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2018 : Jahr Clemenceau

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Chapeau

Am 11. November letzten Jahres würdigte der französische Präsident die Persönlichkeit Georges Clemenceau beim Besuch dessen Wohnung in Paris, die am selben Tag als Museum eröffnet wurde. Bei dieser Gelegenheit gab er bekannt, dass 2018 das „Jahr Clemenceau“ sei.

11. November 2017: In Begleitung von Jean-Noël Jeanneney weiht der französische Präsident das neue Museum Clemenceau in Paris ein
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Auf dem Pariser Kreisverkehr der Champs-Élysées stehen sich die Statuen zweier Kriegsherren gegenüber. Am Ausgang der Metro ragt ein riesiger General de Gaulle General de Gaulle empor; am anderen Ende der Allee Georges Clemenceau Georges Clemenceau. Seit 1932 steht die Statue des „Père la Victoire“ ("Vater Sieg") dort und zeigt ihn in Bewegung, so wie bei seinen Besuchen der „Poilus“ (französische Frontsoldaten): mit einem Mantel bekleidet, Gamaschen an den Füssen und einem Schal, der im Wind flattert. Heutzutage ist diese Darstellung zweifellos die lebendigste in der Erinnerung der Französinnen und Franzosen.

2018 wird diese Erinnerung verstärkt durch die Entscheidung des französischen Präsidenten, die Hunderjahrfeier des Ersten Weltkrieges zum Anlass zu nehmen, den großen Sieger Georges Clemenceau, Gründer der 3. Republik, zu würdigen, der sich nach seiner Benennung zum Ministerpräsidenten im November 1917 durch Poincaré Poincaré dazu verpflichtete zu „siegen oder [zu] sterben“. Trotz der Legitimität dieser Entscheidung würde es Georges Clemenceau nicht gerecht werden, ihn auf sein Bild als Kämpfer zu beschränken und seine Karriere als die eines aggressiven und bellizistischen Strategen zusammenzufassen.

 

„WIR WOLLEN FRIEDEN“

1917 erklären sich Georges Clemenceau und seine Regierung bereit zu „arbeiten“, an einem „Krieg zur Rettung“ zu arbeiten und sich für den Frieden einzusetzen. So verpflichtet sich der „Tiger“ am 20. November 1917 in seiner Ministererklärung im Abgeordnetenhaus einen „uneingeschränkten Krieg“ zu führen, denn er möchte so schnell wie möglich den mörderischen Konflikt beenden. „Wir wollen Frieden, wir opfern uns alle auf, um ihn unter gerechten und glanzvollen Bedingungen zu erlangen, die unseres Landes würdig sind.“ Es gibt mehrere Gründe, warum Clemenceau so verbissen daran festhält, den Krieg zu beenden. Der Hauptgrund ist seine tiefgründige Abneigung gegenüber extremer Gewalt. Diese Abscheu wird vor allem durch seine Besuche an der Front gesteigert, die er ab September 1915 als Kommissionspräsident der Senatsarmee durchführt.

Tatsächlich ist sein erster Besuch, in der Champagne, nicht rein institutioneller Natur. Von Suippes bis Souain hat er die Möglichkeit, diese Männer "in den Gräben [zu besuchen], die im Übrigen durch die Ansammlung von Schlamm und jeglichen Überresten aller Art in einem absolut grauenhaften Zustand sind, [diese] Männer, die ganz ruhig Mut beweisen“, wie er am 30. September 1915 vor der Kommission de Senatsarmee erklärt.

Außerdem bietet ihn dieser erste Kontakt mit dem Einsatzgebiet die Gelegenheit, in Gedanken seinem geliebten Bruder Albert näher zu sein, um den er sich sehr sorgt und dessen Platz auf dem Schlachtfeld er bedauert nicht einnehmen zu können. Schließlich erinnert dieser erste Besuch, der den Auftakt für viel weitere bildet, für immer an den Hauptfeldwebel Poissonnier, der „andere Dinge zu erledigen hat als uns im Gedächtnis zu behalten, aus Angst vor der Zukunft“, aber dass „er [Clemenceau] niemals vergessen wird“. Genauso erwähnt er den Hauptfeldwebel Poissonier in der Tageszeitung L’Homme enchaîné am 6. Oktober 1915. Die Bewunderung und aufrichtige Zuneigung, die der Ministerpräsident gegenüber den Soldaten an den Tag legt, ist stets die treibende Kraft für seinen Einsatz für den Frieden. Der Besuch der „dampfenden Ruinen“ im Jahr 1870 „dampfenden Ruinen“ im Jahr 1870 in Begleitung seines Freundes Scheurer-Kestner erschüttert ihn damals so sehr, dass er fest davon überzeugt ist, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss, wenn er nicht verhindert werden kann. Dieses Grauen vor vergossenem Blut geht auf die Erfahrungen und die Weltanschauung über das Leben des „großen Mannes“ zurück.

 

EINE ENERGISCHE UND KOMPLEXE PERSÖNLICHKEIT

Folglich bedeutet die Ernennung des Jahres 2018 zum „Jahr Clemenceau“ nicht nur die Intelligenz und Energie eines Staatsmannes zu würdigen, sondern auch, sich mit einer energischen, komplexen und vielseitigen Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Den Vater Sieg zu feiern ermöglicht uns, ihn je nach Interesse, Lust und Laune auf seinen unendlichen Wegen zu verfolgen.

Im Département Vendée geboren, später nach Paris gegangen, um dort sein Medizinstudium zu beenden, 1870 im umlagerten Paris eingeschlossen, Bürgermeister und Arzt der Armen in Montmartre, Abgeordneter, Senator, Dreyfusanhänger, Journalist, Schriftsteller, Künstlerfreund, darunter Monet, Innenminister und schließlich Ministerpräsident sowie Vielreisender: Georges Clemenceau war immer in Aktion und ein Vorbild. Er war ungreifbar und widersprüchlich und so konnte man ihn manchmal nur schwer verstehen. Deshalb werden vom Ausschuss für den 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs und den Ministerien für Kultur und Verteidigung (Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive) im Jahr 2018 viele Veranstaltungen an verschiedenen Gedenkstätten organisiert und unterstützt.

 

EINE SAISON CLEMENCEAU

Seit Ende Januar stehen auf einer speziell eingerichteten Internetseite ein detaillierter Kalender des Jahres 1918, Dokumente und Artikel, eine reichhaltige Ikonografie und eine Bilanz der Initiativen des Präsidenten der Republik zur Verfügung. Mehrere Archivunterlagen, die vom historischen Dienst der Verteidigung aufbewahrt und vom General Mordacq, Kabinettschef des Militärs unter Clemenceau, zusammengetragen wurden, werden zur Zeit eingescannt. Insgesamt geht es dabei um 10.000 Ansichten.

Das Museum Clemenceau Museum Clemenceau in Paris empfängt die Öffentlichkeit, um in einer mit Unterstützung der Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive des Verteidigungsministeriums renovierten Galerie nicht nur die verschiedenen Gesichter und zahlreichen Kämpfe des „Republikaners der Schlacht“ zu zeigen, sondern auch die immense Kultiviertheit und Zärtlichkeit des privaten Menschen, und zwar in seiner seit seinem Todestag am 24. November 1929 unveränderten Wohnung. Das ganze Jahr über werden hier Ausstellungen und Führungen angeboten.

Die Einweihung des zum Nationalmuseum umgestalteten Geburtshauses Geburtshauses in Mouilleron-en-Pareds ist eine Veranstaltung von großer Bedeutung im Département Vendée. Als Museumshaus wird es „die Emotion eines Erinnerungsortes erhalten und die Laufbahn eines Mannes voller Ideen aufzeigen, der die Geschichte Frankreichs durch sein Denken und Handeln geprägt hat“, erklärt die Museumsdirektorin Marie-Hélène Joly voller Leidenschaft. Wenige Kilometer entfernt, in Saint-Vincent-sur-Jard, befindet sich das von Georges Clemenceau liebevoll „la Bicoque“ („die Bruchbude“) genannte Haus, in dem er seinen Ruhestand verbrachte. Auch hier finden Konferenzen und Veranstaltungen zu Ehren des Gastgebers statt, der hier viele seiner Freunde empfing und in der Ruhe und Einsamkeit der Nacht mit Blick auf das Meer literarische Texte und Liebesbriefe verfasste.

All das hilft dabei, den Sinn des Schwures von General de Gaulle zu verstehen, den er am 11. November 1941 in der BBC Georges Clemenceau widmete. Mit Bestimmtheit beginnt er diesen mit den unvergesslichen Worten: „Heute, am 11. November, wenn auch tief unten in Ihrem Grab in der Vendée, schlafen Sie nicht, Clemenceau.“ Der Kriegsherr, der er nunmehr war, wusste, dass der „alte Tiger“ eine Inspiration für den unmittelbaren Sieg Frankreichs und das kommende Jahrhundert darstellen konnte. Im November 2018 findet eine Ausstellung zu diesem Thema im Pantheon statt.


Auteur
Sylvie Brodziak - Maîtresse de conférences HDR en littérature française et histoire des idées, université de Paris Seine-Cergy-Pontoise

Mehr kennen

www.clemenceau2018.fr

www.musee-clemenceau.fr

 

Bibliographie

Clemenceau, Sylvie Brodziak, Presses universitaires de Vincennes, 2015.

Clemenceau au front, Samuël Tomei, Verlag Pierre de Taillac/Verteidigungsministerium, 2015.

Dictionnaire Clemenceau, Sylvie Brodziak und Samuel Tomei (Dir.), Vorwort von Jean-Noël Jeanneney, Kollektion Bouquins, Robert Laffont, 2017.

 

Gedächtnisstätten

Musée Clemenceau

Musée des Deux Victoires - Clemenceau-de Lattre

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