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Charles Lanrezac

1852 - 1925

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Portrait von Charles Lanrezac. Quelle: www.firstworldwar.com

 

Der in Pointe-à-Pitre (Guadeloupe) im Jahr 1852 geborene Charles Louis Marie Lanrezac zählt zu den eher untypischen militärischen Persönlichkeiten des Ersten Weltkriegs: Er zählt zu den Generälen, deren strategische Rolle sehr umstritten ist. Als Nachfolger von General Joffre am Vorabend der ersten Schlacht um die Marne verhindert er während den 32 Kampftagen die völlige Vernichtung der französischen Armee im August 1914.

Der aus Guadeloupe stammende Kreole Charles Louis Marie Lanrezac, Sohn des ranghohen Offiziers Victor Lanrezac, dessen Vater Auguste sich mithilfe falscher Papiere den Namen Lanrezac angeeignet hatte, Anagramm von Cazernal um die Anonymität zu wahren, entstammt einer Familie aus Toulouse mit niedrigen Adelsstand aus dem Geschlecht Augustin Théreze de Quinquiry d'Olive. Aufgrund dieser Abstammung war er gezwungen, sein Hab und Gut der „Cazernal“ – fehlerhafte Abschrift von „du Cabanial“ – zu verkaufen, bevor er nach Hamburg emigrierte, um dem Terror zu entfliehen. Die mit der Garnison verbundene und bescheidene Familie Lanrezac wohnt in Cherbourg. Charles erhält vom Präfekten der Manche ein Stipendium für die Kaiserliche Militärschule in Saint-Cyr, das er als 75. Bester von 250 Absolventen beendet. Im September wird er dann an das militärische Pyrtaneum in La Flèche geschickt. Kaum ein Jahr später wird Unterleutnant Charles Lanrezac am 14. Juli 1870 für das 13. Infanterieregiment abkommandiert.

Nachdem das Zweite Kaiserreich am 20. September abgesetzt wurde, fasst die Verteidigungsregierung den Entschluss, den Kampf durch Bildung neuer Armeen fortzusetzen. Der junge Soldat wird dem 15. Armeekorps zugeteilt, der späteren Armee der Loire, die von General de la Motte Rouge und später von General d'Aurelle de Paladines befehligt wird. Nachdem die französischen Positionen rings um Orléans vernichtend geschlagen waren, beginnt die Armee am 11. Oktober mit der Evakuierung der Stadt. Lanrezac überzeugt in der Schlacht um Coulmiers (9. November) und den Kämpfen nördlich von Orléans (24. November) durch seinen mutigen Einsatz, weshalb er provisorisch zum Leutnant ernannt wird und auf dem Schlachtfeld von der Ehrenlegion ausgezeichnet wird. Im Januar 1871 tritt sein Korps der Ostarmee unter General Bourbaki bei. Ihr Ziel ist die Befreiung von Belfort und das Zurückdrängen der Preußen aus dem Elsass. Dieser Versuch war vergeblich. Leutnant Lanrezac ist an den Kämpfen von Héricourt beteiligt (15. – 17. Januar) und verharrt mit seiner Einheit in Besançon, um den Rückzug der Armee zu decken. Nach der Schlacht von Larnod am 20. Januar entgeht er nur knapp einer Inhaftierung in der Schweiz.

Nach Kriegsende beendet Lanrezac in Saint-Cyr seine Ausbildung zum Offizier und tritt in Annecy seiner neuen Einheit, dem 30. Infanterieregiment bei. Seine politische Karriere verläuft somit sehr klassisch. 1873 heiratet er in Paris seine Ehefrau Félicie Marie-Louise Dutau, aus Réunion stammend und eine Cousine seiner Mutter. Nachdem er am 21. Februar 1876 zum Hauptmann des 24. Infanterieregiments ernannt wurde, erhält er 1879 seine Beförderung in den Generalstab. Er wird Professor für Militärkunst in Saint-Cyr, bevor er für 5 Jahre dem Generalstab der 113. Besatzungsbrigade in Tunesien beitritt. Dank seinem vorbildlichen Einsatz und seinen Führungsqualitäten wird er Professor an der höheren Kriegsschule. Im Juli 1892 wird er schlussendlich nach Dienstalter zum Bataillonschef ernannt. 

Von 1896 bis 1899 dient er dem 104. RI in Paris. Gleichzeitig unterrichtet er Militärgeschichte sowie Strategie und Taktik an der Militärschule. Seine schillernde Persönlichkeit (die ihm bereits entsprechende Anmerkungen eingebracht hatte), seine fortschrittlichen pädagogischen Ansätze und sein Unterricht wurde von den Führungskräften geschätzt und auch seine Schüler waren von ihm begeistert. Als Oberstleutnant wird er 1898 zum stellvertretenden Direktor der höheren Kriegsschule. Drei Jahre später wurde er aufgrund seiner Verdienste zum Oberst befördert und erhält die Befehlsgewalt über das 119. RI von Paris, wo er sich „sowohl als guter Vorgesetzter des Korps als auch als hervorragender Lehrer verdient macht“.

Im März 1906 übernimmt er vorübergehend die 43. Brigade von Vannes und erhält im Mai die Sterne des Brigadegenerals verliehen. Er ist bekannt für die Achtung der Hierarchie und trägt als Leiter des Generalstabs Verantwortung für die Armee während der vorbereitenden Mobilisierung in den Vogesen im Jahr 1908. Sein Aufstieg setzt sich im Jahr 1909 fort: Im Mai wird er zum leitenden Kommandanten der Verteidigung für die Gruppen von Reims ernannt. Als Gouverneur wird er dann im August Mitglied des technischen Rats des Generalstabs, dem beratenden Organ des Kriegsministeriums. 1911 übernimmt er das Kommando über die 20. Infanteriedivision in Saint-Malo und wird im März zum Divisionsgeneral. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wird General Lyautey auf Lanrezac aufmerksam, der am 13. November 1911 über ihn schreibt: „Wenn eine Armee über einen Vorgesetzten mit solch hohen Werten verfügt, muss dieser auch an erster Stelle stehen“. 1912 übergibt er ihm dann zusätzlich das Kommando über die Departements Finistère, Loire-inférieure (Loire-Atlantique), Morbihan und Vendée. Auf seinen Rat hin gibt er das Kommando am 10. April 1914 auf, um dem Großen Kriegsrat beizutreten. Als Nachfolger von General Galliéni übernimmt er am 24. April 1914 die 5. Armee und wird im Alter von 60 Jahren am Vorabend des Kriegsausbruchs zum Kommandant der Ehrenlegion ernannt.

Nach einer kurzen Versammlung des Generalstabs, die er aufgrund des Nichterscheinens von General Joffre für enttäuschend hält, übernimmt Lanrezac das Kommando über die 5. Armee. Vertraut mit der deutschen Sprache und Denkweise verfasst er am 31. Juli 1914 einen allgemeinen Bericht über die Bedeutung des Sektors Meuse. Dieses Dokument hat jedoch keinen weiteren Bestand. Ihm unterstehen 300.000 Soldaten, 800 Kanonen, 110.000 Pferde und 21.000 Fahrzeuge. In der ersten Hälfte des August errichtet er sein Stabsquartier in Rethel und konzentriert seine Truppen zwischen Vouziers und Aubenton, bevor sie sich in Richtung der Nordostgrenze bewegen. Am 6. August erhält er den Befehl die belgischen Truppen an der Meuse massiv zu unterstützen, nachdem die Deutschen, die bereits am 3. August in Belgien einmarschiert waren, die Stadt Lüttich besetzten. Lanrezac erhält die Genehmigung, eine Einheit in den Norden zu verlagern. Noch vor dem Fluss sollten sie am 15. August ein deutsches Kavalleriekorps im Sektor Dinant zum Rückzug zwingen. Diese Episode führt dazu, die unter der Führung von Lanrezac stehende Armee an der Nordfront einzusetzen (in Richtung Jeumont und Charleroi), wo die Briten unter Marschall French sowie die alliierten Armeen die Nordfront bis Maubeuge abdeckten. Beginnend am 21. August entscheidet sich Joffre für einen gezielten Angriff auf die belgische Front und die Ardennen. Die Gegner waren die 5. und 6. Armee des Reichs, die 2. Armee von Oberbefehlshaber von Bülow und der Armee von Generaloberst von Kluck. Zwischen dem 21. und 23. August verliefen die Auseinandersetzungen rings um Charleroi, Tamines, Roselies und Mons immer mehr zum Nachteil der französisch-britischen Truppen, die den Befehlen des Generalstabs folgten, jedoch hoffnungslos einem Feind gegenüber standen, der sich zurückzuziehen und zu verstecken verstand. Die französische Armee steht kurz vor der Einkesselung und dem vernichtenden Untergang. Am 23. August entscheidet sich Lanrezac entgegen der Anweisungen für den rücksichtslosen Kampf und befiehlt den Rückzug. Er kann den deutschen Armeen entkommen und billigt zwei Tage später die Aufgabe des Angriffsplans XVII. Dieses Vorgehen wurde von den Kreisen um Joffre als dreiste Herausforderung gewertet und er bekam die Feindseligkeiten ihm gegenüber zu spüren. Auf dieselbe Weise werden auch vom 26. bis 29. August 1914 die Kämpfe in Guise eingeleitet. Nach dem Erhalt des Befehls zum Angriff im Norden, zur Unterstützung des 2. britischen Korps, das in Cateau überrascht wurde, hat Lanrezac einen Tag Zeit, seiner Armee eine Verschnaufpause zu gönnen und den Angriff vorzubereiten. Am 29. August bringt er seine Truppen in Stellung: das 10. Korps nord-nordwestlich des südlichen Flusses Oise, in Richtung Guise, das 3. und 18. Korps der Reservetruppen entlang des Flusses, ausgerichtet in Richtung Westen gegenüber der Stellungen der Deutschen.

Der gemeinsam von den Batterien der 75. durchgeführte Angriff kommt für den deutschen Generalstab überraschend, woraufhin der Schlieffen-Plan aufgegeben wird. Paris wird gerettet. Von Bülow verzichtet darauf, Marschall French zu folgen, und kann der Bedrängung durch die 5. Armee nichts entgegensetzen. Letzterer wiederum kann einen Verteidigungssieg davontragen. Die Initiative bleibt jedoch nach wie vor in den Händen der 1. und 2. deutschen Armee, die versucht, Lanrezac und seine Männer einzukesseln, ohne Deckung an den Flanken und immer noch aus dem Rückhalt kämpfend. Die Franzosen erreichen die Marne, überwinden diese und richten in Sézanne das Generalquartier ein. Am 3. September wird Lanrezac von seinem Amt enthoben und durch General Franchet d'Espérey ersetzt. Zwei Tage später beginnt die erste Schlacht um die Marne.

Die Absetzung basierte auf verschiedenen Gründen: Starrsinn eines Vorgesetzten, der sich nur für seine eigenen Truppen interessierte, der es wagte, sich Befehlen zu widersetzen, das schlechte Verhältnis zu Marschall French, obwohl der französische Generalstab entsprechenden Einfallsreichtum an den Tag legte, um den Verbündeten zu schonen, die Anerkennung der deutschen Überlegenheit und des Schlieffen-Plans, der eher auf Angriff und Mobilität ausgerichtet ist, während Plan XVII nur auf die Konzentration der Truppen abzielt, die Notwendigkeit einen Schuldigen dafür zu präsentieren, um das Debakel der ersten Einsätze rechtzufertigen. Lanrezac schrieb hierzu später: „An der Stelle von General Joffre hätte ich genauso gehandelt. Wir waren in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung, sowohl aus taktischer wie auch aus strategischer Sicht. Wir konnten einander nicht verstehen. Es war richtig von mir, von einer Kritik des Generals abzusehen, denn ich hatte nicht das Recht, seine Vorgehensweise auf anderen Kriegsschauplätzen zu beurteilen.“

Lanrezac wird General Galliéni, Militärgouverneur von Paris, unterstellt, der ihn nach Bordeaux schickt, nachdem die Regierung die Flucht ergriffen hatte. Ab Oktober wird Lanrezac mit punktuellen Missionen betraut: Inspektor der Ausbildungszentren der Militärschule in Saint-Cyr im Oktober 1914, Inspektor der Ecole normale supérieure und der forstwirtschaftlichen Schule im Jahr 1915, Generalinspektor der Infanterielager in der 19. und 20. Region im Februar 1916 usw. Ende 1916 wird er entlassen. Generalstab und Regierung ist es daran gelegen, die Ungerechtigkeit wieder gutzumachen und sie bieten ihm entsprechend hohe Posten an. Lanrezac lehnt diese Angebote ab und wird von General Lyautey zum Inspektor für die Infanterieausbildung ernannt. Der zum General beförderte Pétain verleiht ihm am 3. Juli des Großoffizierskreuz der Ehrenlegion: „Für seine Militärkunst und seine geschickte Vorgehensweise in schwierigen Kämpfen, in den er für unser Land entscheidende Erfolge erzielt und hervorragende Dienste geleistet hat“. Am 1. August 1917 beendet Charles Lanrezac aus gesundheitlichen Gründen den aktiven Dienst.

Der Versuch der Rehabilitation des Generals beginnt kurz darauf. In den Jahren 1917 und 1918 erscheinen mehrere Artikel von Engerand, Abgeordneter von Calvados, im Le Correspondant, die sich mit seiner Entlassung beschäftigen. General Maud'huy schreibt in einem im Gaulois 1920 veröffentlichten Artikel, dass Dank Lanrezac Frankreich in Charleroi gerettet wurde. General Palat informiert die Franzosen in seinem Werk Histoire de la Grande Guerre über den Respekt, der ihm von seinen ehemaligen Gegnern von Bülow und von Hausen entgegengebracht wurde. 1922 wird der abgesetzte General Lanrezac mit dem Großkreuz der Belgischen Krone und für seine Leistung in Charleroi mit dem Kriegskreuz mit Palme ausgezeichnet. Am 29. August 1924, dem Jahrestag der Schlacht von Guise, wird ihm das Großkreuz der Ehrenlegion verliehen. Das Gedächtnis an den General wurde rehabilitiert. Am 6. September werden ihm in Neuilly-sur-Seine von Marschall Pétain und dem Kriegsminister General Nollet, besondere Ehren zugesprochen.

Charles Lanrezac stirbt am 18. Januar 1925. Auf seinem Grabstein auf dem Montmartre steht geschrieben: „Für den Retter Frankreichs im August 1914.“

Als letzter Akt der Rehabilitation und der nationalen Anerkennung wird der Leichnam von General Lanrezac im Jahr 1933 in den Invalidendom überführt.

Émile Driant

1855-1916

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Porträt von Emile Driant. Quelle : Generalrat der Maas

Oberstleutnant Driant ist bekannt, weil er am 22. Februar 1916 im Wald von Caures bei Verdun gefallen ist. Aber vorher machte er als Hauptmann Danrit eine literarische Karriere und eine politische, als er ab 1910 zum Abgeordneten des 3. Bezirks gewählt wurde. Emile Cyprien Driant wurde am 11. September 1855 in Neuchâtel (Aisne) geboren, wo sein Vater Notar und Friedensrichter war. Als Schüler des Lyzeums in Reims bekommt er den ersten Preis für Geschichte im jährlichen Leistungswettbewerb. Entgegen dem Wunsch seines Vaters, der ihn gern als seinen Nachfolger gesehen hätte, will Emile Soldat werden, die Niederlage von 1871 und der Durchmarsch der preußischen Truppen haben ihn geprägt. Nach dem Staatsexamen in Geistes- und Rechtswissenschaften wird er 1875 mit zwanzig Jahren Schüler von Saint - Cyr. Zwei Jahre später beendet er die Ausbildung als viertbester und beginnt eine verdienstvolle militärische Karriere: klein aber kräftig, von ausgezeichneter Gesundheit, sehr aktiv und immer bereit; reitet sehr gut und interessiert sich sehr für den Reitsport, äußerst intelligent, mit Aussicht auf eine blendende Zukunft" schreibt einer seiner Vorgesetzten. Er dient im 54. Infanterieregiment in Compiègne und später in Saint-Mihiel.

Nach seiner Beförderung zum Leutnant beim 43. Infanterieregiment im Jahr 1883 kommt er nach Tunis, wo der damalige Generalgouverneur von Tunesien, General Boulanger, ihn zu seinem Ordonnanzoffizier macht. Er gibt ihm seine Tochter Marcelle zur Frau. 1886 wird er Hauptmann und folgt Boulanger nach Paris, der zum Kriegsminister ernannt worden ist. Da er die Aktion den politischen Intrigen vorzieht, kehrt er nach Tunesien zum 4. Regiment der Zuaven zurück - und die Episode mit Boulanger bringt ihm das Misstrauen seiner Umgebung und die Versetzung weit von Tunis entfernt ein, nach Aïn-Dratam an der algerischen Grenze. Das Ehepaar Driant kehrt nach Tunis zurück und nimmt seinen Wohnsitz in Karthago, wo er den katholischen Zirkel von Kardinal Lavigerie besucht, der zu der Zeit Primas von Afrika ist. Diesen ruhigen Moment in seiner Karriere nutzt Driant, um sich unter dem Pseudonym Danrit literarisch zu betätigen. Der Erfolg stellt sich sofort ein, ein Roman folgt auf den anderen: La guerre de demain (Der Krieg von morgen), La guerre de forteresse (Der Festungskrieg), La guerre en rase campagne (Der Krieg auf freiem Feld), La guerre souterraine (Der unterirdische Krieg), L'invasion noire (Die schwarze Invasion), Robinsons sous-marins (Unterwasser - Robinsons), L'aviateur du Pacifique (Der Flieger vom Pazifik), usw. Hauptmann Danrit ist neben Louis Boussenard und Paul d'Ivoi einer der Hauptautoren des Journal des voyages. Seine Erzählungen sind von dem Vorbild des Abenteuerromans von Jules Verne inspiriert, stehen aber auch unter dem Einfluss der Niederlage von Sedan und der kolonialistischen Expansionspolitik Frankreichs. Die Entdeckung der Welt und ihrer Wunder wird zur Quelle von Reichtümern oder von Bedrohungen, die es zu bekämpfen gilt; die ungewöhnlichen Maschinen, mit denen man bei Verne durch die Lüfte und die Meere reisen konnte, werden hier vor allem zu Kriegsmaschinen, mit denen man den Feind vernichten will. Sein Werk ist ein typisches Beispiel für den kolonialen Abenteuerroman am Ende des 19. Jahrhunderts, oder genauer, der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. In seinen Werken nimmt die Armee einen großen Raum ein. Er stellt in ihnen seine Bewunderung großer Männer und sein Misstrauen gegenüber den Mitgliedern des Parlaments dar. Sie spiegeln die öffentliche Meinung wider, mit ihrer Besessenheit von der Angst vor einem drohenden Krieg. Sie verarbeiten die täglichen Kommentare in der Presse über internationale Ereignisse (Faschoda 1898, die Marokkokrise bildet den roten Faden der Handlung von L'Alerte (Der Alarm) ,1911), auf die Gefahr hin, damit ein Feuer zu entfachen und mit der fixen Idee des Untergangs von Frankreich und Europa. So sind es in L'invasion jaune (Die gelbe Invasion) die Amerikaner, geldgierige Kapitalisten, die die Bewaffnung der Asiaten fördern, indem sie ihnen Gewehre und Patronen verkaufen. Er denkt sich auch die massive Benutzung der modernen Waffen in einem Weltkrieg aus: tödliche Gase, Aeoroplane, Unterseeboote, wobei jede Erfindung unter der Perspektive einer großen Offensive gesehen wird. Der Offizier trifft sich mit dem Schriftsteller, wenn er seine für die Jugend geschriebene Trilogie zu einem pädagogischen Werk macht: Histoire d'une famille de soldats (Geschichte einer Soldatenfamilie) (Jean Taupin 1898, Filleuls de Napoléon (Patenkinder Napoleons) 1900, Petit Marsouin (Kleiner Tümmler) 1901). Hauptmann Danrit schreibt ungefähr dreißig Romane in fünfundzwanzig Jahren.
Das "Idol des Soldaten" wird ins Mutterland zurück beordert und 1892 zum Ausbilder in Saint-Cyr ernannt, versehen mit der Gloriole seines Rufs als militärischer und visionärer Schriftsteller: seine Werke kündigen den Krieg in den Schützengräben an. Im Dezember 1898 wird er zum Bataillonschef im 69. Infanterieregiment in Nancy ernannt, nachdem er vier Jahre lang wieder bei den 4. Zuaven gedient hatte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Nancy verwirklicht sich sein Wunsch, ein Jägerbataillon zu führen. Er erhält das Kommando über das 1. Jägerbataillon zu Fuß, das in der Beurnonville - Kaserne in Troyes stationiert ist. Seine Entschlossenheit und sein Mut lassen ihn am 13. Januar 1901 sein Leben riskieren, als er eingreift, um den Tobsüchtigen Coquard im Faubourg Sainte-Savine zu beruhigen. Trotz seiner ausgezeichneten Dienstzeitbescheinigungen steht Driant nicht auf der Beförderungsliste. Da er politisch dem rechten Katholizismus angehört, bekommt er die Folgen des Antiklerikalismus zu spüren der die Jahre des Gesetzes über die Trennung von Staat und Kirche bestimmt und wird im Zusammenhang mit der Affäre der Karteikarten angeschuldigt, in denen die Offiziere nach ihrer religiösen Überzeugung benotet worden sein sollen. In einer Pressekampagne wird er beschuldigt, er hätte einen Gottesdienst in der Kathedrale von Troyes zum Sidi-Brahim - Fest organisiert und versucht, die Gewissensfreiheit seiner Leute einzuschränken, indem er sie gezwungen hätte, an dem Gottesdienst teilzunehmen. Er wird mit vierzehn Tagen Arrest bestraft, bittet um seinen Ruhestand und beschließt, in die Politik zu gehen, um die Streitkräfte im Parlament zu verteidigen: er ist damals fünfzig Jahre alt.
1906 verliert er in Pontoise gegen den Liberalen Ballu und nutzt nun seine Mitarbeit im L'Eclair, in dem er viele gegen das Parlament gerichtete kritische Artikel schreibt, um eine Reise nach Deutschland zu unternehmen. Nach seinen Beobachtungen der großen Manöver in Schlesien veröffentlicht er ein Buch mit dem warnenden Titel, Vers un nouveau Sedan (Es kommt ein neues Sedan) , in dem er den aufschlussreichen Schluss zieht: "wenn wir morgen in einen Krieg mit Deutschland verwickelt würden, wäre dieser Krieg eine Katastrophe. Wir würden wie 1870 geschlagen werden, schlimmer als 1870". Diese Aussagen, die zunächst in sieben Artikeln kurz vor den Wahlen von 1910 erscheinen, bewirken, dass er in Nancy die Wahl gegen den Radikalen Grillon gewinnt. Er nimmt ständig an den Sitzungen der Abgeordnetenkammer teil, vertritt eine Mischung aus dem sozialen Katholizismus von Mun und den Ideen von Vogüé und Lavisse, trägt dazu bei, dass für die Militärkredite gestimmt wird und unterstützt Barthou bei der Abstimmung über das "Gesetz zur Rettung", das den nationalen Militärdienst auf drei Jahre verlängert. Er lehnt sich gegen die Deklassierung der Festungen an den Grenzen auf - es gelingt ihm, die Festung von Lille 1912 zu retten - und interessiert sich vor dem Krieg für die ganz neue militärische Luftfahrt. Driant widersetzt sich den Thesen von Briand und Jaurès und stützt sich dabei auf Beispiele von Ereignissen aus Russland. Die Streitkräfte müssen eine wesentliche Rolle spielen, vor allem als Erziehungsinstrument für das Volk, und gegebenenfalls auch als Instrument gegen die Revolution. Das ist das Konzept der Schul - Armee und des sozialen Auftrags, das sich damals im Einflussbereich von Dragomirov, Art Roë und Lyautey manifestiert. Er interessiert sich für die sozialen Kämpfe, soweit sie die nationale Verteidigung schwächen können. Er unterstützt die unabhängigen oder "gelben" Gewerkschaften, die von Pierre Biétry mit Unterstützung des Industriellen Gaston Japy gegründet wurden. Sie vertreten die Vereinigung von Arbeitskapital und Geldkapital. Die Texte von Driant verteidigen das Prinzip der Freiheit durch individuelles Eigentum, mit Hilfe der fortschreitenden Teilhabe der Arbeiter an dem Kapital der Unternehmen. Unter den wichtigsten Abstimmungen des Abgeordneten Driant während der Legislaturperiode 1910 - 1914 finden sich Beschlüsse wie z.B. der Zehnstundentag, die Renten, die gewerkschaftlichen Freiheiten und verschiedene Maßnahmen sozialer Unterstützung.
Als der Krieg erklärt wird, bittet er, ihn wieder in Dienst zu stellen und wird dem Stab des Gouverneurs von Verdun im Dienst von General Coutenceau zugeteilt. Er beantragt und erhält das Kommando der 56. und 59. Jägerbataillone zu Fuß der 72. Infanteriedivision, die aus Reservisten aus dem Norden und Osten bestehen, d.h. 2200 Mann. Er hat das Kommando in den Argonnen und in Woëvre. Seine Truppen, die von den Kämpfen bei Gercourt, einem Dorf an der Maas, das Driant von den Deutschen zurück erobert, mitgenommen sind, nehmen nicht an der ersten Schlacht an der Marne teil und werden mit der Verteidigung des Abschnitts Louvemont beauftragt. Sie gewinnen den Abschnitt im Wald von Caures zurück und befestigen ihn. "Vater Driant", der immer ein offenes Ohr für seine Jäger hat, belohnt die besten mit Zigaretten und Zigarren und nimmt persönlich an der Beerdigung seiner Helden auf dem Friedhof von Vacherauville teil. Als Mitglied des Armeeausschusses ist er Berichterstatter für das Gesetz, das 1915 das Kriegskreuz einführt. Vor allem aber ist er es, der am 22. August 1915 in einem Brief an den Präsidenten der Kammer, Paul Deschanel, den unmittelbar bevorstehenden deutschen Angriff auf Verdun ankündigt und auf den Mangel an Menschen und Material hinweist: "wir nehmen hier an, dass der Stoß sich auf die Linie Verdun - Nancy richten wird... Wenn es sich die Deutschen etwas kosten lassen, und sie haben bewiesen, dass sie bereit waren 50000 Männer zu opfern, um eine Festung einzunehmen, dann kommen sie durch". Trotz eines Besuchs von Parlamentariern, einer Inspektion durch Castelnau im Dezember 1915 und einer Anfrage von Kriegsminister Galliéni an Joffre wird nichts getan. Infolgedessen bieten am 21. Februar 1916, als die Armee des Reichs ihren Angriff auf den Abschnitt von Verdun konzentriert, nur die 1200 Männer von Driant und die 14 Batterien 10 000 deutschen Soldaten und 40 Batterien die Stirn. Die Jäger halten sich über 24 Stunden lang heroisch und haben große Verluste, bis die Verstärkung ankommt und die Frontlinie übernehmen kann. Die Stellung im Wald von Caures, die Driant mit seinen Männern hält, steht zwei Tage lang unter pausenlosem Feuer von 150, 210 und 300 mm - Kanonen. Am Mittag des 22. Februar greifen die Deutschen die Stellungen der Jäger an. Die Granaten und Flammenwerfer brechen den Widerstand der Franzosen. Driant befiehlt den Rückzug nach Beaumont. Er wird an der Schläfe getroffen und fällt mit einundsechzig Jahren.
Am Abend des 22. Februar 1916 zählt man nur 110 Jäger des 56. und 59. Regiments, die diesen Kampf überlebt haben. Die Nachricht von der Katastrophe bewirkt große Aufregung. Alfons XIII. von Spanien, ein Bewunderer von Emile Driant, beauftragt seinen Botschafter in Berlin, sein Verschwinden zu untersuchen. Man möchte gern glauben, dass er verwundet, gefangen oder ins Ausland geflüchtet ist, aber ein Brief der Baronin Schrotter, der Mutter eines deutschen Offiziers, der an den Kämpfen von Caures teilgenommen hat, an seine Ehefrau macht schließlich den Gerüchten ein Ende : "Herr Driant wurde mit aller Sorgfalt und allen Ehren begraben, und seine Feindeskameraden haben ihm ein schönes Grab gegraben und geschmückt; dort können Sie ihn in Friedenszeiten finden" (16. März 1916). Sein Opfer wird von der Presse und den Kriegspublikationen aufgegriffen, um die Truppen zu begeistern. Die Abgeordnetenkammer verkündet offiziell seinen Tod, sein Nachruf wird am 7. April von Paul Deschanel gehalten, und am 28. Juni lässt die Liga der Patrioten von Maurice Barrès einen feierlichen Gottesdienst unter Vorsitz des Kardinals Amette in Notre-Dame (Paris) halten. Der Soldat vereinigt sich mit dem Schriftsteller ... Er wird von den Deutschen in der Nähe der Stelle beigesetzt, an der er gestorben ist, und die Sachen, die er bei sich hatte, werden seiner Witwe über die Schweiz zurückgegeben. Im Oktober 1922 wird die Leiche von Driant exhumiert. Auf Beschluss von Frontkämpfern, darunter Castelnau, wird ein Mausoleum errichtet. Jedes Jahr wird dort am 21. Februar eine Feier abgehalten, in Erinnerung an Oberst Driant und seine Jäger, die bei der Verteidigung von Verdun gefallen sind.

 

Jean-Marie de Lattre de Tassigny

1889-1952

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Porträt von Marschall de Lattre de Tassigny. Quelle: www.lesfeuillants.com/Vivre/site_150eme/p7.htm

Jean-Marie de Lattre de Tassigny, geboren am 2. Februar 1889 in Mouilleron-en-Pareds in der Vendée, als Sohn einer alten Aristokratenfamilie von Französisch Flandern, erhält eine ausgezeichnete Erziehung im Collège Saint Joseph in Poitiers.

Militärische Karriere

Von 1898 bis 1904 bereitet er sich auf die Marineakademie und die Militärschule von Saint-Cyr vor, in die er 1908 aufgenommen wird. Er macht seine Ausbildung bei den 29. Dragonern in Provins. Von 1909 bis 1911 ist er Schüler von Saint-Cyr, im Jahrgang "Mauretanien", in dem er als Viertbester abschneidet. 1911 tritt er in die Kavallerieschule in Saumur ein. 1912 wird er den 12. Dragonern in Pont-à-Mousson zugeteilt und kommt dann an die Front. Während des Ersten Weltkriegs ist er Hauptmann im 93. Infanterieregiment und kehrt mit 4 Verwundungen und 8 ehrenden Erwähnungen aus dem Krieg zurück. Dann wird er von 1919 bis 1921 dem 49. Infanterieregiment in Bayonne zugeteilt. 1921 bis 1926 wird er in das 3. Büro und den Führungsstab der Region von Taza in Marokko versetzt. Von 1927 bis 1929 besucht er Kurse der Kriegsschule mit dem 49er Jahrgang. Er heiratet 1927 Simone de Lamazière und bekommt 1928 mit ihr einen Sohn. 1929 wird er Bataillonschef im 5. Infanterieregiment in Coulommiers.

1932 wird er in den Stab der Armee und dann in den Stab des Vizepräsidenten des Obersten Kriegsrates, General Maxime Weygand, versetzt und erhält den Titel eines Oberstleutnants. 1935 wird er Oberst und Kommandeur des 151. Infanterieregiments in Metz. Von 1937 bis 1938 besucht er Kurse an der Militärhochschule und wird 1938 Stabschef des Gouverneurs von Straßburg.

Zweiter Weltkrieg

Am 23. März 1939 wird er zum Brigadegeneral ernannt und ist am 2. September 1939 Stabschef der 5. Armee. Am 1. Januar 1940 übernimmt er das Kommando der 14. Infanteriedivision, die er während der Kämpfe mit der Wehrmacht in Rethel führt, bei denen seine Division heldenhaft standhält, bis zur Champagne und der Yonne, und ihren militärischen Zusammenhalt mitten im Chaos des Zusammenbruchs aufrecht erhält. Von Juli 1940 bis September 1941 ist er Stellvertreter des kommandierenden Generals der 13. Militärregion in Clermont-Ferrand und wird dann Divisionsgeneral und hat bis Ende 1941 die Führung der tunesischen Truppen. Danach kommandiert er die 16. Division in Montpellier und wird zum General eines Armeekorps' ernannt. Als die freie Zone von den deutschen Truppen überrannt wird, verweigert er den Befehl, nicht zu kämpfen und wird verhaftet. Er wird von dem Staatsgericht der Abteilung Lyon zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 3. September 1943 gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis von Riom, und er geht nach London und dann nach Algier, wo er am 20. Dezember 1943 eintrifft, nachdem er am 11. November 1943 von General de Gaulle zum Armeegeneral ernannt worden war. Im Dezember 1943 kommandiert er die Armee B, die zur ersten französischen Armee wird. Am 16. August 1944 landet er in der Provence, nimmt Toulon und Marseille ein, rückt über das Rhône- und das Rheintal nach Norden vor, befreit das Elsass und marschiert in Deutschland ein, bis zur Donau. Er war der Vertreter Frankreichs bei der Unterzeichnung des Waffenstillstands am 8. Mai 1945 in Berlin im Hauptquartier von Marschall Schukow.

Nach dem Krieg

Von Dezember 1945 bis März 1947 ist er Generalinspekteur und Chef des Generalstabs der Armee. Im März 1947 ist er Generalinspekteur der Armee, dann Generalinspekteur der Streitkräfte. Von Oktober 1948 bis Dezember 1950 ist er der Oberkommandierende der westeuropäischen Armeen in Fontainebleau. Er wird Hochkommissar und Oberkommandierender in Indochina und Oberkommandierender im Fernen Osten (1950-1952) und gründet eine nationale vietnamesische Armee. Erschöpft von der Überanstrengung, der er sich während seiner gesamten Karriere ausgesetzt hat und die seiner Verwundung von 1914 nicht gut bekommen ist, und tief getroffen von dem Tod seines Sohnes Bernard, der während des Indochinafeldzuges gefallen ist, erkrankt er an Krebs und stirbt am 11. Januar 1952 in Paris an den Folgen einer Operation. Bei seiner Beerdigung am 15. Januar 1952 wird er posthum zum Marschall von Frankreich ernannt. Er wird in seinem Geburtsort Mouilleron-en-Pareds beigesetzt.

Gabrielle Petit

1893-1916

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Portrait von Gabrielle Petit. Quelle: www.ww1-propaganda-cards.com

Die von den Deutschen im Jahr 1916 wegen Spionage, Verteilung von Untergrundpresse und Teilnahme an der Exfiltration von Soldaten zum Tode verurteilte Gabrielle „Gaby“ Petit ist eine Symbolfigur des Widerstands der belgischen Frauen während des Ersten Weltkriegs. 

Gabrielle Aline Eugénie Marie Petit ist das Kind einer in bescheidenen Verhältnissen lebenden Familie aus Tournai. Im Alter von fünf Jahren kommt sie auf Grund des schlechten Gesundheitszustands ihrer Mutter, die bald darauf stirbt, in einem Kloster in Ath zur Pflege. Gabrielle und ihre Schwester Hélène werden im Orden der Dames du Sacré Coeur in Mons untergebracht, wo sie ihr Vater zurücklässt. Ein Cousin nimmt die beiden Mädchen auf und gibt sie in die Obhut der Schwestern des armen Kindes Jesus, wo ihnen eine angemessene intellektuelle und affektive Entwicklung zuteil wird. Im Alter von 17 Jahren muss Gabrielle auf dessen Forderung wieder bei ihrem Vater einziehen. Nach einigen Monaten nimmt das schwierige Zusammenleben ein Ende. Die jungen Frauen beschließen, nach Brüssel zu übersiedeln, wo Hélène für ihre Schwester eine Stelle als Haushälterin bei Madame Butin findet.

Als der Krieg erklärt wird, ist Gabrielle Petit 21 Jahre alt. Sie ist mit dem Berufssoldaten Maurice Gobert verlobt, den sie zwei Jahre zuvor kennengelernt hat. Dieser wird in Hofstade bei Lüttich verletzt. Von den Deutschen gefangen genommen gelingt es ihm, zu entkommen und Gaby nachzureisen, die ihrerseits an der Front in Molenbeeck-Saint-Jean für das Rote Kreuz tätig ist. Das Paar, abgeschnitten von den belgischen Truppen, muss sich verstecken und versucht, die holländische Grenze zu erreichen.

Zurück in Belgien tritt sie dem Geheimdienst bei. Sie absolviert im Juli 1945 eine Ausbildung in Großbritannien und entwickelt sich rasch zu einer anerkannten Spionin. Unter dem Decknamen Legrand arbeitet sie im Sektor zwischen Ypres und Maubeuge, hält sich unter mehreren falschen Identitäten zwischen den feindlichen Truppen auf, sammelt für die Alliierten Informationen über die Bewegungen der deutschen Truppen, strategisch wichtige Punkte, die Aufrüstung und den Zustand des Schienennetzes. Sie ist gleichzeitig damit beschäftigt, Untergrundpresse zu verteilen (La Libre Belgique), ein paralleles Netzwerk für die Postzustellung an die gefangenen Soldaten zu leiten und es Soldaten, die hinter der belgischen Frontlinie blockiert sind zu ermöglichen, die holländische Grenze zu überschreiten.

Jedoch verstärkt die deutsche Spionageabwehr im Herbst 1915 ihre Aktionen. Gegen Gabrielle Petit, die schon einige Monate zuvor verdächtigt wurde, werden Überwachungsmaßnahmen eingeleitet. Sie entkommt zunächst ihren Verfolgern in den Gassen von Molenbeek. Anschließend wird sie in Hasselt festgenommen und kann erneut aus dem Gasthaus, in dem sie festgehalten wird, entfliehen. Im Dezember zieht sich die Schlinge um ihren Hals immer enger zusammen. Mit Hilfe eines holländischen Verräters fangen die deutschen Streitkräfte die Briefe ihres Netzwerks ab, tauschen sie aus und liefern sie über einen Monat lang an die Kommandantur aus. Gaby ist misstrauisch geworden und hinterlässt keinerlei Spuren, die auf die Mitglieder ihres Netzwerks hindeuten.

Am 20. Januar wird sie von dem Polizisten Goldschmidt verhaftet und fünf Tage lang in der Kommandantur in Isolationshaft gehalten. Weder ihr Verhör, noch die Hausdurchsuchung, bei der ihre Wohnung völlig verwüstet wird, liefern die geringsten Beweise. Am 2. Februar wird die Gefangene ins Gefängnis von Saint-Gilles (Brüssel) überführt. Dort hält sie den rüden Verhören und Haftbedingungen stand, entlastet die Familie ihrer Vermieterin Madame Collet und entwickelt ein Versorgungs- und Kommunikationssystem für die Inhaftierten. Sie weigert sich im Austausch gegen eine vorteilhafte Behandlung durch die Richter ihre Kameraden zu verraten.

Am 3. März 1916 wird Gabrielle Petit zum Tode verurteilt. Ab dem 8. März stellt ihre Schwester ein Begnadigungsgesuch, welches von Herrn Marin, dem Direktor des Gefängnisses von Saint-Gilles verfasst wurde und von der Apostolischen Nuntiatur sowie von der spanischen Gesandtschaft unterstützt wird an die Kommandantur, welche allerdings unerbittlich bleibt. Das Urteil wird am 1. April auf dem Tir National in Schaarbeek vollstreckt. Ihr Leichnam wird vor Ort begraben. Sie ist weniger bekannt als Louise Brettignies oder Edith Cavell, und so ignoriert die Öffentlichkeit ihre Hinrichtung bis ins Jahr 1919, wo ihr dann bei einer Zeremonie im Beisein der Königin Elisabeth, des Kardinals Mercier und des Premierministers Delacroix die ihr gebührenden Ehren erwiesen werden. Am 27. Mai wird ihr Leichnam exhumiert und zwei Tage lang in der Halle der Pas-Perdus im Rathaus aufgebahrt, bevor er auf dem Friedhof der Stadt Schaarbeek bestattet wird. 

Ihr sind eine Statue in Brüssel und ein Platz in Tournai gewidmet.

 

Emile Bourdelle

1861 - 1929

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Bourdelle beim Modellieren. Quelle: Bourdelle-Museum

 

Emile Antoine Bourdelle kommt am 30. Oktober 1861 in Montauban als Sohn des Schreiners Antoine Bourdelle, der ihn bereits im Alter von 13 Jahren in die Arbeit mit unterschiedlichen Materialien einweist, und einer Mutter zur Welt, die ihm die wesentlichen Werte eines einfachen, ländlichen Lebens nahe bringt. Die von ihm geschaffene Statue eines Fauns über einem Kleiderschrank zieht die Aufmerksamkeit zweier örtlicher Persönlichkeiten, nämlich Hyppolite Lacaze und Emile Pouvillon, auf sich, die ihn dazu anhalten, die örtliche Zeichenschule, damals unter der Leitung von Achille Bouis, zu besuchen. Im Jahr 1876 erhält Bourdelle ein Stipendium für die Universität der Schönen Künste von Toulouse. Er nutzt die Einsamkeit seiner Studienjahre zur Schaffung seiner ersten Meisterwerke: die drei Kinderköpfe, das Portrait Achille Bouis' oder das von Emile Pouvillon. Im Jahr 1884 begibt er sich nach Paris und tritt in das Atelier von Falguière an der Ecole des Beaux-Arts ein. 1884 lässt er sich in einem bescheidenen Atelier in der Impasse du Maine nieder. Im Jahr 1885 reicht der junge Bildhauer auf dem 'Salon des Artistes Français' sein Werk 'Der erste Sieg Hannibals' ein, das eine besondere Würdigung erhält. In einem Zustand der Erschöpfung wird der Bildhauer in das Krankenhaus eingewiesen. Nach einer Rekonvaleszenzzeit in Montauban wendet sich Bourdelle überzeugt von der Nichtigkeit der Lehre und der ihn auszeichnenden Preise von der Schule der schönen Künste ab und verlässt diese schließlich im Jahr 1886 ganz. In diesem Jahr schafft der 'Die Agonie der Liebe'.

1888 erscheint zum ersten Mal das später im Werk des Künstlers immer wieder vorkommende Motiv des Portraits Beethovens. Im Jahr 1891 stellt der Bildhauer zum ersten Mal im Salon de la Société Nationale des Beaux-Arts aus. Bourdelle findet neue Meister, die für ihn bald schon eher zu Begleitern werden. Er frequentiert das Atelier von Dalou, impasse du Maine, und beginnt im Jahr 1893 eine Zusammenarbeit mit Rodin in der Werkstatt von Falguière. Im Jahr 1897 bestellt ihm die Stadt Montauban das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen aus dem Jahre 1870. Gemeinsam mit Rodin gründet er im Jahr 1900 das Institut Rodin, eine private Bildhauerschule. Gleichzeitig schafft er neben einer Reihe weiterer Bestellungen 'Les Nuées' die das Pariser Wachsfigurenkabinett 'Musée Grevin' zieren sollen. Werke wie Der Haushalt der Bourdelles, der Orkan oder Herr und Frau Bourdelle bei einem Gewitter zeugen von seinem sehr bewegten Eheleben. Félicien Champsaur, Marie Bermond, Jean Moréas, Elie Faure, oder auch Jules Dalou bilden den Kreis seiner intimen Freunde. Das Jahr 1902 macht den Künstler mit der Eröffnung des Kriegerdenkmals von Montauban in der breiten Öffentlichkeit bekannt; im Jahr 1905 findet die erste persönliche Ausstellung von Bourdelle in der Galerie des Gießers Hébrard statt. Im gleichen Jahr stellt er einen Pallas aus Marmor in der nationalen Gesellschaft für Schöne Künste (Société Nationale des Beaux-Arts) aus. Seine zahlreichen Auslandsaufenthalte zeugen vom Interesse, das der Künstler außerhalb der Grenzen seines eigenen Landes weckt: im Jahr 1907 ist er in Berlin und Genf und im Jahr 1908 in Polen als Mitglied einer Jury zur Errichtung eines Denkmals zu Ehren Chopins.

Jetzt beginnt die Reifeperiode des Künstlers und somit trennen sich seine Wege endgültig von denen Rodins. Im Jahr 1909 beginnt er zu unterrichten und gibt Kurse an der Académie de la Grande Chaumière. Zu seinen Schülern zählen beispielsweise Giacometti und Germaine Richier. Diese Jahre sind auch die künstlerisch fruchtbarsten des Meisters. In dieser Zeit schafft er in nur einer Nacht die Entwürfe für die Fassade des Theaters an den Champs-Elysées, arbeitete zur gleichen Zeit am Sterbenen Zentaurus, an der Statue von Carpeaux, an der Gedenkstätte für Auguste Quercy. Im Jahr 1910 schließlich schafft Bourdelle sein Meisterwerk, den Bogenschützen Herkules, der in der Société Nationale des Beaux Arts gemeinsam mit der Büste Rodins ausgestellt ist. Ein Jahr später präsentiert Bourdelle das Gipsmodell von Penelope und beendet das Modell des Denkmals für Mickiewicz. Im Jahr 1913 schließt er das Projekt des Theaters an den Champs-Elysées ab. Mit diesen Flachreliefs und bemalten Friesen zu Themen aus der Mythologie materialisiert Bourdelle sein Ideal der Baukunst, bei dem das Dekor den Gesetzen der Architektur unterworfen ist. Seine Untersuchungen an monumentalen Werken setzen sich mit der Bestellung des Denkmals von Alvear, des für ihn bislang bedeutendsten Auftrags, und dann im Jahr 1919 mit dem Denkmal von Montceau-les-Mines und der Jungfrau mit der Opfergabe für den Hügel von Niederbrück fort. Bis zum Ende seines Lebens entwirft Bourdelle noch zahlreiche weitere Denkmäler, die er jedoch nicht mehr fertig stellen kann (Denkmal für Daumier, für Marschall Foch...).

 

Das Jahr 1914 wird von seinem Erfolg auf der Biennale von Venedig und von der Vorstellung des Sterbenden Zentaurus bei der Société Nationale des Beaux-Arts geprägt. Sein Erfolg wird mittlerweile schon bald unbestritten anerkannt: im Jahr 1919 wird der Bildhauer zum Offizier der Ehrenlegion ernannt. Um Bourdelle reihen sich weitere Persönlichkeiten: André Suarès, Anatole France, Krishnamurti, Henri Bergson.

Neben seinen Ausstellungen an der Société Nationale des Beaux-Arts gründet Bourdelle im Jahr 1920 gemeinsam mit Besnard und Perret den Salon des Tuileries. Die Geburt der Aphrodite stellt er im Salon des Tuileries und schließlich im Jahr 1925 auf der internationalen Ausstellung der Schönen Künste (Sapho, Masque de Bourdelle), in Japan und in den USA aus. Die Bronzestatue des Sterbenden Zentaurus wird im Salon des Tuileries dem Publikum präsentiert. Die letzten Lebensjahre Bourdelle sind von seinen Polychromie-Experimenten geprägt. So realisiert er im Jahr 1926 mit der Königin von Saba und dem Jungen Mädchen von la Roche-Posay seine ersten Versuche polychromer Skulpturen. Während Frankreich im Salon des Tuileries präsentiert wird, wird das Denkmal für Alvear in Buenos Aires eingeweiht. Ein Jahr vor seinem Tode feiert Bourdelle seinen Triumph: eine erste Bourdelle-Retrospektive wird anlässlich der Einweihung des Brüsseler Palais des Beaux-Arts präsentiert (141 Skulpturen und 78 Gemälde und Zeichnungen); am 28. April 1929 schließlich wird am Place de l'Alma das Denkmal für Mickiewicz eingeweiht. Am 1. Oktober stirbt Bourdelle in Vésinet bei seinem Freund dem Gießer Rudier.

Das Talent Emile Bourdelles trug zur Verewigung zahlreicher Gedenkstätten bei: - in Montauban schafft der Künstler das Monument der Soldaten und Verteidiger der Region Tarn-et-Garonne 1870-1871 und schließlich das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die im Krieg 1914-1918 gefallenen Soldaten; - Sieg des Rechts in der französischen Nationalversammlung; - Der Bogenschütze Herkules im Temple du Sport von Toulouse ; - das Denkmal an der Pointe de Grave zur Erinnerung an den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im Jahr 1917; - Das Kriegerdenkmal der Offiziersschule von Saint-Cyr (Coëtquidan), eine ursprünglich im Jahr 1935 in Alger errichtete Statue; - Die Form für die Errichtung der Gedenkstätte an die Forces françaises libres; - die schreienden Gesichter der Gedenkstätte von Capoulet-Junac (Ariège) ; - Die Säule von Trôo (Eure-et-Loir) ; - das Denkmal von Montceau-les-Mines (Saône-et-Loire), dessen eine Seite den Titel "die Rückkehr des Soldaten" trägt.

Louise de Bettignies

1880 - 1918

Aktie :

Portrait von Louise de Bettignies. Quelle: beh.free.fr/npc/hcel/index.html

Louise, die "Jungfrau von Orléans des Nordens", ist die Tochter von Julienne Mabille de Ponchevillle und Henri de Bettignies und entstammt somit einer alten wallonischen Adelsfamilie aus dem Hennegau, die im 18. Jh. die königlich-kaiserliche Porzellanmanufaktur von Tournai gründete. Ihr Urgroßvater Louis-Maximilien gründet eine Porzellanmanufaktur im "Moulin des Loups" genannten Weiler von Saint-Amand-les-Eaux. Henri de Bettignies verkauft das Werk aufgrund finanzieller Schwierigkeiten kurz vor der Geburt seiner Tochter. Dem jungen verarmten Mädchen werden trotz allem eine standesgemäße Erziehung und entsprechende Werte vermittelt. Sie studiert in Valenciennes und findet im Studium einen einen Trost für ihre Mittellosigkeit und den Tod ihres Vaters im Jahr 1903. Sie beschließt zunächst, dem Weg ihres Bruders und ihrer Schwester in das religiöse Leben zu folgen und in ein Kloster einzutreten, ändert danach jedoch ihre Pläne und nutzt ihre intellektuellen Fähigkeiten, um eine Stellungen als Gouvernante in englischen und deutschen Familien anzunehmen und auf diese Weise deren Sprachen zu erlernen und Europa zu entdecken. Im Jahr 1914 fallen die deutschen Truppen in den Norden Frankreichs ein. Louise engagiert sich gemeinsam mit ihrer Schwester in der Verteidigung von Béthune, indem sie die belagerte Stadt mit Nahrungsmitteln versorgt.

Im Februar 1915 wird die junge Frau während eines Aufenthalts in Saint-Omer von einem französischen Offizier des 2. Büros kontaktiert, der ihr vorschlägt, ihrem Land im Nachrichtendienst zu dienen. Dieser Vorschlag wird kurz danach von Major Kirke für den britischen Nachrichtendienst wiederholt. Sie holt hierfür zunächst die entsprechende Zustimmung ihres geistigen Führers, Vater Boulengés, dem sie ihren Spitznamen 'Jungfrau von Orléans des Nordens' verdankt, ein. Daraufhin organisiert sie im Bezirk von Lille, beraten von Monseigneur Charost, dem Bischof von Lille, die Anfänge des zukünftigen "Service Alice" oder "Service Ramble". Über Belgien oder die Niederlande übermittelt die junge Frau unter dem Namen Alice Dubois Informationen nach Großbritannien. Ab Frühling 1915 wird sie hierbei von der aus Roubaix stammenden Marie-Léonie Vanhoutte alias Charlotte Lameron unterstützt. Letztere war seit August 1914 in der Einführung des Rettungsdienstes tätig gewesen und nutzt ihren Status jetzt für ihre Spionagetätigkeit. Anlässlich ihrer Reisen zwischen Bouchaute, Gand und Roubaix, die an sich der Übermittlung von Nachrichten an die Familien von Soldaten und der Verteilung von Post dienen sollen, informiert sie die Briten über die Bewegungen der deutschen Truppen und strategische Stellen. Das Alice-Netzwerk besteht aus vierundzwanzig Personen. Es arbeitet so effizient, dass Informationen innerhalb von vierundzwanzig Stunden gesammelt und übermittelt werden können. Es besteht aus zwei Polen. Der erste dient der Überwachung der belgischen Grenze und der deutschen Truppenbewegungen. Es besteht somit aus an strategischen Stellen platzierten Beobachtern und Mittelsmännern: Schrankenwärtern, Bahnhofsvorstehern, örtlichen Widerstandskämpfern wie den Herren Sion oder Lenfant, dem Polizeikommissar von Tourcoing. Den zweiten Pol bilden in der Region Lille, Frelingues, Hellemmes, Santes und Mouscron, wohnhafte Personen, die gegenüber den Besatzungsbehörden eine rege Reisetätigkeit rechtfertigen können. Diese Personen, darunter Comboin genant José Biernan, Madeleine Basteins, Frau Semichon, Frau Paul Bernard, Mme de Vaugirard, Victor Viaene und Alphonse Verstapen übermitteln Informationen über sensible Bereiche (Stellung von Artilleriebatterien, von DT-Posten...) und übernehmen gelegentlich Kurierdienste. Vervollständigt wird das Ganze durch ein Chemielabor, das für die Reproduktion von Karten, Plänen und Fotos verwendet wird, das vom Ehepaar Geyter zur Verfügung gestellt wird. Die auf diese Weise gesammelten Informationen werden auf winzige Blätter Japanpapier übertragen und, großteils zu Fuß, nach Holland, in erster Linie von Louise de Bettignies und Marie-Léonie Vanhoutte, zwischen Gand und Brüssel, und schließlich nach Beerse gebracht.

Ab Mai 1915 arbeitet Alice Dubois von Zeit zu Zeit mit dem zweiten Büro von Kommandant Walner unter dem Pseudonym Pauline. Ihren Aktionen ist die Zerstörung von 2.000 Artilleriefahrzeugen bei den Schlachten von Carency und Loos-en-Gohelle zu verdanken. Im Sommer 1915 wird ein neues Informationsnetz im Sektor von Cambrai-Valenciennes, Saint-Quentin und Mézières eingeführt. Es übermittelt im Herbst 1915 Informationen über einen anstehenden Angriff auf Verdun. Nach dem Einführungs- und Verwaltungsstadium ist Louise de Bettignies mit dem Gegenangriff der deutschen Truppen konfrontiert. Alice und Charlotte haben den Eindruck, überwacht zu werden. Am 24. September 1915 wird Marie-Léonie Vanhoutte nach einem Treffen im Lion Belge (Brüssel) in der Familienpension Adriatiques verhaftet und anschließend in das Gefängnis Saint-Gilles gebracht. Die Bedingungen dieser Verhaftung sind unklar. Charlotte wird zunächst von den Herren Lenfant und Sion dringend aufgefordert, sich nach Brüssel zu begeben, um einen Brief zu überbringen. Sie versäumt daraufhin das ursprünglich vorgesehene Treffen, nimmt jedoch zwei Postkarten entgegen, die ihr in die Auberge geschickt wurden. Die eine ist von Alice, die andere, von einem gewissen Alexandre, enthält die folgende Nachricht: "Kommen Sie so schnell wie möglich, heute abend oder morgen gegen acht zum Lion Belge mit einer Zeitung in der Hand; es geht um Alice". Die deutsche Polizei hetzt sie schließlich ergebnislos durch die Straßen von Brüssel und fordert sie auf, Louise de Bettignies auf einem Foto zu identifizieren. Die zu dieser Zeit in England befindliche Louise kommt nach Frankreich zurück, um die Operationen zu leiten.

Sie wird ihrerseits am 20. Oktober in Tournai beim Versuch, die französisch-belgische Grenze mit falschen Papieren zu überschreiten verhaftet. Ihr Autovermieter Georges de Saever erfährt das gleiche Schicksal. Daraufhin organisieren die deutschen Behörden eine Gegenüberstellung und eine Durchsuchung bei den Geyters. Der von den vom Netzwerk Alice gesammelten Informationen abhängige britische Nachrichtendienst setzt seine Tätigkeiten mit der Organisation "la Dame Blanche" unter der Leitung der Tendel-Fräuleins fort. Louise stößt im Gefängnis von Saint-Gilles schon am 26. Oktober erneut auf ihre Freundin. Sie kommunizieren, indem sie auf die Kanalrohre schlagen. Die Untersuchung untersteht der Leitung von Richter Goldschmidt. Während der sechsmonatigen Untersuchung weicht Louise de Bettignies nie von ihren Aussagen ab: "wie ein Fuchs in seinem Bau, gab sie nichts preis, sprach wenig und leugnete stets". Da die Deutschen nicht in der Lage sind, eine Verbindung zwischen Louise de Bettignies und Alice Dubois nachzuweisen, wenden sie eine besondere Taktik an, um einige Beweisstücke für ihre Akten zu sammeln. Louise Letellier, einer angeblich auch unter dem Kreuzfeuer der Deutschen stehende "Landsmännin" gelingt es, Louise de Bettignies ein Geständnis und sieben Schreiben zu entlocken. Nach Beendigung der ersten Phase seines Plans verwendet Richter Goldschmidt die in den Briefen enthaltenen Informationen, um Marie-Léonie Vanhoutte vom Verrat ihrer Gefährtin zu überzeugen, jedoch vergebens. Am 16. März 1916 verurteilt der in Brüssel tagende Kriegsrat, dem General Von Bissing und der Kriegsberater Stoëber angehören, Louise de Bettignies wegen Spionagetätigkeit zum Tode, ohne jedoch nachweisen zu können, dass sie tatsächlich an der Spitze des Netzwerkes stand. Das Urteil wird vermutlich aufgrund des Renommees der Familie de Bettignies in lebenslange Haft umgewandelt. Marie-Léonie Vanhoutte und Georges, die zunächst zum Tode verurteilt wurden, erhalten schließlich 15 Jahre Arbeitslager wegen Verrat im Kriegszustand und Beihilfe zur Spionage. Diese Revision des Urteilsspruchs soll das Ergebnis einer Erklärung von Louise de Bettignies ihren Richtern gegenüber gewesen sein - ihre einzige Aussage in deutscher Sprache während des gesamten Prozesses! -, in der sie ihre Verantwortung anerkennt und um Gnade für ihre Gefährten bittet. Die Verurteilten absolvieren ihre Strafe ab April 1916 im Gefängnis von Sieburg in der Nähe von Köln. Fast zeitgleich, am 20. April wird Louise de Bettignies von Marschall Joffre mit der Citation à l'Ordre de l'Armée ausgezeichnet. Ende Januar 1917 wird Louise de Bettignies eingekerkert, da sie sich geweigert hat, Munition für das deutsche Heer herzustellen und eine Meuterei unter ihren Mitgefangenen angestiftet hat. Louise de Bettignies erliegt am 17. September 1918 an den Folgen eines schlecht operierten Pleuraabszesses. Sie wird im Westfriedhof von Bocklemünd bestattet. Am 21. Februar 1920 wird Sie in ihre Heimat zurück überführt. Am 16. März 1920 organisieren die Alliierten in Lille eine Zeremonie zu Ehren der 'Jungfrau von Orléans des Nordens', während derer diese mit dem Kreuz der Ehrenlegion, dem Kriegskreuz 14-18 sowie der englischen Militärmedaille ausgezeichnet wird und zum Offizier des Ordens des britischen Königreichs ernannt wird. Louise de Bettignies, alias Alice Dubois, ruht heute im Friedhof von Saint-Amand-les-Eaux. Am 11. November 1927 wird auf Veranlassung von Marschall Foch und General Weygand eine Statue auf dem Boulevard Carnot eingeweiht. In Notre-Dame de Lorette wird in einem Schaukasten das Grabkreuz des Grabes von Louise de Bettignies auf dem Kölner Friedhof sowie die ihr zuerteilte Auszeichnung der Citation à l'Ordre de l'Armée aufbewahrt.

Edith Cavell

1865-1915

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Portrait von Edith Cavell. Quelle : http://en.wikipedia.org

Edith Cavell wird 1865 in England geboren. Sie ist die Tochter eines anglikanischen Pastors. Sie studiert zunächst in Brüssel, dann in der Schweiz und schließlich in Dresden und Aachen, wo sie die deutschen Techniken der Medizin und Hygiene kennenlernt.1895 kehrt sie nach England zurück und arbeitet zunächst als Gouvernante, erhält dann ihr Diplom als Krankenschwester im "London Hospital" und kehrt 1906 nach Brüssel zurück, wo sie am Institut der Chirurgie arbeitet und das medizinische Institut Berkendael leitet. Im Jahre 1914 richtet das Rote Kreuz ein Krankenhaus in ihrer Einrichtung ein, was schnell in eine Empfangshalle für französische, belgische und englische Soldaten umgeformt wird, die der Armee in den Niederlanden beitreten möchten. Miss Vavell wird somit zu einem wichtigen Glied dieses "Fluchtnetzes", was vom Norden Frankreichs über Brüssel bis Holland reicht.

Die Aktivitäten ihrer Gruppe werden durch den Rückzug der französischen und englischen Divisionen in Richtung Marne verstärkt. Die verletzten Soldaten bleiben in den Landkrankenhäusern Nordfrankreichs und der Ardennen, andere haben keinen Kontakt mehr zu ihren Einheiten. Die Kriegsteilnehmer, die nicht die Aufmerksamkeit der deutschen Truppen erwecken, werden von Prinzessin Marie de Croÿ auf Schloss Bellignies aufgenommen, um dann anschließend zu Edith Cavell weitergeleitet zu werden, wo sie Kleidung und falsche Papiere erhalten, um dann wieder zu ihren Truppen zu stoßen. Durch diese gemeinsame Arbeit können zweihundert Personen von November 1914 bis Juli 1915 aus der deutschen Besatzungszone flüchten.

Die sechsundsechzig Mitglieder des Netzwerks werden angezeigt und ab Sommer 1915 festgenommen. Der französische Spion Gaston Quien wurde angeklagt, dass Netzwerk verraten zu haben, er wurde jedoch mangels Beweis freigelassen. Edith Cavell wird am 15. Juli festgenommen, als sie versuchte, alliierte Soldaten über die holländische Grenze zu schmuggeln. Sie wird im Gefängnis Saint-Gilles eingekerkert. Im Laufe der Befragung gibt sie zu: "ich hielt es für meine Pflicht, dies für mein Land zu tun". Dadurch wird sie als Verräterin und als Grund für den Zusammenbruch des belgischen Geheimdienstes angesehen. Edith Cavell wird in einer Einzelzelle eingesperrt. Die deutschen Behörden geben anscheinend dem diplomatischen Druck nach und erlauben, dass Maître Sadie Kirsten die Verteidigung übernimmt, ohne dass dieser jedoch mit ihr sprechen oder ihre Akte einsehen darf. Der Prozess bezüglich des Netzwerks findet vom 7. September bis 8 Oktober 1915 unter dem Befehl des General Ströbel statt. Der in den Medien dargestellte Prozess sollte eine abschreckende Wirkung haben. Die Todesstrafe für den Verrat am Feind wird gefordert. Am 11. Oktober 1915 werden Edith Cavell, die Gräfin Jeanne de Belleville und Louise Thuliez, eine Lehrerin, zum Tode verurteilt. Der Sekretär der amerikanischen Gesandschaft bemüht sich vergeblich, ein Gnadengesuch für Edith Cavell einzureichen. La sentence est exécutée.Am 12. Oktober 1915 um 7 Uhr morgens wird die Strafe vollstreckt.

Ihre Kameraden werden zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. In England und den den Vereinigten Staaten löst diese Hinrichtung im Zusammenhang mit der Torpedierung der Lusitania eine Sturmwelle von Protesten aus. Die anti-deutsche Propaganda nimmt ihren Lauf, Freiwillige strömen herbei. Nach dem Krieg, am 7. Mai 1919 wird die Leiche von Edith Cavell nach England gebracht. Eine Gedenkfeier wird in der Westminster Abbay abgehalten. Auf dem Trafalgar Square (London) wurde eine Säule in der Nähe der Nationalgallerie errichtet, die an diese transnationale Heldin erinnert. Ein Flachrelief wurde ihr im Musée du Jeu de Paume (Paris) gewidmet, das allerdings 1940 zerstört wurde.

 

Georges Clemenceau

1841-1929

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Portrait von Georges Clémenceau. Quelle : www.netmarine.net

 

Am 28. September 1841 wird Georges Clémenceau in Mouilleron-en-Pareds (Vendée) geboren. Seine Kindheit verbringt er in der Vendée und wird dann Arzt, wie bereits sein Vater. Er studiert in Nantes und 1865 in Paris. Im Quartier Latin macht er seine ersten Schritte in die Politik. Mit 24 Jahren ist er Arzt und geht in die Vereinigten Staaten, um dort die Verfassung zu studieren. Dort verbringt er 5 Jahre und heiratet. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich nimmt er an einem Aufstand gegen das kaiserliche Regime in Paris teil. Im Alter von 30 Jahren wird er zum Bürgermeister von Montmartre und dann zum Abgeordneten der Seine gewählt, anschließend zum Stadtrat von Paris, 1875 zum Präsidenten des Stadtrats und 1880 zum Abgeordneten des Départements Var.

Der Tiger

Clémenceau ist seit 1876 Vorsitzender der radikalen extremen Linken und stellt sich vehement gegen die Kolonialpolitik von Jules Ferry. Er bewirkt den Sturz mehrerer Regierungen. Diese Krallenhiebe bringen ihm den Spitznamen « Tiger » ein. Er wird bei den Wahlen von 1893 geschlagen und kehrt zu seiner ersten Liebe, der Schrift und vor allem dem Journalismus zurück. Er arbeitet mit mehreren Zeitungen zusammen, darunter die Aurore, wo er den Artikel ?Ich klage an? von Emile Zola zugunsten von Dreyfus veröffentlicht.

Zunächst Senator des Departements Var im Jahre 1902 wird er Innenminister und von 1906 bis 1909 Präsident des Rats. Er gründete das Arbeitsministerium und erlässt Gesetze bezüglich der wöchentlichen Ruhepausen sowie dem 10-Stunden-Tag(!), der Rente der Arbeiter ...genauso hart geht er jedoch auch gegen Streiks vor. Nach seinem Sturz geht er in die Opposition und gründet eine neue Zeitung ; « Der freie Mensch », die im Jahre 1914 durch die Zensur zu ?Der gefesselte Mensch" wird.

Der Vater Der Sieg

Am 20. November 1917 wandte sich Poincaré mit der Bitte, nochmals den Vorsitz des Rats zu übernehmen, an ihn. Er war in der Lage, unpopuläre Maßnahmen zu treffen, war jedoch selbst beliebt, wenn er mit seinem Stock durch die Reihen ging (mit 76 Jahren). Ganz im Gegensatz zu den Abgeordneten vertraute er Foch. Am Tag nach dem Waffenstillstand war er Präsident der Friedenskonferenz und zeigte sich unversöhnlich gegenüber Deutschland. Da er Schwächen in dem Abkommen entdeckte, war er mit diesem nicht vollkommen einverstanden. 1920 trat er als Präsidentschaftskandidat der Republik an, wurde jedoch von Deschanel übertroffen. Daraufhin zog er sich in sein kleines Fischerhaus in Saint Vincent sur Jard in der Vendée zurück, wo er weiterhin schrieb und vor der Wiederaufrüstung in Deutschland warnte. Am 24. November 1929 starb er in seinem Wohnsitz in der Rue Franklin in Paris.

Vincent Auriol

1884-1966

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Portrait von Vincent Auriol. Quelle: Museum Clément Ader

Vincent Auriol ist eine unumgängliche Persönlichkeit in der zeitgenössischen Geschichte Frankreichs. Als Führer der sozialistischen Bewegung, Leiter der Verhandlungen über die von Deutschland zu leistenden Kriegsentschädigungen 1918 und erbitterter Gegner des Vichy-Regimes wird er als einer der "Gründungsväter" der 4. Republik angesehen. Vincent Jules Auriol wurde in Revel (Dep. Haute-Garonne) in einer bäuerlichen Familie geboren. 1902 machte er sein Abitur am humanistischen Gymnasium und 1905 er sein juristisches Abschlussexamen. In demselben Jahr wurde er Mitglied der sozialistischen Föderation im Departement Haute-Garonne. Er erzielte einen Doktortitel für politische Wissenschaften, bevor er sich als Anwalt in Toulouse niederließ. Dort wurde er Mitarbeiter bei der vom Bürgermeister von Toulouse und Abgeordneten Albert Bedouce gegründeten Zeitung "La Dépêche du Midi", und bei der Zeitung "Le Midi socialiste". Er unterhielt eine regelmäßige Korrespondenz mit den Politikern Jean Jaurès und Jules Guesde. Im Juni 1912 heiratete er Michelle Accouturier, die ihm zwei Kinder gab: Paul (1918-1992), der später im 2. WK den Widerstand im Departement Tarn organisierte, und Jacqueline (1912-2000), die 1952 den Geschwindigkeitsweltrekord für Düsenflugzeuge erreichte.

Von Mai 1914 bis Mai 1936 war er der Vertreter der Sozialisten von Muret bei der Nationalversammlung, wobei er sich auf wirtschaftliche und finanzielle Fragen spezialisierte und ab 1914 Mitglied der "Kommission für Abschlussbilanzen" war. Bei der Friedenskonferenz 1919/20 vertrat er eine Politik einer Begrenzung der Forderungen gegen Deutschland zur Wiedergutmachung in den durch den 1. WK verwüsteten Gebieten und der Annullierung aller Schulden zwischen den Alliierten. Im Dezember 1920 gehörte er zu den zwölf sozialistischen Abgeordneten, die Léon Blum folgten und sich nicht an der zweiten kommunistischen Internationale beteiligten. IIm Mai 1925 wurde er zum Bürgermeister von Muret gewählt. Er war Mitglied der Finanzkommission und deren Vorsitzender von Juni 1924 bis Juli 1926, drei Jahre später Mitglied des Generalrats des Departements Haute-Garonne für den Kanton Carbonne. Seine Tätigkeiten im Parlament zeichneten sich durch zahlreiche Gesetzesvorschläge sowie seine ständige Opposition gegen die Finanzpolitik der Regierungen unter Poincaré, Herriot, Daladier, Doumergue, Tardieu und Laval aus.

Im Juni 1936 trat Auriol der Regierung unter Léon Blum als Finanzminister bei. Er führte eine Währungspolitik ein, bei der der von Poincaré gefestigte französische Franken entwertet und eine fluktuierende Währung eingeführt wurde. Er war 1937 Justizminister in der Chautemps-Regierung und im nachfolgenden Jahr Minister ohne besondere Zuweisung in der Blum-Regierung, wobei er sich um die Koordination der Leistungen des Ratsvorsitzes kümmerte. Trotz der Niederlage im Juni 1940 verweigerte er seine Zustimmung zur Erteilung der politischen Vollmacht an Marschall Pétain am 10. Juli. Aufgrund seiner Opposition wurde er mit Paul Raynaud, Georges Mandel und Marcel Dassault zuerst im Gefängnis von Pellevoisin und danach in dem von Vals-les-Bains in Haft gehalten. Zwischen 1941 und 1942 wurde ihm ein überwachter Wohnsitz in Muret zugewiesen, wobei er sich jedoch bald der Résistance anschloss und im Oktober 1943 in den unbesetzten Teil Frankreichs überwechselte, in dem er Mitglied der vorläufigen beratenden Versammlung bei deren ersten Tagung in Algier war. Seine Frau blieb in der Zwischenzeit in Lyon und beteiligte sich am Dechiffrieren der Geheimmeldungen des Generalstabs der Alliierten. Bei der Befreiung Frankreichs wurde er aufgrund seiner Kompetenz und seiner Funktion als Vorsitzender Kommission für Auslandsangelegenheiten der Verfassungsgebenden Nationalversammlung als Vertreter Frankreichs zur Konferenz von Bretton Woods entsandt. m 21. Oktober 1945 nahm er wieder seinen Platz als Abgeordneter des Departements Haute-Garonne im Parlament ein und wurde danach auch wieder zum Bürgermeister von Muret und Mitglied des Generalrats gewählt. Er war Vorsitzender der Gruppe der sozialistischen Parlamentarier und wurde im November vom General de Gaulle zum Staatsminister für die Beziehungen zur Nationalversammlung ernannt.

Nach der Aufgabe des Vorsitzenden der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im Januar 1946 war er Vorsitzender der Nationalversammlung und der Gründung der 4. Republik, die ihn am 16. Januar 1947 zum Präsidenten der Französischen Republik und der Französischen Union wählte. ENach Ablauf seiner Amtszeit 1953 kehrte Vincent Auriol zu seinen lokalen Tätigkeiten und seinem Familienleben zurück, unternahm Reisen und schrieb seine Memoiren. Er veröffentlichte "Hier, demainé, das "Journal du septennat" und "Dix années d'administration socialiste". Bei einem Kongress des Weltverbands der Kriegsveteranen und Widerstandskämpfer im Dezember 1954 in Österreich wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. Er setzte sich für die Rückkehr des Generals de Gaulle zur Macht im Mai 1958 ein und wurde Mitglied der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im März 1959. Aufgrund seiner Meinungsverschiedenheit mit dem damaligen Generalsekretär der sozialistischen Partei trat er 1959 zurück. Als "graue Eminenz der Republik" nahm er auch weiterhin, jedoch außerhalb der Parteiquerelen am öffentlichen Leben teil. Aufgrund seines politischen und militärischen Engagements wurde Vincent Auriol mit dem "Großen Kreuz der Ehrenlegion" und dem "Großen Kreuz der nationalen Orden der zweiunddreißig ausländischen Staaten" ausgezeichnet, erhielt die "Rosette de la Résistance" sowie das "Croix du combattant volontaire de la Résistance" und wurde von den Universitäten Columbia (New York), Laval (Quebec), Oxford und Rio de Janeiro zum Ehrendoktor ernannt. Vincent Auriol starb am 1. Januar 1966 in Paris an den Folgen eines Hüftenbruchs mit Komplikationen in seinem Wohnsitz in Labourdette.

Mata Hari

1876-1917

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Portrait von Mata Hari. Quelle : www.arcobaleno.net

Margaretha Geertruida ZELLE ist die einzige Tochter von Adam Zelle und Antje van der Meulen. Ihr Vater, ein reicher Fabrikant von Hüten und Kappen, kümmert sich sehr viel um sie. Das kleine Mädchen, das oft aufgrund seiner Hautfarbe für eine Eurasierin gehalten wird, zeigt sehr für eine Neigung zum Fabulieren und Schauspielern. Die familiäre Schutzhülle wird im Januar 1889 zerrissen, da das Unternehmen Zelle bankrott geht. Die Familie zieht um, Adam Zelle verlässt seine Kinder und das Paar trennt sich am 4. September 1890. Acht Monate später stirbt Frau Zelle und die Geschwister werden auseinander getrieben.

Im November 1892 tritt Margaretha in die Schule in Leiden ein, von der sie entlassen wird, da sie ein Verhältnis mit dem Rektor hat. Sie lebt dann bei einem Onkel in Den Hag. Im März 1895 antwortet sie auf eine Heiratsanzeige eines Schiffskapitäns der königlichen indischen Armee: "Offizier zurück aus Indien sucht junge liebenswerte Frau zwecks Heirat". Letzterer ist neunzehn Jahre älter als sie und heißt Rodophe Mac Leod, alias John. Er hat die väterliche Autorität, die ihr fehlt. Am 11. Juli ist ihre Vereinigung offiziell. Am 30. Januar, als sie bei einer Schwester Rodolphes in Amsterdam weilen, kommt das erste Kind des Paares zur Welt: Norman John.
Zu Beginn des Monats Mai 1897 schifft sich die Familie nach Toempong (westlich von Java), niederländisch-Indien ein, wo der Offizier Mac Leod einen Posten annehmen soll. Dort haben die Eheleute eine Tochter, Jeanne Luise genannt "Non". Die junge Frau interessiert sich für balinesiche Tänze und nimmt das Pseudonym Mata Hari "Auge des Tages" (Name der Sonne in Indonesien) an. Währenddessen wird das Eheleben schwierig. Margareth ist von den Kolonien berauscht und verlässt ihre Familie. Das Paar streitet sich wegen Ehebruchs. Ihr Sohn stirbt an den Folgen einer Vergiftung. Nach achtundzwanzig Jahren Dienst verlässt Rodolphe Mac Leod 1900 die Armee. Im März 1902 kehrt Mac Leod in die Niederlande zurück und lässt sich fünf Monate später scheiden. Trotz des Urteils verweigert Rodolphe sein monatliches Besuchsrecht und entzieht das Kind der Aufsicht seiner Mutter.

1903 kommt die Holländerin im Alter von 26 Jahren nach Paris. Sie ist arbeitslos und kehrt für einige Monate in die Niederlande zurück, bevor sie in der ewigen Stadt eine Laufbahn als Tänzerin in Erscheinung einer javanesischen Prinzessin mit Namen "Lady Mac Leod" beginnt. Sie macht ihr Debut im Salon von Madame Kiréesky und zieht dann von einem Privatetablissement zum anderen unter dem Pseudonym "Mata Hari" weiter, bis sie von Herrn Guimet, Besitzer eines privaten Schauspielhauses eingeladen wird. Ihre Vorstellung am Abend des 13. Mai 1905 als indische Prinzessin und vollkommen nackt ist der Beginn ihres mondänen Lebens. Sie zeigt dort mit anderen Artisten einen "hinduischen Tanz" zu Ehren der Göttin Shiva. Die Aufführung hat Erfolg und die Schauspieler sind aufgefordert, sich den Großen dieser Zeit zu zeigen : am 18. August auf der Olympiade in Paris, im Januar 1906 in Madrid; in Monte Carlo spielt sie in Der König von Lahore von Jules Massenet (1842-1912); in Berlin, in Den Hag, in Wien und in Kairo. Ihre artistischen Talente sind jedoch zweifelhaft.Mata Hari hat vielmehr eine im Kabarett und in den Kreisen, in denen Exotik ein Synonym für Sinnlichkeit ist, beliebte Choreographie erfunden als indische Tänze gezeigt. Vor den Journalisten zeigt sie sich als Schauspielerin : sie liebt es, ihre Mutter als indische Prinzessin zu spielen, hebt ihren Vater in den Stand eines Barons und fügt hinzu: "ich bin auf Java geboren, mitten in der tropischen Vegetation und Priester haben mich von jüngster Kindheit an in die tiefe Bedeutung dieser Tänze eingeführt, die ein echter Kult sind." Dies ändert nichts daran, dass sie ab 1907 von anderen Tänzerinnen wie Colette ausgestochen wird und etwas später durch russische Ballettänzerinnen ersetzt wird. Mata Hari sieht, dass ihr Ruhm nachlässt und führt ein mondänes Leben, sammelt Wohltäter und ist immer auf der Suche nach neuen Liebhabern.

Als der Krieg erklärt wird, lebt Margaretha Zelle in Berlin bei einem alten Kavalier, Alfred Kiepert, Husar, wo sie darauf wartet, sich in der Metropole zu zeigen. Durch ihre sprachlichen Fähigkeiten kann sie in die Niederlande zurückkehren und sich dann in Paris einrichten, wo sie im Grand Hôtel lebt und weiterhin von ihren Amüsements zehrt. Auf einer Reise durch Deutschland (Köln, Frankfurt) zu Beginn des Jahres 1916 wird Mata Hari, die durch ihren Lebensstil vollkommen verschuldet ist, von Cramer, einem deutschen Konsul in Den Hag, angesprochen. Dieser bietet an, ihre Schulden zu bezahlen und ihr 20 000 Kronen für Informationen über Frankreich zu geben. So wird sie Agent H 21. Im Juli ist sie zurück in Paris und knüpft Kontakte mit den alliierten Offizieren. Sie verliebt sich in einen jungen Kapitän der russischen Armee. Dieser ist verletzt und wird in Vittel gepflegt. Mata Hari intrigiert, um an seiner Seite weilen zu dürfen. Da macht sie die Bekannschaft des Kapitän Ladoux, Offizier der französischen Staatssicherheitsdienste. Für ihre Dienste und eine Million Franken (die nie überwiesen werden) schlägt er ihr vor, den Kronprinzen, einer ihrer früheren Liebhaber, auszuspionieren.Der Franzose traut ihr nicht: er lässt sie während der gesamten Mission bewachen. Nach Beendigung dieser Arbeit wird Mata Hari Anfang August ohne Geld oder genaue Richtlinien nach Belgien und im November nach Spanien, Zentrum des geheimen Krieges, geschickt. Die britischen Geheimdienste, die glauben, es mit der Spionin Klara Benedix zu tun zu haben, nehmen sie an der Zwischenstation Falmouth fest, als sie in die Niederlande reist, um von dort aus nach Deutschland zu gelangen und unterziehen sie einer strengen Befragung. Kapitän Ladoux telegraphiert seinem britischen Counterpart, Sir Basil Thomson, um die Zweifel aus dem Weg zu räumen.

Als sie wieder frei ist, kehrt Mata Hari am 11. Dezember 1916 für drei Wochen nach Madrid zurück. Sie knüpft Kontakte mit einem Militärattaché der deutschen Botschaft, Arnold von Kalle und übergibt dem französischen Geheimdienst eine Liste von Agenten, ein Verfahren mit unsichtbarer Tinte und einen Landungsort in Marokko - diese "Ernte" an Informationen dient in Wirklichkeit Denvignes, der mit der Kommunikation beauftragt ist, und der diese Arbeit für sich verbucht. Zwischenzeitlich hören die britischen Geheimdienste die Telegramme des deutschen Attaché in Berlin ab und entschlüsseln sie. Sie verwechseln die Kennzeichen des Agenten H 21 und Mata Haris (aufgrund mangelnder Vorsicht des Oberst von Kroon) und erhalten somit den Beweis, dass sie eine Doppelagentin ist. Eine dieser Nachrichten, die die Vorbereitungen zur Erhebung des Erbprinzen Georg auf den Thron von Griechenland betrafen, erwähnt, dass "Agent H-21" sich "nützlich gemacht hat". Eine andere Mitteilung besagt, dass von Kalle, der Mata Hari nicht traut, selbst die Untersuchung bewirkt hat, indem er diese Funknachrichten mit einem leicht von den Alliierten zu entschlüsselnden Code nach Berlin sandte. Sie kehrt im Januar 1917 nach Paris zurück, um dort ihren Liebhaber zu treffen und hofft auf eine Belohnung und eine neue Mission. Sie wird am 13. Februar im Hotel Elysée Palast durch Kapitän Bouchardon, dem Instruktionsrichter gefangen genommen, der "von der Spionage und dem Informationsaustausch mit dem Feind zugunsten dessen Unternehmungen" unterrichtet war.

Sie wird in das Frauengefängnis Saint-Lazarre gesperrt. Nach vier Monaten und vierzehn Befragungen (vom 23. Februar bis 1. Juni) stellt Bouchardon sie als Agent H 21 heraus - diese jedoch streitet ihre Verbindungen mit dem deutschen Informationschef in Madrid ab, auch wenn sie zugibt, Geld von dem deutschen Konsul Cramer im Rahmen ihres mondänen Lebens erhalten zu haben. Mitgerissen von übertriebenem Patriotismus berücksichtigt Bouchardon die von der Angeklagten geleisteten Dienste nicht - er glaubt auch nicht daran:" katzenartig, geschmeidig, künstlich, ohne Skrupel, gnadenlos war sie die geborene Spionin" schreibt er in seinen Memoiren. Der Prozess, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, beginnt am 24. Juli 1917 vor dem 3. Militärausschuss im Justizpalast von Paris. Dem Gericht sitzt Oberstlieutenant Sompour und der Regierungskommissar- Oberst Mornet vor- der einige Jahre nach dem Prozess erklärt: es war nichts besonderes." Ihr Anwalt, Maître Clunet, ein ehemaliger Liebhaber, ist ein renommierter Fachmann des internationalen Rechts.

Mit Ausnahme von Jules Cambon, Vadim Maslov und dem Diplomaten Henri de Marguérie, der erklärt, dass Thema Militär nie in ihrer Gegenwart angesprochen zu haben und sich für ihre absolute Redlichkeit verbürgen zu können, möchte keiner ihrer ehemaligen Liebhaber zu ihren Gunsten aussagen. Der Prozess, wie auch die Befragung, machen keinen Unterschied zwischen ihrem mondänen Leben, das als unmoralisch verurteilt wird, ihrem fraglichen weltweiten Denken und ihren Geheimdienstaktivitäten. Sie spiegeln nur die Meinung der französischen und alliierten Öffentlichkeit wider, die Schuldige für die Toten, die Meutereien und andere Kriegsleiden forderte. Dahinter steht die Presse, die die Idee vom Komplott des Feindes schürt und die Treibjagd auf die Mitarbeiter aller Seiten eröffnet. Margueritte Francillard ist die erste Französin, die am 10. Januar 1917 wegen Spionage erschossen wird. Fräulein Dufays erlebt das gleiche Schicksal im März. Die Affaire Mata Hari, einer Person mit höchst merkwürdigem Benehmen, ist eine weitere Gelegenheit, den nationalen Zusammenhalt zu verstärken - die britischen Archive zeigen außerdem, dass sie den Deutschen keine wichtigen Informationen geliefert hat (Léon Schirmann).

In dem Prozess erklärt das Gericht sie des Informationsaustauschs mit dem Feind schuldig und sie wird dafür verurteilt, sich der Waffen bedient zu haben - andere Frauen werden angeklagt und während der letzten Kriegsmonate wegen Spionage verurteilt : Augustine Josèphe, Susy Depsy, Regina Diano usw. Am Morgen des 15. Oktobers 1917 um 6 Uhr 15 wird ihr die Gnade vom Präsidenten der Republik Raymond Poincaré verweigert und Margaretha Zelle, die sich vor kurzem dem evangelischen Glauben angeschlossen hat, wird mit einem Gefängniswagen in das Polygon von Vincennes gebracht, wo Soldaten und Gaffer sie erwarten. Mata Hari weigert sich, die Augen verbinden zu lassen. Elf Kugeln und der Gnadenschuss, der von einem Kavallerieoffizier verabreicht wird, beenden die öffentliche Verfolgung :" ihr Verschwinden bekräftigt erneut die Autorität eines von einem tödlichen Krieg, dessen Unnutzen sich langsam zeigt, geschändetes Land" (J.-M. Loubier). Ihr Körper der nicht zurückgefordert wurde, wird der Gerichtsmedizin zur Verfügung gestellt.