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Nationaldenkmal zum Gedenken an den Algerienkrieg und die Kämpfe in Marokko und Tunesien

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Nationaldenkmal zum Gedenken an den Algerienkrieg und die Kämpfe in Marokko und Tunesien Fotonachweis: ©MINDEF/SGA/DMPA – J. Robert

Zum Gedenken an die französischen Gefallenen im Algerienkrieg und in den Kämpfen in Marokko und Tunesien sowie an alle Kameraden der Hilfskräfte, die nach dem Waffenstillstand gefallen sind und von denen viele nicht identifiziert werden konnten.

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ALGERIEN

 

Aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit nahm Algerien auch im 20. Jahrhundert einen festen Platz im französischen Kolonialreich ein. Dies liegt einerseits an der geografischen Nähe zum Mutterland und andererseits an der Tatsache, dass sich bereits seit 1830 eine nicht unbedeutende Anzahl von Europäern in Algerien niedergelassen hatte. Während des Ersten Weltkriegs gewann Algerien immer mehr an Bedeutung, indem das Land Frankreich militärisch unterstützte. Diese Rolle wurde während des Zweiten Weltkriegs weiter ausgebaut, insbesondere als Algier vom Frühling bis Sommer 1944 zur Hauptstadt des freien Frankreichs ernannt wurde.
 Franzosen und Muslime aus Algerien trugen gleichermaßen zur Befreiung der Metropole bei. Aufgrund der politischen Ungleichheit der beiden Bevölkerungsgruppen war die offizielle Eingliederungspolitik hingegen sehr widersprüchlich. Die Algerier besaßen ein hohes Maß an Nationalbewusstsein und forderten politische Autonomie sowie gleiche Rechte für Muslime. Der gewaltsam niedergeschlagene Aufstand im Mai 1945 galt als Auftakt für den Unabhängigkeitskrieg, der 1954 an Allerheiligen ausgerufen wurde und sich hauptsächlich in der Region des Aurès-Gebirges abspielte.
 Unter globalen Gesichtspunkten der Entkolonialisierung betrachtet, und zu einem Zeitpunkt, an dem sich die benachbarten Protektorate Tunesien und Marokko der Unabhängigkeit nähern, ist das Bild eines französischen Algeriens, in voller Blüte und friedlich, eher trügerisch. Die Kluft zwischen der Million Europäer, oftmals Städter, die die Region als die ihrige und als erweitertes Gebiet Frankreichs betrachten, und den 8 Millionen algerischen Muslims wird immer tiefer. Letztere leben meist in ländlichen Gebieten, wo ihnen die Verarmung droht. Mangelnde Schulen und Verwaltungen machten diese Missstände noch schlimmer. Von der 1955 eingeführten Integrationspolitik sowie den wirtschaftlichen und sozialen Modernisierungsmaßnahmen in Algerien fühlten sich sowohl die Europäer, die ihren Status quo beibehalten wollten, als auch nationalistische Algerier, die sich in den Reihen der FLN (Nationale Befreiungsfront) gegründet hatten, gleichermaßen vor den Kopf gestoßen. Eine Beruhigung der Lage war nicht in Sicht. Und während sich der Konflikt immer weiter verhärtete, fordert die FLN die Bevölkerung auf, Stellung zu beziehen. Frankreich wiederum setzte auf eine Stärkung der militärischen Kräfte, indem 1955 ein weiteres Kontingent in Algerien bereitgestellt wurde. Das französische Militär hatte die Kontrolle über das Land. Ihm unterstanden Verwaltung, psychologische Maßnahmen, soziale Hilfsleistungen und die Verfolgung der Mitglieder der ALN (Nationale Befreiungsarmee). Doch eine Lösung des Konflikts war nicht in Sicht.
Das Rahmengesetz vom Februar 1958 sagte eine Teilautonomie Algeriens zu, gleichwohl aber blieb Algerien integraler Bestandteil der Republik Frankreichs.
Die IV. Republik zeigte jedoch Schwächen und schien durch die Revolution in Algerien zum Scheitern verurteilt zu sein. Diese Sorge wurde von den Europäern in Algerien geteilt, die befürchteten, ihr Land an die FLN zu verlieren. Dank der Willensstärke der Armee konnte die Krise im Mai 1958 jedoch überwunden werden und General de Gaulle übernahm erneut die Macht. Obwohl die militärischen Einsätze wieder aufgenommen wurden, rief General de Gaulle zu einem „Frieden der Tapferen“ auf und brachte ein umfangreiches Modernisierungsprogramm für die Wirtschaft auf den Weg: 
 Der Plan von Constantine. Der gewünschte Erfolg blieb jedoch weitgehend aus. Enttäuscht von den Rückschlägen der ALN wurde der Krieg fortgeführt. Die Zahl der Befürworter eines unabhängigen Algeriens nahm unter den internationalen Partisanen und der französischen Bevölkerung täglich zu. Die politische Entwicklung Algeriens unter Führung von General de Gaulle und seiner Idee der Selbstbestimmung (September 1959) des algerischen Algeriens (November 1960) verschärfte die Stimmung unter den Oppositionen.
 So kam es insbesondere in Algier zu Barrikaden (Januar 1960) und schließlich zum Putsch (April 1961). Bestärkt durch die Ergebnisse des Referendums vom Januar 1961, das ihm die Unterstützung von 75% der französischen Bewohner einbrachte, ebnete General de Gaulle mit der Errichtung der GPRA
(Provisorische Regierung der algerischen Republik) den Weg für den Frieden. Nach langen Verhandlungen wurde am 18. März 1962 das Abkommen von Évian unterzeichnet.  Obwohl am 19. März der Waffenstillstand in Kraft trat, nahm die Gewalt kein Ende. Insbesondere unter den Harkis, Algerier, die während des Algerienkrieges auf französischer Seite kämpften, waren Tausende von Opfern zu verzeichnen.
In diesen turbulenten Zeiten wurde die Unabhängigkeit Algeriens dann am 3. Juli 1962 von Frankreich anerkannt.
Schlussendlich kehrten die Europäer in die Metropole zurück, eine nunmehr seit über 130 Jahre bestehende Präsenz der Franzosen auf der anderen Seite des Mittelmeers.

MAROKKO

 

Im seit 1912 unter französischem Protektorat stehenden Marokko warf die Niederlage von 1940 ein kritisches Licht auf das Ansehen Frankreichs, auch wenn dadurch die Rekrutierung marokkanischer Einheiten für das französische Militär nicht ins Stocken geriet. Initiiert durch die Istiqla und Sultan Mohamed V ben Youssef, der zum Symbol der Forderung nach Unabhängigkeit wurde, nahm die Bedeutung des Nationalismus immer stärker zu. 1952 nahmen die Anti-Frankreich Demonstrationen zu. Infolgedessen kam es unweigerlich zu Gewaltausbrüchen: Die französische Regierung misstraute den progressiven Kräften
und enthob den Sultan am 20. August 1953 aus seinem Amt. Diese politische Aktion führte jedoch zu weiteren nationalistisch geprägten Terrorangriffen, bis hin zu Gewaltszenen in den europäischen Bevölkerungsschichten. 
Nach seinem Exil auf Korsika und später auf Madagaskar (1953 - 1955) kehrte Mohamed V am 2. März 1956 triumphierend nach Marokko zurück und das Land errang seine Unabhängigkeit.

 

TUNESIEN

Das seit Unterzeichnung des Bardo-Vertrages (1881) unter französischem Protektorat stehende Tunesien stand im Zweiten Weltkrieg vor der Konfrontation mit den Achsenmächten und den Alliierten (1942 - 1943), während tunesische Truppen 1943 – 1944 den aus Italien und Frankreich verlegten Divisionen gegenüberstanden.
 Der tunesische Nationalismus, angeführt vom Néo-Destour Flügel und unter der Führung von Habib Bourguiba, führte zu terroristischen Gewaltakten und einer bewaffneten Revolte im Jahr 1952. Zwei Jahre lang kämpfte die französische Armee gegen den bewaffneten Widerstand, der auch für mehrere Attentate in Tunis und weiteren Großstädten im Land verantwortlich war.
 
Obwohl im Juni 1955 Verträge unterschrieben wurden, wurden diese bereits vor ihrer Umsetzung unwirksam. Am 20. März 1956 wurde der Bardo-Vertrag dann endgültig abgeschafft und die Unabhängigkeit des Königreichs von Tunesien anerkannt.
Ein Jahr später wurde de Republik Tunesien ausgerufen und Bourguiba zum ersten Präsidenten gewählt.

 

AUSZUG DER ABSICHTSERKLÄRUNG DES KÜNSTLERS (Gérard COLLIN-THIÉBAUT)

Die Denkmäler entstanden zum Gedenken an die Toten und an ein Jahrhundert, das uns allen im Gedächtnis geblieben ist: Als Zeitzeugen der Geschichte fügen sie sich leise ein in die Gemeinden. Sie wurden errichtet zu Ehren derer, die ihr Leben geopfert haben. Sie geben ihrem Tod einen Sinn und helfen uns, sie nicht zu vergessen. In verschiedenen Formen ragen sie hoch in den Himmel und tragen die Namen der Gefallenen. Der Blick geht von unten nach oben, die Schrift hingegen von oben nach unten. Bei diesem Projekt war es mir besonders wichtig, diesem Reflex der Identifikation gerecht zu blieben, indem der Blick auf die Säulen von unten nach unten erhalten bleibt, gleichzeitig aber auch die moderne Leseart berücksichtigt wird. Es sollte ein öffentliches Mosaik entstehen, an dem sich alle Vorbeigehenden, regelmäßig wiederkehrende Passanten, Touristen und viele mehr gleichermaßen besinnen können. Dieses Projekt soll nicht nur Betroffenen Trost spenden, sondern auch alle Passanten berühren, die in alltäglichen Gedanken vorübergehen. Das Denkmal soll Emotionen hervorrufen, zum Anhalten ermutigen,
sie sollen sich an die Opfer dieser jungen Menschen erinnern, die in Erfüllung ihrer patriotischen Mission ihr Leben gelassen haben. Um dies zu erreichen 
muss das richtige Medium zum Einsatz kommen. ?Dann wird es ein Denkmal des dritten Jahrtausends werden.
 
Dieses Denkmal wird auf einem virtuellen Platz errichtet, der lediglich am Boden deutlich wird. Man wird ihn überqueren, entlang laufen, auf seinem eigenen Weg bleiben. In Richtung der Platanen ragen drei viereckige Säulen in den Himmel (5,846 m hoch x 0,60 m breit), in einem Abstand von jeweils zwei Meter, eingelassen in Beton im Farbton des Pariser Kalksteins. Auf der Außenfläche der Säulen ermöglicht eine elektronische Anzeige, eingearbeitet auf der gesamten Höhe, die fortlaufende Anzeige in alphabetischer Reihenfolge aller Vor- und Nachnamen der gefallenen Soldaten und weiterer Opfer, die Jahr für Jahr im Dienste von Frankreich ihr Leben gelassen haben.
 
Die Namen kommen aus dem Boden und gehen in den Himmel (…). Die Außenflächen
der Säulen sind an den Enden mit einer Vertiefung versehen. Auf der linken Seite der linken Säule für die Passanten, 
die sich von Osten nähern. Auf der rechten Seite der rechten Säule für diejenigen, die von Westen kommen.
Die Vertiefung (ähnlich einer Einkerbung) enthält den Schriftzug „NATIONALDENKMAL ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DES ALGERIENKRIEGES UND DER KÄMPFE IN MAROKKO UND TUNESIEN“.
  
Spielerisch erscheint der Schriftzug beim ersten Sonnenlicht des Tages, mit der untergehenden Sonne am Abend und nachts mit dem flackernden Licht der Strahler, die am Boden jeder Säule angebracht sind.
 
 
Diskret und zurückhaltend werden die Säulen nachts schon von Weitem sichtbar sein (...).

 

 

 

- 1.343.000 Einberufene oder Rekrutierte, 405.000 Berufssoldaten oder freiwillig Verpflichtete,
 
Nahezu 200.000 Hilfskräfte waren an den verschiedenen Schauplätzen in Nordafrika im Einsatz
 
- Algerien: 1. November 1954 bis 2. Juli 1962;
 
- Marokko: 1. Juni 1953 bis 02. März 1956;
 
Tunesien: 1. Januar 1952 bis 20. März 1956.

 

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Informationen

Anschrift

Quai Branly 75007
Paris

Germaine Tillion

1907-2008

Aktie :

Bildquelle: Germaine Tillion, Studentenausweis, 1934. Verein Germaine Tillion

 

Die bedeutende Persönlichkeit des französischen Widerstandes, Ethnologien und Schriftstellerin Germaine Tillion hat aus ihren Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg Lehren gezogen, die ihr ihr ganzes Leben lang von Nutzen waren. Es gelang ihr, in allen Situationen Zeugnis, Überlegung und Handlung zu vereinen.

 

Germaine Tillion wird am 30. Mai 1907 in Allègre, Haute Loire geboren. 1919 übersiedelt die Familie in die Gegend von Paris. Im Laufe der zwanziger Jahre beginnt sie ein Ethnologiestudium und erhält 1933 ein Stipendium, um die Berberstämme im algerischen Aurès-Gebirge zu studieren. Zwischen 1934 und 1940 absolviert sie vier lange Aufenthalte bei den Chaouias und setzt die Verfassung ihrer Doktorarbeit fort.

Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich am 9. Juni 1940 beschließt sie, dass „Etwas getan werden muss“. Gemeinsam mit dem pensionierten Oberst Paul Hauet beginnt sie ihre Widerstandstätigkeit unter dem Deckmantel eines Vereins zur Hilfe von Kriegsgefangenen, der Union nationale des combattants coloniaux. Diese Zelle tritt mit anderen ähnlichen Gruppen in Kontakt, wie der des Musée de l’Homme, die aus mehreren Ethnologen unter der Leitung von Boris Vildé besteht. 1946, als sie sich um die administrative Anerkennung des Netzwerkes kümmert, gibt sie ihm den Namen „Réseau du musée de l'Homme“ in Hommage an einen Großteil seiner Gründer. Die Gruppe führt verschiedenste Aktionen aus: Sie sammelt Informationen, um sie nach London weiterzuleiten, nimmt flüchtige Soldaten auf oder organisiert Gefängnisausbrüche, bietet englischen Fallschirmspringern Unterschlupf, stellt falsche Papiere aus, verbreitet Kampfaufrufe und liquidiert Verräter und Gestapo-Agenten.

Obwohl sie eine engagierte Patriotin ist, vergisst Germaine Tilion niemals ein Grundprinzip, auf das sie sich beruft: die Hingabe für Wahrheit und Gerechtigkeit. In einem an die Untergrundpresse gerichteten Flugblatt merkt sie an, dass viele Informationen betreffend der aktuellen Situation in der französischen Gesellschaft  zirkulierten, aber sich widersprächen, da sie aus verschiedenen Quellen stammten. Sie gebietet ihren Kameraden der Résistance nicht von der Wahrheit abzuweichen, nichts zu verheimlichen und zu versuchen, zu verstehen und unparteiisch zu urteilen. „Was die Ideen angeht, so kennen wir zunächst nur eine Sache, die uns teuer ist, nämlich unsere Heimat, aus Liebe zu ihr haben wir uns zusammengeschlossen um zu versuchen, ihren Glauben und ihre Hoffnung zu bewahren. Aber wir wollen nicht, wir wollen auf keinen Fall ihr zuliebe die Wahrheit opfern, da unsere Heimat uns nur teuer ist unter der Bedingung, dass wir ihr nicht die Wahrheit opfern müssen.“

Eine erste Denunzierung führt zur Verhaftung mehrerer Mitglieder der Zelle des Musée de l’Homme. Im April 1941 werden die anderen Mitglieder nach einem weiteren Verrat verhaftet. Ihr Prozess findet ein Jahr später, im Februar 1942 statt. Zehn Personen, darunter mehrere enge Freunde, werden zum Tod verurteilt. Germaine Tillion, die den Verhaftungen entkommen war, tut alles, um ihre Begnadigung zu erreichen, jedoch umsonst: die sieben Männer der Gruppe werden erschossen, die drei Frauen deportiert. Sie selbst wird im August 1942 von der deutschen Polizei auf der Straße festgenommen. Sie war von einem französischen Priester verraten worden, der sich als Widerstandskämpfer ausgegeben hatte. Mehr als ein Jahr verbringt sie in den französischen Gefängnissen la Santé und Fresnes und wird im Oktober 1943 in das Lager von Ravensbrück deportiert. Sie verlässt das Lager im April 1945.

Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich widmet sie sich hauptsächlich der Geschichte des Widerstands und der Deportation, worüber sie mehrere Studien veröffentlicht. Jedoch vernachlässigt sie auch ihr bürgerliches Engagement nicht und nimmt an der Kampagne gegen die Lager teil, die noch immer in den kommunistischen Ländern Europas und in Asien betrieben werden.

1954 wird sie von der französischen Regierung in einer Beobachtungsmission nach Algerien gesandt, wo sich die ersten Anzeichen des Aufstandes bemerkbar machen. Zunächst schlägt sie vor, die Schulbildung der einheimischen Bevölkerung zu verstärken (Jungen und Mädchen, Kinder und Erwachsene), um ihr zu ermöglichen, aus der Misere heraus zu kommen, die der wirtschaftliche Aufschwung nicht eindämmen konnte. Der Konflikt eskaliert ab 1957 und Germaine Tillion macht es sich zur einzigen Aufgabe, die Auswirkungen der Gewalt zu lindern: sie macht sich gegen Folter und Hinrichtungen stark, trifft die Führer des FLN um sie zu überzeugen, die blindlings durchgeführten Attentate zu unterlassen.

Sie wird 1958 zur Direktorin der École pratique des hautes études gewählt und widmet sich in den folgenden Jahrzehnten dem Studium der Gesellschaften in Nordafrika.  Sie veröffentlicht auch eine Neufassung von Ravensbrück, ihrem Buch über die Deportation. Sie stirbt am 19. April 2008 im Alter von 100 Jahren. Ihre Autobiographie, Fragments de vie, erscheint im darauf folgenden Jahr.

Tzvetan Todorov - Präsident des Vereins Germaine Tillion. In Les Chemins de la Mémoire, 241/Dezember 2013

Charles de Gaulle

1890-1970

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Portrait de Charles de Gaulle. Source : Photo SHD

Der französische General und Politiker Charles de Gaulle (1890-1970) ist der erste, der für die Idee eintrat, dass Frankreich über eine Panzerkampfeinheit verfügen sollte. Diese bedeutende Persönlichkeit des französischen Widerstands während des Zweiten Weltkriegs war auch der Gründervater der V. Republik, die sich insbesondere durch die direkte Wahl eines Präsidenten durch das Volk auszeichnet.

Charles de Gaulle wurde am 22. November 1890 in einer patriotischen und katholischen Familie geboren. Er verbringt seine Kindheit in Paris, studiert bei den Jesuiten und entscheidet sich schon früh für eine militärische Laufbahn. 1908 wird er in die Militärschule École spéciale militaire de Saint-Cyr aufgenommen. Nach vier Studienjahren geht er 1912 als Unterleutnant nach Arras.

Während des Ersten Weltkriegs wird er drei Mal im Kampf verletzt und in der Schlacht um Douaumont (1916) für tot liegen gelassen. Er gerät in deutsche Gefangenschaft, aus der er fünf Mal zu fliehen sucht, aber immer wieder aufgegriffen wird. Er kommt erst mit dem Waffenstillstand am 11. November 1918 frei. Im Verlauf seiner weiteren Karriere beim Militär erfüllt der Hauptmann de Gaulle Missionen in mehreren Ländern (Polen, Libanon). Zwischen den beiden Weltkriegen veröffentlicht er mehrere Werke, in denen er die französische Verteidigungspolitik kritisiert. Er vertritt insbesondere die Ansicht, dass die Armee den Entscheidungen der Politiker zu folgen habe und dass es zum Schutz Frankreichs notwendig sei, eine Panzereinheit zu schaffen, die in der Lage wäre, der mechanischen Streitmacht Deutschlands entgegenzutreten. Parallel dazu beginnt seine Einführung in die Staatsangelegenheiten. 1931 erhält er einen Posten im Staatssekretariat der Verteidigung in Paris. Er wird 1937 zum Oberst und Befehlshaber des 507. Panzerregiments in Metz ernannt. Als Frankreich und England Deutschland am 3. September 1939 den Krieg erklären, erhält er das stellvertretende Kommando über die Panzer der 5. Armee. Bei der deutschen Invasion zeichnet sich de Gaulle mehrmals an der Spitze seiner Einheit aus, indem es ihm unter anderem gelingt, die Deutschen bei Abbeville (27.-30. Mai 1940) zu stoppen. Er wird am 1. Juni 1940 zum General ernannt und wird nur wenige Tage später Unterstaatssekretär der Verteidigung in der Regierung von Paul Reynaud.

Am 17. Juni bricht de Gaulle nach London auf, um den Krieg fortzusetzen; er ruft am 18. Juni auf dem Sender BBC zum Widerstand auf. Als Landesverräter wird er im August in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Von Churchill als "Anführer der freien Franzosen" anerkannt, organisiert de Gaulle die Streitkräfte, die Forces françaises libres, freie französische Streitkräfte genannt werden. Außerdem gibt er dem freien Frankreich eine Art Exilregierung, das französische Nationalkomitee (Comité national français), das am 3. Juni 1943 nach seiner Ankunft in Algier in Französisches Komitee für die Nationale Befreiung (Comité français de la Libération nationale - CFLN) umbenannt wird. Ab 1942 beauftragt de Gaulle Jean Moulin damit, den Nationalen Widerstandsrat (Comité national de la Résistance - CNR) in Frankreich zu organisieren, in dem die politischen Parteien, Gewerkschaften und Widerstandsbewegungen aller Richtungen vertreten sein sollen, um den Kampf zu koordinieren. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944, setzt sich de Gaulle bei General Eisenhower dafür ein, dass Paris rasch befreit wird, während eigentlich vorgesehen war, direkt in Richtung Osten vorzudringen, ohne die Hauptstadt zu berühren. Schließlich befreit das 2. DB von General Leclerc Paris am 25. August.

 

Nach Beendigung der Kampfhandlungen beginnt de Gaulle an der Spitze einer provisorischen Regierung mit dem Wiederaufbau des Landes. Mehrere wichtige Maßnahmen werden von ihm getroffen (Gründung der Sozialversicherung). Am 20. Januar 1946 legt er die Macht nieder, da er mit der von den politischen Parteien gespielten Rolle nicht einverstanden ist. Die Konstitution der IV. Republik, die wenig später angenommen wird, enttäuscht ihn zutiefst. Er kritisiert sie wiederholt (Rede von Bayeux, Juni 1946) und wirft ihr die Schwäche der Exekutive vor. Von diesem Moment an begibt sich de Gaulle in die Opposition. 1947 gründet er die Sammlungsbewegung des französischen Volkes (Rassemblement du peuple français - RPF), die trotz zahlreicher Beitritte bei den folgenden Wahlen einen Rückschlag erlebt. Damit beginnt für de Gaulle während mehrerer Jahre die "Durchquerung der Wüste": Er zieht sich nach Colombey-les-Deux-Églises zurück, schreibt seine Memoiren und reist.
Frankreich ist seit 1954 in einen Entkolonialisierungskrieg in Algerien verwickelt. Am 13. Mai 1958 beginnen die algerischen Franzosen in Algier mit einem Aufstand, um ihre Positionen zu stärken. Sie verlangen nach der Machtübernahme durch de Gaulle. René Coty, der Präsident der französischen Republik hat Angst, dass diese Krise in einem Bürgerkrieg mündet und bietet de Gaulle den Posten des Ratspräsidenten an. Den Gaulle will nur unter der Bedingung zurückkehren, dass er das Recht hat, die Institutionen zu ändern. Während des Sommers 1958 legt er den Grundstein zu einer neuen Konstitution. Diese wird bei einem Referendum am 28. September 1958 von fast 80 % der Franzosen gebilligt. Die V. Republik war geboren. Am 21. Dezember 1958 wird Charles de Gaulle in einer indirekten Wahl erneut zum Präsidenten der französischen Republik gewählt.

Die wichtigste Aufgabe liegt damals in Algerien. 1959 schlägt de Gaulle die Selbstbestimmung der Algerier vor und organisiert 1961 ein Referendum zu diesem Thema. 75% der Franzosen sagen "ja" zur Selbstbestimmung Algeriens. Die Befürworter eines französischen Algeriens, unzufrieden mit dieser Entscheidung, versuchen im April 1961 in Algier zu putschen, allerdings ohne Erfolg. Die Verhandlungen zwischen Frankreich und Algerien enden mit den Verträgen von Evian, die am 22. März unterzeichnet und in Frankreich und Algerien per Referendum bestätigt werden. Das Jahr 1962 steht für eine echte Wende, in erster Linie auf institutioneller Ebene: Der General schlägt vor, das Staatsoberhaupt in direkter Wahl durch das Volk zu wählen. Diese Reform ruft eine heftige Opposition auf den Plan, aber das Referendum über die Verfassungsänderung ist mit 60% Jastimmen ein Erfolg. 1965 wird die Präsidentschaftswahl mit dem neuen direkten Wahlrecht zum ersten Mal in die Tat umgesetzt. Mit einem Prozentsatz von 43,7% der Stimmen geht de Gaulle damals gegen Mitterrand in den zweiten Wahlgang und wird dort mit einer Mehrheit von 54,8% der Stimmen zum Präsidenten gewählt. Gegenüber dem Ausland führt de Gaulle eine Politik der nationalen Unabhängigkeit und stattet Frankreich mit eigenen Verteidigungsmitteln aus. Die erste französische Atombombe explodiert im Februar 1960 in Reggane in der Sahara. De Gaulle lehnt die Abhängigkeit von den USA ab und verlässt das integrierte System der NATO 1966, Frankreich bleibt aber weiterhin Mitglied des nordatlantischen Bündnisses. Zur gleichen Zeit tritt Frankreich am 1. Januar 1959 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bei. Im Mai 1968 durchlebt das Land eine ernste Krise. Studenten organisieren groß angelegte Demonstrationen und werden von den Arbeitern unterstützt, die einen Generalstreik ausrufen. De Gaulle gelingt es die Wogen zu glätten, in dem er den Arbeitern einige Vergünstigungen zuspricht. Am 27. April 1969 unterbreitet er den Franzosen ein Projekt zur Regionalisierung und zur Reform des Senats. Sein Vorschlag wird bei einem Referendum mit 52,4% der Stimmen abgelehnt. Nach dieser Niederlage vertritt er die Ansicht, das Vertrauen der Franzosen verloren zu haben und tritt zurück. De Gaulle zieht sich nach Colombey-les-Deux-Églises zurück, wo er weiter an seinen Memoiren schreibt. Er stirbt am 9. November 1970. Er liegt neben seiner Tochter Anne begraben mit als einziger Grabinschrift "Charles de Gaulle 1890-1970".