Newsletter

Charlotte Delbo

1913-1985

Aktie :

Portrait von Charlotte Delbo. Quelle: Foto aus Privatsammlung

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Augen vor Hunger leuchten und der Durst sie verblassen lässt

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie es ist, seine Mutter sterben zu sehen und keine Tränen zu haben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie sehr man am Morgen sterben möchte, und am Abend nur noch Angst hat

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, dass ein Tag länger dauert als ein Jahr und eine Minute länger als ein ganzes Leben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Beine keinen Schmerz mehr empfinden, die Augen und Nerven immer schwerer werden und unsere Herzen schwerer sind als Stahl

Wisst ihr, dass die Pflastersteine nicht weinen, dass es keine Worte gibt für dieses Grauen, keine Worte für diese Angst

Wisst ihr, dass das Leiden und der Horror keine Grenzen kennen

Wisst ihr das

Ihr, die ihr alles wisst


 

Charlotte Delbo, aus Keiner von uns wird zurückkehren, Verlag Gonthier, 1965

Charlotte Delbo wird am 10. August 1913 in Vigneux-sur-Seine, in Seine-et-Oise, als Tochter von Charles Delbo, Maschinenbauer, und Erménie Morero geboren. Sie ist die älteste von vier Kindern.

Nach abgeschlossenem Abitur studiert sie Philosophie an der Sorbonne und schließt sich den jungen Kommunisten an. Dort lernt sie Georges Dudach kennen, den sie dann am 17. März 1936 heiratet. 1937 unterbricht sie ihr Studium und wird 1939 die Sekretärin des Comedian und Regisseurs Louis Jouvet. Im Mai 1941 begleitet sie die Truppe von Jouvet auf deren Tournee durch Südamerika. Ihr Ehemann bleibt in Frankreich und schließt sich dem kommunistischen Widerstand an.

Im September 1941 erfährt Charlotte in Buenos-Aires von der Hinrichtung ihres Freundes Jacques Woog, verurteilt wegen „kommunistischer Propaganda“. Voller Wut und bereit für den Widerstand, kehrt sie nach Frankreich zurück. In Paris tritt das Ehepaar dem Widerstand bei. Charlotte schreibt die Mitteilungen von Radio London und Radio Moskau mit und arbeitet für die von Jacques Decour gegründete französische Zeitschrift Les Lettres.


 

Am 2. März 1942 werden Charlotte und ihr Mann von fünf französischen Polizisten des Sonderkommandos verhaftet. Sie wird ins Gefängnis von Santé gebracht, wo sie am 23. Mai von der Hinrichtung Georges am Mont Valérien erfährt. Am 17. August wird sie in die Festung von Romainville verlegt, wo sie auf zahlreiche andere Frauen trifft, insbesondere Kommunistinnen. Eine Woche später wird sie nach Fresnes verlegt.


Sie ist eine von 230 Frauen, die Compiègne am 24. Januar 1943 in Richtung Auschwitz verlassen. Als diese Frauen am 27. Januar in Auschwitz ankommen, singen sie die Marseillaise. Die zunächst dem Block 14 der Frauen von Birkenau zugewiesenen Frauen, werden dann isoliert von den anderen zu schweren Arbeiten gezwungen, insbesondere in den Sümpfen. Viele von ihnen starben an Typhus. Am 3. August waren nur noch 57 von ihnen am Leben. Auch sie kommen unter Quarantäne. Am 7. Januar 1944 wird Charlotte Delbo mit sieben anderen Deportierten ins Lager Ravensbrück verlegt. Sie kommt nach Furstenberg, ein Arbeitskommando des Hauptlagers.


Die meisten der Überlebenden des Konvois wurden im Sommer 1944 nach Ravensbrück deportiert. Dank des Roten Kreuzes gelang es ihr mit anderen Frauen, das Lager am 23. April 1945 in Richtung Schweden zu verlassen und im Juni 1945 nach Frankreich zurückzukehren. Von den 230 Frauen des Transports vom 24. Januar 1943 haben 49 überlebt.

Nachdem sie in der Schweiz Fuß gefasst hatte, verfasste sie mit dem Buch „Keiner von uns wird zurückkehren“ ihr erstes literarisches Werk über die Deportation und die Transporte von Frankreich in Richtung Auschwitz. Das Buch wird erst im Jahr 1965 vom Gonthier Verlag veröffentlicht.


 

Nach Kriegsende arbeitet sie bei der UNO und dann im Französischen Zentrum für Wissenschaft. Sie stirbt im März 1985. Zuvor hatte sie zahlreiche Werke verfasst: Berichte über ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern und den Transport am 24. Januar (1965), Une connaissance inutile (1970), Mesure de nos jours (1971, Minuit-Verlag) und Qui rapportera ses paroles (1974, Verlag P.J. Oswald).


 

Georges Dudach:
Zum Zum Gedächtnis der erschossenen Männer von Mont-Valérien 1939−1945

Name: Dudach. Familienname. Vornamen: Georges Paul. Geburtsdatum 18.09.1914. Geburtsort: Saint Maur des Fossés. Département des Geburtsorts: Seine. Geburtsland: Frankreich. Beruf: Journalist. Wohnort: Paris 16. Département Wohnort: Seine. Land des Wohnsitzes: Frankreich. Ort der Inhaftierung. Anklage: Geiselnahme. Prozessdatum. Ort der Hinrichtung: Mont Valérien. Datum der Hinrichtung: 23.05.1942.

 

Alain-Fournier

1886-1914

Aktie :

Portrait von Henri-Alban Fournier

 

"Wie sollten wir diesen schrecklichen Weg finden, auf dem sie vor uns geflohen ist, über die Wenden zu Tod hinweg, diese Seele, die nie ganz eins mit uns war, die uns zwischen den Fingern entwich wie ein träumerischer und verwegener Schatten" ? "Ich bin vielleicht nicht vollkommen reell."

Als Alain-Fournier auf diese vertrauliche Anmerkung von Benjamin Constant stieß, wurde er davon tief bewegt. Sofort bezog er diesen Satz auf sich selbst und empfahl uns feierlich - ich erinnere mich noch genau daran - ihn nie zu vergessen, wenn wir in seiner Abwesenheit etwas über ihn erklären müssten." Ich sehe genau, was in seinen Gedanken war: "Bei allem, was ich tue, fehlt etwas, um es ernsthaft, offensichtlich, unbestreitbar zu machen. Aber auch der Bereich, in dem ich mich bewege, ist nicht ganz dieselbe wie der eure. Er ermöglicht es mir vielleicht, dahin zu gelange, wo ihr einen Abgrund seht : Für mich besteht vielleicht nicht dieselbe Zusammenhangslosigkeit wie für Euch zwischen dieser Welt und der anderen."

Auszug aus dem Vorwort von Jacques Rivière zum posthumen Werk "Miracles" (1924), einer Sammlung verschiedener Gedichte und Prosatexte von Alain-Fournier.

Henri-Alban Fournier wurde am 3. Oktober 1886 in La Chapelle-d'Angillon im Departement Cher geboren. Sein Vater wurde 1891 zum Volksschullehrer in Epineuil-le-Fleuriel ernannt, in der Henri ebenfalls bis 1898 Schüler war, bis er in die 6. Klasse des Gymnasium Voltaire in Paris kam. 1901 besuchte er das Gymnasium in Brest und hatte zunächst die Absicht, in die Marineschule einzutreten, gab diesen Plan jedoch sehr bald auf und kam Ende 1902 ins Gymnasium von Bourges, wo er 6 Monate später das Abitur ablegte.

Im Herbst 1903 trug er sich im Gymnasium Lakanal in Sceaux zur Vorbereitung auf den Wettbewerb für die Aufnahme in die École Normale Supérieure ein. Dort lernte er Jacques Rivière kennen, der sein bester Freund (ihre Korrespondenz - eine der schönsten der französischen Literatur - wurde zwischen 1926 und 1928 veröffentlicht), und etwas später sein Schwager wurde, als er 1909 seine jüngere Schwester Isabelle Fournier heiratete. 1906 misslang Fournier sein Projekt, in die Ecole Normale Supérieure aufgenommen und Lehrer zu werden. Er versuchte es zum zweiten Mal mit einer Vorbereitung auf den Wettbewerb im Gymnasium Louis Le Grand, aber auch hier misslang es ihm, in die Ecole Normale Supérieure aufgenommen zu werden.

In dieser Zeit erlebte Alain Fournier ein Ereignis, dass ausschlaggebend für sein späteres seelisches und literarisches Leben: Am 1. Juni 1905 kreuzte er beim Verlassen des Grand Palais ein junges Mädchen, das sehr schön war. Er folgte ihm in einiger Entfernung bis zu seinem Haus am Boulevard Saint Germain. Am 11. Juni begab er sich erneut dorthin und sprach sie beim Verlassen des Hauses mit einem leisen "Sie sind schön" an. Yvonne de Quiévrecourt antwortete nicht, sondern ging in die Kirche von Saint-Germain des Près. Nach der Messe hatten die beiden jungen Leute jedoch ein langes Gespräch, an dessen Ende Yvonne ihm mitteilte, dass sie verlobt und damit ihr Schicksal bereits festgelegt sei. Yvonne de Quiévrecourt wurde Yvonne de Galais in dem Roman "Der große Meaulnes" (oder auch "Der große Kamerad") und heiratete 1907.
Im Jahr darauf wurde Henri-Alban Fournier zum Wehrdienst eingezogen. Er besuchte dabei zuerst die Offizierschule in Laval und wurde anschließend als Leutnant dem 88. Infanterieregiment in Mirande im Departement Gers zugewiesen. Immer noch von der Gestalt von Yvonne besessen, verfasste er dort seine ersten Gedichte und Essais, d.h. seine ersten literarischen Werke, die nach seinem Tod von seinem Freund Jacques Rivière unter dem Titel "Miracles" veröffentlicht wurden (1924). Nach dem Wehrdienst fand Henri-Alban Fournier im April 1910 Arbeit als Journalist bei der Zeitung "Paris-Journal" für die er regelmäßig einen "courrier littéraire" schrieb. In dieser Zeit hatte er auch eine Beziehung mit Jeanne Bruneau, einer Modistin in der Rue Chanoinesse, die er bereits in Bourges kennengelernt hatte. Diese Beziehung, die bis April 1912 dauerte, inspirierte ihn wahrscheinlich für die Rolle von Valentine in dem Roman "Der große Meaulnes".

In diesem Zeitraum begann er in seiner Wohnung in der Rue Cassini mit der Aufzeichnung seines autobiografischen Romans "Le Grand Meaulnes". 1912 verließ er die Redaktion der Zeitung und trat - mit der Unterstützung durch Charles Péguy - in den Dienst von Claude Casimir-Perier, dem Sohn des ehemaligen französischen Staatspräsidenten. Dort unterhielt der junge Mann eine recht ungetüme Beziehung zur Gattin des Politikers, der Schauspielerin Pauline Benda, die in den Künstlerkreisen der Hauptstadt besser unter ihrem Pseudonym "Madame Simone" bekannt war.

Im Februar 1913 erhielt Henri-Alban Fournier zum letzten Mal eine Zusammenkunft mit seiner Jugendromanze Yvonne de Quiévrecourt (inzwischen Madame Vaugrigneuse), die inzwischen Mutter von zwei Kindern war. Zwischen Juli und November 1913 begann die Nouvelle Revue française mit der Veröffentlichung seines Romans "Le Grand Meaulnes", den er Anfang desselben Jahres beendet hatte. Das Werk wurde anschließend als Buch (1913) bei dem Verleger Émile-Paul herausgegeben, wobei der Autor bei derselben Gelegenheit den Namen Alain-Fournier annahm. "Le Grand Meaulnes" wurde in diesem jahr auch für den Literaturpreis "Prix Goncourt" vorgeschlagen und wurde nur knapp von dem Buch "Le Peuple de la Mer" von Marc Elder geschlagen. Anfang des Jahres 1914 machte sich Alain-Fournier an ein Theaterstück, "La Maison dans la forêt" (Das Haus im Wald) und einen neuen Roman, "Colombe Blanchet". Beide Werke sind unvollendet geblieben. Denn der Autor wurde nach der Kriegserklärung im August 1914 eingezogen. Er kam als Leutnant der Infanterie mit seinem 288. Infanterieregiment an die Front. Nach einigen Wochen Kämpfen wurde Alain Forunier am 22. September südlich von Verdun im Gebiet der Maas getötet. Wie zwanzig andere seiner Waffengefährden galt er als vermisst, bis sein Körper 1991 in einem Sammelgrab entdeckt wurde, das von den deutschen Soldanten gegraben worden war. 1992 wurden die Gebeine der 21 Infanteristen des 288. RI - darunter die des Schriftstellers Alain-Fournier im Wald von Saint-Rémy exhumiert und gesammelt. Henri-Alban Fournier ruht nun im Soldatenfriedhof von Saint-Remy-la-Calonne im Departement Meuse.

 

"Ich erhalte alle Deine Briefe, meine liebe kleine Isabelle. Manche erhielt ich sogar mitten im Gefecht. Ich bin bei bester Gesundheit und hoffe, demnächst näher bei Jacques zu sein. Ich bin jetzt dem Stab der Kavallerie zugewiesen. Ich habe viel Zuversicht für den Ausgang des Kriegs. Betet zu Gott für uns. Und habt Ihr ebenfalls Vertrauen. Ich umarme Dich und Deine Jacqueline recht stark und herzlich Dein Bruder Henri"

Hubert Lyautey

1854-1934

Aktie :

Portrait des Marschalls Lyautey, photo collection DMPA

 

Im Dezember 1977 wird er Oberleutnant und wird dem 20. Regiment der Jäger zu Pferd in Rambouillet zugewiesen, dann auf seine Anfrage nach Châteaudun versetzt. Im 2. Husarenregiment der Kavallerie bewandert, stößt er im August 1880 in Sézanne auf sein Regiment, welches sich zwei Monate später nach Algerien einschifft. Zunächst in Orléansville, dann in Alger begeistert er sich für die arabische Bevölkerung, lernt die Sprache und macht sich mit den Kolonialangelegenheiten, der französischen Verwaltung und Politik in Algerien vertraut. Er bevorzugt die Selbständigkeit oder das Schutzgebiet vor einer vollständigen Angleichung und der direkten Verwaltung durch Frankreich. Die Maßnahmen Frankreichs können nur unter Achtung der Bevölkerungen und Kulturen, auf welche das Land trifft und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Eliten ausgeführt werden.

Nach einigen Monaten in Teniet-el-Haad, einem fortgeschrittenen Posten in Südalgerien, wird Kapitän Lyautey 1882 dem 4. Regiment der Jäger in Bruyères, Vogesen, zugewiesen. Im Oktober des darauf folgenden Jahres wird er Adjutant des General L'Hotte, Generalinspektor der Kavallerie, dem er bei seinen Einsätzen nach Commercy und anschließend nach Tours folgt. Am 19. November 1887 übernimmt er das Kommando über das 1. Geschwader des 4. Regiments der berittenen Jäger von Saint-German-en-Laye. In dieser Funktion bemüht er sich, die Lebensbedingungen seiner Männer auf materiellem und kulturellem Niveau zu verbessern, zudem ihre Ausbildung, indem er die seine reformistischen Prinzipien hinsichtlich der sozialen Aufgabe eines Offiziers anwendet. Er erhält die Gelegenheit, seine neuen Theorien in einem Artikel mit großem Widerhall niederzuschreiben, welcher den Titel "Über die Rolle des Offiziers im universellen Militärdienst" trägt und am 15. März 1891 in La Revue des Deux Mondes veröffentlicht wird.

Kommandant Lyautey wird dem 12. Husarenregiment in Gray und 1893 dem Generalstab der 7. Kavalleriedivision in Meaux zugeteilt; 1894 wird er nach Indochina gesandt. Stabschef des Oberst Gallieni und Kommandant des Militärgebiets an der Grenze Chinas (Gebiet von Lang Son) nimmt er an den Expeditionen des oberen Tonkin gegen chinesische Piraten teil, die die Gegend plündern. An den Seiten Gallienis und überzeugt von dem Gedanken, dass er den Bevölkerungen die Stärke der französischen Armee zeigen muss, um sich dieser nciht bedienen zu müssen, nimmt er die nötigen Maßnahmen zur Aufwertung der Region vor: Wiederaufbau der Dörfer, Einrichtung der Verbindungsstraßen, Wiederaufnahme und Entwicklung der Kulturen und des Handels. Zunächst Souschef, dann Generalstab des Besatzungskorps wird er dann Leiter der Militärkanzlei von Armand Rousseau und Generalgouverneur von Indochina. Er vertieft sein Wissen bezüglich der politischen, verwaltungstechnischen und finanziellen Fragen Indochinas und verfolgt seine Maßnahmen auf dem gesamten Gebiet. Im März 1897 trifft er wieder auf Gallieni, der einige Monate zuvor zum Generalgouverneur von Madagaskar ernannt wurde. Dieser beauftragt ihn mit der Befriedung des Nordosten und Westens der Insel und schließlich mit der Organisation des Südens. Die Besetzung der Gebiete wird von weitläufigen Ausbauarbeiten begleitet, die den Wirtschafts- und Handelssektor des Landes eröffnen sollen.

1900 wird er zum Oberst befördert und kehrt 1902 nach Frankreich zurück, um das Kommando über das 14. Husarenregiment in Alençon zu übernehmen, bevor er 1903 von Charles Jonnart, Generalgouverneur von Algerien, nach Süd-Oranais abberufen wird. Als Brigadegeneral übernimmt er im Oktober das Kommando der Unterdivision von Ain Sefra und Ende des Jahres 1906 das der Division von Oran. 1907 wird er zum Divisionär ernannt und wird im folgenden Jahr Oberkommissar der Regierung für das besetzte marokkanische Gebiet von Oudjda. Er beginnt damit, die Einrichtungen des algerisch-marokkanischen Grenzgebiets zu überprüfen, die ein ständiger Unruheherd sind und richtet dort neue Posten ein, die einerseits die Sicherheit der Region garantieren, die ständig von Angriffen feindlicher Stämme auf die französische Übernahme bedroht ist, und andererseits den Weg nach Marokko freimachen sollen. Somit richtet er eine Reihe von Posten ein, ausgehend von Béchar, welches in Colomb umgetauft wurde und im Oktober 1903 besetzt wurde, bis zum Norden in Berguent, in der Oasis Ras el Ain, im Juni 1904.Die folgenden Monate dienen der Verstärkung und Ausdehnung der Anlage nach Westen. Da Lyautey sowohl Diplomat als auch Militär ist, vervielfacht er die Kontakte mit den verschiedenen Ortsvorstehern, um ihre Zugehörigkeit zur französischen Politik zu wecken. Nach der Befriedung des algerisch-marokkanischen Grenzgebiets kommt er 1910 nach Frankreich zurück, wo er die Spitze des 10. Armeekorps von Rennes einnimmt.

Im März 1912 legt der Beschluss von Fes das französische Protektorat auf Marokko fest, der Norden des Landes bleibt unter spanischem Einfluß. Lyautey wird am 28. April Generalkommissar vor Ort. In Marokka wird das Protektorat nicht einstimmig akzeptiert. Die Gegner des Beschlusses und des Sultans, der diesen unterzeichnet hat, sind zahlreich. Die Lage verschlechtert sich ständig. Lyautey kommt Mitte Mai in Casablanca an und wendet sich nach Fes, was von den Streitmächten der Berberleiter besetzt ist. Dies ist der Anfang eines schwierigen Feldzugs. Das Land lebt im verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Chaos, das Protektorat muss vollständig aufgebaut werden. Am Ende der heftigen Kämpfe kehrt der Frieden schließlich wieder in Fes und dessen Umgebung ein. Im Laufe des Sommers wird ein neuer Sultan ernannt. Lyautey bemüht sich, die religiöse und politische Autorität dieses neuen Herrschers im gesamten Land herzurichten. Die Befriedung des Landes erfolgt nach und nach. Im Mai 1914 wird Taza, eine entscheidender Zugang zu Algerien, erobert. Die Ebenen und die Küstenstädte befinden sich nun unter französischer Kontrolle. Neben den militärischen Operationen unternimmt er bedeutende Arbeiten zur wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung für den Aufschwung des Landes. Wichtige administrative, rechtliche und wirtschaftliche Reformen werden in Angriff genommen. Einsatz von administrativen Führungskräften, Ausbau der Häfen, der Landwirtschaft, der Forschung und der Minenarbeit, Infrastrukturen für Städte, Verbindungsstraßen, Gründung von Schulen, Bau von Krankenhäusern, Gesundheitszentren und Eröffnung von festen und mobilen Sanitärposten... es gibt viel Arbeit.

Während des Ersten Weltkrieges wird er von Dezember 1916 bis März 1917 kurz Kriegsminister unter dem Kabinett Briand. Dann kehrt er nach Marokko zurück. Trotz der eingeschränkten Mittel gelingt es ihm nicht nur, die französische Gegenwart aufrechtzuhalten, sonder auch, seinen Einfluss während des Konflikts zu stärken. Bei seiner Rückkehr und noch acht Jahre lang arbeitet er ohne Pause und bewirkt eine intensive politische und wirtschaftliche Aktivität, die den Aufbau des Landes begünstigt. Als Krönung seiner Karriere wird er 1921 in den Stand des Marschalls von Frankreichs erhoben. Im Rif ist die Lage allerdings bedenklich. Die von Abd el-Krim geführte Erhebung gegen die Spanier schreitet fort und bedroht die französischen Marokkaner. Im Frühjahr 1925 greift Abd el-Krim an und bedroht die Bereiche von Taza und Fes. Lyautey, dessen Streitmächte in den letzten Jahren vermindert worden sind, organisiert sofort eine Verteidigungsschranke, während er auf Verstärkung wartet. Da er sich der französischen Regierung bezüglich der Durchführung der Operationen widersetzt, wird er von dieser verleugnet und kehrt im Oktober definitiv nach Frankreich zurück, wo er sich nach Thorey in Lothringen zurückzieht. Von 1927 bis 1931 führt er eine letzte Mission aus : die Organisation der internationalen Kolonialausstellung von Vincennes.

Der Marschall Lyautey stirbt am 27. Juli 1934. Er wird zunächst in Rabat beerdigt, seine Leiche wird jedoch 1961 nach Frankreich zurückgeführt, um dort im Invalidendom bestattet zu werden. Hubert Lyautey erhielt das Grosse Kreuz der Ehrenlegion und Inhaber eines Militärordens, des Kolonialordens Tonkin und Marokka, des marokkanischen Orderns mit der Inschrift "Casablanca" - "Oudjda" - "Haut-Guir" sowie vieler ausländischer Dekorationen. Er wurde am 31. Oktober 1912 an die französische Akademie gewählt und war Autor mehrerer Studien und Werke, darunter "Über die soziale Rolle des Offiziers im universellen Militärdienst", welche1891 in La Revue des Deux Mondes veröffentlicht wurde, Die Kolonialrolle der Armee, 1900, Im Süden von Madagaskar, militärisches Eindringen, politische und wirtschaftliche Lage, 1903, Briefe aus Tonkin und Madagaskar: 1894-1899, 1920, Worte der Aktion : 1900 - 1926, 1927, Briefe der Jugend : 1883-1893, 1931.

Raymond Poincaré

1860-1934

Aktie :

Porträt Raymond Poincarés. Foto der "University of Texas at Austin""

 

Poincaré wird am 20. August 1860 in Bar-le-Duc in einer bürgerlichen Familie geboren.Sein Vater, ein Brücken- und Straßenbauingenieur, hätte sich vielleicht eher eine wissenschaftliche Laufbahn für seinen Sohn gewünscht, doch dieser bevorzugt Literaturwissenschaften und Recht. Nach einem gründlichen Studium in Bar-le-Duc und Paris wird er im Jahr 1880 Anwalt. Im Alter von 26 Jahren macht er seine ersten Schritte in der Welt der Polititk als Kabinettsleiter des Landwirtschaftsministers. In den Jahren 1887 bis 1903 ist er Abgeordneter des Wahlkreises Commercy und wird in dieser Zeit Senator des Departements Meuse. 1893 wird er erstmals Minister - für das öffentliche Schulwesen - (dieses Amt wird er fünf Mal bekleiden), 1912 nach der Affäre Agadir Ratspräsident (diesen Posten wird er vier Mal innehaben); er ist ein Verfechter der Wiederherstellung der Exekutivmacht gegenüber der Nationalversammlung, eines liberalen, aber starken Staaates. Der "weltliche Republikaner", ein Mann der Ordnung, wird im Jahr 1913 zum Staatspräsidenten gewählt. Vor dem außenpolitischen Hintergrund eines sich abzeichnenden Krieg verstärkt er seine Allianzen...

Als Senator des Departements Meuse von 1903 bis 1913 übernimmt er 1906 das Ressort der Finanzen im Kabinett Sarrien. 1909 wird er in die Académie française aufgenommen. Im Januar 1912, nach der Agadir - Affäre, in der sich Deutschland und Frankreich in Marokko gegenüber stehen, wird er Präsident des Rates und Außenminister. Er setzt sich für die erneute Stärkung der Exekutive gegenüber der Nationalversammlung ein, für einen liberalen aber starken Staat und stellt sich die Aufgabe, die Probleme der Außenpolitik zu lösen. Am 30. März unterzeichnet er mit dem Sultan von Marokko den Vertrag für das Protektorat. Im Übrigen setzt er sich für engere Beziehungen Frankreichs mit Großbritannien und Russland ein. Zu diesem Zweck wird mit Großbritannien über ein Abkommen zur Hilfe auf See verhandelt, und im August begibt er sich nach Russland, um das Bündnis neu zu beleben. Der "Laienrepublikaner" und Mann der Ordnung wird am 17. Januar 1913 zum Präsidenten der Republik gewählt. Während sich der Krieg abzuzeichnen beginnt, lässt er im August über das Gesetz für den dreijährigen Wehrdienst abstimmen und festigt außenpolitisch die Bündnisse, wozu er im Juli 1914 eine weitere Reise nach Russland unternimmt. Als der Krieg erklärt ist, sieht er es als seine wesentliche Aufgabe an, den Krieg zu gewinnen. Zu diesem Zweck müssen alle Energien aufgebracht, aller gute Wille mobilisiert werden, ob von links oder rechts, d.h. es muss die "Union sacrée", die heilige Einheit geschaffen werden. Die Regierung wird nacheinander von Viviani, Briand, Ribot und Painlevé geführt, ohne dass sich ein endgültiger Erfolg in den Kriegshandlungen einstellt. Es gibt immer mehr militärische und politische Schwierigkeiten: die französische Niederlage am Chemin des Dames, Meutereien an der Front, Aufkommen sozialer Spannungen und das Ende der Union sacrée. Poincaré unterdrückt seine persönlichen Gefühle und ruft seinen politischen Gegner, Clemenceau, zu Hilfe, der am 16. November 1917 Ratspräsident wird. 1918 kommt der Sieg und die Rückkehr von Elsass - Lothringen zu Frankreich.

 

Nach Ablauf seiner siebenjährigen Amtszeit als Präsident wird Poincaré wieder Senator im Departement Meuse. Von Februar bis Mai 1920 ist er Präsident der für die Reparationen zuständigen Kommission und wird 1922 wieder zum Ratspräsidenten und Außenminister ernannt. Als Verfechter der vollständigen Durchsetzung des Versailler Vertrages lässt er am 11. Januar 1923 trotz des Zögerns der Alliierten das Ruhrgebiet durch die Truppen von General Degoutte besetzen, da Deutschland die Reparationsleistungen nicht pünktlich zahlt. Das Ergebnis der Parlamentswahlen, in denen das "Linkskartell" die Mehrheit erhält, zwingt ihn im Juni 1924 zurück zu treten. Als er am 23. Juli 1926 wieder in das Amt berufen wird, um zu versuchen, die katastrophale finanzielle Situation in Ordnung zu bringen, stellt er sofort das Vertrauen wieder her, und es gelingt im, den Franc zu stabilisieren. Da ihn die Geldprobleme vollkommen in Anspruch nehmen, überlässt er die Außenpolitik Briand, der sich für eine Politik des Ausgleichs mit Deutschland entscheidet. Wegen einer Krankheit tritt Poincaré im Juli 1929 zurück und widmet sich seinen Memoiren "Au service de la France" (Im Dienst Frankreichs) (1926-1933). Er stirbt am 15. Oktober 1934. Nach dem Staatsbegräbnis in Paris wird er in Nubécourt beigesetzt.

Aristide Briand

1862-1932

Aktie :

Porträt Aristide Briands. Archivaufnahme aus dem Außenministerium

Aristide Briand wird am 28. März 1862 in Nantes geboren, in einer Familie von ursprünglich vom Land stammenden Cafebesitzern. Nach einem Studium der Rechte lässt er sich im Anwaltsbezirk Saint-Nazaire nieder, ehe er nach Paris geht, wo er bei der "Lanterne" arbeitet, der populistischen und antiklerikal eingestellten Zeitung Eugène Mayers. An der Seite von Jean Jaurès bemüht er sich darum, die streitenden Strömungen innerhalb der sozialistischen Bewegung zusammenzuhalten. Im Jahr 1902 wird er zum Abgeordneten gewählt und nimmt immer mehr politische Ämter an. Als brillanter Redner wird er beim Gesetzesprojekt zur Trennung zwischen Kirche und Staat, das 1905 verabschiedet wird, zum Kommissionssprecher ernannt. 1906 wird er Minister für Unterrichtswesen und Kultus. Er folgt Georges Clemenceau im Jahr 1909 als Ministerpräsident nach und setzt sich insbesondere für die Verabschiedung des Gesetzes über die Renten für Arbeiter und Landwirte ein (April 1910).

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs bemüht sich Aristide Briand - obgleich er die Verlängerung des Militärdienstes befürwortet - um eine friedliche Lösung des Konfliktes. Als der Krieg dennoch erklärt wird, tritt er dem Kabinet des Oppositionsbündnisses "Union Sacrée" als Justizminister und stellvertretender Ministerpräsident bei und unterstützt die Kommandoführung während der Marne-Schlacht. Als Regierungschef und Außenminister spielt er in den Jahren 1915 bis 1917 eine wichtige Rolle, insbesondere bei der Organisation der Saloniki-Expedition und bei der Koordination der Militär- und Wirtschaftsmaßnahmen mit den Alliierten. Nach vier Jahren Krieg ist Europa ausgeblutet. Die ehemaligen Kriegführenden, die sich hoch verschuldet haben, um ihre Versorgung sicherzustellen, gehen äußerst geschwächt aus dem Konflikt hervor. In Frankreich sind die reichsten und industrialisiertesten Regionen verwüstet. Mit nahezu eineinhalb Millionen Toten und über einer Million Invaliden ist das Land an seinem Lebensnerv getroffen. Die Kriegsrenten und der Wiederaufbau belasten die Staatskasse noch mehr. Der am 28. Juni 1919 in Versaille unterzeichnete Friedensvertrag mit Deutschland verpflichtet Deutschland zu Reparationszahlungen für die Kriegsschäden. Die heikle Frage der Bezahlung dieser Reparationsleistungen ist für die nächsten etwa zehn Jahre vorherrschendes Thema in den deutsch-französischen Beziehungen und sorgt auch unter den Alliierten selbst für Divergenzen.

Bei Kriegsausgang ist Aristide Briand als Anhänger einer strikten Umsetzung des Versailler Vertrags einer von denen, die Deutschland zur Zahlung von Reparationen verpflichten wollen. Er gibt diese unerbittliche Haltung jedoch rasch auf und bekehrt sich im Rahmen des Völkerbundes zu einer Friedenspolitik, bei der er sich für die Aussöhnung mit Deutschland einsetzt. Anlässlich der Konferenz von Cannes im Januar 1922 zeigt er sich offen für den Vorschlag eines Schuldenplans für die deutsche Kriegsschuld als Gegenleistung für eine Garantie der französischen Grenzen. Da er von Staatspräsident Alexandre Millerand keine Unterstützung mehr erhält, reicht er seinen Rücktritt ein. 1924 geht er als Abgesandter Frankreichs zum Völkerbund und bemüht sich dort um eine Politik der Aussöhnung, ganz im Bewusstsein dessen dass eine deutsch-französische Annäherung nur unter gewissen Zugeständnissen erfolgen kann. Diese Politik drückt sich aus in den Worten "Innerer Friede, politischer und sozialer Friede werden meiner Meinung nach vom ganzen Land sehnlichst herbeigewünscht....In einem Land wie Frankreich, dass so sehr unter dem Krieg gelitten hat und sich seit dem Waffenstillstand mit unzähligen Herausforderungen und Provokationen konfrontiert sah, welche Ungeduld durchaus rechtfertigen würden, erfordert der Wunsch nach Frieden außerordentlich viel Geduld." Im Jahr 1925 wird er erneut Außenminister und setztt seine Politik der Aussöhnung mit Deutschland fort, als einzige Möglichkeit für dauerhaften Frieden in Europa. Er nähert sich seinem deutschen Amtskollegen Gustav Stresemann an, auch er ein Anhänger der Aussöhnung. Anlässlich der Konferenz von Locarno, auf der die Abgeordneten Deutschlands, Belgiens, Italiens, Frankreichs und Großbritanniens zusammenkommen, unterzeichnet er am 16. Oktober 1925 den Vertrag, der die Grenzen Frankreichs und Belgiens zu Deutschland garantiert und einen gegenseitigen Hilfspakt besiegelt. Nach Locarno unterstützt er die deutsche Kandidatur beim Völkerbund, der im folgenden Jahr stattgegeben wird. Im Jahr 1926 erhält er gemeinsam mit Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis.

Die Verträge von Locarno und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund - von manch einem als Beginn einer neuen Ära und Ende des deutsch-französischen Antagonismus' gefeiert - stellen für Aristide Briand jedoch nur einen ersten Schritt dar. Die Tatsache, dass die USA nicht Mitglied des Völkerbunds sind, schmälert außerdem die Bedeutung dieser Ereignisse. Im Jahr 1927 setzt er sich daher dafür ein, die Vereinigten Staaten zur Aufgabe ihrer Isolationismuspolitik zu bewegen. Sein Appell an die "amerikanische Nation" wird von mächtigen Pazifistenverbänden unterstützt. Am 27. August 1928 brandmarkt der "Briand-Kellogg-Pakt" - so benannt nach dem amerikanischen Staatssekretär, der Briands Verhandlungspartner war - Krieg als "ungesetzlich": "Artikel 1: Die Hohen Vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, daß sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten. Artikel 2: Die Hohen Vertragschließenden Parteien vereinbaren, daß die Regelung und Entscheidung aller Streitigkeiten oder Konflikte, die zwischen ihnen entstehen könnten, welcher Art oder welchen Ursprungs sie auch sein mögen, niemals anders als durch friedliche Mittel angestrebt werden soll." Obgleich dieser Pakt von siebenundfünfzig Ländern - darunter insbesondere Deutschland, Japan und die Sowjetunion - ratifiziert wird, hat er doch nur moralischen Wert, da er die Frage der im Falle einer Nichtbeachtung der Bestimmungen zu verhängenden Sanktionen offen lässt. Die Vereinigten Staaten, die sich zu dieser Zeit in einer Phase des wirtschaftlichen Wohlstands befinden, zeigen sich so auch zurückhaltend hinsichtlich ihrer Haltung im Falle eines möglichen europäischen Konfliktes.

Aristide Briand schlägt nunmehr den Weg einer neuen, entschieden europäischen Politik ein.Im September 1929 greift er in einer Diskussion in Genf die Idee des Grafen Coudenhove-Kalergi, eines österreichischen Diplomaten und Begründers der Pan-Europa-Bewegung, auf und schlägt die Gründung einer regionalen Union vor, einer "europäischen Föderation", die vor allem im Wirtschaftsbereich Kompetenz erhalten soll und die nationalen Souveränitäten nicht beeinträchtigt. Dieser Vorschlag wird begeistert aufgenommen und die Delegierten aus siebenundzwanzig europäischen Staaten beauftragen ihn mit der Abfassung eines Memorandums zu diesem Thema. Dieses Memorandum wird ihnen im Mai 1930 vorgelegt. Aristide Briand entwickelt darin sein Projekt. Diese Institution, die sich unter das Dach des Völkerbundes eingliedern soll, soll aus einer Konferenz der Europäischen Union bestehen, einem repräsentativen Organ, in dem die Vertreter aller europäischen Mitgliedsregierungen des Völkerbundes versammelt sind, sowie aus einem ständigen Politikausschuss, dem Exekutivorgan, dem die Mitgliedsstaaten abwechselnd vorsitzen und aus einem Sekretariat. Eines der Hauptziele soll "die Errichtung eines gemeinsamen Marktes sein, um den Menschen im gesamten Gebiet der europäischen Gemeinschaft größtmöglichen Wohlstand zu sichern."

Das Memorandum löst nicht dieselbe Begeisterung aus wie seine Rede vor dem Völkerbund. In Frankreich und der übrigen Welt stößt das Handeln Aristide Briands auf immer stärkeren Widerstand. Als größtes Hindernis erweist sich das anhaltende nationalistische Denken. Wenngleich der Grundsatz einer Zusammenarbeit nicht in Frage gestellt wird, so erregt die Vorstellung einer umfassenden und sowohl im politischen als auch im wirtschaftlichen Bereich omnipotenten Europäischen Union doch Furcht. Besonders der politische Aspekt des Projekts mit den angedachten "föderalen Verbindungen" sorgt für Mißtrauen. Am 23. September 1930 wird eine Untersuchungskommission mit Aristide Briand als Vorsitzendem eingesetzt. Sie ist damit beauftragt, die Möglichkeiten einer eventuellen Zusammenarbeit in Europa zu untersuchen, kommt jedoch nicht wirklich zu Ergebnissen. . Aristide Briand, der "Pilger des Friedens", hat zu keinem Zeitpunkt in seiner politischen Laufbahn aufgehört, die Gelegenheiten für Frieden in Europa zu mehren. Sein Projekt einer Europäischen Union hielt jedoch der Wirtschaftskrise und den aufkommenden Diktaturen leider nicht Stand. Aristide Briand stirbt am 7. März 1932.

Wilhelm Keitel

1882 - 1946

Aktie :

Wilhelm Keitel. Foto Sammlung DMPA

Wilhelm Keitel trat 1901 in die Armee ein und besetzte im Ersten Weltkrieg verschiedene Offiziersposten des Generalsstabs. Nach der Kapitulation Deutschlands im Jahre 1918 verfolgte er seine militärische Laufbahn in der neuen deutschen Armee, der Reichswehr, die im Abkommen von Versailles genehmigt worden war.

Als Adolft Hitler 1933 an die Macht kam und begann, die Streitkräfte wieder aufzubauen, machte Wilhelm Keitel schnell Karriere. Er wurde 1934 zum Brigadegeneral ernannt, wurde Vorsteher des Kabinets des Kriegsministers, Direktor des Wehrmachtsamtes und im folgenden Jahr mit der Koordinierung der Streitkräfte beauftragt. 1938 wird Wilhelm Keitel zum Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) ernannt, das neu gegründet wurde. Am 22. Juni 1940 unterzeichnet er den französisch-deutschen Waffenstillstand in Rethondes. Dieser eifrige Ausführer der Befehle Adolf Hitlers wird im Juli 1940 zum Marschall ernannt und trifft während des Krieges alle militärischen Entscheidungen sowie die jeweiligen Terrormaßnahmen in den besetzten Gebieten, was sich hauptsächlich auf die Hinrichtung der Geiseln und der politischen Kommissare der Roten Armee, sowie auf die Hinrichtung von Kriegsgefangenen der NN ausrichtet. Trotz einiger Versuche seitens der führenden Kreise der Armee und des Generalstabs zum Austausch von Personen, behält er seinen Posten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 9. Mai 1945 unterzeichnet er die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht auf Anordnung des Kanzler-Admirals Dönitz. 1946 verurteilt ihn das Nürnberger Gericht für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode.

Félix Eboué

1884-1944

Aktie :

Félix Eboué. Photo DMPA

Adolphe Félix Eboué wird am 26. Dezember 1884 in Cayenne (Guyana) als vierter Sohn von insgesamt fünf Kindern einer schwarzen Familie geboren. Sein Vater, der zunächst als Goldsucher arbeitete, eröffnet 1898 mit seiner Frau einen Gemischtwarenladen. 1901 erhält er ein Teilstipendium um seine Studien in Bordeaux fortsetzen zu können. Er schließt die Schule 1905 ab und wechselt nach Paris auf die Kolonialschule, die er 1908 mit einem Diplom verlässt. Sehr früh schon wird er - auf Grund seiner kreolischen Abstammung - von Schwarzafrika und seinen Zivilisationen angezogen. Er entscheidet sich für die Verwaltung von afrikanischen Kolonien und wird 1909 als Chefverwalter in Ubangi-Schari (heute Zentralafrikanische Republik) eingesetzt, wo die Penetration der westlichen Zivilisation noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Er verbleibt bis 1933 auf diesem Posten, kommt aber für seinen Urlaub regelmäßig nach Guyana zurück. 1921 heiratet er Eugénie Tell. In Schwarzafrika erarbeitet Félix Eboué seine eigene Vorstellung von Kolonialpolitik, wobei er versucht, die Modernisierung des materiellen Lebens mit der Erhaltung der afrikanischen Kultur zu verbinden. Er fördert neue Agrarkulturen, wie zum Beispiel die Baumwolle und entwickelt das Schienen- und Straßennetz. Gleichzeitig setzt er sich für die Erhaltung der zur Ernährung dienenden Kulturen ein, erlernt die lokalen Sprachen und erweitert seine Forschungen über die Traditionen...

Verfechter der Angliederung - und nicht der Übernahme - der kolonialisierten Völker, kommt er häufig mit seinen Vorgesetzten in Konflikt, die seinen Eintritt die die Menschenrechtsliga im Jahr 1928 nicht befürworten. Félix Eboué stellt sich tatsächlich der großen Herausforderung, auf der einen Seite ein sorgfältiger Kolonialverwalter und auf der anderen Seite ein kompromissloser Humanist zu sein. 1934 begibt er sich in den französischen Sudan (heute Mali). Er stützt sich auf die schwarzen Eliten und beginnt mit einer Bewirtschaftung der Ufer des Sudan sowie der Ansiedlung der Nomaden, um die Felder zu bestellen. Zwischenzeitlich arbeitet er von 1932 bis 1933 als Generalsekretär auf Martinique, wo er versucht, die Insel weiterzuentwickeln, die Bedingungen der Ärmsten zu verbessern und die Konfliktpunkte zwischen Weißen, Mulatten und Schwarzen zu verringern.

Er wird im September 1936 aus dem Sudan abgezogen, um die Politik der Volksfront, der "Front Populaire" auf Guadeloupe umzusetzen. Er findet auf dieser Insel eine Krisensituation vor und eröffnet die Gespräche, er setzt einen Plan zur Hilfe bei der Kreditaufnahme, für die berufliche Weiterbildung und den Bau von Wohnsiedlungen ein und saniert die öffentlichen Finanzen. Am 4. Januar 1939 wird er zum Gouverneur des Tschads ernannt, einer neuen, gerade erst befriedeten Kolonie. Er ist sich über die strategische Lage des Landes in einer Region im Klaren, in der die italienische Gefahr immer deutlicher spürbar wird und beginnt mit bedeutenden Infrastrukturarbeiten. Am 6. Juni 1940 erreichen die Informationen der französischen Niederlage und des Waffenstillstands Fort-Lamy. Auch der Aufruf von General de Gaulle wird nur wenige Tage später gehört. In Brazzaville stellt sich der Generalgouverneur von Französisch-Äquatorialafrika, Boisson, am 29. Juni nach einigem Zögern auf die Seite von Pétain. Eboué, vertritt die Ansicht, dass dieser Waffenstillstand sein Land um die Werte bringt, die er stets verteidigt hat und schickt die Nachricht, dass er dessen Klauseln nicht umsetzen wird. Auch wenn seine isolierte Lage den Tschad in eine unbequeme Position versetzt, verbleibt das Land im Kriegszustand. Am 16. Juli sagt ihm ein Telegramm von de Gaulle die Unterstützung des Anführers des Freien Frankreichs zu, dessen Abgesandte am 24. August eintreffen. Am 26. August erklärt eine Proklamation die Zugehörigkeit des Tschads zum Freien Frankreich. Kamerun und Kongo folgen diesem Beispiel: Eboué hat das Zeichen für die afrikanische Abspaltung gegeben, und gab damit der Sache des kämpfenden Frankreichs einen wichtigen Rückhalt.

Von der Regierung in Vichy seiner Funktionen enthoben und in Abwesenheit zu Tode verurteilt, wird Félix Eboué am 13. November vom General de Gaulle zum Generalgouverneur von Französisch-Äquatorialafrika ernannt und sitzt mit im Verteidigungsrat des Reichs. Der Tschad wird zur Rückenstutzpunkt der Franzosen, die den Kampf wiederaufnehmen: Von hier aus startet Leclerc im März 1942 seinen legendären Angriff auf Kufra und von hier aus greifen die F.F.L. die Italiener in Fezzan und dann in Tripolitanien an. Zur gleichen Zeit, in der er die Truppen mit Nachschub versorgt, eine Kriegswirtschaft einrichtet, kommerzielle Kreisläufe wieder in Gang bringt, versucht Eboué, den zivilen Frieden nach Französisch-Äquatorialafrika zurückzubringen, und die seit 1940 bestehenden Spannungen zwischen Gaullisten und Petainisten abzubauen. Er ist außerdem fest davon überzeugt, dass sich eine französische Autorität ohne eine durchgreifende Reform der Kolonialpolitik nicht dauerhaft in Schwarzafrika halten kann.
In diesem Sinn sieht sein Rundschreiben vom 8. November 1941 auch den Respekt des Gewohnheitsrechts, die Zusammenarbeit der Verwaltung mit afrikanischen Ratsstrukturen, die Ausbildung von eingeborenen Führungskräften, die Ausweitung von Arbeitsverträgen etc. vor. Im Juli 1942 unterzeichnet de Gaulle drei Dekrete, die ebenfalls in diese Richtung gehen. Am 30. Januar 1944 eröffnet der Chef des Freien Frankreichs in Brazzaville eine Konferenz über die Zukunft der französischen Territorien in Afrika. Die Empfehlungen der Konferenz nehmen zwar die für Eboué so wichtigen Themen wie die Beteiligung der Einheimischen an der Verwaltung oder die Verteilung der Regionen entsprechend der ethnischen Zugehörigkeit auf, er ist aber dennoch nicht zufrieden. Eine spätere Autonomie wird von der Konferenz abgelehnt, auch wenn eine gewählte Vertretung der afrikanischen Territorien empfohlen wird. Müde geworden nimmt Eboué Urlaub und fährt im Februar 1944 mit seiner Familie, die 1942 aus Frankreich zu ihm gestoßen ist, nach Ägypten. Dort findet er noch Zeit, an den diplomatischen Beziehungen zwischen diesem Land und der provisorischen Regierung der französischen Republik zu arbeiten. Am 17. Mai 1944 stirbt er an den Folgen einer Lungenstauung. Am 19. Mai 1949 wird die Asche von Félix Eboué in das Panthéon nach Paris überführt. Zu diesem Anlass erinnert der Senatspräsident Gaston Monnerville daran, dass "es eine Nachricht der Menschlichkeit gewesen sei, die Félix Eboué, und uns alle, die Widerstandskämpfer jenseits des Ozeans, zu einer Zeit geleitet hat, in der bestialischer Fanatismus fast die Lichter des Geistes ausgelöscht hätte, und in der, zusammen mit Frankreich beinahe auch die Freiheit untergegangen wäre". Die Erinnerung an Félix Eboué wird heute durch mehrere Denkmäler und Gedenktafeln wach gehalten. In Paris trägt eine Station der Untergrundbahn seinen Namen, gemeinsam mit dem von Daumesnil.

Charles Péguy

1873 - 1914

Aktie :

Charles Péguy - Portrait von Pierre Laurens. ©Harlingue-Viollet

 

Heureux ceux qui sont morts pour la terre charnelle,

Mais pourvu que ce soit pour une juste guerre.

Heureux ceux qui sont morts pour quatre coins de terre.

Heureux ceux qui sont morts d'une mort solennelle »

Charles PEGUY, Prière pour nous autres charnels

 

Charles Péguy wird am 7. Januar 1873 in Orléans, in einer bescheidenden Familie geboren. Sein Vater, der Schneider war, stirbt im selben Jahre seiner Geburt. Seine Mutter ist Stuhlflechterin und erzieht ihn also alleine auf. Charles PEGUY ist ein ausgezeichneter Schüler und kann daher von einem Stipendium profitieren, der ihm die Möglichkeit gibt, brillante Studien, nach der Schule zu machen. Nach seinem Wehrdienst in der 131 I.R. von Orléans im Jahre 1892, wird er 1894 die Lehrerbildende Hochanstalt besuchen und mit anspruchsvollen Professoren, wie Joseph Bédier, dem Autor Romain Rolland oder dem Philosophen Henri Bergson arbeiten. Der Letztere wird im übrigen einen großen Einfluss auf das intellektuelle Reifen des jungen Studenten ausüben. Hochschulabsolvent in Geisteswissenschaften im Jahre 1896, wird er die Prüfung im Auswahlverfahren für das Lehramt in Philosophie nicht besteht und verlässt daher die Institution im Jahre 1897. Er gibt die religiösen Praktiken auf, um sich nach der Bekanntschaft mit Bernard Lazar seinen Überzeugungen in der drayfusistischen Frage zu widmen. 1897, wird Péguy für die "Revue Blanche" mitwirken und beendet im Juni sein erstes Werk, "Jeanne d'Arc", gefolgt ein Jahr später von "de Marcel, premier dialogue de la cité harmonieuse".

1898 feiert er seine zivile Hochzeit mit Charlotte Bauouin, Schwester seines besten Freundes, der kurz davor gestorben war. Das Paar wohnt in Rue de l'Estrapade in Paris. Sie werden vier Kinder haben: Marcel im Jahre 1898, Germaine im Jahre 1901, Pierre 1903 und schließlich Charles-Pierre 1915. Marcel Baudouin gab ihm die sozialistische Orientierung. An Seiten von Jean Jaurès, Lucien Herr udn Charles Andler wird er sich der politischen Angelegenheiten widmen und an der Revue Socialiste mitwirken. Er investiert ebenfalls in einer Bücherei, die er mit Georges Bellais öffnet und die schnell ein Treffpunkt für jener sein wird, die eine marxistische und sozialistischen Einstellung haben, und die von Jules Guesde gepredigt wird. Jean Jaurès widmet sich der Frage der parlamentarischen Linken. Doch dieses Betrieb scheitert infolge zahlreicher Schwierigkeiten, was Grund für Pégunys entgültige Distanzierung zu seinen Linken Freundschaften bewirkt. Im Januar 1900 gründet Charles Péguy das "Cahier de la Quinzaine", ein unabhängiger Verlag, der jeden Monat eine eigene Zeitschrift veröffentlicht. Der Verlag befindet sich in 8, rue de la Sorbonne, dessen Leitung er persönlich übernehmen wird. 229 Werke werden zwischen dem 5. Januar 1900 und Juli 1914 veröffentlicht, was Péguy die Möglichkeit geben wird seine Werke zu veröffentlichen, sowie die seiner Freunde André Suarès, Anatole France, Georges Sorel oder Julien Benda. Péguy verfasst auch Aktualitätstexte, z.B. bezüglich der Trennung von der Kirche und dem Staat, die Bildungskrise...

Als im Jahre 1905 der Zwischenfall von Tanger stattfindet, ist ihm die deutsche Bedrohung und die "universelle Bosheit" bewusst. Péguy erhebt sich daher gegen den Pazifismus und dem Internationalismus der Linken. Er veröffentlicht zu diesem Zweck "Notre Patrie" (Unser Vaterland), ein polemisch-patriotisches Schriftstück. In den folgenden Jahren wird der Schriftsteller auch die Wissenschaftsgläubigkeit der "intellektuellen Partei" verurteilen, mit anderen Worten kritisiert er seine ehemaligen Hochschulprofessoren. Das Jahr 1908 ist von der Wiederfindung seines Glaubens geprägt. Er wird dies seinem Freund Joseph Lotte anvertrauen. Von 1912 bis 1914 wird Charles Péguy mehrere Wallfahrten nach Notre-Dame de Chartres unternehmen. Der Schriftsteller prangert das offizielle Sozialismus an, dem er seine Demagogie und den antiklerikalistischen Sektierertum, nach der Trennung von der Kirche und dem Staat vorwirft. Der Schriftsteller schreibt mystische, philosophische Texte, wie z.B. Clio, Dialogue de l'Histoire et de l'Âme païenne, das er zwischen 1909 und 1912 veröffentlicht, oder auch Victor-Marie, comte Hugo im Jahre 1910. Er wird seinen persönlichen, zeitlosen Stil in umfangreichen, rednerischen Gedichten ausdrücken : Le Mystère de la charité de Jeanne d'Arc im Jahre 1910 Le Porche du Mystère de la deuxième Vertu im Jahre 1911 Le Mystère des Saints Innocents et La Tapisserie de sainte Geneviève et de Jeanne d'Arc, 1912, La Tapisserie de Notre-Dame im Jahre 1913. In seinen letzten Werken wird Charles Péguy sich mit den Themen der Konfrontation zwischen Mystizismus und Politik, sowie das innere Leben des Volkes beschäftigen. Schließlich vollzieht er erneut, mit "Eve" im Jahre 1913 ein umfangreiches Gedicht von etwa 3000 Vierzeilern. Hier zelebriert er noch einmal die Toten "für die Liebe der Erde", und zwar die Erde unserer Vorfahren.

 

 

Am 2. August 1914 ist er wegen der allgemeinen Mobilisierung gezwungen, sein Vermerk über Descartes und der kartesianischen Philosophie, ein Plädoyer über die Verteidigung Bergsons zu unterbrechen. Am 4. August übernimmt er das Kommando der Reservisteneinheit in Colommiers und erreicht Lothringen. Nach einer kurzen Kampagne vor Metz, rückt sein 276. Infanterieregiment auf Aisne zurück, wo die französische Armee den Rückzug unternimmt. Am 5. September 1914 in Villeroy in der Nähe von Meaux, während den ersten Kämpfen der Marne Schacht, stoßt die Einheit von General Péguy mit der des Feindes zusammen der die Absicht hatte in Paris vorzurücken. Während er den Beschuss kommandiert, wird der Offizier von einem Schuss mitten in der Stirn getötet. Er wird unter seinen andren Kameraden im nationalen Friedhof von Chaucoin-Neufmontiers begraben.

 

Heureux les grands vainqueurs.

Paix aux hommes de guerre.

 

Qu'ils soient ensevelis dans un dernier silence.

Que Dieu mette avec eux la juste balance

Un peu de ce terreau d'ordure et de poussière.

 

Que Dieu mette avec eux dans le juste plateau

Ce qu'ils ont tant aimé, quelques grammes de terre.

Un peu de cette vigne, un peu de ce coteau,

Un peu de ce ravin sauvage et solitaire.

 

Mère voici vos fils qui se sont tant battus.

Vous les voyez couchés parmi les nations.

Que Dieu ménage un peu ces êtres débattus,

Ces coeurs pleins de tristesse et d'hésitations.

 

Et voici le gibier traqué dans les battues,

Les aigles abattus et les lièvres levés.

Que Dieu ménage ces coeurs tant éprouvés

Ces torses déviés, ces nuques rebattues.

 

Que Dieu ménage un peu de ces êtres combattus,

Qu'il rappelle sa grâce et sa miséricorde.

Qu'il considère un peu de ce sac et cette corde

Et ces poignets liés et ces reins courbatus.

 

Mère voici vos fils qui se sont tant battus.

Qu'ils ne soient pas pesés comme Dieu pèse un ange.

Que Dieu mette avec eux un peu de cette fange

Qu'ils étaient en principe et sont redevenus."

Extrait de l'œuvre poétique Eve, publiée dans le Quatorzième cahier de la quinzième série, le 28 décembre 1913.

 

Anna Marly

1917-2006

Aktie :

Anna Marly

 

Anna Betoulinksy wurde am 30. Oktober 1917 während der Revolution von 1917, in der ihr Vater erschossen wurde, geboren. Anfang der 20er Jahre verließ sie Russland und ging nach Frankreich. Sie flüchtete mit ihrer Mutter, ihrer älteren Schwester und dem treuen Kindermädchen in die russische Gemeinde Menton und durchlebte dort schwierige Jahre, von denen sie dennoch eine schöne Erinnerung behält. Mit dreizehn Jahren schenkte man ihr eine Gitarre. Dieses Geschenk, von dem sie sich nie trennte, veränderte ihr Leben. "In dieser Zeit entdeckte ich den Zauber der Töne unter dem Einfluß von Charles Trénet." 1934 gelangte Anna nach Paris und begann eine Künstlerlaufbahn unter dem Pseudonym Anna Marly, einen Namen, den sie aus dem Telefonbuch wählte. Sie tanzte zunächst in den russischen Balletvorführungen von Paris, die sie auf eine Reise durch Europa brachten, dann im Ballet Wronska, das sie als Startänzerin engagierte.

Dennoch vergißt Anna die Musik nicht. Nach einem Besuch der Musikhochschule von Paris, um ihre Stimme zu schulen, tritt sie ab 1935 mit ihrer Gitarre und einem kleinen Repertoire im Shéhérazade, dem Pariser Cabaret der goldenen Jugend und dann im Théâtre des Variétés und im Savoy Club von Den Haag auf. Bei ihrem Aufenthalt in Holland lernt sie den Mann kennen, der im April 1939 ihr Mann wird, der Baron van Doorn. Im gleichen Jahr hat Anna großen beruflichen Erfolg, da sie die Jüngste der SACEM wird (Gesellschaft der Komponisten und Herausgeber von Musik). Am 13. Juni 1940 wird Paris zur offenen Stadt erklärt. Anna und ihr Mann verlassen die Hauptstadt und wandern aus. Nach einer Reise durch Spanien und Portugal lassen sie sich 1941 in London nieder, wo Anna sich freiwillig in der Kantine der Forces Françaises Libres engagiert. Manchmal singt sie auch im Café. Bald danach trennt sie sich von ihrem Mann und wird Filmvorführerin, meldet sich dann im Armeetheater an und singt am Mikrofon der BBC in der Sendung "Franzosen sprechen zu Franzosen".

Aus dieser Zeit stammen die berühmtesten Lieder von Anna Marly, vor allem "Le Chant des partisans". Eines Tages, Ende 1942, nachdem sie in den britischen Tageszeitungen von der Trägodie der Schlacht von Smolenks gelesen hat, erwacht ihre russische Seele. Ein Wort kommt ihr in den Sinn, das Wort "Partisanen". "Aufgeregt nehme ich meine Gitarre und spiele eine rythmische Musik, die durch diese russischen Verse direkt aus meinem Herzen gelangt: Wir gehen dorhin, wo der Rabe nicht fliegt/und das Raubtier sich keinen Weg freimachen kann. Keine Macht und niemand/läßt uns zurückschrecken." Dieses Lied, was zunächst "La Marche des partisans" heißt, wird von seiner Autorin ins Russische übersetzt, bis dass Joseph Kessel beim ersten Zuhören ausruft "Genau das braucht Frankreich" und er die französische Übersetzung zusammen mit seinem Neffen Maurice Druon schreibt. Das Lied wird als Slogan der BBC-Sendung "Honneur et Patrie" und dann als Erkennungszeichen in der Widerstandsbewegung verwendet. "Le Chant des partisans" (englisch "Guerilla Song") setzt sich schnell als Hymne des Widerstands durch.

La Complainte du partisan wird zur gleichen Zeit geschrieben. "Als ich an das besetzte Frankreich dachte, habe ich eine stechende Melodie ohne Worte geschrieben." Es war Emmanuel d'Astier de la Vigerie, Leiter der Bewegung Libération-Sud, der den Text zu diesem Lied schrieb, was später von Joan Baez und Leonard Cohen gesungen wurde. Bei ihrer Rückkehr nach Frankreich im Jahre 1945 wird Anna Marly gefeiert. Dennoch entscheidet sie sich, nach Südamerika zu gehen, wo sie Botschafterin des französischen Gesangs wird. 1947 lernt Anna in Brasilien ihren zweiten Mann, den Russen Yuri Smiernow, kennen. Sie reist immer noch viel und durquert Afrika, immer in Begleitung ihrer Gitarre. Heute lebt sie in den Vereinigten Staaten, wo sie sich auf das Schreiben von Fabeln und von Erinnerungen durchwebten Gedichten spezialisiert hat. Genau wie ihre kürzlich veröffentlichten Memoiren (Anna Marly, Troubadour de la Résistance. Tallandier-Historia), wünscht sie, dass das vorliegende Werk der jungen Generation und all denen, die diese aufgewühlten Zeiten der Geschichte nicht miterlebt haben, als Zeugnis dient, damit sie wiederum das Licht der Erinnerung weitergeben.

Anna Marly, auch "Troubadour des Widerstands" genannt und von der General de Gaulle schrieb "sie machte aus ihrem Talent eine Waffe für Frankreich" hat mehr als dreihundert Lieder komponiert (darunter "Une chanson à trois temps" für Edith Piaf). Einige darunter sind heute nationales Kulturerbe. In den 60er Jahren gehörte "Chant des partisans" zusammen mit "la Marseillaise" und "Le Chant du départ" zum Pflichtunterricht. Die Lieder von Anna Marly handeln alle vom Krieg und stellen ein lebendiges Zeugnis der Geschichte Frankreichs dar. Dafür wurde sie 1965 mit dem Großen Staatlichen Verdienstkreuz und 1985 von der Ehrenlegion ausgezeichnet. Im Jahr 2000 nimmt sie anlässlich des 40. Geburtstags des 18. Juni an einer Ehrung von Jean Moulin teil, wo sie mit den französischen Armeechören den "Chant des partisans" singt. Anna Marly stirbt am 17. Februar 2006 im Alter von 88 Jahren in Alaska.

Edmond Michelet

1899-1970

Aktie :

Foto von Edmond Michelet. Foto délégation régionale du Limousin

 

Edmond Charles Octave Michelet wurde am 8. Oktober 1899 im 19. Arrondissement in Paris geboren. Mit 18 Jahren meldet er sich freiwillig und ist während des ganzen Krieges Soldat. Als Angehöriger des 126. Infanterieregiments von Brive entdeckt er die Corrèze und heiratet dort. Er ist aktives Mitglied der ACJF (Action catholique de la jeunesse française - katholische Tat der französischen Jugend), deren Präsident er im Béarn und in der Corrèze wird. 1932 entwickelt er die sozialen Teams weiter, die 1919 von Robert Garric gegründet worden waren und deren Ziel es war, die berufliche, intellektuelle und moralische Entwicklung aller benachteiligten Mitglieder zu fördern. Angesichts des immer stärker werdenden Nazismus gründet er den Cercle Duguet, eine Gruppe des Nachdenkens, die unter anderen Aktivitäten eine Vortragsreihe mit dem Titel "die Gefahren, die unsere Zivilisation bedrohen" ins Leben ruft. Als Familienvater wird er 1939 nicht eingezogen und organisiert stattdessen die nationale Hilfsorganisation zur Unterstützung der vielen Flüchtlinge.

Seine Widerstandstätigkeit beginnt 1940, als er mit Freunden in Brive ein Flugblatt mit einem Text von Péguy verteilt: "wer sich nicht ergibt hat Recht, wer sich ergibt hat Unrecht". 1942 wird er regionaler Leiter und übernimmt schließlich die Führung der Region 5 der vereinigten Widerstandsbewegungen MUR. Michelet wird wegen seiner Aktivitäten im Widerstand am 25. Februar 1943 von der deutschen Polizei festgenommen. Zunächst sitzt er in Fresnes 6 Monate in strenger Isolationshaft und wird am 15. September 1943 nach Dachau deportiert. Bei der Befreiung des Lagers am 29. April 1945 vertritt er Frankreich im internationalen Häftlingskomitee und kümmert sich um die Rückführung aller internierten Franzosen und Spanier. Am 27. Mai 1945 kehrt er nach Frankreich zurück.

Im Juli 1945 wird er von der nationalen Befreiungsbewegung MLN zum Mitglied der vorläufigen beratenden Versammlung berufen. Am 21. Oktober 1945 wird er für die Partei MRP (Mouvement Républicain Populaire) zum Abgeordneten der Corrèze in der ersten verfassungsgebenden Versammlung aufgestellt. Im November 1945 wird er Staatsminister für die Streitkräfte in der Regierung De Gaulle. Im Juni 1946 wird er zum Abgeordneten der zweiten verfassungsgebenden Versammlung gewählt, und im November 1946 zum Abgeordneten der ersten gesetzgebenden Versammlung. Nach seiner Niederlage bei den Parlamentswahlen am 17. Juni 1951 in der Corrèze wird er im Mai 1952 zum Rat der Republik gewählt und wird 1958 Vizepräsident des Senats. 1954 leitet er die französische Delegation in der UNO. Im Juni 1958 wird Michelet Minister für die Kriegsteilnehmer. Im Februar 1962 wird er Mitglied des Verfassungsrates. Am 12. März 1967 wird er zum Abgeordneten des ersten Bezirks im Finistère, Quimper, gewählt. Einen Monat später kehrt Edmond Michelet als Minister für den Öffentlichen Dienst in die Regierung zurück.

Nach dem Mai 1968 ist er Staatsminister ohne Geschäftsbereich. Im Anschluss an die Wahlen vom 23. und 30. Juni 1968 wird er in der Regierung Couve de Murville wieder Abgeordneter des Finistère in der Nationalversammlung. Er gibt diesen Sitz am 22. Juni 1969 auf, um Kultusminister in der Regierung Chaban-Delmas und Nachfolger von André Malraux zu werden. Diesen Posten hat er inne, bis er am 9. Oktober 1970 in Marcillac in der Nähe von Brive stirbt. Edmond Michelet ist 1959 mit dem Literaturpreis der Résistance und 1960 mit dem Großen Preis der französisch-belgischen Literatur für sein Erinnerungswerk Rue de la Liberté (Straße der Freiheit) ausgezeichnet worden. Er war Präsident des Freundeskreises der ehemaligen Häftlinge von Dachau, den er trotz des kalten Krieges zusammen halten konnte, und Gründungspräsident der Vereinigung Frankreich - Algerien im Jahr 1963.