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Adolphe Thiers

1797-1877

Aktie :

Porträt von Adolphe Thiers. Quelle: SHD Landstreitkräfte

 

Adolphe Thiers ist zugleich Historiker und Staatsmann und ein Sinnbild für die junge Dritte Republik, er ist "der Henker der Kommune" und der Gründer der Republik. Marie-Louis-Joseph-Adolphe Thiers wird in einer bürgerlichen Familie in Marseille geboren. Der junge Adolphe, der wegen des aufwendigen Lebensstils seines Vaters mittellos ist, macht als Stipendiat eine brillante schulische Karriere. Nach dem Jurastudium in Aix-en-Provence geht er 1821 nach Paris, verkehrt in liberalen Kreisen und beginnt eine Karriere als Journalist bei der Zeitung Le Constitutionnel, bevor am 3. Januar 1830 die Zeitung Le National zusammen mit Auguste Mignet und Armand Carrel gründet und in seinen Artikeln die Königswürde von Charles X. angreift. Seit 1824 schreibt er mit seinem Freund Auguste Mignet an einer Geschichte der Revolution von 1789. Danach widmet sich Thiers Napoleon und liefert als erster einen vollständigen, wenn auch parteiischen Bericht über dessen Rolle in der Geschichte des Konsulats und des Kaiserreichs, der von 1845 bis 1862 veröffentlicht wird. Er war es im Übrigen, der 1836 und 1840 die Heimkehr der Asche von Napoleon vorgeschlagen hat. Dank seiner Arbeiten wird er im Dezember 1834 in die Académie française aufgenommen. Politisch ist Thiers ein "Liberaler", ein Mann des Fortschritts, Anhänger des Prinzips der nationalen Souveränität, die sich in freien Wahlen und in Vertretern ausdrückt, die die Exekutive kontrollieren.

Er spielt eine aktive Rolle in der Julirevolution und organisiert den Widerstand der Journalisten, die von den "Vier Verordnungen" (Texte, nach denen der Presse der "Maulkorb" angelegt werden soll) bedroht sind. Dies geht soweit, dass er die Machtübernahme von Louis-Philippe unterstützt. Dieser beruft ihn in die Regierung, zunächst als Unterstaatssekretär für Finanzen, dann als Innenminister und schließlich als Minister für Landwirtschaft und Handel. Er befindet sich nun in dauernder Opposition zu den Legitimisten, Republikanern und Bonapartisten. Während der Zweiten Republik (1848-1851) geht Thiers Kompromisse mit einem Regime ein, das er später als "enttäuschend" bezeichnet, weil es ihm zu konservativ erscheint. Thiers lehnt die sozialistischen Thesen von Proudhon ab und schreibt dazu einen kleinen Artikel in der Presse über das Eigentum. Er unterstützt das Gesetz Falloux und die Expedition gegen Rom. Er unterstützt sogar den Kandidaten Louis-Napoléon Bonaparte bei den Präsidentschaftswahlen, stellt sich aber gegen den Staatsstreich vom 2. Dezember 1851, weshalb er nach England, Italien und schließlich in die Schweiz ins Exil gehen muss. Thiers tritt so in den ersten Jahren der Regierung Napoleons III. von der politischen Bühne ab. In der linken Opposition während des liberalen Kaiserreichs (1860-1870) wird er wieder politisch aktiv. "Thiers, wegen seiner Vergangenheit in den Jahren 1830 - 48 noch als "Orleanist" abgestempelt, ist jetzt tatsächlich der Führer einer Handvoll von Royalisten, die dem Liberalismus treu geblieben sind." (M. Aguhlon). Er ist mit der Krim - Expedition einverstanden, bleibt aber sehr kritisch gegenüber der Außenpolitik von Napoleon III., die er als zu liberal empfindet und wenig geeignet für die italienische Halbinsel und Deutschland; er verlangt später, dass die Intervention in Mexiko beendet wird.

Als das Zweite Kaiserreich zu Ende geht, ist Thiers, der bei den letzten Wahlen des Kaiserreichs 1869 gewählt wurde, Mitglied der Regierung der Nationalen Verteidigung, die er schließlich leitet, nachdem er seit dem 10. September 1870 aktiv an der Vorbereitung des Friedens mitgearbeitet hat: Außenminister Jules Favre bittet ihn im Namen der Regierung, auf die Mäßigung der offensiven Politik der europäischen Mächte hinzuwirken, vor allem den Ehrgeiz Bismarcks zu zügeln, und von 1873 bis 1875 macht Thiers eine lange Rundreise durch alle europäischen Hauptstädte. Nachdem am 28. Januar 1871 der Waffenstillstand geschlossen ist, wird Thiers bei den Wahlen vom 8. Februar 1871 an die Spitze der neuen Regierung gewählt. Als Chef der Exekutive bereitet er im Frühjahr 1871 der Bewegung der Kommunarden ein blutiges Ende; er ist der "Henker der Kommune". Thiers führt die Niederschlagung des Pariser Aufstandes, der Bewegung der "Fédérés" genannten Kommunarden, mit Hilfe der Armee der "Versaillais" aus, während die Regierung ihren Sitz in Versailles hat. Die aus 63500 Mann bestehende Armee, verstärkt durch die 130000 entlassenen französischen Kriegsgefangenen, mit Unterstützung von Bismarck, erobert Paris und die umliegenden Gemeinden zwischen März und Juni 1871 zurück. Bei den Kämpfen sterben etwa dreißigtausend Menschen in den Reihen der Fédérés. Vier Sondergerichte urteilen bis 1874 über die "Kommunarden": 13804 Menschen werden verurteilt, davon viele zur Haft in den Strafkolonien von Französisch Guyana oder Neukaledonien. Erst im Juli 1880 wird eine Amnestie erlassen. Am 24. Mai 1873 erreicht die parlamentarische Rechte, die Thiers an die Macht gebracht hat und die mit der republikanischen Orientierung, die er der Regierung gegeben hat, nicht einverstanden ist, seine Absetzung und ersetzt ihn durch Mac Mahon. Adolphe Thiers stirbt am 3. September 1877. Ein Trauerzug mit 384 Kränzen, unter Beteiligung von Gambetta und Hugo, gibt der letzten Reise dieses Staatsmannes mit den vielen Facetten trotz der Weigerung seiner Familie, ein Staatsbegräbnis durchzuführen, eine nationale Dimension.

 

Quellen: AGUHLON (Maurice), "Adolphe Thiers", in: Célébrations nationales (Nationale Feierlichkeiten) 1997, Paris, Direktion der Archive Frankreichs. MOURRE (Michel), Dictionnaire encyclopédique d'histoire, Paris, Bordas, 1996 (1978).