen Brief, aus dem deutlich wird, was er für ein Mensch war: „Du weißt, was alles passiert ist, seit du gegangen bist. Der brutale Tod unseres Kameraden Morel macht es erforderlich, dass jemand seine Stelle einnimmt. Ich habe diese Verantwortung übernommen, denn ich halte es für meine Pflicht, dies zu tun. Glaube nicht, dass mir diese Entscheidung leicht fiel, wo du so weit weg bist. Aber vielleicht hat mir genau diese Entfernung geholfen, den Familienaspekt besser zu beurteilen. Es gibt sehr viele, die feige sind oder ein falsches Spiel spielen, und die vergessen haben, was wir unserem Vaterland schuldig sind. Als Offizier habe ich keine andere Wahl. Ich weiß, dass Ihr beide, Claude und du, diese Entscheidung mit Pflichtbewusstsein akzeptieren werdet.“

Diesem geistlichen Vermächtnis fügte er noch paar Worte für seinen Sohn hinzu: „ Ich bitte dich vor allem darum, dass du immer freundlich bist zu deiner Mama. Gehorche ihr und sei ein guter Schüler, damit auch ich Freude am Arbeiten habe. Ich komme sobald ich kann nach Hause zurück und dann leben wir wieder gemeinsam. Vergiss nicht, deinen Papa in deine Gebete einzuschließen. “

Während er versuchte, seine Familie zuhause zu beruhigen, war er sich der Lage durchaus bewusst und ihm war klar, dass es keinen Grund zu Optimismus gab. Anstatt auf dem Plateau zu leben, wo die Begeisterung zunehmend wuchs, musste er in der Nähe Unterschlupf finden und den Lauf der Dinge verfolgen. Der Schwierigkeiten und Bedrohungen, die täglich zunahmen, war er sich sehr wohl bewusst. Er hatte keine Hoffnung, dass es einen Weg zurück gab, und den letzten Abend vor der Übernahme des Kommandos verbrachte er bei einem Freund. Dennoch verfolgte er seine Ziele mit methodischen Ansätzen, die konzentrierte Aktionspläne umfassten, für den Fall, dass sich die Lage nicht schnell genug änderte.

Am 18. März begibt er sich auf das Plateau Glières. Der Aufstieg mit Umgehung der Straßensperren gleicht einer Expedition. Er trägt die Flagge der Kompanie, die er an der Brücke von Kehl kommandierte, um diese symbolisch in Glières zu hissen. Auch seine Jacke der Gebirgsjäger hat er bei sich: „Wenn ich sterbe, dann sterbe ich als Anjot“. Aus diesem Grund nimmt er auch unmittelbar nach Ankunft seinen Bart ab.

Bald überschlugen sich jedoch die Ereignisse, wodurch er kaum etwas ausrichten konnte. Während den acht Tagen, an denen die Kämpfer auf dem Plateau noch Widerstand leisten konnten, blieb ihm kaum Zeit, sich in seinen neuen Kommandoposten einzufinden und die Verteidigung in Windeseile zu verstärken. Die geplanten Maßnahmen blieben dem Gegner jedoch vorenthalten: Anjot verfolgte die Vorstellung, die Ehre zu wahren und das Leben der Männer bestmöglich zu schonen: Es war diese Sorge, die über 400 junge Männer dazu veranlasste, diese hoffnungslose Last auf sich zu nehmen. Nachdem er Verhandlungen mit den Milizen aufs Schärfste ablehnte, mobilisierte er alle verfügbaren Männer und Mittel, um dem bevorstehenden Angriff standzuhalten. Am Abend des 26. März gibt er, nachdem die Verteidigungslinie hoffnungslos durchbrochen war, den Befehl zur Evakuierung, indem er jedem einzelnen Chef detaillierte Anweisungen für den Rückzug erteilt. Er selbst übernimmt die zahlenmäßig starke Kolonne, die in der Schlucht von Ablon kämpft. Er war dann bereits bis zum Dorf Nâves vorgedrungen, in Begleitung der Leutnants Lambert Dancet und de Vitipon, als eine deutsche Straßensperre das Feuer auf die kleine Gruppe und die nachfolgenden Spanier eröffnet. Es gelingt ihnen ein Gegenangriff, der jedoch die Niederlage nicht verhindern konnte. Anjot wird von dem Geschoss einer Maschinenpistole getroffen.

Henri Romans Petit

1897 - 1980

Aktie :

Portrait von Henri Romans-Petit. Quelle: www.ordredelaliberation.fr

 

Henri Petit wird am 13. Februar 1897 als Sohn eines Eisenbahnbeamten in Firminy im Departement Loire geboren.

Er besucht das Gymnasium in Saint-Etienne und verpflichtet sich 1915 für den Kriegsdienst im 13. Bataillon der Jäger. Er wird zum Obergefreiten und später zum Unteroffizier befördert und mit Orden des Militärs und der Ehrenlegion ausgezeichnet. 1918 wird er für die Reservetruppen in Saint-Cyr zugelassen und verlässt diese als Offiziersanwärter. Nach seiner Zwangsversetzung zur Luftwaffe kommt er zur Escadrille B.R. 127 und wird am selben Tag für die Bombardierung eingeteilt. Vor seiner Entlassung wird er zum Unterleutnant befördert.

Er nimmt sein Studium in Lyon auf und nach seinem Abschluss der Rechtswissenschaften arbeitet er im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für Verlagshäuser. 1928 gründet er die Werbeagentur Stefa in Saint-Etienne.

Als Kapitän der Luftwaffenreserve wird er im August 1939 erneut in den Militärdienst gerufen und übernimmt die Führung der Luftwaffenbasis in Cannes und Nizza. Als Gegner des Waffenstillstands versucht er 1940 vergeblich, General de Gaulle in London für seine Ideen zu gewinnen. 1942 trifft Henri Romans-Petit in Ain ein, wo er unverzüglich Kontakt mit den ansässigen Widerstandsgruppen aufnimmt. Nach einigen Monaten beginnt er im Dezember 1942 die Unterbringung von Fahnenflüchtigen der STO zu organisieren.

Im Juni 1943 gründet er in der Nähe von Mongriffon eine Schule für Führungskräfte, in der er die Widerstandskämpfer, deren Anzahl beständig steigt, ausbilden kann.

Im Juli 1943 sind die Camps, die aus Gründen der Sicherheit und Mobilität mehr als 60 Personen umfassen mussten, gut strukturiert. Gleichzeitig werden die Kontakte zwischen der Widerstandsbewegung von Ain und der Geheimarmee gestärkt.

Im September verzeichnet die Widerstandsbewegung unter Leitung von Romans-Petit zwei durchbrechende Erfolge: Übernahme eines Logistiklagers der Chantiers de Jeunesse in Artemare und die Logistik der Armee in Bourg-en-Bresse.

Im Oktober 1943 wird Romans-Petit zum Militärchef und somit verantwortlich für die Geheimarmee des Departements Ain.

Am 11. November 1943 organisiert er die gefeierte Parade eines Teils seiner Truppen (250 Männer) in Oyonnax.

Bevor die Truppen die Stadt geordnet verlassen, legt er vor der verblüfften und begeisterten Menschenmenge an der Gedenkstätte der Toten einen Kranz in Form des Lothringerkreuzes ab. Die Untergrundpresse und Radio London berichten ausführlich über die Parade von Oyonnax, die vom Sohn Henri Jaboulays gefilmt wurde. Der Einfluss auf die französische Bevölkerung und die Alliierten war enorm wichtig, da der Widerstand der französischen Armee dadurch eine konkrete Existenz bewies. Ende des Jahres zählten die paramilitärischen Kräfte von Ain (Geheimarmee und Untergrund) 2.000 Männer. Sie übernahmen auch die Leitung der Untergrundkräfte und der Geheimarmee der Haute-Savoie, indem Kommandant Vallette d'Osia eingesetzt wurde. Er baute auf dieselben Grundsätze, die sich bereits in Ain als erfolgreich erwiesen hatten: Schule zur Ausbildung von Führungskräften, schnelle Aktionen und schneller Rückzug. Über die Mission „Musc“ von Jean Rosenthal (Marketender), verantwortlich für die Inspektion der Widerstandstruppen und Richard Heslop (Xavier) vom britischen SOE stand er in ständiger Verbindung mit London.

Für die Waffenversorgung per Fallschirmabwurf wählte er die Hochebene von Glières in der Nähe von Annecy, wo im Januar 1944 sämtliche Widerstandskämpfer des Departements versammelt waren.

Nachdem er das Kommando in Glières an „Tom“ Morel abgegeben hatte, konnte Ain zurückgewonnen werden.

Als die von der Luftwaffe zurückgedrängten 5.000 Deutschen daraufhin die Lager der Widerstandskämpfer von Ain angreifen und massakrieren, eilt Romans-Petit sofort zur Hilfe. Auf Skiern macht er sich auf die Suche nach Überlebenden, auch in den von den Deutschen besetzten Orten. Unverzüglich macht er sich daran, den Widerstand neu zu organisieren und die Streitkräfte des Haut-Jura zu versammeln.

Am 6. April 1944 finden sich mehrere Tausend Soldaten der Wehrmacht in der Region von Ambérieu ein, um am nächsten Morgen zum Sturm anzusetzen. Oberst Romans-Petit entscheidet sich, die Widerstandskämpfer zu zerstreuen, die dennoch in der Nacht einige Sabotageaktionen durchführen. Die Deutschen rächen sich unter anderem mit Angriffen auf die Gemeinden Oyonnax und Saint-Claude. Am 6. Juni 1944 erhalten die Widerstandskämpfer die Nachricht über die Landung der Alliierten und zerstören das Lager von Ambérieu, ein bedeutender Knotenpunkt des Eisenbahnnetzes im Südosten. 52 Lokomotiven und 10 Werkzeugmaschinen werden zerstört.

Im selben Monat wird Henri Romans-Petit auf Befehl von General de Gaulle zum Compagnon de la Libération ernannt.

Am 11. Juli 1944 starten die Deutschen einen breiten Gegenangriff mit ca. 27.000 Männern. Den 5.000 Widerstandskämpfern unter Oberst Romans-Petits gelingt es trotz dieser heftigen Kämpfe, den Angreifer zu besiegen. Im September ist Ain befreit.

Nach dem Krieg nimmt Henri Romans-Petit seine Arbeit in der Verlagsbranche wieder auf. Weiterhin arbeitet er für zahlreiche Unternehmen, insbesondere der Elektrobranche, als Administrator. Als Ehrenvorsitzender der ehemaligen Widerstandskämpfer von Ain und der Haute-Savoie sowie als Vorsitzender der Nationalen Vereinigung der Widerstandskämpfer von Air ist er ebenfalls Mitglied des Leitungsausschusses der LICRA.

Er schreibt mehrere Bücher über das Kriegsgeschehen, unter ihnen Les Obstinés und 1974 Les Maquis de l'Ain.

Henri Romans-Petit stirbt am 1. November 1980 in Ceignes im Departement Ain. Seine Beisetzung findet vor dem Memorial Val d'Enfer in Cerdon (Ain) statt.

Er ist begraben auf dem Friedhof von Oyonnax.

 

  • Grand Officier der Ehrenlegion
  • Compagnon de la Libération – Erlass vom 16. Juni 1944
  • Kriegsverdienstkreuz 14/18
  • Kriegsverdienstkreuz 39/45
  • Medaille des Widerstands
  • Offizier der Ehrenlegion (USA)
  • Distinguished Service Order (GB)
  • Offizier des Ordre de Léopold (Belgien)
  • Kriegsverdienstkreuz (Belgien)
  • Grand Officier der Nicham Iftikhar
  • Kommandeur des nationalen Verdienstordens (Kongo)
  • Offizier des nationalen Verdienstordens (Kamerun)
 
Zu den Werken von Henri Romans-Petit zählen:
  • Les Obstinés, Ausgaben Janicot, Lille 1945
  • L'Appel de l'aventure, Ausgaben Dorian, Saint-Etienne 1947
  • Les Maquis de l'Ain, Hachette, Paris 1974

Émile Gilioli

1911-1977

Aktie :

Porträt von Emile Gilioli

Gilioli war neben Brancusi und Arp einer der führenden Vertreter der lyrischen Abstraktion in der französischen Bildhauerei der 1950er Jahre. Er entwarf die Gedenkstätte für den Widerstand auf dem Plateau des Glières (Hochsavoyen).

Émile Gilioli wurde am 10. Juni 1911 in Paris in eine italienische Schuhmacherfamilie hineingeboren, die sich am Ufer des Canal Saint-Martin niedergelassen hatte. Bereits als Kind erlernte er die Kunst des Schmiedens während der Ferien bei seiner Familie väterlicherseits in der Nähe von Mantua.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs näherten sich die Giliolis Italien an, und ließen sich in Nizza nieder. Der junge Émile arbeitete im Familienbetrieb und besuchte nebenbei die Kunstgewerbeschule der Stadt. 1928 trat er in den Dienst eines Bildhauers, für den er zwei Jahre lang arbeitete, bevor er als Stipendiat die Ecole des Beaux Arts in Paris besuchte. Zu dieser Zeit besuchte er das Atelier von Jean Boucher, wo er wie viele Künstler seiner Generation von der Arbeit von Charles Malfray beeinflusst wurde.

1939 wurde er zum Militärdienst eingezogen und nach Grenoble geschickt, wo er bis zur Befreiung blieb. Dort freundete er sich mit Andry-Fracy an, der von 1919 bis 1949 Kurator des Museums war, sein Wissen über den Kubismus an ihn weitergab und ihn mit dem Maler Closon, einem Pionier der französischen Abstraktion, bekannt machte. 1945 hatte er in Grenoble seine erste Einzelausstellung in der Galerie Laforge.

Nach seiner Rückkehr nach Paris leitete er mit Poliakoff und Deyrolle die junge abstrakte Schule von Paris und stellte seine Werke 1946 in der Galerie Breteau aus. Er war fortan an den meisten französischen und ausländischen Kunstveranstaltungen wie dem Salon des Réalités nouvelles im Jahr 1947 beteiligt und stellte seine Werke häufig im Salon de Mai und im Salon de la Jeune Sculpture aus. Das Musée Galliera widmete ihm 1968 eine Ausstellung. Im selben Jahr erläuterte er seine Auffassung von Kunst in La Sculpture (Verlag Robert Morel).

Die Einfachheit seiner Kunst, in der Form und Material sich gegenseitig bedingen und die sowohl vom archaischen Griechenland als auch von altägyptischen Statuen und dem Kubismus inspiriert ist, führte dazu, dass er zahlreiche öffentliche Aufträge erhielt, insbesondere im Departement Isère, wo er 1946 das Denkmal in Voreppe, 1950 das Denkmal für die Toten der Deportierten in Grenoble, 1951 das Denkmal in La Chapelle-en-Vercors, 1952 „Le Gisant" (Der Liegende) in Vassieux-en-Vercors und 1973 das Denkmal der Résistance auf dem Plateau des Glières schuf.

 

Gilioli war ein unermüdlicher Arbeiter und schuf die Betonskulptur Prière et Force, an der er von 1959 bis 1963 arbeitete, sowie La Mendiante (1962), Apparition de la Vierge à Bernadette (1964) und einen Brunnen für das Rathaus von Grenoble (1968). Zu seinen Werken als Bronzegießer gehören Composition et Formes, Cadran Solaire, Soleil sur la montagne, Histoire crétoise, Divinité, Tête siennoise. Er arbeitete mit Marmor und schuf die Werke Abstraction, L'Homme oiseau, Chloe, Tabernacle und Forme Abstraite.

Seine Gouachearbeiten und Aquarelle zeigen eine Komposition für das Denkmal von Glières. Außerdem sind zu erwähnen: Composition bleu, rouge et noir (Collage), Vitesse (Stahl), Composition transparente (Netz), Portrait de femme (Kohle).

Die Werke von Émile Gilioli sind weltweit ausgestellt, insbesondere im: Musée National d'Art Moderne in Paris, Tate Gallery in London, Skulpturenmuseum Plaen Air de Middelheim in Antwerpen, Museo de Arte Moderna in Sao-Paulo, Museum of Modern Art in New York, Bezabel-Museum in Jerusalem, Musée de Peinture et de Sculpture in Grenoble, Musée des Beaux-Arts in Ostende, Musée National d'Histoire et d'Art de Luxembourg, Centre Georges-Pompidou in Paris, Musée de Sculpture de la Ville de Paris, Museo de Bellas Artes de Caracas, Musée des Beaux-Arts de Dunkerque, Musée des Beaux-Arts de Rouen, Museo dei Bozzetti Pietrasanta, Kunsthaus Zürich, Musée Fabre Montpellier.

Eines seiner Ateliers, „sein Dachboden", das in einem 1997 von der Gemeinde Saint Martin de la Cluze erworbenen Gebäude eingerichtet wurde, ist nach seinem Tod erhalten geblieben und heute für die Öffentlichkeit zugänglich.

 

Quellen: Benezit E., Dictionnaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs, t. 6, 1999 - Ragon M., in: Nouveau dictionnaire de la sculpture moderne, Paris, Hazan, 1970.
Zu besichtigen
Atelier Gilioli - Museumsbereich und Bibliothek 38650 Saint Martin de la Cluze Tel. 04 38 92 00 96
Mehr erfahren: Sculpture1940.com

 

Edouard de Castelnau

1851-1944

Aktie :

Porträt von Castelnau. Quelle : SHD

 

Castelnau, Noël Marie Joseph Edouard de Curières, de (24. Dezember 1851 : Saint-Affrique, Aveyron - 19. März 1944 : Montastruc-la-Conseillère, Haute-Garonne)

 

Edouard de Castelnau stammt aus einer alten katholischen, monarchistischen Familie des Rouergue. Er besucht das Jesuitenkolleg Saint-Gabriel (Saint-Affrique), das er nach dem naturwissenschaftlichen Abitur verlässt, bevor er sich auf Saint-Cyr vorbereitet. Als Schüler der Militärschule von Saint-Cyr nimmt er zum ersten Mal im Krieg von 1870 an Kämpfen teil. Er gehört zu dem Jahrgang 1869 der Militärakademie, die er am 14. August 1870 als Leutnant verlässt , um in das 31. Infanterieregiment einzutreten. Da er sein Korps wegen des Durcheinanders hinter der Front nicht zur Zeit erreichen kann, wird er am 2. Oktober der Loire - Armee von General d'Aurelles de Paladine als Leutnant im 36. Infanterieregiment zugeteilt; vierzehn Tage später wird er zum Hauptmann befördert. Edouard de Castelnau kämpft in Tusey, Sainte-Maxime, Chambord, Gué-du-Loir, le Mans. 1871 nimmt er als Einwohner von Versailles an der Zerschlagung der Kommune unter Führung von Oberst Davout d'Auerstaedt teil. Nach der Rückstufung zum Leutnant durch den Ausschuss zur Neufestsetzung der Dienstgrade wird er erst 1876 erneut zum Hauptmann befördert.

Seine lange militärische Karriere ist dann höchst traditionell: Garnisonen von Bourg, Givet, Ham, Laon. 1878 tritt er in die Kriegsschule ein, die er 1880 mit dem Offizierspatent verlässt, bevor er zu dem 59. Infanterieregiment von Toulouse versetzt wird. Er verbringt eine Station seiner Ausbildung bei Stab des 17. Korps und danach beim Stab der 34. Division und kehrt 1888 zum 126. Infanterieregiment und zum 17. Korps zurück. Am 6. Mai 1889 wird er Bataillonschef und erhält 1891 das Kreuz der Ehrenlegion, wird 1893 in das erste Büro des Generalstabs in Paris zu General de Miribel versetzt. Als Oberstleutnant wird der am 10. September 1896 zum stellvertretenden Chef und dann zum Chef des ersten Büros ernannt. 1899 wird er Offizier der Ehrenlegion. Nach dem Eintritt von General André ins Kriegsministerium wird er aus der Leitung des ersten Büros entfernt. Als Oberst erhält er die Führung des 37. Regiments von Nancy von 1900 bis 1905. Als "jesuitenfreundlich" bezeichnet, dient das Armeekorps dem General dazu, seine Meinungen bekannt zu machen: während einer der Geschichte der französischen Armee gewidmeten Parade lässt er seine Leute ohne Unterschied vom Ancien Régime bis zur Republik in Szene setzen. Er wird Stabschef von General Michal, Oberkommandierender für die Verteidigung von Belfort. Am 25. März 1906 wird er Brigadegeneral und führt die 24. Brigade in Sedan, die 7. in Soissons, und wird am 21. Dezember 1909 Divisionsgeneral. Er war zum ersten Mal von General Sarrail von der Beförderungsliste gestrichen worden, als dieser Leiter der Infanterie war -, zu dem Zeitpunkt kommandiert er die 13. Division in Chaumont. Auf besonderen Wunsch von Joffre wird er zum Stab zurück gerufen und am 2. August 1911 zum ersten stellvertretenden Chef des Generalstabs unter seinem Befehl ernannt. In demselben Jahr wird er zum Kommandeur der Ehrenlegion befördert. Ende 1913 wird er Mitglied des Obersten Kriegsrats. 1914 kommandiert er die 2. Armee von Lothringen in der Schlacht von Morhange. Indem er zusammen mit der 1. Armee von Dubail methodisch vorrückt, erreicht er das Signal von Barouville jenseits von Dieuze und das Seengebiet. Er rettet die Stadt Nancy, indem er den Vormarsch des Prinzen Ruprecht von Bayern durch einen Angriff an der Flanke am 25. August aufhält. Bei dieser Gelegenheit widmet er der Jungfrau Maria ein Exvoto: "Unserer hilfreichen Lieben Frau in ewiger Dankbarkeit. Nisi Dominus custoderit civitatem frustra vigilat qui custodit eam [wenn Gott die Stadt nicht beschützte, würde der Wächter umsonst über sie wachen. (Psalm 118)]", am 12. September 1914. Es folgt eine heftige Schlacht, die bis zum 10. September dauert : Castelnau verlängert den Sieg an der Marne nach Osten durch den Sieg an der Schneise von Charmes, der verhindert, dass die französischen Truppen von rechts umgangen werden können, so dass sie sich neu aufstellen können. Er wird zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt (am 18. September). Nun beginnt der "Wettlauf zum Meer": Castelnau bringt die 2. Armee an den linken Flügel, um den Feind einzuschließen, der sich in die Dünen von Nieuport zurückzieht. In Roye und vor Arras kämpft er erbittert weiter.

 

Im Juni 1915 wird Castelnau zum Kommandeur des zentralen Truppenteils ernannt, leitet die Offensive vom 25. September 1915 in der Champagne: in wenigen Tagen macht er 25000 Gefangene, erobert 125 Kanonen und kontrolliert ein Gebiet von mehreren Kilometern Tiefe in Deutschland. Nach diesem Sieg erhält er das Großkreuz der Ehrenlegion (am 8. Oktober 1915) und wird Adjutant des Oberbefehlshabers Joffre. In der Öffentlichkeit ist Castelnau so populär, dass der Express de Lyon - ähnliches liest man auch in der ausländischen Presse, z.B. im Manchester Guardian - seine Ernennung folgendermaßen kommentiert : "Diese Beförderung verdankt er allein seinen unbestreitbaren Verdiensten, denn seine Treue zum katholischen Glauben hat ihn lange abseits stehen lassen. Es ist bekannt, dass General Castelnau unter dem freimaurerischen Denunziantentum eines Combes und eines Generals André ein General war, dem jedes Weiterkommen versagt blieb" (23. Dezember 1915). Sein Gegner, General von Kluck, sagt über ihn: "Der französische Gegner, dem instinktiv unsere Sympathie galt, wegen seines großen militärischen Talents und seiner Ritterlichkeit, das ist General Castelnau. Und ich würde mich freuen, wenn er das erführe". Im Februar 1916, nach einer Reise nach Saloniki, um die eventuelle Organisation des dortigen Stützpunkts zu untersuchen, haben seine Empfehlungen zur Verteidigung der Maas Einfluss auf die Schlacht von Verdun und ermöglichen es, dass das rechte Ufer nicht dem Feind überlassen wird. - General de Castelnau wird am 18. Januar 1917 mit einem Verbindungsauftrag nach Russland geschickt. Nach seiner Rückkehr im März wird der Kommandeur der Ostarmeen und nimmt, nachdem er im September mit der Militärmedaille ausgezeichnet wurde, an der Großoffensive von 1918 teil, die zum Sieg führte und nach der er im Triumph in Colmar und dann in Straßburg einzog. Trotz der Dienste, die er dem Vaterland erwiesen hat, wird er nicht zum Marschall befördert. Die Republik bleibt nach der Dreyfus - Affäre misstrauisch gegenüber den Militärs, und seine Beziehungen zu den traditionalistischen Milieus der Rechten und sein militanter Katholizismus - Clémenceau gibt ihm den Beinamen "gestiefelter Kapuziner" - rufen das Gespenst des Gesetzes von 1905 wieder wach. - Der Erste Weltkrieg nimmt ihm seine drei Söhne! Er bleibt im aktiven Dienst ohne Altersbegrenzung, ausgegliedert, bekommt aber kein Kommando und leitet den nationalen Ausschuss für Kriegsgräber, dem die großen nationalen Friedhöfe unterstehen.

Mit achtundsechzig Jahren wird er auf einer Liste des nationalen Blocks im Jahr 1919 zum Abgeordneten des Aveyron gewählt und arbeitet sehr aktiv im Ausschuss der Armee der Kammer. Wegen seiner ausgesprochen militanten rechten Einstellung und seines eindeutigen Militarismus wird er ins Abseits gedrängt. 1923 löst er Barrès an der Spitze der Liga der Patrioten ab. 1924 wird er nicht wieder gewählt und gründet im folgenden Jahr die nationale katholische Föderation (FNC), eine durch Pius XI. geförderte Bewegung, die den antiklerikalen Plan des Linkskartells zu Fall bringen soll. Die Föderation, die sich fest in den Gemeinden etabliert (er stellt in weniger als einem Jahr eine riesige pyramidenförmige Organisation aus 1,5 bis 2 Millionen Mitgliedern auf), die Massendemonstrationen organisiert, vor allem in Elsass-Lothringen, im Westen und im Zentralmassiv, zwingt die Regierung Herriot zum Rückzug. Die FNC, ein Betätigungsfeld für pensionierte Offiziere wie z.B. Tournès, Margot, Navel, de Reynies, de la Bussières, Picard, de Maitre d'Allerey, Etienne, Amiot, Mazurier und Keller, ist auch ein bedeutendes Druckmittel, indem sie, abgesehen von ihrer Schiedsrichterrolle bei den Wahlen, das parlamentarische Leben überwacht und nicht zögert, in der Presse die Liste der Parlamentarier zu veröffentlichen, die für oder gegen bestimmte Projekte gestimmt haben, vor allem in Bereichen wie Erziehung, Familie, Religionsfreiheit, und andere durch Vermittlung ihrer Vertreter in der Kammer vorzuschlagen. Im Übrigen verfügt General Castelnau außerdem über eine Tribüne, das Echo de Paris, eine einflussreiche rechte Tageszeitung, in der er den Antiklerikalismus und die französisch-deutsche Politik der Versöhnung unter Führung von Briand bekämpft. Der politische Einfluss von Castelnau nimmt in den 30er Jahren ab. Der Antiklerikalismus bewegt die Gemüter nicht mehr, der Katholizismus hat andere Tätigkeitsfelder gefunden, die nationalistischen Werte der Föderation werden von den reaktionären Ligen und faschistisch eingestellten Bewegungen abgelöst. 1940, als er zurückgezogen auf seiner Besitzung im Hérault lebt, zeigt er sich, obwohl ihm die nationalen Werte der Revolution am Herzen liegen, sehr misstrauisch gegenüber Pétain und verurteilt den Waffenstillstand. - Er stirbt 1944 im Schloss Lasserre in Montastruc-la-Conseillère und wird in dem neuen Familiengrab in Montastruc beigesetzt. Wenn ihn die Geschichte auch vergessen hat, so gehört Edouard de Castelnau doch zu den wichtigen Persönlichkeiten seiner Epoche. Als gebildeter Mann von Welt hatte er die Blumenspiele von Toulouse unter sich, war Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Gründungsmitglied des Hilfsvereins für den französischen Adel, Mitglied der Gesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Literatur des Aveyron. Sein Mut und seine Kenntnis der Kriegskunst haben ihm die internationale Ehre des Kriegskreuzes, des Großkreuzes des Ordre du Bain, des Heiligen Gregorius des Großen, des Weißen Adlers, Sankt Stanislaus und der Heiligen Anna von Russland, des Alexander - Newski - Ordens, des Viktoria - Ordens von England, des Ritters der Virtuti militari von Polen, und des Großkreuzes des Lazarusordens von Jerusalem eingebracht.

Charles Lanrezac

1852 - 1925

Aktie :

Portrait von Charles Lanrezac. Quelle: www.firstworldwar.com

 

Der in Pointe-à-Pitre (Guadeloupe) im Jahr 1852 geborene Charles Louis Marie Lanrezac zählt zu den eher untypischen militärischen Persönlichkeiten des Ersten Weltkriegs: Er zählt zu den Generälen, deren strategische Rolle sehr umstritten ist. Als Nachfolger von General Joffre am Vorabend der ersten Schlacht um die Marne verhindert er während den 32 Kampftagen die völlige Vernichtung der französischen Armee im August 1914.

Der aus Guadeloupe stammende Kreole Charles Louis Marie Lanrezac, Sohn des ranghohen Offiziers Victor Lanrezac, dessen Vater Auguste sich mithilfe falscher Papiere den Namen Lanrezac angeeignet hatte, Anagramm von Cazernal um die Anonymität zu wahren, entstammt einer Familie aus Toulouse mit niedrigen Adelsstand aus dem Geschlecht Augustin Théreze de Quinquiry d'Olive. Aufgrund dieser Abstammung war er gezwungen, sein Hab und Gut der „Cazernal“ – fehlerhafte Abschrift von „du Cabanial“ – zu verkaufen, bevor er nach Hamburg emigrierte, um dem Terror zu entfliehen. Die mit der Garnison verbundene und bescheidene Familie Lanrezac wohnt in Cherbourg. Charles erhält vom Präfekten der Manche ein Stipendium für die Kaiserliche Militärschule in Saint-Cyr, das er als 75. Bester von 250 Absolventen beendet. Im September wird er dann an das militärische Pyrtaneum in La Flèche geschickt. Kaum ein Jahr später wird Unterleutnant Charles Lanrezac am 14. Juli 1870 für das 13. Infanterieregiment abkommandiert.

Nachdem das Zweite Kaiserreich am 20. September abgesetzt wurde, fasst die Verteidigungsregierung den Entschluss, den Kampf durch Bildung neuer Armeen fortzusetzen. Der junge Soldat wird dem 15. Armeekorps zugeteilt, der späteren Armee der Loire, die von General de la Motte Rouge und später von General d'Aurelle de Paladines befehligt wird. Nachdem die französischen Positionen rings um Orléans vernichtend geschlagen waren, beginnt die Armee am 11. Oktober mit der Evakuierung der Stadt. Lanrezac überzeugt in der Schlacht um Coulmiers (9. November) und den Kämpfen nördlich von Orléans (24. November) durch seinen mutigen Einsatz, weshalb er provisorisch zum Leutnant ernannt wird und auf dem Schlachtfeld von der Ehrenlegion ausgezeichnet wird. Im Januar 1871 tritt sein Korps der Ostarmee unter General Bourbaki bei. Ihr Ziel ist die Befreiung von Belfort und das Zurückdrängen der Preußen aus dem Elsass. Dieser Versuch war vergeblich. Leutnant Lanrezac ist an den Kämpfen von Héricourt beteiligt (15. – 17. Januar) und verharrt mit seiner Einheit in Besançon, um den Rückzug der Armee zu decken. Nach der Schlacht von Larnod am 20. Januar entgeht er nur knapp einer Inhaftierung in der Schweiz.

Nach Kriegsende beendet Lanrezac in Saint-Cyr seine Ausbildung zum Offizier und tritt in Annecy seiner neuen Einheit, dem 30. Infanterieregiment bei. Seine politische Karriere verläuft somit sehr klassisch. 1873 heiratet er in Paris seine Ehefrau Félicie Marie-Louise Dutau, aus Réunion stammend und eine Cousine seiner Mutter. Nachdem er am 21. Februar 1876 zum Hauptmann des 24. Infanterieregiments ernannt wurde, erhält er 1879 seine Beförderung in den Generalstab. Er wird Professor für Militärkunst in Saint-Cyr, bevor er für 5 Jahre dem Generalstab der 113. Besatzungsbrigade in Tunesien beitritt. Dank seinem vorbildlichen Einsatz und seinen Führungsqualitäten wird er Professor an der höheren Kriegsschule. Im Juli 1892 wird er schlussendlich nach Dienstalter zum Bataillonschef ernannt. 

Von 1896 bis 1899 dient er dem 104. RI in Paris. Gleichzeitig unterrichtet er Militärgeschichte sowie Strategie und Taktik an der Militärschule. Seine schillernde Persönlichkeit (die ihm bereits entsprechende Anmerkungen eingebracht hatte), seine fortschrittlichen pädagogischen Ansätze und sein Unterricht wurde von den Führungskräften geschätzt und auch seine Schüler waren von ihm begeistert. Als Oberstleutnant wird er 1898 zum stellvertretenden Direktor der höheren Kriegsschule. Drei Jahre später wurde er aufgrund seiner Verdienste zum Oberst befördert und erhält die Befehlsgewalt über das 119. RI von Paris, wo er sich „sowohl als guter Vorgesetzter des Korps als auch als hervorragender Lehrer verdient macht“.

Im März 1906 übernimmt er vorübergehend die 43. Brigade von Vannes und erhält im Mai die Sterne des Brigadegenerals verliehen. Er ist bekannt für die Achtung der Hierarchie und trägt als Leiter des Generalstabs Verantwortung für die Armee während der vorbereitenden Mobilisierung in den Vogesen im Jahr 1908. Sein Aufstieg setzt sich im Jahr 1909 fort: Im Mai wird er zum leitenden Kommandanten der Verteidigung für die Gruppen von Reims ernannt. Als Gouverneur wird er dann im August Mitglied des technischen Rats des Generalstabs, dem beratenden Organ des Kriegsministeriums. 1911 übernimmt er das Kommando über die 20. Infanteriedivision in Saint-Malo und wird im März zum Divisionsgeneral. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wird General Lyautey auf Lanrezac aufmerksam, der am 13. November 1911 über ihn schreibt: „Wenn eine Armee über einen Vorgesetzten mit solch hohen Werten verfügt, muss dieser auch an erster Stelle stehen“. 1912 übergibt er ihm dann zusätzlich das Kommando über die Departements Finistère, Loire-inférieure (Loire-Atlantique), Morbihan und Vendée. Auf seinen Rat hin gibt er das Kommando am 10. April 1914 auf, um dem Großen Kriegsrat beizutreten. Als Nachfolger von General Galliéni übernimmt er am 24. April 1914 die 5. Armee und wird im Alter von 60 Jahren am Vorabend des Kriegsausbruchs zum Kommandant der Ehrenlegion ernannt.

Nach einer kurzen Versammlung des Generalstabs, die er aufgrund des Nichterscheinens von General Joffre für enttäuschend hält, übernimmt Lanrezac das Kommando über die 5. Armee. Vertraut mit der deutschen Sprache und Denkweise verfasst er am 31. Juli 1914 einen allgemeinen Bericht über die Bedeutung des Sektors Meuse. Dieses Dokument hat jedoch keinen weiteren Bestand. Ihm unterstehen 300.000 Soldaten, 800 Kanonen, 110.000 Pferde und 21.000 Fahrzeuge. In der ersten Hälfte des August errichtet er sein Stabsquartier in Rethel und konzentriert seine Truppen zwischen Vouziers und Aubenton, bevor sie sich in Richtung der Nordostgrenze bewegen. Am 6. August erhält er den Befehl die belgischen Truppen an der Meuse massiv zu unterstützen, nachdem die Deutschen, die bereits am 3. August in Belgien einmarschiert waren, die Stadt Lüttich besetzten. Lanrezac erhält die Genehmigung, eine Einheit in den Norden zu verlagern. Noch vor dem Fluss sollten sie am 15. August ein deutsches Kavalleriekorps im Sektor Dinant zum Rückzug zwingen. Diese Episode führt dazu, die unter der Führung von Lanrezac stehende Armee an der Nordfront einzusetzen (in Richtung Jeumont und Charleroi), wo die Briten unter Marschall French sowie die alliierten Armeen die Nordfront bis Maubeuge abdeckten. Beginnend am 21. August entscheidet sich Joffre für einen gezielten Angriff auf die belgische Front und die Ardennen. Die Gegner waren die 5. und 6. Armee des Reichs, die 2. Armee von Oberbefehlshaber von Bülow und der Armee von Generaloberst von Kluck. Zwischen dem 21. und 23. August verliefen die Auseinandersetzungen rings um Charleroi, Tamines, Roselies und Mons immer mehr zum Nachteil der französisch-britischen Truppen, die den Befehlen des Generalstabs folgten, jedoch hoffnungslos einem Feind gegenüber standen, der sich zurückzuziehen und zu verstecken verstand. Die französische Armee steht kurz vor der Einkesselung und dem vernichtenden Untergang. Am 23. August entscheidet sich Lanrezac entgegen der Anweisungen für den rücksichtslosen Kampf und befiehlt den Rückzug. Er kann den deutschen Armeen entkommen und billigt zwei Tage später die Aufgabe des Angriffsplans XVII. Dieses Vorgehen wurde von den Kreisen um Joffre als dreiste Herausforderung gewertet und er bekam die Feindseligkeiten ihm gegenüber zu spüren. Auf dieselbe Weise werden auch vom 26. bis 29. August 1914 die Kämpfe in Guise eingeleitet. Nach dem Erhalt des Befehls zum Angriff im Norden, zur Unterstützung des 2. britischen Korps, das in Cateau überrascht wurde, hat Lanrezac einen Tag Zeit, seiner Armee eine Verschnaufpause zu gönnen und den Angriff vorzubereiten. Am 29. August bringt er seine Truppen in Stellung: das 10. Korps nord-nordwestlich des südlichen Flusses Oise, in Richtung Guise, das 3. und 18. Korps der Reservetruppen entlang des Flusses, ausgerichtet in Richtung Westen gegenüber der Stellungen der Deutschen.

Der gemeinsam von den Batterien der 75. durchgeführte Angriff kommt für den deutschen Generalstab überraschend, woraufhin der Schlieffen-Plan aufgegeben wird. Paris wird gerettet. Von Bülow verzichtet darauf, Marschall French zu folgen, und kann der Bedrängung durch die 5. Armee nichts entgegensetzen. Letzterer wiederum kann einen Verteidigungssieg davontragen. Die Initiative bleibt jedoch nach wie vor in den Händen der 1. und 2. deutschen Armee, die versucht, Lanrezac und seine Männer einzukesseln, ohne Deckung an den Flanken und immer noch aus dem Rückhalt kämpfend. Die Franzosen erreichen die Marne, überwinden diese und richten in Sézanne das Generalquartier ein. Am 3. September wird Lanrezac von seinem Amt enthoben und durch General Franchet d'Espérey ersetzt. Zwei Tage später beginnt die erste Schlacht um die Marne.

Die Absetzung basierte auf verschiedenen Gründen: Starrsinn eines Vorgesetzten, der sich nur für seine eigenen Truppen interessierte, der es wagte, sich Befehlen zu widersetzen, das schlechte Verhältnis zu Marschall French, obwohl der französische Generalstab entsprechenden Einfallsreichtum an den Tag legte, um den Verbündeten zu schonen, die Anerkennung der deutschen Überlegenheit und des Schlieffen-Plans, der eher auf Angriff und Mobilität ausgerichtet ist, während Plan XVII nur auf die Konzentration der Truppen abzielt, die Notwendigkeit einen Schuldigen dafür zu präsentieren, um das Debakel der ersten Einsätze rechtzufertigen. Lanrezac schrieb hierzu später: „An der Stelle von General Joffre hätte ich genauso gehandelt. Wir waren in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung, sowohl aus taktischer wie auch aus strategischer Sicht. Wir konnten einander nicht verstehen. Es war richtig von mir, von einer Kritik des Generals abzusehen, denn ich hatte nicht das Recht, seine Vorgehensweise auf anderen Kriegsschauplätzen zu beurteilen.“

Lanrezac wird General Galliéni, Militärgouverneur von Paris, unterstellt, der ihn nach Bordeaux schickt, nachdem die Regierung die Flucht ergriffen hatte. Ab Oktober wird Lanrezac mit punktuellen Missionen betraut: Inspektor der Ausbildungszentren der Militärschule in Saint-Cyr im Oktober 1914, Inspektor der Ecole normale supérieure und der forstwirtschaftlichen Schule im Jahr 1915, Generalinspektor der Infanterielager in der 19. und 20. Region im Februar 1916 usw. Ende 1916 wird er entlassen. Generalstab und Regierung ist es daran gelegen, die Ungerechtigkeit wieder gutzumachen und sie bieten ihm entsprechend hohe Posten an. Lanrezac lehnt diese Angebote ab und wird von General Lyautey zum Inspektor für die Infanterieausbildung ernannt. Der zum General beförderte Pétain verleiht ihm am 3. Juli des Großoffizierskreuz der Ehrenlegion: „Für seine Militärkunst und seine geschickte Vorgehensweise in schwierigen Kämpfen, in den er für unser Land entscheidende Erfolge erzielt und hervorragende Dienste geleistet hat“. Am 1. August 1917 beendet Charles Lanrezac aus gesundheitlichen Gründen den aktiven Dienst.

Der Versuch der Rehabilitation des Generals beginnt kurz darauf. In den Jahren 1917 und 1918 erscheinen mehrere Artikel von Engerand, Abgeordneter von Calvados, im Le Correspondant, die sich mit seiner Entlassung beschäftigen. General Maud'huy schreibt in einem im Gaulois 1920 veröffentlichten Artikel, dass Dank Lanrezac Frankreich in Charleroi gerettet wurde. General Palat informiert die Franzosen in seinem Werk Histoire de la Grande Guerre über den Respekt, der ihm von seinen ehemaligen Gegnern von Bülow und von Hausen entgegengebracht wurde. 1922 wird der abgesetzte General Lanrezac mit dem Großkreuz der Belgischen Krone und für seine Leistung in Charleroi mit dem Kriegskreuz mit Palme ausgezeichnet. Am 29. August 1924, dem Jahrestag der Schlacht von Guise, wird ihm das Großkreuz der Ehrenlegion verliehen. Das Gedächtnis an den General wurde rehabilitiert. Am 6. September werden ihm in Neuilly-sur-Seine von Marschall Pétain und dem Kriegsminister General Nollet, besondere Ehren zugesprochen.

Charles Lanrezac stirbt am 18. Januar 1925. Auf seinem Grabstein auf dem Montmartre steht geschrieben: „Für den Retter Frankreichs im August 1914.“

Als letzter Akt der Rehabilitation und der nationalen Anerkennung wird der Leichnam von General Lanrezac im Jahr 1933 in den Invalidendom überführt.

Émile Driant

1855-1916

Aktie :

Porträt von Emile Driant. Quelle : Generalrat der Maas

Oberstleutnant Driant ist bekannt, weil er am 22. Februar 1916 im Wald von Caures bei Verdun gefallen ist. Aber vorher machte er als Hauptmann Danrit eine literarische Karriere und eine politische, als er ab 1910 zum Abgeordneten des 3. Bezirks gewählt wurde. Emile Cyprien Driant wurde am 11. September 1855 in Neuchâtel (Aisne) geboren, wo sein Vater Notar und Friedensrichter war. Als Schüler des Lyzeums in Reims bekommt er den ersten Preis für Geschichte im jährlichen Leistungswettbewerb. Entgegen dem Wunsch seines Vaters, der ihn gern als seinen Nachfolger gesehen hätte, will Emile Soldat werden, die Niederlage von 1871 und der Durchmarsch der preußischen Truppen haben ihn geprägt. Nach dem Staatsexamen in Geistes- und Rechtswissenschaften wird er 1875 mit zwanzig Jahren Schüler von Saint - Cyr. Zwei Jahre später beendet er die Ausbildung als viertbester und beginnt eine verdienstvolle militärische Karriere: klein aber kräftig, von ausgezeichneter Gesundheit, sehr aktiv und immer bereit; reitet sehr gut und interessiert sich sehr für den Reitsport, äußerst intelligent, mit Aussicht auf eine blendende Zukunft" schreibt einer seiner Vorgesetzten. Er dient im 54. Infanterieregiment in Compiègne und später in Saint-Mihiel.

Nach seiner Beförderung zum Leutnant beim 43. Infanterieregiment im Jahr 1883 kommt er nach Tunis, wo der damalige Generalgouverneur von Tunesien, General Boulanger, ihn zu seinem Ordonnanzoffizier macht. Er gibt ihm seine Tochter Marcelle zur Frau. 1886 wird er Hauptmann und folgt Boulanger nach Paris, der zum Kriegsminister ernannt worden ist. Da er die Aktion den politischen Intrigen vorzieht, kehrt er nach Tunesien zum 4. Regiment der Zuaven zurück - und die Episode mit Boulanger bringt ihm das Misstrauen seiner Umgebung und die Versetzung weit von Tunis entfernt ein, nach Aïn-Dratam an der algerischen Grenze. Das Ehepaar Driant kehrt nach Tunis zurück und nimmt seinen Wohnsitz in Karthago, wo er den katholischen Zirkel von Kardinal Lavigerie besucht, der zu der Zeit Primas von Afrika ist. Diesen ruhigen Moment in seiner Karriere nutzt Driant, um sich unter dem Pseudonym Danrit literarisch zu betätigen. Der Erfolg stellt sich sofort ein, ein Roman folgt auf den anderen: La guerre de demain (Der Krieg von morgen), La guerre de forteresse (Der Festungskrieg), La guerre en rase campagne (Der Krieg auf freiem Feld), La guerre souterraine (Der unterirdische Krieg), L'invasion noire (Die schwarze Invasion), Robinsons sous-marins (Unterwasser - Robinsons), L'aviateur du Pacifique (Der Flieger vom Pazifik), usw. Hauptmann Danrit ist neben Louis Boussenard und Paul d'Ivoi einer der Hauptautoren des Journal des voyages. Seine Erzählungen sind von dem Vorbild des Abenteuerromans von Jules Verne inspiriert, stehen aber auch unter dem Einfluss der Niederlage von Sedan und der kolonialistischen Expansionspolitik Frankreichs. Die Entdeckung der Welt und ihrer Wunder wird zur Quelle von Reichtümern oder von Bedrohungen, die es zu bekämpfen gilt; die ungewöhnlichen Maschinen, mit denen man bei Verne durch die Lüfte und die Meere reisen konnte, werden hier vor allem zu Kriegsmaschinen, mit denen man den Feind vernichten will. Sein Werk ist ein typisches Beispiel für den kolonialen Abenteuerroman am Ende des 19. Jahrhunderts, oder genauer, der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. In seinen Werken nimmt die Armee einen großen Raum ein. Er stellt in ihnen seine Bewunderung großer Männer und sein Misstrauen gegenüber den Mitgliedern des Parlaments dar. Sie spiegeln die öffentliche Meinung wider, mit ihrer Besessenheit von der Angst vor einem drohenden Krieg. Sie verarbeiten die täglichen Kommentare in der Presse über internationale Ereignisse (Faschoda 1898, die Marokkokrise bildet den roten Faden der Handlung von L'Alerte (Der Alarm) ,1911), auf die Gefahr hin, damit ein Feuer zu entfachen und mit der fixen Idee des Untergangs von Frankreich und Europa. So sind es in L'invasion jaune (Die gelbe Invasion) die Amerikaner, geldgierige Kapitalisten, die die Bewaffnung der Asiaten fördern, indem sie ihnen Gewehre und Patronen verkaufen. Er denkt sich auch die massive Benutzung der modernen Waffen in einem Weltkrieg aus: tödliche Gase, Aeoroplane, Unterseeboote, wobei jede Erfindung unter der Perspektive einer großen Offensive gesehen wird. Der Offizier trifft sich mit dem Schriftsteller, wenn er seine für die Jugend geschriebene Trilogie zu einem pädagogischen Werk macht: Histoire d'une famille de soldats (Geschichte einer Soldatenfamilie) (Jean Taupin 1898, Filleuls de Napoléon (Patenkinder Napoleons) 1900, Petit Marsouin (Kleiner Tümmler) 1901). Hauptmann Danrit schreibt ungefähr dreißig Romane in fünfundzwanzig Jahren.
Das "Idol des Soldaten" wird ins Mutterland zurück beordert und 1892 zum Ausbilder in Saint-Cyr ernannt, versehen mit der Gloriole seines Rufs als militärischer und visionärer Schriftsteller: seine Werke kündigen den Krieg in den Schützengräben an. Im Dezember 1898 wird er zum Bataillonschef im 69. Infanterieregiment in Nancy ernannt, nachdem er vier Jahre lang wieder bei den 4. Zuaven gedient hatte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Nancy verwirklicht sich sein Wunsch, ein Jägerbataillon zu führen. Er erhält das Kommando über das 1. Jägerbataillon zu Fuß, das in der Beurnonville - Kaserne in Troyes stationiert ist. Seine Entschlossenheit und sein Mut lassen ihn am 13. Januar 1901 sein Leben riskieren, als er eingreift, um den Tobsüchtigen Coquard im Faubourg Sainte-Savine zu beruhigen. Trotz seiner ausgezeichneten Dienstzeitbescheinigungen steht Driant nicht auf der Beförderungsliste. Da er politisch dem rechten Katholizismus angehört, bekommt er die Folgen des Antiklerikalismus zu spüren der die Jahre des Gesetzes über die Trennung von Staat und Kirche bestimmt und wird im Zusammenhang mit der Affäre der Karteikarten angeschuldigt, in denen die Offiziere nach ihrer religiösen Überzeugung benotet worden sein sollen. In einer Pressekampagne wird er beschuldigt, er hätte einen Gottesdienst in der Kathedrale von Troyes zum Sidi-Brahim - Fest organisiert und versucht, die Gewissensfreiheit seiner Leute einzuschränken, indem er sie gezwungen hätte, an dem Gottesdienst teilzunehmen. Er wird mit vierzehn Tagen Arrest bestraft, bittet um seinen Ruhestand und beschließt, in die Politik zu gehen, um die Streitkräfte im Parlament zu verteidigen: er ist damals fünfzig Jahre alt.
1906 verliert er in Pontoise gegen den Liberalen Ballu und nutzt nun seine Mitarbeit im L'Eclair, in dem er viele gegen das Parlament gerichtete kritische Artikel schreibt, um eine Reise nach Deutschland zu unternehmen. Nach seinen Beobachtungen der großen Manöver in Schlesien veröffentlicht er ein Buch mit dem warnenden Titel, Vers un nouveau Sedan (Es kommt ein neues Sedan) , in dem er den aufschlussreichen Schluss zieht: "wenn wir morgen in einen Krieg mit Deutschland verwickelt würden, wäre dieser Krieg eine Katastrophe. Wir würden wie 1870 geschlagen werden, schlimmer als 1870". Diese Aussagen, die zunächst in sieben Artikeln kurz vor den Wahlen von 1910 erscheinen, bewirken, dass er in Nancy die Wahl gegen den Radikalen Grillon gewinnt. Er nimmt ständig an den Sitzungen der Abgeordnetenkammer teil, vertritt eine Mischung aus dem sozialen Katholizismus von Mun und den Ideen von Vogüé und Lavisse, trägt dazu bei, dass für die Militärkredite gestimmt wird und unterstützt Barthou bei der Abstimmung über das "Gesetz zur Rettung", das den nationalen Militärdienst auf drei Jahre verlängert. Er lehnt sich gegen die Deklassierung der Festungen an den Grenzen auf - es gelingt ihm, die Festung von Lille 1912 zu retten - und interessiert sich vor dem Krieg für die ganz neue militärische Luftfahrt. Driant widersetzt sich den Thesen von Briand und Jaurès und stützt sich dabei auf Beispiele von Ereignissen aus Russland. Die Streitkräfte müssen eine wesentliche Rolle spielen, vor allem als Erziehungsinstrument für das Volk, und gegebenenfalls auch als Instrument gegen die Revolution. Das ist das Konzept der Schul - Armee und des sozialen Auftrags, das sich damals im Einflussbereich von Dragomirov, Art Roë und Lyautey manifestiert. Er interessiert sich für die sozialen Kämpfe, soweit sie die nationale Verteidigung schwächen können. Er unterstützt die unabhängigen oder "gelben" Gewerkschaften, die von Pierre Biétry mit Unterstützung des Industriellen Gaston Japy gegründet wurden. Sie vertreten die Vereinigung von Arbeitskapital und Geldkapital. Die Texte von Driant verteidigen das Prinzip der Freiheit durch individuelles Eigentum, mit Hilfe der fortschreitenden Teilhabe der Arbeiter an dem Kapital der Unternehmen. Unter den wichtigsten Abstimmungen des Abgeordneten Driant während der Legislaturperiode 1910 - 1914 finden sich Beschlüsse wie z.B. der Zehnstundentag, die Renten, die gewerkschaftlichen Freiheiten und verschiedene Maßnahmen sozialer Unterstützung.
Als der Krieg erklärt wird, bittet er, ihn wieder in Dienst zu stellen und wird dem Stab des Gouverneurs von Verdun im Dienst von General Coutenceau zugeteilt. Er beantragt und erhält das Kommando der 56. und 59. Jägerbataillone zu Fuß der 72. Infanteriedivision, die aus Reservisten aus dem Norden und Osten bestehen, d.h. 2200 Mann. Er hat das Kommando in den Argonnen und in Woëvre. Seine Truppen, die von den Kämpfen bei Gercourt, einem Dorf an der Maas, das Driant von den Deutschen zurück erobert, mitgenommen sind, nehmen nicht an der ersten Schlacht an der Marne teil und werden mit der Verteidigung des Abschnitts Louvemont beauftragt. Sie gewinnen den Abschnitt im Wald von Caures zurück und befestigen ihn. "Vater Driant", der immer ein offenes Ohr für seine Jäger hat, belohnt die besten mit Zigaretten und Zigarren und nimmt persönlich an der Beerdigung seiner Helden auf dem Friedhof von Vacherauville teil. Als Mitglied des Armeeausschusses ist er Berichterstatter für das Gesetz, das 1915 das Kriegskreuz einführt. Vor allem aber ist er es, der am 22. August 1915 in einem Brief an den Präsidenten der Kammer, Paul Deschanel, den unmittelbar bevorstehenden deutschen Angriff auf Verdun ankündigt und auf den Mangel an Menschen und Material hinweist: "wir nehmen hier an, dass der Stoß sich auf die Linie Verdun - Nancy richten wird... Wenn es sich die Deutschen etwas kosten lassen, und sie haben bewiesen, dass sie bereit waren 50000 Männer zu opfern, um eine Festung einzunehmen, dann kommen sie durch". Trotz eines Besuchs von Parlamentariern, einer Inspektion durch Castelnau im Dezember 1915 und einer Anfrage von Kriegsminister Galliéni an Joffre wird nichts getan. Infolgedessen bieten am 21. Februar 1916, als die Armee des Reichs ihren Angriff auf den Abschnitt von Verdun konzentriert, nur die 1200 Männer von Driant und die 14 Batterien 10 000 deutschen Soldaten und 40 Batterien die Stirn. Die Jäger halten sich über 24 Stunden lang heroisch und haben große Verluste, bis die Verstärkung ankommt und die Frontlinie übernehmen kann. Die Stellung im Wald von Caures, die Driant mit seinen Männern hält, steht zwei Tage lang unter pausenlosem Feuer von 150, 210 und 300 mm - Kanonen. Am Mittag des 22. Februar greifen die Deutschen die Stellungen der Jäger an. Die Granaten und Flammenwerfer brechen den Widerstand der Franzosen. Driant befiehlt den Rückzug nach Beaumont. Er wird an der Schläfe getroffen und fällt mit einundsechzig Jahren.
Am Abend des 22. Februar 1916 zählt man nur 110 Jäger des 56. und 59. Regiments, die diesen Kampf überlebt haben. Die Nachricht von der Katastrophe bewirkt große Aufregung. Alfons XIII. von Spanien, ein Bewunderer von Emile Driant, beauftragt seinen Botschafter in Berlin, sein Verschwinden zu untersuchen. Man möchte gern glauben, dass er verwundet, gefangen oder ins Ausland geflüchtet ist, aber ein Brief der Baronin Schrotter, der Mutter eines deutschen Offiziers, der an den Kämpfen von Caures teilgenommen hat, an seine Ehefrau macht schließlich den Gerüchten ein Ende : "Herr Driant wurde mit aller Sorgfalt und allen Ehren begraben, und seine Feindeskameraden haben ihm ein schönes Grab gegraben und geschmückt; dort können Sie ihn in Friedenszeiten finden" (16. März 1916). Sein Opfer wird von der Presse und den Kriegspublikationen aufgegriffen, um die Truppen zu begeistern. Die Abgeordnetenkammer verkündet offiziell seinen Tod, sein Nachruf wird am 7. April von Paul Deschanel gehalten, und am 28. Juni lässt die Liga der Patrioten von Maurice Barrès einen feierlichen Gottesdienst unter Vorsitz des Kardinals Amette in Notre-Dame (Paris) halten. Der Soldat vereinigt sich mit dem Schriftsteller ... Er wird von den Deutschen in der Nähe der Stelle beigesetzt, an der er gestorben ist, und die Sachen, die er bei sich hatte, werden seiner Witwe über die Schweiz zurückgegeben. Im Oktober 1922 wird die Leiche von Driant exhumiert. Auf Beschluss von Frontkämpfern, darunter Castelnau, wird ein Mausoleum errichtet. Jedes Jahr wird dort am 21. Februar eine Feier abgehalten, in Erinnerung an Oberst Driant und seine Jäger, die bei der Verteidigung von Verdun gefallen sind.

 

Dominique Larrey

1766 - 1842

Aktie :

Baron Jean-Dominique Larrey. Portrait. 1804. Von Anne-Louis Girodet de Roussy-Trioson. Quelle: Insecula.com

Jean-Dominique Larrey (8. Juli 1766: Baudéan – 25. Juli 1842: Lyon)

 

Dominique Larrey spielt in der Geschichte der Militärmedizin eine entscheidende Rolle. Er gilt als „rettender Engel der Soldaten“, führt als Chirurg während der Schlacht um Eylau 800 Operationen durch und arbeitet an der Entwicklung von mobilen Rettungsfahrzeugen.

Dominique Larrey wird 1766 in Baudéan, in der Nähe von Bagnère-sur-Bigorre als Sohn einer protestantischen Familie aus den Pyrenäen geboren und nimmt auf den Schlachtfeldern Napoleons eine entscheidende Rolle ein. Er studiert in der Klinik Lagrave in Toulouse bei seinem Onkel Alexis Larrey Medizin, der als Betreuer der Königlichen Akademie der Chirurgie arbeitet. Im Alter von 20 Jahren verfasst er eine These über Knochenfraß und macht sich dann auf den Weg nach Paris, wo ihm sein Onkel eine Empfehlung für Desault, Chirurg im l'Hôtel-Dieu, schreibt. Er schreibt sich in der Marineakedemie für Chirurgie ein und erlernt dort Grundkenntnisse in der Chirurgie, die er dann auf der Fregatte La Vigilante anwendet.

1791 wirkt er an der Weiterentwicklung der Chirurgie mit und arbeitet im Hôtel national des Invalides unter der Fürsorge von Sabatier.

1792 tritt er in die Rheinarmee ein und unterstützt sie auf ihrem Feldzug in Deutschland. Während der Schlacht um Spire kann er im September 1792 die Grundzüge der maritimen Chirurgie bereits anwenden. Er widersetzt sich tapfer den bestehenden Verboten für Offiziere im Gesundheitsdienst, sich mindestens eine Meile von den Kampfschauplätzen fern zu halten, und rettet unzählige Verletzte. 

Er ist fest entschlossen, die schlechte Organisation des Gesundheitssystems zu verbessern und gründet 1793 in Mayence eine Einrichtung für die Fortbildung seiner Kollegen. Baron und Chirurg François Percy erbaut während seines Einsatzes in der Rheinarmee einfache Fuhrwerke für Verletzte. Diese kleinen Kastenwagen auf Rädern dienten nicht nur zum Transport von Verletzten, sondern auch als abnehmbare und faltbare Tragbahren.

Zurück in Paris beschäftigt sich Larrey dann mit seiner Vorstellung von so genannten fliegenden Lazaretten. Diese hängenden Kisten sollten gleichermaßen für den Transport von Verletzten dienen, wie auch deren Abtransport vom Schlachtfeld, um Operationen binnen 24 Stunden zu ermöglichen. Zuvor waren die Verletzten mehrere Tage auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, teilweise zwischen den Toten, und dann von den Bauern weggebracht worden. 

Im Jahr 1796 wird Larrey am kurz zuvor errichteten Ausbildungsspital von Val-de-Grâce zum Professor für Chirurgie ernannt. Als Mann der Tat nimmt er an verschiedenen Feldzügen der Revolution, des Konsulats und des Königreichs teil. Er gründet die Schule für Chirurgie in Caire.

Als leitender Chirurg der konsularischen Garde (1800), allgemeiner Arzt des Gesundheitsdienstes und als leitender Chirurg der Großen Armee, führt es Larrey quer durch Europa: Deutschland, Spanien, Österreich. Während der Schlacht um Eylau (8. Februar 1807) führt er in drei Tagen 800 Operationen durch. Napoléon I. erhebt ihn zum Dank in den Adelsstand und ernennt ihn zum Kommandant der Ehrenlegion. Nach Wagram (1809) wird er zum Baron ernannt.

Seine legendären Methoden bei Amputationen ist es zu verdanken, dass nahezu 75% aller Verletzten gerettet werden konnten und kein Wundstarrkrampf ausbrach. Sein Einsatz führte ihn an weitere Schlachtfelder, was ihm während des Rückzugs aus Russland (1812) den Spitznamen „Rettender Engel der Soldaten“ einbrachte. Der Kaiser nannte ihn den "tugendhaftesten Mann, den ich je kennengelernt habe" und vererbte ihm 100.000 Franken.

1813 wendet Dominique Larrey in Lutzen-Bautzen erstmals seine forensischen Kenntnisse an.

Er wird in Waterloo verletzt und gerät in Gefangenschaft, wird jedoch vom preußischen Offizier Blücher gerettet, der in ihm den früheren Retter seines Sohnes erkennt.

Nach seiner Befreiung wird im Zuge der Restauration gegen ihn ermittelt, doch er erhält 1815 die Bestätigung seines Titels als Baron. Er ist Gründungsmitglied der ersten Medizinakademie im Jahr 1820 und wird 1829 Mitglied des Instituts.

Dominique Larrey stirbt 1842 im Alter von 76 Jahren und nach Rückkehr von einer Inspektionsreise durch Algerien in Lyon.

Josephine Baker

1906 - 1975

Aktie :

Photo (C) Ministère de la Culture - Médiathèque du Patrimoine, Dist. RMN-Grand Palais / Studio Harcourt
< Joséphine Baker 1948.

Josephine Baker wurde auf Entscheidung des Staatspräsidenten am 30. November 2021 im Pantheon beigesetzt. Die gebürtige Amerikanerin, Entertainerin, Widerstandskämpferin und militante Antirassistin kämpfte an allen Fronten. Da sie den Einsatz der Frauen im Kampf des Freien Frankreich verkörpert, wurde sie von der Heimat geehrt.

Rufen Sie online auf der Website des Museums des Widerstands eine Ausstellung über die Persönlichkeit von Joséphine Baker ab

 

Sie wurde am 3. Juni 1906 als Tochter von Carrie McDonald und Eddie Carson geboren und wuchs in den Armenvierteln von Saint-Louis (Missouri) auf. Mit 13 Jahren verlässt sie das Elternhaus und wird Kellnerin. Sie fängt als Tänzerin in kleinen Truppen an, bevor sie zur Truppe The Jones Family Bound kommt, die von Washington bis Saint Louis auftritt. Mit 18 Jahren lässt sie sich in New York nieder, wo sie an mehreren Produktionen teilnimmt, darunter den Folies Bergères und der Revue Nègre.

1925 tritt ihre Truppe in Paris im Théâtre des Champs-Elysées auf. Die junge Künstlerin erobert das Publikum in Paris, wo der Jazz gerade aufkommt, im Sturm. Als Kabarett-Tänzerin interpretiert sie eine Darstellung namens „La danse sauvage“ (der wilde Tanz). Ein Jahr später leitet sie die Revuen in den Folies-Bergère. Dort tanzt sie mit ihrem berühmten Bananenröckchen und beginnt zu singen. 1930 interpretiert sie „J'ai deux amours“ im Casino de Paris, wo ihre Revue auf die von Mistinguett folgt. Sie sammelt Erfolge in Europa: sie wird zur Königin der Kolonialausstellung 1931 ernannt, sie spielt in „Zouzou“ mit Jean Gabin und in „Princess Tam Tam“, sie tritt im Casino de Paris in „Si j'étais blanche“ und 1934 in „Die Kreolin“, einer Operette von Offenbach, auf.

Im darauffolgenden Jahr kehrt Josephine Baker in die Vereinigten Staaten zurück und tritt vor einem sehr zwiespältigen Publikum auf. Wieder in Frankreich heiratet sie 1937 einen Franzosen und wird französische Staatsbürgerin.

Zu Kriegsausbruch kann sie noch an der Seite von Maurice Chevalier in den Folies-Bergère und im Casino de Paris auftreten. Josephine Baker ist ihrer Wahlheimat treu und engagiert sich in der Résistance. Dabei arbeitet sie im Grad des Unterleutnants der Luftwaffe, Korps der weiblichen Hilfskräfte, für den Geheimdienst des Freien Frankreich. Daniel Marouani schlägt Jacques Abtey, dem Leiter der militärischen Spionageabwehr in Paris, vor, sie zu engagieren. So sammelt Josephine Baker während des Sitzkriegs (September 1939 und Mai 1940) bei offiziellen Vertretern, die sie bei Abendveranstaltungen kennenlernt, Informationen über den Standort der deutschen Truppen. Zur selben Zeit tritt sie an der Maginot-Linie auf, um die Moral der Truppen zu heben. Ab dem Sommer 1940, in dem die Maginot-Linie überschritten wird, erhält sie jedoch infolge der rassistischen Gesetze der Vichy-Regierung Auftrittsverbot. Da sie in Begleitung von Abtey zu einer Tournee nach Portugal und Südamerika aufbrechen sollte, bringt sie Informationen nach Portugal, die mit unsichtbarer Tinte auf ihre Partituren geschrieben sind. Sie führt „Die Kreolin“ erneut auf, um mit Paillole in Marseille Kontakt aufnehmen zu können, bevor sie zu Abtey in Portugal stößt, das damals ein neutrales Land war. Anschließend geht sie nach Nordafrika. Bei der Abreise nach Marokko hilft sie Solmsen, einem deutschen Kinoproduzenten, und seinem Freund Fritz dabei, Frankreich zu verlassen.

Nachdem sie sich in Marrakesch niedergelassen hat, pflegt sie politische Beziehungen: zu Moulay Larbi el-Alaoui, Cousin des Sultans, und Si Mohammed Menebhi, sein Schwager, Sohn des ehemaligen Großwesirs, und Si Thami el-Glaoui, Pascha von Marrakech. Ab 1943 wird Josephine Baker zu einer echten Botschafterin des Freien Frankreich. Im Frühjahr unternimmt sie eine große Tournee im Maghreb, in Ägypten und im Maschrek. Dabei wird sie offiziell Unterleutnant der weiblichen Hilfstruppen der französischen Luftwaffe. Diese Widerstandstätigkeit Josephines wird 1949 durch das Werk „La Guerre secrète de Joséphine Baker“ von Jacques Abtey mit einem Brief von General de Gaulle bekannt.

Die offizielle Anerkennung erfolgt am 18. August 1961: General Valin verleiht ihr den Orden der Ehrenlegion sowie das Kriegskreuz mit Palmenzweig.

Nach ihrer Wiederheirat mit Jo Bouillon setzt sie sich für die Verteidigung der Bürgerrechte ein und unterstützt Kriegsopfer mit zahlreichen Benefiz-Galas. Ihre karitative Tätigkeit ist ihrer Karriere übergeordnet, von der sie sich 1949 zurückzieht. Sie kauft ein Schloss in Milandes im Périgord und beginnt Waisenkinder zu adoptieren.

Nachdem sie in finanzielle Schwierigkeiten gerät, beginnt sie mit Welttourneen in einem Umfeld, in dem das Kabarett nicht mehr so gut ankommt. Ihre Verbissenheit bringt sie 1975 mit einer Aufführung über ihre Karriere erneut auf die Bühne des Bobino. Der Erfolg ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn sie stirbt vier Tage nach der Premiere infolge einer Gehirnblutung.

 

Quellen: Abtey J., 2e Bureau contre Abwehr, Paris, La Table Ronde, 1966 - Abtey J., La Guerre secrète de Josephine Baker, Paris, Siboney, 1949
Bilé S., Noirs dans les camps nazis, Editions du Serpent à Plumes, 2005

 

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Jean-Marie de Lattre de Tassigny

1889-1952

Aktie :

Porträt von Marschall de Lattre de Tassigny. Quelle: www.lesfeuillants.com/Vivre/site_150eme/p7.htm

Jean-Marie de Lattre de Tassigny, geboren am 2. Februar 1889 in Mouilleron-en-Pareds in der Vendée, als Sohn einer alten Aristokratenfamilie von Französisch Flandern, erhält eine ausgezeichnete Erziehung im Collège Saint Joseph in Poitiers.

Militärische Karriere

Von 1898 bis 1904 bereitet er sich auf die Marineakademie und die Militärschule von Saint-Cyr vor, in die er 1908 aufgenommen wird. Er macht seine Ausbildung bei den 29. Dragonern in Provins. Von 1909 bis 1911 ist er Schüler von Saint-Cyr, im Jahrgang "Mauretanien", in dem er als Viertbester abschneidet. 1911 tritt er in die Kavallerieschule in Saumur ein. 1912 wird er den 12. Dragonern in Pont-à-Mousson zugeteilt und kommt dann an die Front. Während des Ersten Weltkriegs ist er Hauptmann im 93. Infanterieregiment und kehrt mit 4 Verwundungen und 8 ehrenden Erwähnungen aus dem Krieg zurück. Dann wird er von 1919 bis 1921 dem 49. Infanterieregiment in Bayonne zugeteilt. 1921 bis 1926 wird er in das 3. Büro und den Führungsstab der Region von Taza in Marokko versetzt. Von 1927 bis 1929 besucht er Kurse der Kriegsschule mit dem 49er Jahrgang. Er heiratet 1927 Simone de Lamazière und bekommt 1928 mit ihr einen Sohn. 1929 wird er Bataillonschef im 5. Infanterieregiment in Coulommiers.

1932 wird er in den Stab der Armee und dann in den Stab des Vizepräsidenten des Obersten Kriegsrates, General Maxime Weygand, versetzt und erhält den Titel eines Oberstleutnants. 1935 wird er Oberst und Kommandeur des 151. Infanterieregiments in Metz. Von 1937 bis 1938 besucht er Kurse an der Militärhochschule und wird 1938 Stabschef des Gouverneurs von Straßburg.

Zweiter Weltkrieg

Am 23. März 1939 wird er zum Brigadegeneral ernannt und ist am 2. September 1939 Stabschef der 5. Armee. Am 1. Januar 1940 übernimmt er das Kommando der 14. Infanteriedivision, die er während der Kämpfe mit der Wehrmacht in Rethel führt, bei denen seine Division heldenhaft standhält, bis zur Champagne und der Yonne, und ihren militärischen Zusammenhalt mitten im Chaos des Zusammenbruchs aufrecht erhält. Von Juli 1940 bis September 1941 ist er Stellvertreter des kommandierenden Generals der 13. Militärregion in Clermont-Ferrand und wird dann Divisionsgeneral und hat bis Ende 1941 die Führung der tunesischen Truppen. Danach kommandiert er die 16. Division in Montpellier und wird zum General eines Armeekorps' ernannt. Als die freie Zone von den deutschen Truppen überrannt wird, verweigert er den Befehl, nicht zu kämpfen und wird verhaftet. Er wird von dem Staatsgericht der Abteilung Lyon zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 3. September 1943 gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis von Riom, und er geht nach London und dann nach Algier, wo er am 20. Dezember 1943 eintrifft, nachdem er am 11. November 1943 von General de Gaulle zum Armeegeneral ernannt worden war. Im Dezember 1943 kommandiert er die Armee B, die zur ersten französischen Armee wird. Am 16. August 1944 landet er in der Provence, nimmt Toulon und Marseille ein, rückt über das Rhône- und das Rheintal nach Norden vor, befreit das Elsass und marschiert in Deutschland ein, bis zur Donau. Er war der Vertreter Frankreichs bei der Unterzeichnung des Waffenstillstands am 8. Mai 1945 in Berlin im Hauptquartier von Marschall Schukow.

Nach dem Krieg

Von Dezember 1945 bis März 1947 ist er Generalinspekteur und Chef des Generalstabs der Armee. Im März 1947 ist er Generalinspekteur der Armee, dann Generalinspekteur der Streitkräfte. Von Oktober 1948 bis Dezember 1950 ist er der Oberkommandierende der westeuropäischen Armeen in Fontainebleau. Er wird Hochkommissar und Oberkommandierender in Indochina und Oberkommandierender im Fernen Osten (1950-1952) und gründet eine nationale vietnamesische Armee. Erschöpft von der Überanstrengung, der er sich während seiner gesamten Karriere ausgesetzt hat und die seiner Verwundung von 1914 nicht gut bekommen ist, und tief getroffen von dem Tod seines Sohnes Bernard, der während des Indochinafeldzuges gefallen ist, erkrankt er an Krebs und stirbt am 11. Januar 1952 in Paris an den Folgen einer Operation. Bei seiner Beerdigung am 15. Januar 1952 wird er posthum zum Marschall von Frankreich ernannt. Er wird in seinem Geburtsort Mouilleron-en-Pareds beigesetzt.

Henry Frenay

1905-1988

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Henry Frenay. Foto Ordre national de la Libération

Henri Frenay wurde am 19. November 1905 in Lyon geboren. Sein Vater war Offizier, dessen beide Söhne ebenfalls. Henri Frenay gehört der Generation an, die den Sieg Frankreichs über Deutschland 1918 feierte und dies von Grund auf hassten. Er besuchte von 1924 bis 1926 die Militärakademie Saint-Cyr, diente von 1926 bis 1929 in Frankreich, wurde 1929 nach Syrien versetzt und kam 1933 wieder nach Frankreich zurück. 1935 machte Henri Frenay eine Bekanntschaft, die sein Leben prägen sollte: Die von Berty Albrecht, einer außergewöhnlichen Frau und großen Figur des Feminismus, die sich stark für die Menschenrechte einsetzte. Sie beteiligte sich an der Betreuung der ersten Flüchtlinge aus dem NS-Deutschland. Durch sie lernte Henri Frenay eine andere Welt und vor allem die wirkliche Bedrohung des Nationalsozialismus kennen, die mehr als eine pangermanistische Schwärmerei war. Wahrscheinlich beschloss er aus diesem Grund, nach dem Besuch der Kriegsakademie von 1937 bis 1938 nach Straßburg zu gehen und dort im gemanistischen Seminar die nationalsozialistische Doktrin und deren Anwendung in Deutschland eingehend zu studieren. Er begriff schnell, dass ein Krieg unvermeidlich sein würde und dass dies ein Zivilisationskrieg sein würde, der wenig mit dem 1. Weltkrieg gemein haben dürfte.

Tief enttäuscht darüber, dass sich die politischen Parteien mit internen Querelen abgaben, wendete sich Frenay fortan dem europäischen Themenbereich zu. In seinen Artikeln in Combat träumte Frenay von einem Europa, das mit sich und mit Deutschland Frieden geschlossen hat. Als Präsident der 1946 gegründeten Union Europäischer Föderalisten unternahm er alles in seiner Macht stehende, um die damaligen Regierungen davon abzubringen, hauptsächlich national zu denken, sondern vielmehr eine einheitliche Währung und eine gemeinsame europäische Wehrmacht zu schaffen. Nach der Rückkehr des Generals de Gaulle an die Macht 1958 begriff Frenay, dass sein Traum nicht verwirklicht werden würde. Er gab alle "staatsbürgerlichen" Tätigkeiten auf und widmete sich der Aufzeichnung seiner Erinnerungen als Widerstandskämpfer. Diese kamen in dem sehr schönen Buch "La Nuit" zum Ausdruck, das 1973 veröffentlicht wurde. Darin befasst er sich u.a. auch mit den Gründen für seine Rivalität mit Jean Moulin. Bis zu seinem Tod 1988 warf er Jean Moulin - eher aus persönlichen Gefühlen als auf der Suche nach der Wahrheit - vor, ein "crypto-communiste" zu sein, der de Gaulle und die Résistance verraten habe. Dies war eine zweifelhafte Anklage und ein Schritt zuviel, den ihm die öffentliche Meinung nicht verzeihte.

Gabrielle Petit

1893-1916

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Portrait von Gabrielle Petit. Quelle: www.ww1-propaganda-cards.com

Die von den Deutschen im Jahr 1916 wegen Spionage, Verteilung von Untergrundpresse und Teilnahme an der Exfiltration von Soldaten zum Tode verurteilte Gabrielle „Gaby“ Petit ist eine Symbolfigur des Widerstands der belgischen Frauen während des Ersten Weltkriegs. 

Gabrielle Aline Eugénie Marie Petit ist das Kind einer in bescheidenen Verhältnissen lebenden Familie aus Tournai. Im Alter von fünf Jahren kommt sie auf Grund des schlechten Gesundheitszustands ihrer Mutter, die bald darauf stirbt, in einem Kloster in Ath zur Pflege. Gabrielle und ihre Schwester Hélène werden im Orden der Dames du Sacré Coeur in Mons untergebracht, wo sie ihr Vater zurücklässt. Ein Cousin nimmt die beiden Mädchen auf und gibt sie in die Obhut der Schwestern des armen Kindes Jesus, wo ihnen eine angemessene intellektuelle und affektive Entwicklung zuteil wird. Im Alter von 17 Jahren muss Gabrielle auf dessen Forderung wieder bei ihrem Vater einziehen. Nach einigen Monaten nimmt das schwierige Zusammenleben ein Ende. Die jungen Frauen beschließen, nach Brüssel zu übersiedeln, wo Hélène für ihre Schwester eine Stelle als Haushälterin bei Madame Butin findet.

Als der Krieg erklärt wird, ist Gabrielle Petit 21 Jahre alt. Sie ist mit dem Berufssoldaten Maurice Gobert verlobt, den sie zwei Jahre zuvor kennengelernt hat. Dieser wird in Hofstade bei Lüttich verletzt. Von den Deutschen gefangen genommen gelingt es ihm, zu entkommen und Gaby nachzureisen, die ihrerseits an der Front in Molenbeeck-Saint-Jean für das Rote Kreuz tätig ist. Das Paar, abgeschnitten von den belgischen Truppen, muss sich verstecken und versucht, die holländische Grenze zu erreichen.

Zurück in Belgien tritt sie dem Geheimdienst bei. Sie absolviert im Juli 1945 eine Ausbildung in Großbritannien und entwickelt sich rasch zu einer anerkannten Spionin. Unter dem Decknamen Legrand arbeitet sie im Sektor zwischen Ypres und Maubeuge, hält sich unter mehreren falschen Identitäten zwischen den feindlichen Truppen auf, sammelt für die Alliierten Informationen über die Bewegungen der deutschen Truppen, strategisch wichtige Punkte, die Aufrüstung und den Zustand des Schienennetzes. Sie ist gleichzeitig damit beschäftigt, Untergrundpresse zu verteilen (La Libre Belgique), ein paralleles Netzwerk für die Postzustellung an die gefangenen Soldaten zu leiten und es Soldaten, die hinter der belgischen Frontlinie blockiert sind zu ermöglichen, die holländische Grenze zu überschreiten.

Jedoch verstärkt die deutsche Spionageabwehr im Herbst 1915 ihre Aktionen. Gegen Gabrielle Petit, die schon einige Monate zuvor verdächtigt wurde, werden Überwachungsmaßnahmen eingeleitet. Sie entkommt zunächst ihren Verfolgern in den Gassen von Molenbeek. Anschließend wird sie in Hasselt festgenommen und kann erneut aus dem Gasthaus, in dem sie festgehalten wird, entfliehen. Im Dezember zieht sich die Schlinge um ihren Hals immer enger zusammen. Mit Hilfe eines holländischen Verräters fangen die deutschen Streitkräfte die Briefe ihres Netzwerks ab, tauschen sie aus und liefern sie über einen Monat lang an die Kommandantur aus. Gaby ist misstrauisch geworden und hinterlässt keinerlei Spuren, die auf die Mitglieder ihres Netzwerks hindeuten.

Am 20. Januar wird sie von dem Polizisten Goldschmidt verhaftet und fünf Tage lang in der Kommandantur in Isolationshaft gehalten. Weder ihr Verhör, noch die Hausdurchsuchung, bei der ihre Wohnung völlig verwüstet wird, liefern die geringsten Beweise. Am 2. Februar wird die Gefangene ins Gefängnis von Saint-Gilles (Brüssel) überführt. Dort hält sie den rüden Verhören und Haftbedingungen stand, entlastet die Familie ihrer Vermieterin Madame Collet und entwickelt ein Versorgungs- und Kommunikationssystem für die Inhaftierten. Sie weigert sich im Austausch gegen eine vorteilhafte Behandlung durch die Richter ihre Kameraden zu verraten.

Am 3. März 1916 wird Gabrielle Petit zum Tode verurteilt. Ab dem 8. März stellt ihre Schwester ein Begnadigungsgesuch, welches von Herrn Marin, dem Direktor des Gefängnisses von Saint-Gilles verfasst wurde und von der Apostolischen Nuntiatur sowie von der spanischen Gesandtschaft unterstützt wird an die Kommandantur, welche allerdings unerbittlich bleibt. Das Urteil wird am 1. April auf dem Tir National in Schaarbeek vollstreckt. Ihr Leichnam wird vor Ort begraben. Sie ist weniger bekannt als Louise Brettignies oder Edith Cavell, und so ignoriert die Öffentlichkeit ihre Hinrichtung bis ins Jahr 1919, wo ihr dann bei einer Zeremonie im Beisein der Königin Elisabeth, des Kardinals Mercier und des Premierministers Delacroix die ihr gebührenden Ehren erwiesen werden. Am 27. Mai wird ihr Leichnam exhumiert und zwei Tage lang in der Halle der Pas-Perdus im Rathaus aufgebahrt, bevor er auf dem Friedhof der Stadt Schaarbeek bestattet wird. 

Ihr sind eine Statue in Brüssel und ein Platz in Tournai gewidmet.

 

Edgar Faure

1908-1988

Aktie :

Portrait von Edgar Faure. Quelle: www.edgarfaure.fr

Edgar Faure wurde am 18. August 1908 als Sohn eines Militärarztes in Béziers geboren und verbrachte aufgrund dessen Tätigkeit seine Jugend in verschiedenen Orten in Frankreich. Er besuchte die Mittelschulen in Verdun und Narbonne, die Gymnasien Janson in Sailly und Voltaire in Paris und bestand bereits mit 15 Jahren das Abitur. Sein aufgeweckter Geist interessierte sich für praktisch alles. Er studierte Jura und Russisch an der "Ecole des langues orientales", wurde 1929 Rechtsanwalt in Paris und war damit der jüngste Rechtsanwalt Frankreichs. Sein Interesse an der Politik brachte ihn eine Zeit lang mit der "Action française" zusammen, bevor er sich der radikal-sozialistischen Bewegung anschloss. In derselben Zeit schrieb und veröffentlichte er mehrere Kriminalromane unter dem Pseudonym "Edgar Sanday". 1931 heiratete er Lucie Meyer, die mit Raymond Aron die Zeitschrift "La Nef" gründete.

1942 befürchtete er seinen Ausschluss durch das Regime von Vichy und schloss sich Louis Joxe und Pierre Mendès-France in Algier an, wo er die juristische Abteilung des Vorstands des "Comité français de libération nationale" leitete und danach (Juni-Juli 1944) stellvertretender Generalsekretär der provisorischen Regierung in Algier wurde. Bei seiner Rückkehr nach Paris arbeitete er mit Pierre Mendès-France im Wirtschaftsministerium zusammen. Nach dessen Rücktritt übernahm Edgar Faure als Ersatz für Paul Coste-Floret die Funktion des stellvertretenden Delegierten des öffentlichen Ministeriums beim internationalen Militärgericht im Rahmen des Nürnberger Prozesses 1945. Im Oktober 1945 engagierte sich Edgar Faure verstärkyt in seiner politischen Karriere: Er war radikal-sozialistischer Abgeordneter des Departements Jura (1946 -1958), Abgeordneter des Departements Doubs (1967 -1980) und Senator für den Doubs von 1981 bis zu seinem Tod im Jahr 1988, Präsident der Nationalversammlung (1973 -1978), Präsident des Regionalrats der Region Franche-Comté (1974 -1981) und von 1982 bis 1988, Präsident des Generalrats des Departements Jura (1949 - 1967), Bürgermeister von Port-Lesney (Dep. Jura) von 1947 bis 1970 und von 1983 bis 1988, Bürgermeister von Pontarlier von 1971 bis 1977 und Senator des Departements Jura (1959 -1966), Präsident des Ausschusses für wirtschaftliche Entwicklung (Comité d'expansion économique) des Departements Franche-Comté und des Gebiets von Belfort (1951), danach des Ausschusses für wirtschaftliche Entwicklung der Region Franche-Comté (1964 - 1973). Neben seinen Tätigkeiten als Parlamentarier, Schriftsteller und Lehrkörper an der juristischen Fakultät der Universität Dijon übernahm Edgar Faure auch zahlreiche ministerielle Posten: Er war mehrfach Ratspräsident (1952, 1955 - 1956), Finanzminister (1949 - 1951, 1953, 1958), Justizminister (1951), Auslandsminister (1955), Landwirtschaftsminister (1966 - 1968), Bildungsminister (1968 - 1969) und Sozialminister (1972 - 1973). Weiterhin war er Abgeordneter in der Versammlung der Europäischen Gemeinschaft von 1979 bis 1984.

Seine Tätigkeiten in der Regierung lassen sich auf drei Punkte zusammenfassen: Wirtschaftsreform und Sanierung der öffentlichen Ausgaben, Aufbau der europäischen Einheit und Verstärkung der diplomatischen Stellung Frankreichs sowie die französische Kolonialpolitik in Nordafrika. Auf finanzpolitischem Gebiet war Edgar Faure der Urheber des Vorschlags eines Regierungsbeschlusses, nach dem die "Banque de France" die Möglichkeit haben sollte, Vorschüsse auf Anleihen zu gewähren (15. Januar 1948), sowie der Sanierung der öffentlichen Ausgaben durch Anlehnung des Staatshaushalts 1950 an den Sanierungsplan Mayer. In seiner ersten Legislaturperiode 1952 bildete er eine Regierung, die von der Presse als "Ali Baba und die 40 Räuber" qualifiziert wurde, unter der die verstaatlichten Unternehmen reformiert wurden, ließ er am 28. Februar 1952 über die beweglichen Lohn- und Gehaltsstufen abstimmen, bevor er am nächsten Tag von seinem Amt zurücktrat, weil den Nationalversammlung eine Erhöhung der Steuern ablehnte. Als Finanz- und Wirtschaftsminister in der Laniel-Regierung schlug er am 4. Februar 1954 einen Expansionsplan von achtzehn Monaten vor. In seiner zweiten Legislaturperiode wurden ihm im März 1955 wirtschaftliche Sondervollmachten erteilt, womit er die Möglichkeit hatte, sich gegen die sozialen Einwände der Poujadisten durchzusetzen.

Auf internationalem Gebiet setzte sich Edgar Faure 1952 für eine europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) ein und konnte seine Stellung in der Regierung trotz der Feindseligkeit der Nationalversammlung aufgrund seiner Vorstellungen von Frankreich und Europa bewahren. 1954 schloss er das Kapitel des Kriegs in Indochina ab, während er das Projekt einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft aufgab. In Messina setzte er sich für die Bildung einer europäischen Atomgemeinschaft (EAG, Euratom) und einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ein. In der Zeit des Kalten Kriegs und einer unabhängigen Außenpolitik Frankreichs setzte er sich für die diplomatischen Beziehungen mit der UdSSR und China ein. Er beschäftigte sich in der Zeit, in der er Regierungschef war, auch mit der Nordafrikafrage, bei der die Zwiefältigkeit und Widersprüchlichkeit seiner Person deutlich wurden. Um die Lage in Tunesien 1952 zu beruhigen, verstärkte er die militärische Präsenz Frankreichs im Land, sprach dabei jedoch gleichzeitig von "interner Autonomie", und beauftragte danach den damaligen Staatsminister François Mitterrand damit, einen reformplan vorzulegen, dem gegenüber die Kolonialisten jedoch feindlich eingestellt waren. 1955 löste Edgar Faure den Konflikt in Nordafrika teilweise durch die Schaffung der französisch-tunesischen Verträge im Mai, nach denen Tunesien eine interne Autonomie erhielt und Habib Bourguiba befreit wurde. In demselben Geist bildete er in Marokko nach der Konferenz von Aix-les-Bains einen Thronrat unter dem im November 1955 aus dem Exil zurückkehrenden Mohammed V. Andererseits kam es auch in seiner Legislaturperiode zur Verstärkung des Konflikts in Algerien und dessen Ausartung zum Bürgerkrieg. Die Massaker von Constantine am 21. August 1955 verstärkten die Gegensätze zwischen den Bevölkerungsschichten noch erheblich. Als Reaktion darauf schickte Edgar Faure weitere Truppen nach Algerien und erklärte den Notstand. Der Staatsmann wurde auch aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeiten geschätzt und am 8. Juni 1978 in die Französische Akademie gewählt, wo er den Platz von André François-Poncet übernahm und am 25. Januar 1979 vom Herzog von Castries eingeweiht wurde. Insbesondere als Vertreter der republikanischen Kultur und Tradition wurde er so in den Kreis der "Unsterblichen" aufgenommen. Unter seinen Werken sind zu nennen: Pascal, le procès des Provinciales (Pascal, der Prozess der Provinzlerinnen, 1931), Le Serpent et la Tortue (Die Schlange und die Schildkröte, 1957), La politique française du pétrole (Die französische Erdölpolitik, 1961), La disgrâce de Turgot (Die Disgrazierung von Turgot, 1961), Pour un nouveau contrat social (Für einen neuen Gesellschaftsvertrag, 1973), La banqueroute de Law (Der Bankrott von Law, 1977), Mémoires (Memoiren, 1983-1984). Mit einem starken Sinn für Geschichte legte er nach dem von der Versammlung der Provisorischen Regierung verabschiedeten Gesetz Nr. 46-936 vom 7. Mai 1946einen Gesetzesentwurf vor (20. April 1948), nach dem der 8. Mai als Feiertag in Erinnerung an den 8. Mai 1945 festgelegt werden sollte, um dem Wunsch der Verbände der Deportierten und Kriegsveteranen nach einer Feier des Kriegsendes zu entsprechen. Als Bildungsminister nach den Ereignissen im Mai 1968 reagierte er auf die Forderungen der Studenten mit einem Gesetz zur Orientierung der höheren Bildung, dem sog. "Faure-Gesetz". Der Text, der im Staatsanzeiger vom 13. November 1968 veröffentlicht wurde, beinhaltet eine stärkere Beteiligung des Staats an den Universitäten.

Emile Bourdelle

1861 - 1929

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Bourdelle beim Modellieren. Quelle: Bourdelle-Museum

 

Emile Antoine Bourdelle kommt am 30. Oktober 1861 in Montauban als Sohn des Schreiners Antoine Bourdelle, der ihn bereits im Alter von 13 Jahren in die Arbeit mit unterschiedlichen Materialien einweist, und einer Mutter zur Welt, die ihm die wesentlichen Werte eines einfachen, ländlichen Lebens nahe bringt. Die von ihm geschaffene Statue eines Fauns über einem Kleiderschrank zieht die Aufmerksamkeit zweier örtlicher Persönlichkeiten, nämlich Hyppolite Lacaze und Emile Pouvillon, auf sich, die ihn dazu anhalten, die örtliche Zeichenschule, damals unter der Leitung von Achille Bouis, zu besuchen. Im Jahr 1876 erhält Bourdelle ein Stipendium für die Universität der Schönen Künste von Toulouse. Er nutzt die Einsamkeit seiner Studienjahre zur Schaffung seiner ersten Meisterwerke: die drei Kinderköpfe, das Portrait Achille Bouis' oder das von Emile Pouvillon. Im Jahr 1884 begibt er sich nach Paris und tritt in das Atelier von Falguière an der Ecole des Beaux-Arts ein. 1884 lässt er sich in einem bescheidenen Atelier in der Impasse du Maine nieder. Im Jahr 1885 reicht der junge Bildhauer auf dem 'Salon des Artistes Français' sein Werk 'Der erste Sieg Hannibals' ein, das eine besondere Würdigung erhält. In einem Zustand der Erschöpfung wird der Bildhauer in das Krankenhaus eingewiesen. Nach einer Rekonvaleszenzzeit in Montauban wendet sich Bourdelle überzeugt von der Nichtigkeit der Lehre und der ihn auszeichnenden Preise von der Schule der schönen Künste ab und verlässt diese schließlich im Jahr 1886 ganz. In diesem Jahr schafft der 'Die Agonie der Liebe'.

1888 erscheint zum ersten Mal das später im Werk des Künstlers immer wieder vorkommende Motiv des Portraits Beethovens. Im Jahr 1891 stellt der Bildhauer zum ersten Mal im Salon de la Société Nationale des Beaux-Arts aus. Bourdelle findet neue Meister, die für ihn bald schon eher zu Begleitern werden. Er frequentiert das Atelier von Dalou, impasse du Maine, und beginnt im Jahr 1893 eine Zusammenarbeit mit Rodin in der Werkstatt von Falguière. Im Jahr 1897 bestellt ihm die Stadt Montauban das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen aus dem Jahre 1870. Gemeinsam mit Rodin gründet er im Jahr 1900 das Institut Rodin, eine private Bildhauerschule. Gleichzeitig schafft er neben einer Reihe weiterer Bestellungen 'Les Nuées' die das Pariser Wachsfigurenkabinett 'Musée Grevin' zieren sollen. Werke wie Der Haushalt der Bourdelles, der Orkan oder Herr und Frau Bourdelle bei einem Gewitter zeugen von seinem sehr bewegten Eheleben. Félicien Champsaur, Marie Bermond, Jean Moréas, Elie Faure, oder auch Jules Dalou bilden den Kreis seiner intimen Freunde. Das Jahr 1902 macht den Künstler mit der Eröffnung des Kriegerdenkmals von Montauban in der breiten Öffentlichkeit bekannt; im Jahr 1905 findet die erste persönliche Ausstellung von Bourdelle in der Galerie des Gießers Hébrard statt. Im gleichen Jahr stellt er einen Pallas aus Marmor in der nationalen Gesellschaft für Schöne Künste (Société Nationale des Beaux-Arts) aus. Seine zahlreichen Auslandsaufenthalte zeugen vom Interesse, das der Künstler außerhalb der Grenzen seines eigenen Landes weckt: im Jahr 1907 ist er in Berlin und Genf und im Jahr 1908 in Polen als Mitglied einer Jury zur Errichtung eines Denkmals zu Ehren Chopins.

Jetzt beginnt die Reifeperiode des Künstlers und somit trennen sich seine Wege endgültig von denen Rodins. Im Jahr 1909 beginnt er zu unterrichten und gibt Kurse an der Académie de la Grande Chaumière. Zu seinen Schülern zählen beispielsweise Giacometti und Germaine Richier. Diese Jahre sind auch die künstlerisch fruchtbarsten des Meisters. In dieser Zeit schafft er in nur einer Nacht die Entwürfe für die Fassade des Theaters an den Champs-Elysées, arbeitete zur gleichen Zeit am Sterbenen Zentaurus, an der Statue von Carpeaux, an der Gedenkstätte für Auguste Quercy. Im Jahr 1910 schließlich schafft Bourdelle sein Meisterwerk, den Bogenschützen Herkules, der in der Société Nationale des Beaux Arts gemeinsam mit der Büste Rodins ausgestellt ist. Ein Jahr später präsentiert Bourdelle das Gipsmodell von Penelope und beendet das Modell des Denkmals für Mickiewicz. Im Jahr 1913 schließt er das Projekt des Theaters an den Champs-Elysées ab. Mit diesen Flachreliefs und bemalten Friesen zu Themen aus der Mythologie materialisiert Bourdelle sein Ideal der Baukunst, bei dem das Dekor den Gesetzen der Architektur unterworfen ist. Seine Untersuchungen an monumentalen Werken setzen sich mit der Bestellung des Denkmals von Alvear, des für ihn bislang bedeutendsten Auftrags, und dann im Jahr 1919 mit dem Denkmal von Montceau-les-Mines und der Jungfrau mit der Opfergabe für den Hügel von Niederbrück fort. Bis zum Ende seines Lebens entwirft Bourdelle noch zahlreiche weitere Denkmäler, die er jedoch nicht mehr fertig stellen kann (Denkmal für Daumier, für Marschall Foch...).

 

Das Jahr 1914 wird von seinem Erfolg auf der Biennale von Venedig und von der Vorstellung des Sterbenden Zentaurus bei der Société Nationale des Beaux-Arts geprägt. Sein Erfolg wird mittlerweile schon bald unbestritten anerkannt: im Jahr 1919 wird der Bildhauer zum Offizier der Ehrenlegion ernannt. Um Bourdelle reihen sich weitere Persönlichkeiten: André Suarès, Anatole France, Krishnamurti, Henri Bergson.

Neben seinen Ausstellungen an der Société Nationale des Beaux-Arts gründet Bourdelle im Jahr 1920 gemeinsam mit Besnard und Perret den Salon des Tuileries. Die Geburt der Aphrodite stellt er im Salon des Tuileries und schließlich im Jahr 1925 auf der internationalen Ausstellung der Schönen Künste (Sapho, Masque de Bourdelle), in Japan und in den USA aus. Die Bronzestatue des Sterbenden Zentaurus wird im Salon des Tuileries dem Publikum präsentiert. Die letzten Lebensjahre Bourdelle sind von seinen Polychromie-Experimenten geprägt. So realisiert er im Jahr 1926 mit der Königin von Saba und dem Jungen Mädchen von la Roche-Posay seine ersten Versuche polychromer Skulpturen. Während Frankreich im Salon des Tuileries präsentiert wird, wird das Denkmal für Alvear in Buenos Aires eingeweiht. Ein Jahr vor seinem Tode feiert Bourdelle seinen Triumph: eine erste Bourdelle-Retrospektive wird anlässlich der Einweihung des Brüsseler Palais des Beaux-Arts präsentiert (141 Skulpturen und 78 Gemälde und Zeichnungen); am 28. April 1929 schließlich wird am Place de l'Alma das Denkmal für Mickiewicz eingeweiht. Am 1. Oktober stirbt Bourdelle in Vésinet bei seinem Freund dem Gießer Rudier.

Das Talent Emile Bourdelles trug zur Verewigung zahlreicher Gedenkstätten bei: - in Montauban schafft der Künstler das Monument der Soldaten und Verteidiger der Region Tarn-et-Garonne 1870-1871 und schließlich das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die im Krieg 1914-1918 gefallenen Soldaten; - Sieg des Rechts in der französischen Nationalversammlung; - Der Bogenschütze Herkules im Temple du Sport von Toulouse ; - das Denkmal an der Pointe de Grave zur Erinnerung an den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im Jahr 1917; - Das Kriegerdenkmal der Offiziersschule von Saint-Cyr (Coëtquidan), eine ursprünglich im Jahr 1935 in Alger errichtete Statue; - Die Form für die Errichtung der Gedenkstätte an die Forces françaises libres; - die schreienden Gesichter der Gedenkstätte von Capoulet-Junac (Ariège) ; - Die Säule von Trôo (Eure-et-Loir) ; - das Denkmal von Montceau-les-Mines (Saône-et-Loire), dessen eine Seite den Titel "die Rückkehr des Soldaten" trägt.

Jean Jaurès

1859 - 1914

Aktie :

Portrait von Jean Jaurès. Quelle: Portrait von Jean Jaurès

Der einer bürgerlichen Provinzfamilie entstammende Jean Jaurès schließt im Jahr 1878 als bester seines Jahrgangs die Ecole Normale Supérieure in der Rue d'Ulm und im Jahr 1881 als Drittbester die Lehrzulassung für Philosophie ab. Er unterrichtete zunächst in Albi, dann im Jahr 1882 in Toulouse, wo er die Funktion des Kolloquiumsvorsitzenden im literarischen Lehrstuhl der Universität übernimmt. Im Jahr 1885 wird er in Castres zum Abgeordneten der Republikaner gewählt. Bei seiner Niederlage bei den gleichen Wahlen vier Jahre später präsentiert er sich auf der Gemeindeliste der Stadt Toulouse und zwar dieses Mal auf der Seite der Sozialisten.

Opportunismus

Jaurès war nicht immer Sozialist und noch weniger Marxist gewesen. Als sich die Republik nach einem rund zehnjährigen Machtkampf bezüglich des tatsächlich einzuführenden Regimes (im Jahr 1870 bricht das Second Empire zusammen, die Republik wird ausgerufen, doch die untereinander gespaltenen Monarchisten halten immer noch die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer) endgültig durchsetzt ist Jaurès erst zwanzig Jahre alt. Das politische Engagement von Jaurès geht auf das Jahr 1885 zurück, und mit 25 wird er Abgeordneter des Tarn. Er sieht Jules Ferry als seinen geistigen Vater und sitzt unter den republikanischen 'Opportunisten', die gemäßigte soziale Ideale vertreten. Zu dieser Zeit hält er die Radikalen Clemenceaus für zu unruhig und die Sozialisten für gewalttätig und letztendlich gefährlich für die sich im Aufbau befindliche republikanische Ordnung.

Dennoch ist ihm das Schicksal der Arbeiterklasse nicht gleichgültig und er stellt seine zum Mythos gewordene Redegewandtheit in den Dienst der ersten Sozialgesetze des Regimes (Gewerkschaftsfreiheit, Schutz der Delegierten, Schaffung von Arbeiterpensionskassen, usw.). Als Sohn der Revolution des Jahres 1789 glaubt er an institutionelle und republikanische Reformen, an die Allianz der Arbeiterschaft und des arbeitenden Bürgertums für den Sieg des Ideals von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Im Jahr 1889 gewinnen die Republikaner die Legislativwahlen, er jedoch wird in seinem Wahlbezirk von Carmaux (Tarn) geschlagen. Baron Reille und der Marquis de Solages (beide Abgeordnete von Castres-Mazamet und Carmaux), Eigentümer der Minen von Carmaux, haben sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Druckmitteln dafür eingesetzt, diesen Republikaner zu schlagen, der die staatliche Kontrolle von Unternehmen vertritt. Jaurès arbeitet als Professor in Toulouse, legt zwei Doktorarbeiten ab und stellt sich dann als Kandidat für die Gemeindewahlen (1890).

Der große Streik von Carmaux

Jaurès steht abseits vom politischen Leben des Landes als im Jahr 1892 der große Streik der Minen von Carmaux ausbricht. Calvignac, der gewählte Bürgermeister, Gewerkschafter und Sozialist, sowie Minenarbeiter wird vom Marquis de Solages entlassen, weil er seinen Arbeitsplatz mehrmals verlässt, um seine Verpflichtungen als Gemeindevertreter zu erfüllen. Die Arbeiter treten in Streik, um den Bürgermeister, auf den sie stolz sind, zu verteidigen. Die Republik sendet die Armee mit 1500 Soldaten im Namen der "Freiheit der Arbeit" aus. Die Republik scheint sich somit auf die Seite der monarchistischen Arbeitgeberschaft zu schlagen und sich der rechtmäßigen Verteidigung des universellen Wahlrechts des Volkes von Carmaux entgegen zu stellen. Frankreich steht gleichzeitig mitten im Panamaskandal. Jaurès erträgt diese Republik, deren wahres Gesicht aus kapitalistischen Abgeordneten und Ministern zu bestehen scheint, für die die Finanzen und die Industrie über der Einhaltung des republikanischen Rechts stehen. Er engagiert sich an der Seite der Bergarbeiter von Carmaux. Hier erfährt er, was Klassenkampf und Sozialismus bedeutet. Aus dem bürgerlichen, von sozialen republikanischen Idealen geprägten Intellektuellen ist nach Beendigung des Streiks von Carmaux ein Apostel des Sozialismus geworden. Unter dem Druck von Jaurès spricht sich die Regierung im Konflikt zwischen Solages und Calvignac zugunsten von Calvignac aus. Solages tritt von seinem Posten als Abgeordneter zurück. Jaurès scheint für die Arbeiter des Gebiets der ideale Abgeordnete in der Kammer. Er wird trotz der Gegenstimmen der Landbevölkerung des Bezirks, die von Eigentumsteilung nichts wissen wollen, gewählt. Von nun an engagiert sich Jaurès in der unaufhörlichen und entschiedenen Verteidigung der im Kampf befindlichen Arbeiter. Er gründet in Albi die berühmte Arbeiterglaserei. Im Weinbaugebiet Languedoc besucht er die "freien Weinbauern von Maraussan", die die erste Genossenschaftskellerei eröffnen.

Die Dreyfus-Affäre

Jaurès setzte sich auch für die Unschuld von Alfred Dreyfus ein. Er stellt sich in diesem Falle den orthodoxen Marxisten mit ihrem Anführer Jules Guesde entgegen, für die Dreyfus ein bürgerlicher Offizier und somit in jedem Falle schuldig ist. Für Jaurès sind das Unglück und die Ungerechtigkeiten, denen Dreyfus zum Opfer fällt wichtiger als die Klassenunterschiede. Dreyfus ist kein Privilegierter oder Ausbeuter mehr. Er ist ein zu Unrecht leidender Mann. Im Jahr 1904 gründet er die Zeitung L'Humanité und ist im Jahr 1905 einer der wichtigsten Akteure der SFIO-Stiftung, unter der die verschiedenen sozialistischen Parteien Frankreichs zusammengefasst wurden.

Pazifismum

Seine pazifistischen Stellungnahmen kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs machten ihn unter den Nationalisten sehr unpopulär. Jaurès wurde deshalb im Café du Croissant, in der Pariser rue Montmartre drei Tage vor Kriegsausbruch ermordet. Dieser Mord erreichte noch dazu sein Ziel, denn er erleichterte die Einbeziehung der Linken, einschließlich einer großen Zahl von noch zögernden Sozialisten in die 'Heilige Union'. Bei Beendigung des ersten Weltkrieges und angesichts der hierdurch entstandenen enormen menschlichen Verluste benannten zahlreiche französische Gemeinden Straßen und Plätze nach seinem Namen und erinnerten auf diese Weise an einen der glühendstenen Gegner dieses Konflikts. Auch eine Pariser Metro-Station trägt seinen Namen. Das Jaurès genannte Lied von Jacques Brel aus dem Jahr 1977 erinnert daran, wie sehr dieser Politiker zu einer mythischen Figur des Klassenkampfes geworden war. Die sozialistische Partei Frankreich beschloss, ihm mit ihrer politischen Stiftung, der Jean-Jaurès-Stiftung, Ehre zu erweisen. Sein Mörder, Raoul Villain, wird nach fünfzig Monaten Untersuchungshaft am 29. März 1919 frei gesprochen.

 

Einige Zitate
"Mut bedeutet, die Wahrheit zu suchen und zu sagen, und nicht dem Triumph der Lüge zu erliegen und in dumme Ovationen und fanatische Hohnrufe einzustimmen." (1903)
"Ich habe nie einen Unterschied gemacht zwischen Republik und den Idealen von sozialer Gerechtigkeit, ohne die erstere nur ein Wort ist." (1887)
"Ein wenig Internationalismus führt von der Heimat weg; viel davon führt zu ihr zurück." [list] "Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke das Gewitter."