Eine deutsch-französische Hundertjahrfeier?
Die bisher noch nie dagewesenen Gedenkfeiern zum hundertsten Jahrestag des Großen Krieges haben zu einer Fülle von deutsch-französischen Veranstaltungen geführt. Während Frankreich den 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs voranzutreiben und zu steuern schien, unterstützte sein Partner auf der anderen Seite des Rheins bereitwillig die Dynamik und mobilisierte seine institutionellen und kulturellen Netzwerke, um den Gedenkzyklus zu einem deutsch-französischen Ereignis zu machen.
Der 100. Jahrestag des Großen Krieges hat zu einer langen Gedenksequenz (2014-2018) von völlig neuem Ausmaß geführt. Experten prognostizierten, dass die Länder unterschiedlich intensiv gedenken würden, was sowohl von der nationalen Geschichte als auch von der jeweiligen Tradition der Gedenkpolitik abhängen würde. Daher muss die Analyse der Hundertjahrfeier in einem komplexen Gefüge geopolitischer Faktoren neu positioniert werden, in welchem die jeweilige nationale Geschichte ein erhebliches Gewicht hat. Welche Rolle haben Frankreich und Deutschland bei der Hundertjahrfeier gespielt? Ist es trotz der unterschiedlichen Wahrnehmung des Großen Krieges in beiden Ländern gerechtfertigt, von einem deutsch-französischen Hundertjahrfeiertag zu sprechen?
Deutsch-französische Meilensteine
Die französische Hundertjahrfeier wurde seit langem geplant, insbesondere durch die Schaffung einer interministeriellen „Mission du centenaire", die 2012 von Präsident Sarkozy ins Leben gerufen wurde. Nichts dergleichen in Deutschland, wo die Bundesregierung es gerade noch für angebracht hielt, den Diplomaten Andreas Meitzner zum „Koordinator" der Gedenkfeiern in der Kulturabteilung des Außenministeriums zu ernennen. Die von Joseph Zimet geleitete Mission du centenaire, die von 2013 bis 2019 aktiv war, ging den 100. Jahrestag so umfassend an, wie es der Krieg selbst gewesen sein mag, und ließ keinen seiner Aspekte (kulturell, diplomatisch, militärisch, territorial, wissenschaftlich und medial) außer Acht. Die Organisation der von Frankreich angeregten nationalen und internationalen Gedenkfeiern stützte sich größtenteils auf dieses Konzept. Frankreich hat in diesen fünf Jahren eine facettenreiche und komplexe Geschichte auf die Bühne gebracht, die von Deutschland begleitet wurde, wann immer es angebracht erschien.
Die offiziellen deutsch-französischen Treffen zum Gedenken an den Großen Krieg zwischen 2014 und 2018 müssen hier im Einzelnen erwähnt werden, sowohl um ihren häufigen Charakter zu unterstreichen als auch um die bedeutenden Veränderungen in der Gedenkpolitik aufzuzeigen, die in ihnen zum Ausdruck kommen.
Diese offiziellen binationalen Gedenkfeiern reihen sich in die mittlerweile lange Geschichte der deutsch-französischen Aussöhnung ein, die 1962 mit dem Treffen von de Gaulle und Adenauer in Reims begann. Diese erreichte ihren Höhepunkt mit der vielbeachteten Einladung Angela Merkels 2009 nach Paris zum Gedenken an den 11. November.
Zurück zum Zeitraum 2014-2018: Eine wichtige Sequenz, weil sie sich über einen recht langen Zeitabschnitt erstreckte, war das Projekt der deutsch-französischen Gedenkstätte Hartmannswillerkopf. Das Treffen zwischen François Hollande und Joachim Gauck im August 2014 führte zu einer Grundsteinlegung, und das Projekt wurde mit dem Treffen von Emmanuel Macron und Frank-Walter Steinmeier im November 2017 konkretisiert. Die Umsetzung dieser binationalen Institution, die dem Ersten Weltkrieg gewidmet ist, war eine Premiere und ein überzeugendes Signal für die „Konvergenz der Erinnerungen".
Wenn man die Chronologie ab August 2014 wieder aufnimmt, muss man dann an das Treffen der Außenminister Laurent Fabius und Frank-Walter Steinmeier im Mai 2015 erinnern, bei dem es um die Einweihung der neuen Fenster der Kathedrale von Reims ging, einer Märtyrerstadt des Ersten Weltkriegs, wenn man es denn so nennen will. Es wäre kaum denkbar gewesen, Verdun nicht zu gedenken, wo Angela Merkel am 29. Mai 2016 François Hollande traf. Dort wurde erneut die Einheit des Gedenkens verkündet, denn die Bundeskanzlerin erklärte damals, dass „es keine Gräber mehr gibt, die uns trennen".
Einweihung der Glasfenster in der Kapelle Sainte-Jeanne d'Arc der Kathedrale von Reims: Frank-Walter Steinmeier, Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, und Laurent Fabius, Minister für auswärtige Angelegenheiten und internationale Entwicklung, neben Imi Knoebel, dem Glasermeister, der die Glasfenster hergestellt hat (Marne, Region Champagne-Ardenne), 11. Mai 2015. © MEAE/F. de la Mure
Ein Schlusspunkt auf dem Weg der Versöhnung
Die Gedenkfeiern im November 2018 bildeten schließlich einen sehr feierlichen Abschluss all dessen mit der vom französischen Staatspräsidenten gewünschten Gedenkstättenwanderung. Neben der großen Zeremonie am 11. November, bei der mehr als 70 Staatschefs, darunter auch die deutsche Bundeskanzlerin, anwesend waren, rahmten zwei deutsch-französische Treffen diese Wanderungsroute ein: Am 4. November traf Emmanuel Macron in Straßburg erneut mit Frank-Walter Steinmeier zusammen und am Nachmittag des 10. November gedachte der französische Präsident gemeinsam mit Angela Merkel in Compiègne des Waffenstillstands.
Die Gedenkfeier in Compiègne, deren vollständiges Video auf der Website des Élysée-Palastes angesehen werden kann, ist es wert, dass man ihr besondere Aufmerksamkeit widmet. Sie stellte in gewisser Weise einen Schlusspunkt auf dem deutsch-französischen Weg der Versöhnung im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg dar. Diese Zeremonie fand in nahezu perfekter Zweisprachigkeit statt. Das Militär wurde bei der Zeremonie geehrt, aber nicht zur Schau gestellt, wobei die beiden Staatsoberhäupter Soldaten der deutsch-französischen Brigade abschritten. Nacheinander wurden die deutsche und die französische Hymne gespielt, und wenig später erklang ein Kinderchor mit Beethovens „Hymne an die Freude", die auch die europäische Hymne ist. Anschließend begaben sich Angela Merkel und Emmanuel Macron vor die heilige Steinplatte, um eine Tafel mit folgender Inschrift zu enthüllen: „Anlässlich des 100. Jahrestags des Waffenstillstands vom 11. November 1918 haben Herr Emmanuel Macron, Präsident der Französischen Republik, und Frau Angela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, hier die Bedeutung der deutsch-französischen Aussöhnung im Dienste Europas und des Friedens bekräftigt". Hier wird die ursprüngliche Symbolik der heiligen Steinplatte, die den unüberbrückbaren Antagonismus zwischen Frankreich und Deutschland kennzeichnen sollte, völlig in ihr Gegenteil verkehrt. Schließlich wurden die beiden Staatschefs von einem Vertreter des Vereins der Gedenkstätte auf der Lichtung des Waffenstillstands begrüßt, wodurch auf subtile Weise all jene „Akteure des Gedenkens" wie Vereinsvertreter, Freiwillige usw. gewürdigt werden sollen. Die Kanzlerin und der Präsident hatten die Ehre, das Gästebuch des berühmten Waffenstillstandswaggons zu schließen. Diese Schlussszene, in der die Emotionen spürbar waren, entspricht in jeder Hinsicht den analogen Begegnungen, die ihr seit 2014 mit den Duos François Hollande - Joachim Gauck, Frank-Walter Steinmeier - Emmanuel Macron vorausgegangen waren: Die Annäherung der beiden Nationen wurde auch hier durch eine körperliche Annäherung zwischen den Staatsoberhäuptern signalisiert. Im Fall von Angela Merkel und Emmanuel Macron zeigte sich diese Nähe in kleinen, taktvollen Gesten, die fast unbeholfen wirkten (er nahm ihre Hand im Blitzlichtgewitter der Fotografen) und die darauf schließen ließen, dass in diesem großen Moment der Geschichte die Spontaneität Einzug gehalten hat.
Feier der deutsch-französischen Versöhnung in Anwesenheit von Präsident Emmanuel Macron und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel,
Rethondes, 10. November 2018. © Soazig de la Moissonniere/Présidence de la République
Ein Hundertjahrfeiertag, der die Traditionen des Gedenkens aufzeigt
Auch wenn man zu Recht eine gewisse „Konvergenz der Erinnerungen" zwischen Frankreich und Deutschland anlässlich dieses Hundertjahrfeiertags feststellen konnte, sollte man dennoch die kleinen Besonderheiten zur Kenntnis nehmen, die von unterschiedlichen Sichtweisen in diesem Prozess zeugen. Zunächst fällt auf, dass die Gedenkveranstaltungen vor allem in Frankreich und auf Einladung Frankreichs stattfinden. Dies ist natürlich verständlich, da das französische Staatsgebiet, vor allem der Norden und Osten, sehr stark und nachhaltig von dem Konflikt geprägt wurde und Deutschland seinerseits keine Tradition des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg pflegt. Mit Ausnahme der bemerkenswerten Sitzung im Bundestag am 3. Juli 2014, an der auf französischer Seite der französische Botschafter in Deutschland und der ehemalige Präsident der Republik
Valéry Giscard d’Estaing teilnahmen, reist Frankreich also nur selten nach Deutschland, um dort des Ersten Weltkriegs zu gedenken. An jenem 3. Juli erinnerte der deutsch-französische „Brückenbauer" Alfred Grosser dort eher an ein Jahrhundert bilateraler Beziehungen als an den Ersten Weltkrieg. Im November 2018, etwas mehr als eine Woche nach der internationalen Gedenkfeier in Paris, reiste Emmanuel Macron im Rahmen des deutschen Volkstrauertags nach Berlin, aber auch hier ging es eher darum, die Bedeutung des deutsch-französischen Paares für Europa und die Notwendigkeit der Überwindung von Unterschieden für eine gemeinsame Politik mit großer internationaler Reichweite zu thematisieren.
Gedenkfeier zum Volkstrauertag in Deutschland, in Anwesenheit von Emmanuel Macron und Angela Merkel, Berlin, 18. November 2018.
© Abdulhamid Hosbas/AFP
Diese Diskrepanz wurde erneut anhand von zwei offiziellen Veranstaltungen deutlich, die in sehr kurzem Abstand zueinander stattfanden.
Die erste war die internationale Zeremonie am 11. November 2018 in Paris. Ohne in patriotische Exzesse zu verfallen, waren die nationalen Symbole Frankreichs dennoch sehr präsent: die Patrouille de France, die eine "blau-weiß-rote" Fahne über dem Triumphbogen freisetzte sowie die Rede des französischen Präsidenten, in der er ein werteorientiertes Frankreich lobte, dessen „Patriotismus sich vom Nationalismus unterscheidet", der Clemenceau zitierte und zahlreiche kulturelle Referenzen anführte, die heute zwar unbestritten, aber sehr franko-französisch sind: Julien Benda, Jules Romains usw. Zum Abschluss der Rede des Präsidenten wurde der 1916 in Frankreich eingebürgerte Dichter Apollinaire zitiert, was zugegebenermaßen dazu beitrug, die Aussage in eine etwas „kosmopolitischere" Richtung zu lenken. Angela Merkel wurde bei dieser Gelegenheit ebenso wenig wie die anderen Staatsoberhäupter um eine Rede gebeten.
Stattdessen war sie einige Stunden später im Rahmen des Paris Peace Forum zu vernehmen, das im selben Jahr auf Initiative von Präsident Macron ins Leben gerufen wurde. In ihrer Rede nahm sie eine Haltung ein, die man bei einem solchen Anlass, bei dem es um die Erinnerung an den Krieg geht, als „typisch deutsch" bezeichnen würde: Nach einem Rückblick auf die frühere Arroganz der Deutschen wies sie auf die Gefahren des Isolationismus und der mangelnden Kommunikation zwischen den obersten Führungskräften hin. Vor allem aber rückte sie die Problematik der deutsch-französischen Aussöhnung in den Blickpunkt, indem sie recht ausführlich auf die nicht minder schwierige deutsch-polnische Aussöhnung nach 1945 einging. Dieser Blick und diese "Erweiterung" sowohl nach Osten als auch auf den Zweiten Weltkrieg sind insofern aufschlussreich, als dadurch die deutsche und die französische Sensibilität in der Frage des Gedenkens unterschieden werden.
Projekte im vielfältigen französischen und deutschen Staatsgebiet
Obwohl die meisten der sehr zahlreichen Projekte zur Hundertjahrfeier auf beiden Seiten des Rheins auf lokaler oder nationaler Ebene organisiert wurden, gibt es dennoch eine Reihe bedeutender deutsch-französischer Initiativen, die erwähnt werden müssen. Diese wurden vor allem durch die Aktivitäten der im Partnerland ansässigen institutionellen Netzwerke ermöglicht. Die Grenzregionen spielten dabei natürlich eine besondere, aber nicht die ausschließliche Rolle.
Die Feststellung, dass die im Rahmen dieser Gedenkfeiern vorgeschlagenen deutsch-französischen Projekte reich und vielfältig sind, ist wohl das greifbarste Zeichen für die gute Entwicklung der deutsch-französischen Freundschaft. Auf den Projektstart der deutsch-französischen Gedenkstätte des Großen Krieges (Vieil-Armand), das das wichtigste und dauerhafteste Zeugnis dieser engen Zusammenarbeit ist, soll hier nicht näher eingegangen werden. Zu den wichtigsten Umsetzungen zählen die Ausstellungsreihe und das begleitende Kulturprogramm in der Dreiländerregion am Oberrhein. Angeregt durch die Einrichtung des „Museumsnetzwerks 2014" wurden im Rahmen dieses Unterfangens nicht weniger als 35 Ausstellungen von unterschiedlicher Bedeutung in 25 Städten oder Orten in Frankreich, der Schweiz und Deutschland veranstaltet.
Im Jahr 2014 bot das Institut français d'histoire en Allemagne in Frankfurt (IFHA) unter dem Titel Rück/Blick eine umfangreiche Veranstaltungsreihe mit Ausstellungen, Vorträgen, Kolloquien, Filmzyklen mit Diskussionen und Workshops an. In kleinerem Rahmen war die Universität des Saarlandes im Herbst 2014 Gastgeberin einer dreiteiligen Vortragsreihe zum Thema Arbeitergeschichte im Kontext des Großen Krieges. Da beide Städte sehr weit von der französischen Grenze entfernt liegen, waren die binationalen Projekte in Osnabrück (Niedersachsen) und erst recht in Frankfurt (Oder) (Brandenburg) überraschend. Das erste, stark pädagogisch ausgerichtete Projekt mit dem Titel „Le regard de l'autre" (Der Blick des Anderen), das vom Kulturmuseum der Stadt in Partnerschaft mit dem Département Hautes-Alpes (Gap) durchgeführt wurde, zielte darauf ab, die beteiligten Sekundarschüler zu einer gemeinsamen Sicht des Konflikts zu führen. Im zweiten Fall war es wohl die Tatsache, dass Nicolas Offenstadt, der während dieser Zeit Gastprofessor an der Universität Viadrina war, zum richtigen Zeitpunkt anwesend war, um ein deutsch-französisches Symposium zum Thema „Städte im Ersten Weltkrieg" in Verbindung mit der lokalen Ausstellung zu ermöglichen (Juni 2015). Eine weitere interessante binationale Initiative war das Projekt, das eine deutsch-französische Studentengruppe unter der Leitung des Historikers Fabien Théofilakis rund um die Höhe 108 von Berry-au-Bac durchführte. Nicht zuletzt führte das spezielle Thema der Kriegsgefangenen zu interessanten musealen Entwicklungen, wie zum Beispiel im hessischen Gießen.
Auch die deutschen Wissenschafts- und Kulturakteure in Frankreich haben sich ihrerseits an den Aktivitäten zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg beteiligt: Das Goethe-Institut und vor allem das Deutsche Historische Institut (DHI) boten zahlreiche Veranstaltungen für ein Fachpublikum oder ein breiteres Publikum an.
Youth for Peace, Berlin, 2018. © Jennifer Sanchez vonZynski.com
Die Jugend im Mittelpunkt der Hundertjahrfeier
Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW), das nach wie vor der unumgängliche Veranstalter im Bereich der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist, begleitete in den fünf Jahren die großen offiziellen bilateralen Termine und organisierte Jugendbegegnungen in Le Vieil-Armand (2014) und in Verdun (2016). Es wurde ein Projektaufruf mit dem Titel „100 Projekte für den Frieden in Europa" gestartet und der gesamte Zyklus endete Mitte November 2018 mit einem internationalen Treffen von 500 Jugendlichen aus Europa und den Nachbarländern unter dem Motto „Youth for Peace – 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, 100 Ideen für den Frieden". Die deutsch-französischen Städtepartnerschaften zwischen Gebietskörperschaften beider Länder schienen nicht zu einer großen Anzahl von Veranstaltungen rund um den 100. Jahrestag geführt zu haben, obwohl 2013 mit dem 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags ein weiterer bemerkenswerter Gedenktermin stattgefunden hatte. Unter den großen Kunstausstellungen, die in beiden Ländern stattfanden, ist die zwischen Rouen und Köln zum Thema Kathedralen zu erwähnen, ebenso wie die Kooperation des Musée des Beaux-Arts in Reims mit dem Von der Heydt-Museum in Wuppertal (Ausstellung „Das Menschenschlachthaus"). Unter dem Gesichtspunkt der verlegerischen und audiovisuellen Arbeiten muss neben den Kolloquiumsakten und Katalogen der oben genannten Ausstellungen an das Erscheinen der beiden folgenden Werke erinnert werden: La Grande Guerre vue d’en face - 1914-1918, Nachbarn im Krieg : vue d’Allemagne, vue de France Deutsche Sicht, Französische Sicht (Albin Michel) und Une guerre des images : 1914-1918, France-Allemagne (La Martinière). Auch ein Comic für Kinder ab zwölf Jahren ist in beiden Ländern unter dem Titel Carnet 14/18 : quatre histoires de France et d’Allemagne (Tagebuch 14/18: Vier Geschichten aus Frankreich und Deutschland) (Buveur d’encre/Tinter Trinker) erschienen. Der Sender Arte strahlte 2013 einen deutsch-französischen Dokumentarfilm mit dem Titel 14, des armes et des mots (14, Waffen und Worte) aus, in dem es darum ging, das Schicksal von vierzehn Protagonisten, die in den Strudel des Konflikts hineingezogen wurden, „auf Augenhöhe" zu betrachten.
Dieser keineswegs vollständige Überblick über die wichtigsten binationalen Projekte und Realisierungen, die im Rahmen der Hundertjahrfeier durchgeführt wurden, spiegelt die Dynamik der deutsch-französischen Netzwerke wider, seien sie institutioneller, akademischer, kultureller oder gemeinnütziger Natur.
Der hundertste Jahrestag des Großen Krieges hat die Grundlinien der deutsch-französischen Partnerschaft rund um Fragen der Erinnerung nicht grundlegend verändert. Man könnte sagen, dass er eine günstige Gelegenheit war, die bereits in den letzten Jahren beobachteten Tendenzen hin zu einer „Konvergenz der Erinnerungen" zwischen den beiden Ländern und einer Öffnung nach Europa zu bestätigen. Zwar gibt es noch einige nationale Eigenheiten, die für das eine oder andere Land typisch sind, doch diese scheinen nur geringfügig zu sein. Am bemerkenswertesten bleibt wohl die Tatsache, dass zehn Jahre nach dem Verschwinden der letzten Überlebenden der „Urkatastrophe" zwar des Krieges gedacht, aber vor allem der Frieden gefeiert wird. Und zu dieser Würdigung des Friedens gehört auch, dass man sich intensiv mit der Jugend beschäftigt. Eine Jugend, deren starke Präsenz man sowohl bei offiziellen Gedenkfeiern als auch bei pädagogischen oder kulturellen Projekten feststellen kann.
Letztendlich liegt Alfred Grosser, der 2018 vom deutschen Fernsehen interviewt wurde, wohl nicht falsch, wenn er sagt, dass „die Franzosen, was das Gedenken an 14-18 betrifft, vielleicht ein bisschen übertreiben". Wenn der deutsche Nachbar jedoch dadurch einen Anstoß erhält, die Zeit gemeinsam mit dem Feind von gestern etwas intensiver zu beleuchten, ist das keine so schlechte Sache.