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Das Gedenken an die französischen Frontsoldaten: der Bajonettgraben

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Der Bajonettgraben heute. © A. Roiné/ECPAD/Verteidigung

Eine andere symbolträchtige Stätte der Schlachten des Ersten Weltkriegs ist der Bajonettgraben, der sich vom Lorettohügel durch seinen Ursprung unterscheidet: die Leichname der Soldaten wurden nicht auf einem angelegten Friedhof bestattet, sondern blieben dort, wo sie gefallen sind. Durch diese Tatsache siedelt sich die Geschichte des Bajonettgrabens zwischen Mythos und Realität an.

Corps 1

Les tombes des soldatsde la Tranchée des Baïonnettes photographiées durant l’entre-deux-guerres.

Die Soldatengräber des Bajonettgrabens in der Zwischenkriegszeit fotografiert.
© Sammlung der Gedenkstätte von Verdun

 

1920 nimmt das Denkmal des „Bajonettgrabens“ Gestalt an. Es handelt sich um das erste Denkmal, das auf dem Schlachtfeld von Verdun errichtet wurde, wo 700.000 Männer während des Jahres 1916 getötet und verwundet wurden. Der Bajonettgraben erinnert an die Opfer der Soldaten des 137. IR, deren Lager sich in Fontenay-le-Comte in der Vendée befand. Sie fielen am 11. und 12. Juni 1916 zwischen dem Wald Morchée und dem Bauernhof Thiaumont mit dem Rücken zur Dame-Schlucht, die von den französischen Frontsoldaten auch „Todesschlucht“ genannt wurde.

 

Dieses Denkmal, das im März 2014 gemeinsam mit dem Friedhof Fleury-devant-Douaumont zu einem der neun hohen nationalen Erinnerungsorte des Verteidigungsministerium wurde, veranschaulicht gut die siegreiche, verklärte Erinnerung an den Konflikt nach 1919.

 

Der Tag des 11. Juni 1916 ist durch einen fürchterlichen Artilleriebeschuss gekennzeichnet, der mehreren Angriffen am nächsten Tag vorausging. Diese werden teilweise zurückgeschlagen, aber die 3. Kompanie und Teile der 4. Kompanie des 137. IR sind dann in ihrer Position isoliert und mehr durch Granattrichter als durch einen echten Graben getrennt. Leutnant Polimann, Kommandant der 3. Kompanie, erzählt über diesen Tag des 12. Juni 1916. Gegen Mittag sind nur mehr 25 Soldaten unter seinem Kommando. Er berichtet: „Diese drei Wellen kamen von Norden: eine vierte tauchte aus dem Westen auf, aber sie war kaum aus ihrem Graben herausgekommen, der sich etwa achtzig Meter entfernt befand, als sie von der Seite von einem Maschinengewehr beschossen wurde, welche die Heldentaten allein vollbrachte. Wir blieben also Herr über das Gebiet, wir waren Sieger. Trotz unseres Erfolges waren wir jedoch isoliert, gefangen in einem Kreis aus Eisen, der Stunde um Stunde immer enger wurde [...].“ Am nächsten Tag ergeben sich Polimann und seine Soldaten, die erschöpft sind und denen die Munition ausgeht. Dabei lassen sie ihre Waffenbrüder, die den Tod gefunden hatten, an Ort und Stelle zurück, ein Drama von vielen in der Hölle von Verdun, wo das Regiment im Juni 1916 mehr als 1.500 Soldaten verloren hat... Die Deutschen begraben daher die Toten hastig in einem unbenutzten Abschnitt des eroberten Grabens, was eine gängige Praxis in diesem Konflikt war, bevor sie weiter vorrücken. Sie haben aller Wahrscheinlichkeit nach Gewehre aufgestellt und aneinandergereiht, um die Stelle des Massengrabes zu kennzeichnen.

 

Im Januar 1919 kehrt Oberst Bonnefoy, Kommandeur des 137. IR, auf das Schlachtfeld zurück, um die Stelle wieder aufzusuchen, an der das Regiment gekämpft hatte. Er findet die aufgereihten Gewehre, ohne Bajonett, die aus dem Boden ragen. Nach Ausgrabungsarbeiten, die bestätigen, dass dort Soldaten des 137. IR bestattet sind, wird ein Aufmarsch organisiert und ein kleines Holzdenkmal errichtet, um der Ereignisse des „Gewehrgrabens“ zu gedenken.

 

1920 vervollständigen Ausgrabungen die erste Suche, wobei einundzwanzig Leichname exhumiert werden. Vierzehn identifizierte Soldaten werden auf den provisorischen Friedhof von Fleury verlegt, bevor sie am Friedhof Douaumont beigesetzt werden. Sieben nicht identifizierte Leichen werden vor Ort belassen. Erneut werden Gewehre als Dekor aufgestellt.

 

Nach dem Konflikt entsteht ein Kriegstourismus und viele Nachkommen der Opfer pilgern auf den Spuren ihrer vermissten Vorfahren. Auf den Gewehren werden dann Bajonette angebracht, wodurch der Ort zum „Bajonettgraben“ wird. So entsteht die Legende der im Stehen gefallenen Soldaten, die von der feindlichen Artillerie begraben wurden. Diese Legende wird von der Presse im Streben nach Sensationen und heldenhaften Kriegsepisoden weidlich ausgeschlachtet. Der amerikanische Geschäftsmann George T. Rand war von dieser Geschichte derart ergriffen und von der Feierlichkeit des Ortes so bewegt, dass er 500.000 Francs für die Errichtung einer Gedenkstätte spendete. Es besteht aus einer imposanten Betonplatte, die auf breiten Säulen ruht und den Graben abdeckt, in dem die sieben unbekannten Kämpfer ruhen. Man gelangt über eine Allee dorthin, die man durch ein imposantes Portal betritt. Diese schmale, schräge Allee erinnert an den Aufstieg der Soldaten in Reihenform durch die Laufgräben, an deren Ende ein lateinisches Kreuz als Blickpunkt dient, der die Opfer der Kämpfer von Verdun symbolisiert. Die Anlage wird vom Architekten für historische Denkmäler André Ventre realisiert. Das Metalltor am Eingang wurde von Edgar Brandt entworfen, einem Kunstschmied und Rüstungsunternehmer. Das kleine Denkmal des 137. IR wurde in der Nähe erhalten.

 

La tranchée des baïonnettes aujourd’hui. © A. Roiné/ECPAD/Défense

Der Bajonettgraben heute. © A. Roiné/ECPAD/Verteidigung

 

Das Denkmal des Bajonettgrabens wird am 8. Dezember 1920 vom Staatspräsidenten Alexandre Millerand und dem Botschafter der Vereinigten Staaten Hugh Wallace in Abwesenheit des Mäzens George T. Rand eingeweiht, der kurz zuvor gestorben war. Es ist den „französischen Soldaten“ gewidmet, „die stehend mit dem Gewehr in der Hand in diesem Graben ruhen“. So ist der Mythos feierlich in Stein gemeißelt.

 

Nach dem Konflikt ist die Bevölkerung in einem vom Massensterben zwischen 14-18 gezeichneten Frankreich auf der Suche nach glorreichen, heldenhaften Geschichten, die alle während des Krieges erbrachten Opfer rechtfertigen und zeigen, dass dieses ganze Leiden nicht umsonst durchgemacht wurde. Hundert Jahre später verstehen wir den Ort durch die auf Initiative der Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive auf dem Vorplatz des Grabens aufgestellten Informationstafeln über die Geschichte besser. Der Mythos des „Bajonettgrabens“ wird jedoch heute noch von einem Gedächtnistouristen an den nächsten weitergegeben.

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