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Napoléon III

1808-1873

Aktie :

Porträt von Napoleon III. Quelle : SHD

NAPOLEON III.(Paris, 20.April 1808 - Chiselhurst, 9. Januar 1873)

Dritter Sohn des holländischen Königs Louis Bonaparte, des Bruders von Napoleon I., und der Hortense de Beauharnais, Stieftochter des Kaisers. Sein Erzieher war der Sohn des Konventsmitglieds Le Bas, der in ihm die Liebe zu der revolutionären Vergangenheit weckte. 1830 reist er auf den Spuren seines Onkels nach Italien, schließt sich der Bewegung der Carbonari an und nimmt an dem Aufstand von Menotti gegen Papst Gregor XVI. in der Romagna teil. Durch den Tod des Herzogs von Reichstadt 1832 wird Louis Napoléon legitimer Erbe der Bonaparte. Mit Hilfe von Persigny versucht er am 30. Okt. 1836 ohne Erfolg, die Garnison von Straßburg aufzuwiegeln. Louis-Philippe schickt ihn nach Brasilien ins Exil, von wo er in die Vereinigten Staaten geht und sich schließlich 1837 in England ansiedelt. Hier verteidigt er seine Vorstellung von einem "demokratischen Cäsarismus" in seinem Buch "Les Idées napoléoniennes" (1839) und beschließt auf Grund der neu aufkommenden bonapartistischen Begeisterung im Zusammenhang mit der Ankündigung der Rückkehr der Asche Napoleons I. nach Frankreich, am 6. August 1840 in Boulogne einen neuen Anlauf zu unternehmen. Er wird vor dem Obersten Gerichtshof zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt und im Fort von Ham (Somme) inhaftiert. Von dort flieht er im Mai 1846 nach England. Obwohl er in Frankreich als unerwünschte Person gilt, wird Louis Napoléon im Juni 1848 in fünf Departements gewählt und zieht drei Monate später in die Nationalversammlung ein.

Obwohl er ein miserabler Redner ist, tut der ehrgeizige Abgeordnete alles, um die Konservativen für sich zu gewinnen. Er redet zu den Massen und nimmt Verbindung mit der Armee auf, die sich nach dem Empire zurück sehnt. 1848 kandidiert er für die Präsidentschaftswahlen und wird mit einer Mehrheit von fünf Millionen Stimmen vor seinen Konkurrenten gewählt. Am 2. Dezember 1851 führt er einen Staatsstreich durch, den er durch eine Volksabstimmung am 20. und 21. Dezember genehmigen lässt. Nach einer vorhergehenden Verfassungsänderung wird er Präsident der Republik für zehn Jahre. So konzentriert er alle Macht in seinen Händen. Er unternimmt nun Reisen in die französischen Provinzen, um auf die Volksabstimmung vom 21. und 22. November 1852 vorzubereiten, durch die er sich zum Kaiser der Franzosen erklären lässt. Am 2. Dezember 1852 wird er Napoleon III. Wie Napoleon I. möchte er in den Kreis der europäischen Dynastien aufgenommen werden und heiratet im folgenden Jahr, am 30. Jan. 1853, eine spanische Aristokratin, Eugenia Maria de Montijo. Von 1852 bis 1860 hat Napoleon III. die ungeteilte Macht und stützt sich auf die allgemeine Wahl, die ihm immer wieder überwältigende Mehrheiten beschert, deren Richtung aber durch den Mechanismus der "offiziellen Kandidatur" bestimmt wird. Das Regime wird von der alten orleanistischen Bourgeoisie, den Katholiken und der Geschäftswelt getragen. Das politische Leben kommt zum Stillstand, eine Beklemmung drückt schwer auf dem ganzen Land: Die Opposition der Legitimisten schweigt und befolgt die von dem Grafen von Chambord angeordnete Stimmenthaltung; die republikanische Opposition ist führerlos, die Beamten sind gezwungen, dem Kaiser den Treueeid zu leisten, die Macht der Präfekten ist praktisch unbegrenzt; die Presse ist geknebelt durch die Vorausgenehmigung, die sehr hohe Stempelsteuer und durch das System der "Warnhinweise", und der Literatur geht es ähnlich. Es ist auch die Zeit des Prunks und des großen Stils: man führt Offenbach auf, die Seebäder sind in Mode. Die großen Bauvorhaben, die Haussmann, Präfekt von 1853 bis 1869, in Paris durchführen lässt, sind Symbol des ungeahnten Aufschwungs des wirtschaftlichen Lebens in dieser Zeit. Für Frankreich beginnt das industrielle Zeitalter: große Kreditinstitute werden gegründet (der Crédit foncier und der Crédit mobilier der Brüder Pereire im Jahr 1852, der Crédit industriel et commercial 1859, usw.); das Transportwesen wird ausgebaut (3 100 km Eisenbahnlinien im Jahr 1851, 17 000 am Ende des Empire, die großen Kaufhäuser werden eröffnet (Le Bon Marché, Le Louvre, Le Printemps, La Samaritaine). Das Verhandlungstalent von Napoleon III. während des Pariser Kongresses, der den Krimkrieg beendet (1854-1856), sichert ihm ein großes internationales Prestige. Er ist an der Gründung des Königreichs Rumänien beteiligt, arbeitet aktiv an der Vereinigung Italiens mit, auf Grund derer er Nizza und Savoyen an Frankreich anschließt. Wegen seiner Italien - Politik verliert er die Unterstützung der Katholiken, die sich für die weltliche Macht des Papstes einsetzen. Das Attentat von Orsini (14. Januar 1858), das dem Kaiserreich keinen Schaden zufügt, symbolisiert die Unzufriedenheit der Konservativen und ermöglicht es dem Kaiser, seine Macht zu festigen: durch das Gesetz zur allgemeinen Sicherheit vom 19. Februar 1858 kann er ehemalige politische Gefangene ohne Urteil internieren oder deportieren lassen.

 

Napoleon III. wendet sich dann zwischen 1860 und 1870 dem aufkommenden liberalen Gedankengut zu. Das Gesetz vom 24. November 1860 räumt der Legislative das Erwiderungsrecht ein und kündigt die Rückkehr der Republikaner in die politische Debatte an. Diese fordern die Abschaffung des Gesetzes für allgemeine Sicherheit, die Wiedereinführung der Pressefreiheit und der Versammlungsfreiheit und erhalten bei den Wahlen von 1863 zweiunddreißig Sitze. Die Regierungsmacht gibt nach: der antiklerikale Universitätsprofessor Victor Duruy wird zum Erziehungsminister ernannt (1863-1869), das Streik- und Koalitionsrecht wird im April 1864 durchgesetzt, die Presse erhält ihre Autonomie im Mai 1868 zurück, usw. Napoleon III. behält sich den Bereich der Außenpolitik vor: er will ein Kaiserreich errichten. Seine Anstrengungen in dieser Richtung beginnen schließlich, die anderen Mächte und ihre Ambitionen zu stören, vor allem anlässlich der französischen Intervention in Mexiko (1861-1867), als Napoleon III., der die Freundschaft des Vatikans zurück gewinnen will, versucht, in Mittelamerika ein großes romanisches, katholisches Reich zu gründen. In der Geschichte ist das tragische Schicksal des Kaisers von Mexiko, Maximilian von Habsburg, noch lebendig, und das Gefecht von Camerone, bei dem am 30. April 1863 die 3 Offiziere und 62 Fremdenlegionäre der Kompanie von Hauptmann Danjou einen ganzen Tag lang in der Hazienda von Camerone 2000 Mexikanern widerstanden haben - dieses Datum ist übrigens zum Geburtstag der Legion geworden. Im Übrigen schließt er die Eroberung von Algerien ab, festigt die koloniale Basis in Neukaledonien und im Senegal, annektiert Obock (Rotes Meer) 1862, wird zum Verteidiger der Christen in Syrien, unterstützt den Bau des Suez - Kanals (1859-1869), interveniert in China an der Seite von England (1860) und eignet sich Cochinchina an (1863). In Europa zieht der Kaiser der Franzosen eine zweideutige Haltung vor und verfolgt damit seine Politik der Schwächung Österreichs. Nachdem er zur Gründung Italiens beigetragen hat, unterstützt er das Preußen Bismarcks und die Bildung eines deutschen Staates im Oktober 1865 anlässlich des Treffens in Biarritz, wo er über die Einverleibung der Grenzgebiete am Rhein zu verhandeln versucht.

Nach dem überwältigenden Sieg der preußischen Truppen über die Österreicher in Sadowa (3. Juli 1866), wird sich Napoleon III. über die Bedrohung klar, die von diesem entstehenden Staat ausgeht und gibt seiner Politik eine neue Richtung. Er lässt mit der Niel - Reform von 1867 - 1868 die Streitkräfte neu organisieren, unterstützt Pius IX. in Rom, um die französischen Katholiken und die Orleanisten für sich zu gewinnen. Die Wahlen von 1869 bestätigen die republikanische Basis der Nationalversammlung: Emile Ollivier kommt im Januar 1870 in die Regierung. Das Empire wird parlamentarisch. Im Ausland irritiert währenddessen die französische Politik die Italiener und die Preußen, die sich deshalb einander annähern, während Bismarck Frankreich endgültig in Europa diskreditiert. Das Problem der Thronfolge in Spanien, wo der Thron ohne Erbe den Hohenzollern zufallen wird, lässt in Frankreich die Bedrohung der Einkesselung aufkommen. Bismarck nutzt die auf Grund der französischen Forderungen entstandene feindliche Stimmung, um die Vereinigung Deutschlands abzuschließen. In der "Emser Depesche" ändert er das Protokoll der Besprechung zwischen Benedetti und den Hohenzollern in einer Weise, die Napoleon III. dazu zwingt, den Krieg zu erklären; dies geschieht am 19. Juli 1870. Die preußischen Truppen geben dem Empire den Gnadenstoß: Froeschwiller und Forbach, Rezonville-Gravelotte, in der ersten Augusthälfte ist Bazaine in Metz eingeschlossen. Napoleon III. begibt sich am 2. September nach Sedan - wo er um Haaresbreite dem Exekutionskommando entgeht. Das Empire existiert nicht mehr, Gambetta verkündet im Palais Bourbon sein Ende. Am 4. September wird im Rathaus von Paris die Republik ausgerufen. Charles Louis Napoléon Bonaparte wird als Gefangener nach Wilhelmshöhe in Hessen gebracht. Nach seiner Freilassung wenig später kehrt er zu Eugenia de Montijo in das Schloss Chislehurst in Kent zurück. Wie sein Onkel stirbt er an einer Krankheit (Nierensteine), im Exil.

  • Entrevue de Donchery entre Napoléon III et Bismarck. 2 septembre 1870. Source : SHD