Schon 1925 hatte Hitler in seinem Buch Mein Kampf geschrieben: "Im Kriegsfall werden Wörter zu Waffen." Fünfzehn Jahre später war der deutsche Rundfunk eine berüchtigte Waffe geworden, “so wirksam wie die Panzer auf den Schlachtfeldern", laut Propagandaminister Joseph Goebbels. Der Meinungskrieg hatte begonnen, und in diesem Spiel würde die BBC einen Sieg über die Herzen und die Gedanken davontragen und zur Speerspitze des zivilen Widerstands werden, was nie zuvor geschehen war.
Unveröffentlichte Briefe, die in Archiv-Kartons in England gefunden wurden, zeugen von dieser einzigartigen Beziehung zwischen Radio London und seinen Hörern und übermitteln uns den Zustand der öffentlichen Meinung der unter deutscher Herrschaft stehenden Franzosen. "Liebe englische Freunde, danke für den Trost, den eure Sendungen den nach Freiheit lechzenden Franzosen spenden, die nicht nach Hitlers Pfeife tanzen wollen, jenen, die, trotz der ohnmächtigen Wut gegen die schlechten Hirten, im Herzen die unzerstörbare Hoffnung eines Aufstands bewahren" (eine Hörerin aus Beziers, am 20. Juni 1940).

Pierre Bourdan, eine der berühmten Stimmen der Sendung „Les Français parlent aux Français“ bei der BBC.
© Rue des archives / Tallandier
TABELLE DER RUNDFUNKDIENSTE
Im September 1939 zählt man in Frankreich 6,5 Millionen Radiogeräte, verglichen mit 9 Millionen in England und 13,7 Millionen in Deutschland, wo die Führungskräfte ein präzises Ziel verfolgen: den Feind durch moralische Vergiftung und psychologische Lähmung auszulöschen. Seit der Machtergreifung Hitlers unterwirft die Nazifizierung der Medien den Bürgern des Reichs einer täglichen Propaganda durch die Sendungen der Reichsrundfunk Gesellschaft und verbietet ihnen das Hören von “feindlichen“ Radiostationen unter Androhung schwerer Sanktionen.
Das Genie der Radiowellen, Joseph Goebbels, ist am Werk. Er entwickelt den internationalen deutschen Radiodienst und schafft schwarze Radiostationen, die sich an den Rest der Welt richten. So stellt die Voi de la paix (Stimme des Friedens) unter dem Deckmantel einer pazifistischen und revolutionären rechtsextremen Opposition einen Untergrund-Radiosender dar, der im Dezember 1939 gegründet wird, und im Januar 1940 vervollständigt Radio Humanité, das sich an die französischen Arbeiter richtet, die Propagandamittel mit schwerwiegenden Denunzierungen gegen den so genannten "imperialistischen und kapitalistischen" Krieg.

Jacques Duchesne, Leiter des Teams der Radiosendung „Les Français parlent aux Français“ bei der BBC, ca. 1942.
© Rue des archives / PVDE
Angesichts dieser Mittel weigert sich die französische Regierung, den Rundfunk als Kriegswaffe einzusetzen. Ihrer Meinung nach muss sich der Rundfunk im Krieg darauf beschränken, auf gesteuerte und zensierte Weise, Informationen zu verbreiten, jedoch ohne massive Propaganda. Ein schwerer Fehler! Der staatliche Rundfunk entfernt sich sehr rasch von seinem Publikum, das von dieser entmündigenden Zensur und dem zu elitären Ton irritiert ist. Ab nun wenden sich die französischen Hörer der BBC, der schweizerischen Station Radio Sottens, und, was gefährlicher ist, den schwarzen deutschen Sendern zu, deren berühmtestes Aushängeschild in Bezug auf Desinformation und Propaganda der berüchtigte Sender Radio Stuttgart war.
DIE BBC TRITT IN DEN KRIEG EIN
In Frankreich hat ein Mann die Macht des Rundfunks und der Worte auf dem Schlachtfeld erkannt, ein praktisch unbekannter Offizier, der zum ersten Mal am 21. Mai 1940 in Savigny-sur-Ardres in Champagne-Ardenne interviewt wurde. Am Mikrofon des Journalisten Alex Surchamp äußerte Oberst Charles de Gaulle, Kommandant der 4. Panzerdivision, dass er den Defätismus verweigere und sagt vorher, dass der Sieg durch mechanische Kraft erreicht werden würde. Am 18. Juni ruft er aus einem Studio der BBC in London zum Widerstand auf. Der Krieg der Radiowellen hat begonnen.

In einem Studio der BBC in London (von links nach rechts) Jacques Duchesne, Jean-Jacques Mayoux, André Gillois, Maurice Schumann, Jean Oberlé und Geneviève Brissot.
© Rue des archives / PVDE
Gegenüber Radio Paris, völlig unter der Herrschaft der Deutschen, das eine Mischung aus Propaganda, scharfer Kritik, Unterhaltung und Musik sendet und Radio Vichy, dem Sender von Marschall Petain, welcher zunächst einen moderaten Ton anschlägt, um bald viel feindlicher den Alliierten gegenüber zu werden und zur Kollaboration aufruft, stellt die BBC eines der wichtigsten Instrumente in dieser Schlacht um die Radiofrequenzen dar.
Im Juni 1940, mit sechs täglichen Nachrichtenbulletins steckten die französischen Nachrichtendienste von Radio London noch in den Kinderschuhen. Aber die Niederlage der französischen Truppen und die Kontrolle der Deutschen über die nationalen Medien beschleunigen den Wandel des britischen Angebots. Am 19. Juni kommt eine neue Sendung, Ici la France, hinzu, die von 20.30 Uhr bis 2.45 Uhr ausgestrahlt wird, zunächst mit dem Journalisten Jean Masson, dann ab dem 24. Juni mit Pierre Bourdan, dessen richtiger Name Pierre Maillaud ist, Journalist der Agentur Havas in London, welcher eine Zeit lang die Sendung von 20.30 Uhr bis 21 Uhr übernimmt.
Aber die Engländer möchten den französischen Hörern eine Art Treffpunkt bieten, kreativ, ohne offensichtliche Propaganda, mit dem Willen zu informieren, die Moral aufrecht zu erhalten, die Wahrheit zu sagen und wieder Hoffnung zu geben. Am 7. Juli wird der Regisseur Michel Saint-Denis, alias Jacques Duchesne, ernannt, um ein vollständig französisches Team für seine Programme und nationalen Hoffnungen zusammenzustellen. Er umgibt sich mit Männern und Frauen verschiedenster Horizonte, insbesondere Pierre Bourdan, der für die Kommentare zu den Nachrichten zuständig ist, Yves Morvan, alias Jean Marin, der am 2. September zur französisch-englischen Information einberufen und ab Juni 1940 bei der BBC tätig war, Jean Oberlé, ehemaliger Korrespondent der Tageszeitung Le Journal, Pierre Lefèvre, der Jüngste des Teams, der Poet und Filmemacher Jacques Borel (Brunius im Radio), der Zeichner und Antiquar Maurice Van Moppès, den Duchesne zum Sänger macht und, nicht zu vergessen, die schöne Geneviève Brissot. Ende 1943 vervollständigt Pierre Dac das Team. Unter demselben Titel, Ici la France, beginnt das Team am 14. Juli 1940 mit seinen Sendungen und ändert den Namen am 6. September auf "Les Français parlent aux Français". Indem sie die Besatzung und die verheerenden Folgen der Kollaboration mit dem Feind anprangert, stellt die Sendung ein Fenster zur freien Welt und eine Atempause dar, in der man in dieser schwierigen Zeit Hoffnung schöpfen kann.
Ab dem 18. Juli verfügt das Freie Frankreich von 20.25 Uhr bis 20.30 Uhr unter dem Titel Honneur et Patrie über fünf Minuten Sendezeit, präsentiert von Maurice Schumann, dem Sprecher von General de Gaulle. Ab dem 9. Dezember wird die Sendung in den Mittagsnachrichten wiederholt. De Gaulle ist sich der Kraft dieses modernen Mittels bewusst und weiß, dass die BBC es ihm ermöglichen wird, den Kontakt zu den Franzosen aufrecht zu erhalten und den Geist des Widerstandes zu verbreiten.
Auch wenn er nur zu besonderen Anlässen auf Sendung geht – 67 Mal in fünf Jahren - ist es seine Stimme, auf die die Franzosen warten. Sie sind der Überzeugung: “Die BBC, das ist de Gaulle!“ Ein offensichtliches Missverständnis, da alle Sendungen einer gezielten Zensur durch die Briten unterworfen sind, einschließlich jener des Generals, der unermüdlich die Reichweite von Radio Brazzaville ausbaut, um seine Redefreiheit wiederzuerlangen.
Angetrieben von einem Ideal, der Vernichtung des Nationalsozialismus und der Wiedererlangung der Freiheit in Europa, beginnt das französische Programm der BBC jeden Abend um 20.15 Uhr (21.15 Uhr im Winter) mit der Ausstrahlung von auf Englisch verfassten und ins Französische übersetzten Nachrichten, gefolgt um 20.25 Uhr von den fünf Minuten des Freien Frankreichs, dann übernimmt von 20.30 Uhr bis 21 Uhr "Les Français parlent aux Français" die Antenne mit Kommentaren zu den Nachrichten, Sketchen, Szenen, Slogans, Liedern und Refrains, die die Franzosen als Erkennungszeichen sogar nachsingen. "Radio Paris lügt, Radio Paris ist deutsch! " wird zu einem erfolgreichen Refrain, der im September 1940 von Jean Oberlé kreiert wird, dessen Team sich durch seine Kreativität auszeichnet. So zum Beispiel setzt die “Diskussion der drei Freunde“ drei Personen mit verschiedenen Ansichten in Szene, die sich über aktuelle Themen unterhalten. Und “La petite Académie“, die oft am Sonntag ausgestrahlt wird, versetzt den Zuhörer in die Académie française wo Jacques Borel in der Rolle des Präsidenten, Jacques Duchesne in der des Archivars und Jean Oberlé als Reporter die Ausdrücke des Wörterbuchs im Lichte der Besatzung neu definieren: “Freiheit = zurzeit gestrichenes Wort“ oder auch “Ration = Reste der Besatzer“. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei, auch für die Kinder, denen jeden Donnerstag eine Sendung gewidmet ist, in der Babar und andere bei Kindern beliebte Figuren den Zielen der Alliierten dienen.
Aber das Faszinierendste für die Hörer von Radio London bleiben die mysteriösen Sätze, die sich in die Sendungen für persönliche Nachrichten schummeln, ab dem 28. Juni 1940, und die zunächst den aus Frankreich Entkommenen vorbehalten waren, die ihren Angehörigen auf kryptische Weise ihre sichere Ankunft mitteilen wollten. Aufgrund einer Idee von Oberst Buckmaster, Chef der französischen Sektion des Büros für Spezialoperation SOE, halten codierte Nachrichten Einzug in die Sendungen der BBC. “Lisette geht es gut“, “Der Mond ist voller grüner Elefanten“, “Der Hund des Nachbarn jault“ usw. Unzählige faszinierende Formulierungen, die als Mittel zur Kommunikation mit den Widerstandsbewegungen dienen, um Agenten zu identifizieren, Sabotageakte, Materiallieferungen, Verhaftungen, kommende Gefahren oder andere Widerstandsoperationen anzukündigen.

Franchot „der General Mikro“, Lithografie. Propagandaplakat, das General de Gaulle auf Grund seiner Rundfunkmacht verspottet, 18. November 1941
© Musée Carnavalet / Roger-Viollet
DIE ANTWORT DER DEUTSCHEN
Der Erfolg des Programms lässt nicht lange auf sich warten: Zeugnis dafür sind die Reaktionen der deutschen Karikaturisten, die de Gaulle als “General Mikro“ und jene von Radio Paris, das seine Londoner Gegner der Sendung Les Français parlent aux Français mit der von Georges Oltramare präsentierten Sendung Au rythme du temps kopieren. Eine Nachahmung, die für die BBC einen ersten Sieg darstellt! Aber auch eine Reaktion der Deutschen, die Halbwahrheiten nach sich ziehen wird...
Die Deutschen antworten durch das Stören der “feindlichen“ Frequenzen und des Verbots, alliierte Radiosender zu hören. Wer in flagranti erwischt wird, kommt im besten Fall mit einer Geldstrafe und der Beschlagnahme des Radiogerätes davon, im schlimmsten Falle folgt eine Gefängnisstrafe und Verurteilung zur Zwangsarbeit.
Ab nun beginnt der Krieg der Techniker auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Auf deutscher Seite geht es darum, die Wirksamkeit der Störsender zu verbessern, bei den Alliierten darum, neue Wellenlängen zu entwickeln, die Reichweite der Sender zu verstärken und die Lärmstörung zu überwinden. Für London gilt es auch, möglichst rasch informiert zu sein, um besser reagieren zu können und der öffentlichen Meinung eine andere Richtung zu geben. Im März 1942, Dank der Einrichtung eines Abhörzentrums, das in der Lage ist, die Sendungen des Feindes zu empfangen, stehen den Journalisten der BBC täglich drei Informationsbulletins zur Verfügung, ein hervorragendes Mittel, um zeitnah reagieren zu können. Das beste Beispiel dieser Informationsschlacht ist sicherlich die Rundfunkansprache von Pierre Laval zu Gunsten der “Ablöse“ am 22. Juni 1942 im staatlichen Rundfunk, in der er “den Sieg Deutschlands wünscht“, und die beißende Antwort von Maurice Schumann am selben Abend: "Nein zur Erpressung französischer Arbeiter!" Ein Sieg für Radio London in diesem Krieg der Worte, wo Radio Paris ohne Unterlass die Kollaboration mit Deutschland im Hinblick auf die Errichtung eines neuen Europas befürwortet und nicht davor zurückschreckt, verleumderische Äußerungen gegen Juden, Engländer, Franzosen, die sich in London aufhalten und Freimaurer zu verbreiten.

Schüler, die eine Ansprache des Marschalls Pétain im staatlichen Rundfunk anhören, Oktober 1941.
© Lapi / Roger-Viollet
Dazu kommt, dass die Rückkehr an die Macht von Pierre Laval, am 17. April 1942, Hand in Hand mit der Ausrichtung des französischen Rundfunks gemäß den Themen von Radio France geht. Sendungen wie “Die Judenfrage“ (La question juive), “Die Miliz spricht zu Ihnen“ (La milice vous parle), oder “Die Legion der Freiwilligen gegen den Bolschewismus (La Légion des volontaires français contre le bolchevisme) auf Radio Vichy verbreiten die gleichen Ansichten wie “La LVF vous parle“ oder die Sendung "Les juifs contre la France", welche vom deutschen Rundfunk ausgestrahlt werden.
In dieser dämonischen Atmosphäre engagiert sich London in einem ständigen Kampf gegen die Stimmen der Pariser Radiofrequenzen, wie jene von Georges Oltramare, Schweizer Nazi-Schriftsteller und Sprecher der Radiorubrik “Ein Neutraler spricht zu Ihnen (Un neutre vous parle)“, Doktor Friedrich, Kopf der Sendung “Ein deutscher Journalist spricht zu Ihnen (Un journaliste allemand vous parle)“, aber vor allem Jean-Hérold Paquis auf Radio
Paris seit 1942 und Philippe Henriot, zukünftiger Staatssekretär für Information, Autor einer erfolgreichen, zweimal täglich gesendeten Chronik auf Radio Vichy, die ab 1943 in der nördlichen Zone von Radio Paris ausgestrahlt wird. Die Rhetorik dieses Mannes mit kollaborationistischem Anstrich, seine harschen Formulierungen, seine scharfe Denunzierung der “Märchen der Tollwütigen der BBC“, der mörderischen Bombardierungen der Alliierten, der Judenviertel, der Terroristen der Partisanengruppen und der “blutrünstigen Kommunisten“ beunruhigen zu Recht die Männer in London, die zunächst Maurice Schumann und dann Jean Oberlé damit beauftragen, ihm zu antworten. Schließlich findet der gefährliche Henriot in Pierre Dac seinen brillantesten Widersacher, bis zum 28. Juni 1944, dem Tag, an dem er von einer Gruppe von Widerstandskämpfern in seiner Wohnung in Paris umgebracht wird.

Die Redaktion der französischen Nachrichten bei der BBC.
© Rue des archives
DAS RADIO, SPEERSPITZE DES ZIVILEN WIDERSTANDS
Ja, sagt uns was wir tun können. Auf den Mauern ist es erledigt. Die Flugblätter sind erledigt. Aber das reicht nicht, wir müssen die Verräter vernichten“ (Brief aus der besetzten Zone, Mai 1941). Als Radio der Freiheit, der Wahrheit und der Hoffnung, mit der Ambition, die französische Bevölkerung, die nur über kontrollierte Medien verfügt, zu informieren, Vertrauen einzustellen und die Leute aus ihrer Apathie zu reißen, will die BBC zunächst einen Widerstand der Meinung hervorrufen. Aber aus einem Krieg der Worte wird schließlich ein Krieg der Aktion. Aufrufe, Parolen, die somit dem Kriegsgeschehen folgen…und dem Instinkt eines Mannes, General de Gaulle, der überzeugt ist, dass ein Herd des zivilen Widerstandes in der französischen Bevölkerung besteht, der bereit ist, auf die Straßen Frankreichs zu gehen, um offen die Ablehnung der Situation auszudrücken.
Er ist der Erste, der die Initiative ergreift, und ruft am 1. Januar 1941 die Franzosen auf, die Straßen zu evakuieren, von 14 Uhr bis 15 Uhr in der nicht besetzten Zone und von 15 Uhr bis 16 Uhr in der besetzten Zone. Es folgen weitere Aufrufe, wie die berühmte Kampagne der V, die im März 1941 organisiert wird, Aufrufe zu Demonstrationen am 11. Mai 1941, am 1. Mai, 14. Juli, 11. November, nicht zu vergessen die sporadischen Aufrufe gegen die Gewalt des Besatzers, wie das landesweite Strammstehen am 31. Oktober 1941, im Gedenken an die Geiseln, die kurz zuvor in Frankreich erschossen worden waren. Abgesehen vom Hörensagen konnte die BBC auf die Sender der Widerstandsbewegungen zählen, Radio Brazzaville, Radio Moskau ab Sommer 1941, die Stimme Amerikas oder Radio Alger ab dem Frühjahr 1943. Und die Franzosen waren voll und ganz dabei.
Regelmäßig marschieren zu festgelegten Daten und Uhrzeiten Männer, Frauen und Kinder auf den Plätzen ihrer Städte und Dörfer, manche tragen die verbotenen Landesfarben, andere das V, das für Sieg steht, zum Klang der Marseillaise und in einer Atmosphäre der Gemeinschaft. So versammeln sich am 14. Juli 1941 allein in der Hauptstadt rund 26.000 Menschen am Triumphbogen. Am gleichen Tag, im Jahr 1942, sind es 150.000 Personen in Lyon, 100.000 in Marseille, 30.000 in Toulouse…, ein landesweiter Aufschrei mit Demonstrationen in 71 französischen Städten.
Radio London ist zu einem bedeutenden Vektor des zivilen Widerstands geworden, ein Anführer der Massen, der hofft, wenn die Zeit gekommen ist, sein Potential an Hilfsmitteln im Hinblick auf die Befreiung zu koordinieren! Aber vor diesem letzten Moment gilt es noch, gegen die Verzweiflung anzukämpfen, von der die Franzosen ab 1943 unerbittlich erfasst werden.
DAS RADIO ALS HERAUSFORDERUNG
Außer ein Machtinstrument war das Radio auch eine Herausforderung für die Alliierten. So erhielten zum Anlass der anglo-amerikanischen Landung in Nordafrika in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1942, General de Gaulle und seine Männer, die von der Vorbereitung der Operation Torch ausgeschlossen waren, ein Sendeverbot von der BBC. Zuvor, im Oktober 1942, wiederum ohne das Wissen des Generals, hatten die Engländer einen geheimen Posten namens “Radio Patrie“ in England gestartet. Dieser geheime Radiosender, der von den Männern des kämpfenden Frankreichs ausgemacht wurde, nahm es sich zum Ziel, den internen französischen Widerstand zu kontrollieren. Nach einigen bewegten Diskussionen entstand daraus im Juni 1943 eine neue Station, “Honneur et Patrie, poste de la résistance française“, die von Franzosen und Briten gemeinsam geführt wurde. Bis zum 2. Mai 1944 war der talentierte André Gillois dort tätig, bevor die Station mit den französischen Programmen der BBC fusionierte, kurz vor der Landung am 6. Juni. Zuvor, am 27. Mai 1943, verließ der General London, um sich nach Algier zu begeben, mit einer Hörfunkausrüstung, die sich nunmehr auf Radio Brazzaville und Radio Alger stützte, zwei Programme, die von den Männern des kämpfenden Frankreichs geleitet wurden.
DIE TSF, EIN WERTVOLLES GUT
Im Übergang von einem Krieg der Worte zu einem Krieg der Aktion zählten die Alliierten auf das Radio, um die Franzosen zu leiten, die sie in Hilfstruppen der alliierten Truppen am D-Day zu verwandeln hofften, und um die Bewegungen des Widerstands zu kontrollieren. Das Radiogerät TSF war also ein wertvoller Gegenstand, den es zu beschützen galt und der sich zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt verkaufte…, bis zu 7.000 Francs für ein gebrauchtes Modell, wobei der Stundenlohn eines Facharbeiters in Paris 10 Francs betrug.
Besorgt durch die repressive Politik der Besatzer starten die Briten regelmäßig Kampagnen, um die Bedeutung der TSF zu unterstreichen, sie fordern die Hörer auf, Gruppen zu bilden, um die Geräte zu schonen, Geräte anzuschaffen, die mit Batterien oder Akkus funktionieren, Geräte, die mit Galenit funktionieren zu beschaffen und Verstecke vorzusehen, falls es zu massiven Konfiszierungen in Frankreich kommen sollte.
Als das Ende näher rückte, kam es zu Beschlagnahmungen, die bedeutendste im März 1944 in den Regionen Orne, Calvados, Manche, Eure, Nord und Seine Inférieure, mögliche Schauplätze einer alliierten Landung. Aber diese lokalisierten Aktionen konnten das Radio nicht daran hindern, ab dem 6. Juni 1944 seine Führerrolle in den Befreiungsaktionen des nationalen Territoriums zu spielen, bevor die Bevölkerung im Laufe des Sommers wieder zur Normalität zurückfand.
Am 18. August stellte Radio Paris seine Sendungen ein. Am 20. August, um 22.30 Uhr, war die Marseillaise zu hören, gefolgt von dieser Ankündigung: "Hier ist der Rundfunk der französischen Nation". Am 26. August wurde auch Radio Vichy eingestellt. Der Wiederaufbau des Rundfunks war im Gange. Eine neue Ära kündigte sich an, und die BBC nahm nach und nach die Rolle eines Mythos an; aber das unsichtbare Band zwischen der “großen Dame von London“ und den Franzosen wurde nie durchtrennt, was Briefe beweisen, die noch immer in London eintrafen: "Werte Herren, Ihnen gebührt die unendliche Anerkennung der französischen Patrioten. Als Alles um uns herum zusammenbrach, boten uns Ihre täglichen Sendungen einen Kontakt zur Außenwelt, Sie waren für uns der Leuchtturm, der es den Seefahrern ermöglicht, Riffen auszuweichen und der die Einfahrt in den Hafen anzeigt. Sie waren der Führer, der unterstützt und tröstet".
