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Deutsche, Helfer und Kollaborateure

Deutsche, Helfer und Kollaborateure

Membres de la SIPO-SD de Paris photographiés rue des Saussaies en 1943

Deutsche, Helfer und Kollaborateure..., es mangelt nicht an Bezeichnungen für den Feind und für jene, die für ihn arbeiten. Die einen wie die anderen sind in den Archiven der Nachrichtendienste omnipräsent: alle Informationen über gefährliche und schädliche Individuen, ob sie Franzosen, Deutsche oder anderer Nationalität sind, werden in den Karteien und in mehreren Tausend einzelnen Akten vermerkt und zusammengetragen. Diese Informationen, die seit Kriegsbeginn gesammelt wurden, sind unterschiedlichen Ursprungs: offene Dokumentation (Presse), Informationen von Korrespondenten, Berichte der Netzwerke, Protokolle von Befragungen, Untersuchungen, konfiszierte Dokumente... Die Dienststellen haben sich auch für kollaborationistische Organisationen und Bewegungen interessiert und somit das gesamte Archiv der Légion des volontaires français (französische Freiwilligenlegion, LVF) in Besitz genommen, darunter die Mitglieder- und Kandidatenkartei. Sie sollten nach dem Krieg auch die deutschen Archive beschlagnahmen und nutzen, wie die Akten der Agenten der Abwehr in Paris oder die Archive des Deutschen Konsulats in Marseille. Letztere liefern außergewöhnliche Informationen und belegen präzise die alltäglichen geheimen Absprachen bestimmter Franzosen mit dem Besatzer: Anforderungen von Interventionen, Passierscheinanträge, Denunzierungen, Informationen, Anträge auf Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland...

Widerstandskämpfer und Agenten des Freien Frankreich

Widerstandskämpfer und Agenten des Freien Frankreich

Évasions par l'Espagne : passeurs du réseau Andalousie photographiés à Chèze (Hautes-Pyrénées)

Im September 1944 lässt sich die Direction générale des services spéciaux (Generaldirektion der Nachrichtendienste, DGSS) in Paris nieder. Die bis dahin vor allem in London und Algier aufbewahrten Archive werden in das Staatsgebiet zurückgebracht. Ein Teil dieser Dokumentation, die nicht mehr von operativem oder administrativem Interesse ist, kommt ins Nationalarchiv, ein anderer wird von den Nachrichtendiensten aufbewahrt, welche die Erben des Bureau central de renseignements et d’action (Zentralbüro für Aufklärung und Aktion, BCRA) sind. Diese Archive spiegeln die Tätigkeit der Netzwerke und, allgemeiner, jene der Dienste des Freien Frankreich wider. Sie setzen sich aus zwei Serien mit tausenden einzelnen Akten der Agenten des BCRA zusammen: die erste, die in London erstellt wurde, ist alphabetisch nach den Namen der Agenten geordnet; die zweite, die später in Paris angefertigt wurde, enthält Dokumente, die nach Netzwerk inventarisiert sind. Die Bestände des BCRA umfassen Berichte über die von der Sektion für Spionageabwehr durchgeführten Verhöre. Es finden sich darin auch Sammlungen von Telegrammen und Kabeltelegrammen, die mit in Frankreich tätigen Agenten ausgetauscht wurden, sowie alle Finanz- und Buchhaltungsarchive des BCRA.

Die Nachrichtendienste im Krieg

Die Nachrichtendienste im Krieg

Le colonel Passy, chef du BCRA, photographié en Bretagne en 1944

Die vom Historischen Dienst der Verteidigung aufbewahrten Bestände ermöglichen eine gleichzeitige Beleuchtung der Organisation und Tätigkeit französischer als auch deutscher Nachrichtendienste während des Zweiten Weltkriegs. Neben den Basisdokumenten (offiziellen Texten, Organigrammen), Tätigkeitsberichten und Protokollen von Missionen setzt sich der Bestand aus Dokumenten zusammen, deren Art an die Handlungs- und Untersuchungsmethoden der Spionageabwehrstellen erinnert (Protokolle von Verhören, Aufzeichnungen abgehörter Telefongespräche, abgefangene Dokumente). Es ist auch möglich, die Nachrichtendienste anhand jener gegenseitigen Informationen zu studieren, welche die einen über die anderen gesammelt haben. Diese Bestände enthalten also zahlreiche Informationen über die deutschen Dienste, wie zum Beispiel die Akten der Sonderabteilung Deutschland der Direction générale des études et des recherches (Generaldirektion für Studien und Forschung, DGER), deren Aufgabe darin bestand, den Schlachtplan der Abwehr und der SIPO-SD zu rekonstruieren. Die Dienste beobachteten sich gegenseitig, versuchten, die Geheimnisse ihrer jeweiligen Praktiken zu entschlüsseln. Selbst wenn das BCRA seine Gegner studierte, so wurden auch die französischen Dienste ihrerseits aufmerksam von ihren deutschen „Kollegen“ beobachtet. Dies bezeugen gewisse Dokumente des Besatzers, die bei Kriegsende konfisziert und in die Bestände aufgenommen wurden.

Entstehungsgeschichte und Präsentation der Archive

Entstehungsgeschichte und Präsentation der Archive

Die Archivräume der Nachrichtendienste in Schloss Vincennes. SHD/Dominique Viola

Die vom Historischen Dienst der Verteidigung aufbewahrten Archive der Nachrichtendienste bilden eine Dokumentensammlung, die fast 500 Laufmeter umfasst. Dieser lange Zeit unbekannte Bestand, der seit 2014 für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist, hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die ihn von London nach Algier, später nach Paris, von den Kellern des „Schwimmbads“ in jene des Schlosses Vincennes führte. Er zeugt von der Tätigkeit mehrerer Nachrichten- und Spionageabwehrdienste zwischen 1930 und 1945. Dort findet man einen Teil der Archive des Bureau central de renseignements et d’action (Zentralbüro für Aufklärung und Aktion, BCRA) des Freien Frankreich, jene der Travaux ruraux (TR) und des Bureau des menées antinationales (Büro antinationaler Umtriebe, BMA) von Vichy sowie jene der Direction de la sûreté militaire (Direktion der militärischen Sicherheit, DSM) und der Direction générale des études et des recherches (Generaldirektion für Studien und Forschung, DGER). Insgesamt fast 15 Jahre geheimdienstlicher Tätigkeiten. Die Geschichte dieser Sammlung von Dokumenten bildet bereits ein erstes Forschungsobjekt hinsichtlich der Erkenntnisse der Tätigkeit und Positionierung der produzierenden Dienste, aber auch der Ereignisse, denen sie ausgesetzt waren. Sofern nicht anders angegeben, stammen die zitierten Signaturen aus den vom SHD aufbewahrten Archiven, die im Lesesaal Louis XIV in Schloss Vincennes eingesehen werden können.

Perspektive der Lehrkraft: Gespräch mit Régine Phisel

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Photo prise à l’ancien camp de Natzweiler-Struthof par Jean Plugia, élève de 3e au collège Marie Marvingt. © J. Plugia

Régine Phisel ist Professorin für Geschichte und Geografie an der Sekundarschule Marie Marvingt in Tallard (Hautes-Alpes). Mit einem Schulprojekt, das von der Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive im Verteidigungsministerium unterstützt wurde, hat sie die Schüler für das Gedenken an die Deportation sensibilisiert, indem sie diese einlud, über die Spuren der Geschichte im ehemaligen Lager Natzweiler-Struthof nachzudenken.

Perspektive der Lehrkraft: Gespräch mit Jackie Pouzin

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Gesamtansicht der Reste des ehemaligen Lagers Montreuil-Bellay. © B. Renoux/DRAC Pays de la Loire

Jackie Pouzin ist Professor für Geschichte und Geografie am Gymnasium Vadepied in Évron (Mayenne). Seit mehreren Jahren sensibilisiert er seine Schüler für die Geschichte und das Gedenken des „Zigeunerlagers“ von Montreuil-Bellay im Département Maine-et-Loire.

Bobigny: Spuren am Gedenkort

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Ehemaliger Deportationsbahnhof von Bobigny. © H. Perrot

Seit mehreren Jahren möchte die Stadt Bobigny den Ort des ehemaligen Deportationsbahnhofs mit einem landschaftsgestalterischen und szenografischen Programm aufwerten. Das Projekt möchte einen der Öffentlichkeit wenig bekannten Ort der Geschichte und des Gedenkens zeigen, dabei jedoch seine ursprüngliche Topographie bewahren und in das Stadtbild einbinden.

Die Landungsstrände, Normandie 1944

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Landung der kanadischen Truppen im Sektor Juno am Strand von Bernières-sur-Mer, am 6. Juni 1944. © Kanadisches Nationalarchiv / Region Normandie

Jahr für Jahr kommen Millionen von Besuchern an die Landungsstrände und nehmen die Spuren in sich auf, welche die größte Wasser- und Luftlandeoperation aller Zeiten hinterlassen hat. Heute wirkt diese durch die Landung im Juni 1944 veränderte Küstenlandschaft friedlich. Ihre Erhaltung und Aufwertung bleiben dennoch eine wichtiges Thema.

Von Lagern ohne Gedenken zu einem Gedenken ohne Lager

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Internierungslager für französische und ausländische Juden in Pithiviers bei Orléans (Loiret), 1941. © Ullstein Bild / Roger-Viollet

Es ist weder albern noch deplatziert, wenn man über Landschaften spricht, um an die Internierungslager zu erinnern. Denn es hatte etwas mit ihrer Umgebung zu tun, dass sich zwischen 1939 und 1946 nicht weniger als 200 Lager räumlich und geschichtlich verankert haben. Aber kann man von Spuren in der Landschaft über diesen Zeitraum hinaus sprechen?

Von der Küste in die Stadtzentren

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Flug über die mit der Landung verbundenen Stätten. © D. Viola / DICOD

Von den Stränden der Normandie bis zu den bombardierten, besetzten, befreiten Städten, von den Internierungslagern bis zu den Märtyrerdörfern, werden die aus dem Zweiten Weltkrieg geerbten Landschaften heute von der Zivilgesellschaft und den Behörden in Beschlag genommen, um die Orte zu Zeugen einer Geschichte zu machen, die mehr als 70 Jahre alt ist.

Landschaften des Ersten Weltkriegs

Landschaften des Ersten Weltkriegs

Dickbuchenweg (Pour Vivre ici). Tirage fine art 60 x 90 cm. OEuvre de Sophie Zénon, photographe plasticienne, représentant la forêt des Vosges dans le secteur du Hartmannswillerkopf, 2017. © S. Zénon

Die Annäherung an die vom Ersten Weltkrieg geerbten Landschaften ist interdisziplinärer Art. Auch wenn sich die Allgemeinheit mondartige Schlachtfelder, zerstörte Dörfer und kilometerlange Gräben mühelos vorstellen kann, muss man die Geschichte, Geografie, Archäologie, Geologie, Umweltwissenschaften oder auch die Kunst miteinbeziehen, um die Diversität und Komplexität dieser Landschaften zu erfassen und zu verstehen. Hinter diesen Fragen im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau und der touristischen Nutzung, die im ersten und letzten Teil dieser Nummer betrachtet werden, tauchen weitere Probleme in Verbindung mit der Wahrnehmung auf, die gewisse Akteure von den Landschaften des Ersten Weltkriegs haben. Sie werden zu einer poetischen Reise aus der Feder von Maurice Genevoix, einer neuen Grabungsstätte für den Archäologen oder auch zu einem unerschöpflichen Platz der Kreativität für den Fotografen. Dieser Teil versucht, die Einzigartigkeit der Landschaften zu beleuchten, die durch den Krieg von 14-18 geformt wurden, die seine Zeitgenossen reichlich inspiriert haben und immer noch Wissenschaftler aller Disziplinen beschäftigen.

Blick des Künstlers: Philippe Bréson

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In der Gegend von Albert in der Somme. © P. Bréson

Philippe Bréson ist Fotograf und bildender Künstler, er unterrichtet Fotografie an Kunsthochschulen. 2017 und 2018 hat er mehrere Ausstellungen über die Landschaften des Ersten Weltkriegs präsentiert, die auf seinen Arbeiten und Forschungen beruhen, die er sieben Jahre lang in den ehemaligen Frontregionen durchgeführt hat. „Cicatrices“ wurde im Zentrum André Malraux in Bourget gezeigt und „Mnémosis“ fand in der französischen Botschaft in den Vereinigten Staaten und in den internationalen Gymnasien von San Francisco und Washington Aufnahme.

Der künstlerische Blick: Sophie Zénon

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Après un rêve (Pour Vivre ici). Fine Art Print 45 x 30 cm. Detail eines Polyptychons aus 15 Fotografien. © S. Zénon

Die Fotografin und bildende Künstlerin Sophie Zénon befasst sich mit der Frage der Wiedergabe des Gedenkens am Hartmannswillerkopf (HWK), einer Kampfstätte des Ersten Weltkriegs, dessen Besonderheit seine Frontlinie an der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland ist. 2017 wurde sie in die Künstlerresidenz des Abri-mémoire in Uffholtz aufgenommen. Diese ist ein Raum mit pädagogischer und sozialer Ausrichtung, in dem sie eine kreative Arbeit durchgeführt und einen pädagogischen Workshop betreut hat.

Spätfolgen für die Umwelt

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Der Place à Gaz, Maas. © I. Masson-Loodts

Es wurde erst vor wenigen Jahren begonnen, die Auswirkungen des Krieges von 14-18 auf die Umwelt zu untersuchen. Die laufenden Forschungen zeigen eines jedoch immer wieder: die Folgen reichen über die verwüsteten ehemaligen Gebiete hinaus und werden noch lange andauern. Dieser Artikel versucht, den langen Weg der Bewusstwerdung der ökologischen Folgen des Ersten Weltkriegs nachzuzeichnen.

Geologische Betrachtung des Chemin des Dames

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Der Chemin des Dames. Französischer Schützengraben im Jahr 1917. © Roger-Viollet

Der Chemin des Dames, der einstige Spazierweg der beiden Töchter Ludwig XV., wird 1914 aufgrund seiner besonderen Topografie zu einem strategischen Abschnitt der Kämpfe, die sich im Aisne-Gebiet abspielen. Dieser Abschnitt hebt daher die Bedeutung der Geologie als Wissenschaft hervor, deren Beiträge für den Verlauf des Ersten Weltkriegs sehr wichtig sind.

Archäologische Betrachtung der zerstörten Dörfer

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Ornes, „Für Frankreich gestorbenes“ Dorf, vor seiner Zerstörung, 1916. © Archive der Gedenkstätte von Verdun

Besucher, die sich auf die Gedenkwege der Maas wagen, sind überrascht, dass sie in der Schlacht um Verdun vollkommen zerstörte Dörfer entdecken, die niemals wieder aufgebaut wurden. Neben den Gedenkmomenten, die hier organisiert werden, sind diese Orte der Einkehr wesentliche Kulturerbereserven, die Archäologen heute nutzen und für die Zukunft retten wollen.

Die Landschaften von Maurice Genevoix

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Fragoulle-Schlucht, auch Todesschlucht genannt. Les Éparges (Maas), 1917. Detail eines Stereobildes, das vom Soldaten Maurice Létang des 53. Infanterieregiments aufgenommen wurde.

Der Schriftsteller Maurice Genevoix ist nicht nur Zeuge des Leidens der Menschen und Tiere im Ersten Weltkrieg, sondern auch gefühlvoller Zeuge der Zerstörung einer schönen Landschaft, jener der Éparges, und ihres Wiedererstehens im wiedergewonnenen Frieden. Die Kriegslandschaft ist zuerst ein Krieg gegen die Landschaft, dann eine Landschaft der Erinnerung.

Landschaften des Ersten Weltkriegs, Palimpseste der Gewalt

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Explosion einer Granate in der Gegend von Verdun während des Ersten Weltkriegs. © TopFoto/Roger-Viollet

Anlässlich der Hundertjahrfeier des Ersten Weltkriegs entdeckten zehntausende Besucher aus Frankreich und dem Ausland die Landschaften, die das Erbe von 14-18 sind. Aber es handelt sich um heute kaum wahrnehmbare Spuren, die man anhand der Erzählungen über die Schlachten ablesen muss, die sich dort abgespielt haben. Von der alten Frontlinie über die zerstörten Städte und aufgeforsteten Wälder bis zu den besetzten Gebieten blieb in Wirklichkeit keine Landschaft vom Ersten Weltkrieg verschont.

Umwandlung des militärischen Kulturerbes

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Fort de Collioure, in dem sich das nationale Zentrum der Kommandoausbildung befindet. © J-J. Chatard/DICOD

Wenn man Frankreich besucht, kommt es nicht selten vor, dass man auf ehemalige militärische Festungen, Zitadellen oder Festungsmauern stößt, die unverändert erhalten oder umgebaut wurden. Viele dieser Orte gehören zum Verteidigungsministerium. Ihre Abtretung verpflichtet den Staat und die Gebietskörperschaften, über ihren neuen Verwendungszweck nachzudenken. Daher besteht die Herausforderung der Umwandlung des militärischen Kulturerbes darin, die Landschaft, in der es sich eingliedert, zu verändern oder nicht.

Das Gedenken an den Widerstand: Mont-Valérien

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Hinrichtung der Widerstandskämpfer der Gruppe Manouchian, Lichtung der Erschossenen des Mont-Valérien, 21. Februar 1944. © Association Les Amis de Franz Stock/ECPAD

Die Erinnerung an den Widerstand in Frankreich zeigt sich auf verschiedene Arten in den Landschaften. Auf Seiten der Widerstandsgruppen hat sich der monumentale Bau des Mémorial de la France combattante auf dem Mont-Valérien durchgesetzt, der zum ersten hohen nationalen Erinnerungsort wurde. Er ist zweifelsohne eines der wichtigsten Symbole der Patrimonialisierung der geschichtlichen Orte des Zweiten Weltkriegs durch den Staat.