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Jean Errard

1554 - 1610

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Jean Errard. Photo : Musée Barrois / Bar-le-Duc

 

 

Jean Errard ist gebürtiger Protestant aus Bar-le-Duc. Nach seinem Studium der Mathematik und Geometrie wird er von italienischen Ingenieuren im Dienst des Herzogs von Lothringen, Charles III. ausgebildet, in dessen Dienst er 1580 tritt. 1583 erhält er von ihm Geld für die Veröffentlichung seiner Bücher (insbesondere für das Buch mit dem Titel Le premier livre des instruments mathématiques mécaniques). Nachdem sich sein Gönner der Liga angeschlossen hatte, muss Errard im Jahr 1584 Lothringen verlassen. Er sucht Zuflucht im kalvinistischen Fürstentum von Sedan und tritt in den Dienst unter la Marck, der Herzöge von Bouillon, ein, wo er vom Prinz von Sedan den Ingenieurstitel verliehen bekommt. Er führt seine Arbeiten am städtischen Befestigungsbau fort. 1587 führt ihn sein Weg dann nach Jametz, nachdem Sedan sich im Verteidigungsstatus befand. Nach der Belagerung von Sedan durch die Lothringer Truppen unter der Befehlsgewalt von Charles III bis Ende 1587, kapituliert die Stadt am 24. Juli 1589. Jean Errard ergreift die Flucht.

Dank der langen Verteidigung von Jametz (sechs Monate) hatte sich Errard einen guten Ruf erworben, was auch Heinrich IV. nicht entgangen war. Nachdem er erneut gekrönt wurde, nimmt er Errard in seine Dienste. Fortan begleitet Errard den König auf verschiedenen Feldzügen, die dazu dienen, das Königreich zurückzuerobern. Zu seinen Aufgaben zählen die Durchführung von Belagerungen, die Konstruktion von Bastionen sowie der Bau neuer Festungsanlagen.

Er wird zum Ingenieur für Befestigungsanlagen in den Regionen Picardie und Île-de-France. Heinrich IV. veranlasst die Instandsetzung der meisten Verteidigungs- und Festungsanlagen. Der König ernennt ihn zum Ersten Ingenieur, verschafft ihm Zutritt zum Königlichen Rat und erhebt ihn 1599 in den Adelsstand. Er errichtet die Zitadellen von Amiens und Verdun und nimmt an den Plätzen von Doullens in der Somme, Montreuil (Pas-de-Calais) und Sedan entsprechende Veränderungen vor. Auch für die Bauwerke in Sisteron ist er verantwortlich, wo Front und Flanke der Bastion einen rechten Winkel bilden.

Jean Errard ist der Erste, der in Frankreich das Prinzip von Bastionsfestungen anwendet und sich damit den bestehenden Prinzipien widersetzt. Seine Arbeiten bringen ihm den Beinamen „Vater des französischen Festungsbaus" ein. Die Geometrie bestimmt sein strategisches Denken: Für Errard ist sie die Grundlage für alle seine Vorgehensweisen, die es ermöglichen, verschiedene Sechsecke, regelmäßig oder unregelmäßig, zu errichten, die für eine gute Verteidigung und Festung unabdingbar sind.

Seine wichtigste Theorie besteht in der Tatsache, dass die Verteidigung viel mehr für die Infanterie als für die Artillerie ausgerichtet sein sollte, da deren Beschuss zu seiner Zeit nicht so wirksam war.

Sein System besteht aus Bastionen, die Platz boten für 200 Infanteristen, mit Schussrichtung nach vorne und mit einer Breite von ungefähr 70 Meter. Diese Bastionen werden flankiert von Batterien für die Artillerie auf einer Breite von 30 Meter. Das Prinzip dieser Bauweise wurde später von Vauban weitergeführt.

Seine Planungen sehen überdachte Wege vor, die eine Pufferzone bilden (Konzept des „Vorbeimarschierens“), sowie Außenwerke zwischen den Bastionen zum Schutz der Tore (Konzept der „Flankierung“). Der wesentliche Nachteil dieses Verteidigungssystem liegt darin, dass die Bastionen mit ihren zu spitzen Winkeln keine umfassende Garantie boten, einer Belagerung standzuhalten.

Von den theoretischen Prinzipien Errards inspiriert sind die Arbeiten von Ingenieur Jean Sarrazin, Ritter Deville (1595-1656), der die Flankierung verfeinert und den geschlossenen Weg unterteilt. Auch Blaise Pagan (1607-1667), Vorbild von Vauban, ließ sich von Errard inspirieren und war ein Verfechter der Außenwerke (Entwicklung der Schießscharten). Er war überzeugt davon, dass eine Bastion kurvig verlaufen sollte, was durch den Bau einer Ringmauer erreicht wurde.

Ingenieur Jean Errard befasst sich außerdem mit Fragen der Hydraulik. 1594 entwickelt er ein System zur Umwandlung der per Wasserrad erzeugten Energie mithilfe einer Stange, wodurch die Probleme des Rückflusses vermieden werden konnten. Im Jahr 1660 entwickelt er Pläne für ein Steuerungssystem von Ketten für Wasserpumpen, das von Arnold Deville aufgegriffen wurde.

Errard ist Autor des Buches Premier Livre des instruments mathématiques et mécaniques, erschienen im Jahr 1583 in Nancy sowie des Titels La Géométrie et pratique générale d'icelle (Paris, 1594). Er ist der erste Übersetzer von Euclide und veröffentlicht in den Jahren 1604 und 1605 in Paris das Werk Les neufs premiers livres des Eléments d'Euclide traduits et commentez.

Sein wichtigstes Buch ist jedoch La fortification démonstrée et réduicte en art, dessen Erstauflage dank königlicher Subventionen 1600 in Paris erscheint. Der Erfolg führt zu einer Neuauflage im Jahr 1604 und verschiedene Übersetzer fertigen deutsche Auflagen an: Diese erscheinen 1604, 1617 und 1622 in Frankfurt und 1616 und 1617 in Oppenheim. Sein Neffe, Alexis Errard, erweitert die Originalausgabe mit Anmerkungen seines Onkels, die dann 1620 in Paris als dritte Auflage erscheint.

Louise de Bettignies

1880 - 1918

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Portrait von Louise de Bettignies. Quelle: beh.free.fr/npc/hcel/index.html

Louise, die "Jungfrau von Orléans des Nordens", ist die Tochter von Julienne Mabille de Ponchevillle und Henri de Bettignies und entstammt somit einer alten wallonischen Adelsfamilie aus dem Hennegau, die im 18. Jh. die königlich-kaiserliche Porzellanmanufaktur von Tournai gründete. Ihr Urgroßvater Louis-Maximilien gründet eine Porzellanmanufaktur im "Moulin des Loups" genannten Weiler von Saint-Amand-les-Eaux. Henri de Bettignies verkauft das Werk aufgrund finanzieller Schwierigkeiten kurz vor der Geburt seiner Tochter. Dem jungen verarmten Mädchen werden trotz allem eine standesgemäße Erziehung und entsprechende Werte vermittelt. Sie studiert in Valenciennes und findet im Studium einen einen Trost für ihre Mittellosigkeit und den Tod ihres Vaters im Jahr 1903. Sie beschließt zunächst, dem Weg ihres Bruders und ihrer Schwester in das religiöse Leben zu folgen und in ein Kloster einzutreten, ändert danach jedoch ihre Pläne und nutzt ihre intellektuellen Fähigkeiten, um eine Stellungen als Gouvernante in englischen und deutschen Familien anzunehmen und auf diese Weise deren Sprachen zu erlernen und Europa zu entdecken. Im Jahr 1914 fallen die deutschen Truppen in den Norden Frankreichs ein. Louise engagiert sich gemeinsam mit ihrer Schwester in der Verteidigung von Béthune, indem sie die belagerte Stadt mit Nahrungsmitteln versorgt.

Im Februar 1915 wird die junge Frau während eines Aufenthalts in Saint-Omer von einem französischen Offizier des 2. Büros kontaktiert, der ihr vorschlägt, ihrem Land im Nachrichtendienst zu dienen. Dieser Vorschlag wird kurz danach von Major Kirke für den britischen Nachrichtendienst wiederholt. Sie holt hierfür zunächst die entsprechende Zustimmung ihres geistigen Führers, Vater Boulengés, dem sie ihren Spitznamen 'Jungfrau von Orléans des Nordens' verdankt, ein. Daraufhin organisiert sie im Bezirk von Lille, beraten von Monseigneur Charost, dem Bischof von Lille, die Anfänge des zukünftigen "Service Alice" oder "Service Ramble". Über Belgien oder die Niederlande übermittelt die junge Frau unter dem Namen Alice Dubois Informationen nach Großbritannien. Ab Frühling 1915 wird sie hierbei von der aus Roubaix stammenden Marie-Léonie Vanhoutte alias Charlotte Lameron unterstützt. Letztere war seit August 1914 in der Einführung des Rettungsdienstes tätig gewesen und nutzt ihren Status jetzt für ihre Spionagetätigkeit. Anlässlich ihrer Reisen zwischen Bouchaute, Gand und Roubaix, die an sich der Übermittlung von Nachrichten an die Familien von Soldaten und der Verteilung von Post dienen sollen, informiert sie die Briten über die Bewegungen der deutschen Truppen und strategische Stellen. Das Alice-Netzwerk besteht aus vierundzwanzig Personen. Es arbeitet so effizient, dass Informationen innerhalb von vierundzwanzig Stunden gesammelt und übermittelt werden können. Es besteht aus zwei Polen. Der erste dient der Überwachung der belgischen Grenze und der deutschen Truppenbewegungen. Es besteht somit aus an strategischen Stellen platzierten Beobachtern und Mittelsmännern: Schrankenwärtern, Bahnhofsvorstehern, örtlichen Widerstandskämpfern wie den Herren Sion oder Lenfant, dem Polizeikommissar von Tourcoing. Den zweiten Pol bilden in der Region Lille, Frelingues, Hellemmes, Santes und Mouscron, wohnhafte Personen, die gegenüber den Besatzungsbehörden eine rege Reisetätigkeit rechtfertigen können. Diese Personen, darunter Comboin genant José Biernan, Madeleine Basteins, Frau Semichon, Frau Paul Bernard, Mme de Vaugirard, Victor Viaene und Alphonse Verstapen übermitteln Informationen über sensible Bereiche (Stellung von Artilleriebatterien, von DT-Posten...) und übernehmen gelegentlich Kurierdienste. Vervollständigt wird das Ganze durch ein Chemielabor, das für die Reproduktion von Karten, Plänen und Fotos verwendet wird, das vom Ehepaar Geyter zur Verfügung gestellt wird. Die auf diese Weise gesammelten Informationen werden auf winzige Blätter Japanpapier übertragen und, großteils zu Fuß, nach Holland, in erster Linie von Louise de Bettignies und Marie-Léonie Vanhoutte, zwischen Gand und Brüssel, und schließlich nach Beerse gebracht.

Ab Mai 1915 arbeitet Alice Dubois von Zeit zu Zeit mit dem zweiten Büro von Kommandant Walner unter dem Pseudonym Pauline. Ihren Aktionen ist die Zerstörung von 2.000 Artilleriefahrzeugen bei den Schlachten von Carency und Loos-en-Gohelle zu verdanken. Im Sommer 1915 wird ein neues Informationsnetz im Sektor von Cambrai-Valenciennes, Saint-Quentin und Mézières eingeführt. Es übermittelt im Herbst 1915 Informationen über einen anstehenden Angriff auf Verdun. Nach dem Einführungs- und Verwaltungsstadium ist Louise de Bettignies mit dem Gegenangriff der deutschen Truppen konfrontiert. Alice und Charlotte haben den Eindruck, überwacht zu werden. Am 24. September 1915 wird Marie-Léonie Vanhoutte nach einem Treffen im Lion Belge (Brüssel) in der Familienpension Adriatiques verhaftet und anschließend in das Gefängnis Saint-Gilles gebracht. Die Bedingungen dieser Verhaftung sind unklar. Charlotte wird zunächst von den Herren Lenfant und Sion dringend aufgefordert, sich nach Brüssel zu begeben, um einen Brief zu überbringen. Sie versäumt daraufhin das ursprünglich vorgesehene Treffen, nimmt jedoch zwei Postkarten entgegen, die ihr in die Auberge geschickt wurden. Die eine ist von Alice, die andere, von einem gewissen Alexandre, enthält die folgende Nachricht: "Kommen Sie so schnell wie möglich, heute abend oder morgen gegen acht zum Lion Belge mit einer Zeitung in der Hand; es geht um Alice". Die deutsche Polizei hetzt sie schließlich ergebnislos durch die Straßen von Brüssel und fordert sie auf, Louise de Bettignies auf einem Foto zu identifizieren. Die zu dieser Zeit in England befindliche Louise kommt nach Frankreich zurück, um die Operationen zu leiten.

Sie wird ihrerseits am 20. Oktober in Tournai beim Versuch, die französisch-belgische Grenze mit falschen Papieren zu überschreiten verhaftet. Ihr Autovermieter Georges de Saever erfährt das gleiche Schicksal. Daraufhin organisieren die deutschen Behörden eine Gegenüberstellung und eine Durchsuchung bei den Geyters. Der von den vom Netzwerk Alice gesammelten Informationen abhängige britische Nachrichtendienst setzt seine Tätigkeiten mit der Organisation "la Dame Blanche" unter der Leitung der Tendel-Fräuleins fort. Louise stößt im Gefängnis von Saint-Gilles schon am 26. Oktober erneut auf ihre Freundin. Sie kommunizieren, indem sie auf die Kanalrohre schlagen. Die Untersuchung untersteht der Leitung von Richter Goldschmidt. Während der sechsmonatigen Untersuchung weicht Louise de Bettignies nie von ihren Aussagen ab: "wie ein Fuchs in seinem Bau, gab sie nichts preis, sprach wenig und leugnete stets". Da die Deutschen nicht in der Lage sind, eine Verbindung zwischen Louise de Bettignies und Alice Dubois nachzuweisen, wenden sie eine besondere Taktik an, um einige Beweisstücke für ihre Akten zu sammeln. Louise Letellier, einer angeblich auch unter dem Kreuzfeuer der Deutschen stehende "Landsmännin" gelingt es, Louise de Bettignies ein Geständnis und sieben Schreiben zu entlocken. Nach Beendigung der ersten Phase seines Plans verwendet Richter Goldschmidt die in den Briefen enthaltenen Informationen, um Marie-Léonie Vanhoutte vom Verrat ihrer Gefährtin zu überzeugen, jedoch vergebens. Am 16. März 1916 verurteilt der in Brüssel tagende Kriegsrat, dem General Von Bissing und der Kriegsberater Stoëber angehören, Louise de Bettignies wegen Spionagetätigkeit zum Tode, ohne jedoch nachweisen zu können, dass sie tatsächlich an der Spitze des Netzwerkes stand. Das Urteil wird vermutlich aufgrund des Renommees der Familie de Bettignies in lebenslange Haft umgewandelt. Marie-Léonie Vanhoutte und Georges, die zunächst zum Tode verurteilt wurden, erhalten schließlich 15 Jahre Arbeitslager wegen Verrat im Kriegszustand und Beihilfe zur Spionage. Diese Revision des Urteilsspruchs soll das Ergebnis einer Erklärung von Louise de Bettignies ihren Richtern gegenüber gewesen sein - ihre einzige Aussage in deutscher Sprache während des gesamten Prozesses! -, in der sie ihre Verantwortung anerkennt und um Gnade für ihre Gefährten bittet. Die Verurteilten absolvieren ihre Strafe ab April 1916 im Gefängnis von Sieburg in der Nähe von Köln. Fast zeitgleich, am 20. April wird Louise de Bettignies von Marschall Joffre mit der Citation à l'Ordre de l'Armée ausgezeichnet. Ende Januar 1917 wird Louise de Bettignies eingekerkert, da sie sich geweigert hat, Munition für das deutsche Heer herzustellen und eine Meuterei unter ihren Mitgefangenen angestiftet hat. Louise de Bettignies erliegt am 17. September 1918 an den Folgen eines schlecht operierten Pleuraabszesses. Sie wird im Westfriedhof von Bocklemünd bestattet. Am 21. Februar 1920 wird Sie in ihre Heimat zurück überführt. Am 16. März 1920 organisieren die Alliierten in Lille eine Zeremonie zu Ehren der 'Jungfrau von Orléans des Nordens', während derer diese mit dem Kreuz der Ehrenlegion, dem Kriegskreuz 14-18 sowie der englischen Militärmedaille ausgezeichnet wird und zum Offizier des Ordens des britischen Königreichs ernannt wird. Louise de Bettignies, alias Alice Dubois, ruht heute im Friedhof von Saint-Amand-les-Eaux. Am 11. November 1927 wird auf Veranlassung von Marschall Foch und General Weygand eine Statue auf dem Boulevard Carnot eingeweiht. In Notre-Dame de Lorette wird in einem Schaukasten das Grabkreuz des Grabes von Louise de Bettignies auf dem Kölner Friedhof sowie die ihr zuerteilte Auszeichnung der Citation à l'Ordre de l'Armée aufbewahrt.

Edith Cavell

1865-1915

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Portrait von Edith Cavell. Quelle : http://en.wikipedia.org

Edith Cavell wird 1865 in England geboren. Sie ist die Tochter eines anglikanischen Pastors. Sie studiert zunächst in Brüssel, dann in der Schweiz und schließlich in Dresden und Aachen, wo sie die deutschen Techniken der Medizin und Hygiene kennenlernt.1895 kehrt sie nach England zurück und arbeitet zunächst als Gouvernante, erhält dann ihr Diplom als Krankenschwester im "London Hospital" und kehrt 1906 nach Brüssel zurück, wo sie am Institut der Chirurgie arbeitet und das medizinische Institut Berkendael leitet. Im Jahre 1914 richtet das Rote Kreuz ein Krankenhaus in ihrer Einrichtung ein, was schnell in eine Empfangshalle für französische, belgische und englische Soldaten umgeformt wird, die der Armee in den Niederlanden beitreten möchten. Miss Vavell wird somit zu einem wichtigen Glied dieses "Fluchtnetzes", was vom Norden Frankreichs über Brüssel bis Holland reicht.

Die Aktivitäten ihrer Gruppe werden durch den Rückzug der französischen und englischen Divisionen in Richtung Marne verstärkt. Die verletzten Soldaten bleiben in den Landkrankenhäusern Nordfrankreichs und der Ardennen, andere haben keinen Kontakt mehr zu ihren Einheiten. Die Kriegsteilnehmer, die nicht die Aufmerksamkeit der deutschen Truppen erwecken, werden von Prinzessin Marie de Croÿ auf Schloss Bellignies aufgenommen, um dann anschließend zu Edith Cavell weitergeleitet zu werden, wo sie Kleidung und falsche Papiere erhalten, um dann wieder zu ihren Truppen zu stoßen. Durch diese gemeinsame Arbeit können zweihundert Personen von November 1914 bis Juli 1915 aus der deutschen Besatzungszone flüchten.

Die sechsundsechzig Mitglieder des Netzwerks werden angezeigt und ab Sommer 1915 festgenommen. Der französische Spion Gaston Quien wurde angeklagt, dass Netzwerk verraten zu haben, er wurde jedoch mangels Beweis freigelassen. Edith Cavell wird am 15. Juli festgenommen, als sie versuchte, alliierte Soldaten über die holländische Grenze zu schmuggeln. Sie wird im Gefängnis Saint-Gilles eingekerkert. Im Laufe der Befragung gibt sie zu: "ich hielt es für meine Pflicht, dies für mein Land zu tun". Dadurch wird sie als Verräterin und als Grund für den Zusammenbruch des belgischen Geheimdienstes angesehen. Edith Cavell wird in einer Einzelzelle eingesperrt. Die deutschen Behörden geben anscheinend dem diplomatischen Druck nach und erlauben, dass Maître Sadie Kirsten die Verteidigung übernimmt, ohne dass dieser jedoch mit ihr sprechen oder ihre Akte einsehen darf. Der Prozess bezüglich des Netzwerks findet vom 7. September bis 8 Oktober 1915 unter dem Befehl des General Ströbel statt. Der in den Medien dargestellte Prozess sollte eine abschreckende Wirkung haben. Die Todesstrafe für den Verrat am Feind wird gefordert. Am 11. Oktober 1915 werden Edith Cavell, die Gräfin Jeanne de Belleville und Louise Thuliez, eine Lehrerin, zum Tode verurteilt. Der Sekretär der amerikanischen Gesandschaft bemüht sich vergeblich, ein Gnadengesuch für Edith Cavell einzureichen. La sentence est exécutée.Am 12. Oktober 1915 um 7 Uhr morgens wird die Strafe vollstreckt.

Ihre Kameraden werden zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. In England und den den Vereinigten Staaten löst diese Hinrichtung im Zusammenhang mit der Torpedierung der Lusitania eine Sturmwelle von Protesten aus. Die anti-deutsche Propaganda nimmt ihren Lauf, Freiwillige strömen herbei. Nach dem Krieg, am 7. Mai 1919 wird die Leiche von Edith Cavell nach England gebracht. Eine Gedenkfeier wird in der Westminster Abbay abgehalten. Auf dem Trafalgar Square (London) wurde eine Säule in der Nähe der Nationalgallerie errichtet, die an diese transnationale Heldin erinnert. Ein Flachrelief wurde ihr im Musée du Jeu de Paume (Paris) gewidmet, das allerdings 1940 zerstört wurde.

 

Georges Clemenceau

1841-1929

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Portrait von Georges Clémenceau. Quelle : www.netmarine.net

 

Am 28. September 1841 wird Georges Clémenceau in Mouilleron-en-Pareds (Vendée) geboren. Seine Kindheit verbringt er in der Vendée und wird dann Arzt, wie bereits sein Vater. Er studiert in Nantes und 1865 in Paris. Im Quartier Latin macht er seine ersten Schritte in die Politik. Mit 24 Jahren ist er Arzt und geht in die Vereinigten Staaten, um dort die Verfassung zu studieren. Dort verbringt er 5 Jahre und heiratet. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich nimmt er an einem Aufstand gegen das kaiserliche Regime in Paris teil. Im Alter von 30 Jahren wird er zum Bürgermeister von Montmartre und dann zum Abgeordneten der Seine gewählt, anschließend zum Stadtrat von Paris, 1875 zum Präsidenten des Stadtrats und 1880 zum Abgeordneten des Départements Var.

Der Tiger

Clémenceau ist seit 1876 Vorsitzender der radikalen extremen Linken und stellt sich vehement gegen die Kolonialpolitik von Jules Ferry. Er bewirkt den Sturz mehrerer Regierungen. Diese Krallenhiebe bringen ihm den Spitznamen « Tiger » ein. Er wird bei den Wahlen von 1893 geschlagen und kehrt zu seiner ersten Liebe, der Schrift und vor allem dem Journalismus zurück. Er arbeitet mit mehreren Zeitungen zusammen, darunter die Aurore, wo er den Artikel ?Ich klage an? von Emile Zola zugunsten von Dreyfus veröffentlicht.

Zunächst Senator des Departements Var im Jahre 1902 wird er Innenminister und von 1906 bis 1909 Präsident des Rats. Er gründete das Arbeitsministerium und erlässt Gesetze bezüglich der wöchentlichen Ruhepausen sowie dem 10-Stunden-Tag(!), der Rente der Arbeiter ...genauso hart geht er jedoch auch gegen Streiks vor. Nach seinem Sturz geht er in die Opposition und gründet eine neue Zeitung ; « Der freie Mensch », die im Jahre 1914 durch die Zensur zu ?Der gefesselte Mensch" wird.

Der Vater Der Sieg

Am 20. November 1917 wandte sich Poincaré mit der Bitte, nochmals den Vorsitz des Rats zu übernehmen, an ihn. Er war in der Lage, unpopuläre Maßnahmen zu treffen, war jedoch selbst beliebt, wenn er mit seinem Stock durch die Reihen ging (mit 76 Jahren). Ganz im Gegensatz zu den Abgeordneten vertraute er Foch. Am Tag nach dem Waffenstillstand war er Präsident der Friedenskonferenz und zeigte sich unversöhnlich gegenüber Deutschland. Da er Schwächen in dem Abkommen entdeckte, war er mit diesem nicht vollkommen einverstanden. 1920 trat er als Präsidentschaftskandidat der Republik an, wurde jedoch von Deschanel übertroffen. Daraufhin zog er sich in sein kleines Fischerhaus in Saint Vincent sur Jard in der Vendée zurück, wo er weiterhin schrieb und vor der Wiederaufrüstung in Deutschland warnte. Am 24. November 1929 starb er in seinem Wohnsitz in der Rue Franklin in Paris.

Camillo Benso Comte de Cavour

1810-1861

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Portrait von Graf Cavour. Quelle: www.fuhsd.net

(Turin, 10. August 1810 - Turin, 6. Juni 1861)

 

Liberal gesinnter Politiker aus dem Piemont, Mitbegründer der italienischen Nation, Wegbereiter der französisch-italienischen Annäherung, Leiter der Verhandlungen um die Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich mit dem Vertrag von Turin vom 24. März 1860. Camillo Benso, Graf von Cavour, stammte aus einer alten katholischen Adelsfamilie im italienischen Piemont, während seine Mutter Schweizerin und Calvinistin war. Er wählte zunächst die militärische Laufbahn, trat jedoch 1835 aufgrund seiner liberalen Ideen aus der Armee aus. Danach lebte er zwanzig Jahre lang auf seinem Landgut in Levi. Er interessierte sich lebhaft für alle Neuerungen seiner Epoche wie z. B. landwirtschaftliche Arbeitstechniken, moderne Maschinen, die Eisenbahn, die neuen Kreditinstitute. 1842 gründete er einen landwirtschaftlichen Verband und veröffentlichte 1846 eine Studie über die Eisenbahn in Italien. Auf diversen Reisen vertiefte er seine politische Erfahrung und auch seine französischen Sprachkenntnisse. 1847 gründete er die Zeitschrift "Il Resogimento" in der er sich für die Gründung einer konstitutionellen Monarchie in Italien einsetzte.

1848 wurde er als konservativer, jedoch antiklerikaler Abgeordneter ins Parlament von Piemont gewählt und übte verschiedene Funktionen in der dortigen Regierung aus, u.a. als Landwirtschaftsminister im Oktober 1850 und als Finanzminister 1851. Von da an bildete er eine emblematischen Figur in der Politik des Piemont. Im Bemühen um eine Vergrößerung des Piemont auf Kosten Österreichs schloss er aus der italienischen Niederlage von 1849 gegen Österreich (Vertrag von Mailand, August 1849), dass er eine ausländische Unterstützung benötigte, um die Einigung Italiens unter der Führung von Savoyen-Piemont zu erreichen. Frankreich und Napoleon III. schienen ihm der geeignete Alliierte dafür zu sein. Beim Kongress von Paris im April 1856 im Anschluss an den Krimkrieg nutzte Cavour die Rolle aus, die ihm von den kriegführenden Parteien angeboten wurde (militärische Präsenz, jedoch eher politischer als strategischer Art), um das Problem der italienischen Vereinigung zum Thema zu machen und die politischen Absichten Frankreichs im Ausland zu testen. Daraufhin arbeitete Cavour auf eine wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit hin. So wurde 1857 mit den Arbeiten des Tunnels unter dem Mont-Cenis begonnen. Weiterhin bereitete er den Krieg gegen Österreich vor, indem er insbesondere Alexandria in eine Festung verwandelte und ein Arsenal für die Marine in La Spezia errichtete.

Als Botschafter bei der Konferenz in Plombières mit Napoléon III. im Juli 1858 handelte er in sieben Stunden die Allianz zwischen Frankreich und Sardinien-Piemont aus: Militärisches Bündnis gegen Österreich (im Januar 1859 bestätigt), Schaffung eines italienischen Bundesstaats, Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich, Heirat des Prinzen Jérôme Bonaparte mit der Tochter des Königs von Sardinien-Piemont de Victor-Emmanuel II. Da Cavour bei der Befreiung Italiens von der österreichischen Besatzung persönlich stark beteiligt war, trat er im Juli 1859 aus Protest gegen den Waffenstillstand von Villafranca zwischen Frankreich und Österreich von seinem Amt zurück. Der Sieger Victor-Emmanuel II. verfolgte seine Politik der nationalen Vereinigung der italienischen Halbinsel durch die Annexion der aufständischen Regionen in Mittelitalien. Cavour, der im Januar 1860 in die Regierung berufen wurde, erhielt die Aufgabe, über die Ratifizierung als Gegenleistung für die Abtretung von Nizza und Savoyen zu erreichen (Vertrag von Turin vom 24 März 1860).

Besorgt über das verhalten Frankreichs und Österreichs, unterstützten Cavour und Victor-Emmanuel II. insgeheim den Marsch des Freiheitshelden Garibaldi nach Rom. Nach der Niederlage der sardischen und römischen Truppen wurden durch den Grafen die Gesetze und das Verwaltungssystem von Piemont-Sardinien auf ganz Italien übertragen. Und er erlebte am 14. März 1861 den krönenden Abschluss seines Lebenswerks: Die Wahl von Victor-Emmanuel II. von Piemont zum König von Italien durch das erste italienische Parlament.

 

Clément Ader

1841-1925

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Selbstportrait von Clément Ader. Quelle: Museum Clément Ader

 

Clément Ader, einziger Sohn des Schreiners François Ader, zeigte einen aufgeweckten und erfinderischen Geist und interessierte sich schon sehr früh für den Vogelflug. Nach dem Abitur studierte er am Institut Assiot in Toulouse und erhielt 1860 den Abschlussdiplom. 1862 trat er bei der Bahngesellschaft "Compagnie des Chemins de Fer du Midi de la France" ein, bei der er bis 1866 blieb. Von diesem Jahr an meldete er seine ersten Patente an, insbesondere über ein Fahrrad mit Gummibereifung, das "véloce caoutchouc" im Jahre 1868. Ab 1873 widmete er sich mehr dem Bau von Flugmaschinen. Mit zahlreichen Modellen, Plänen und Skizzen versuchte er, die Probleme zu lösen, die sich dabei stellten - Flügellast, Wirksamkeit der Propeller usw. Zur gleichen Zeit ließ Clément Ader Erfindungen zur Verbesserung des Telefons patentieren und erfand das "Théâtrophone" im Jahre 1881. Damit erzielte er ein sehr beachtliches Vermögen.

Von 1885 bis 1890 arbeitete Clément Ader an seinem ersten Prototyp "Eole", einem "Flugapparat zur Navigation in der Luft namens Avion", den er am 19. April 1890 patentieren ließ und mit dem er am 9. Oktober desselben Jahres im Schlosspark von Gretz-Armainvilliers einen Flug über eine Entfernung von 50 Metern durchführte. Ader setzte seine Forschungsarbeiten unter großer Geheimhaltung fort, wobei er insbesondere auch die Leistung des Motors verbesserte, der in einer zweiten Flugmaschinen eingebaut werden sollte, dem "Avion 2", für den er einen Vertrag mit der Armee abschloss. Das Projekt wurde jedoch wegen der zu hohen Entwicklungskosten und der Kürzung des Verteidigungsausgaben 1894 aufgegeben.

Damit finanzierte er die Entwicklung seines dritten Prototyps "Avion 3", der im Juli 1897 fertiggestellt und am 12. und 14. Oktober 1897 in Satory erprobt wurde, wobei Flugentfernungen bis zu 300 m erzielt wurden. 1902 wurden jedoch nach der Aufgabe des Projekts durch die Armee die Konstruktionskosten zu hoch für Clément Ader, so dass er beschloss, seine Arbeiten auf dem Gebiet der Luftfahrt aufzugeben. 1905 zog er sich in seinen Besitz in Muret zurück. 1906 wurde Santos Dumont aufgrund seines Flugs in Bagatelle von der Presse als "erster französischer Flieger" gefeiert. Dies veranlasste Clément Ader, aus seiner Reserve herauszutreten und seine Arbeiten der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Dazu veröffentlichte er 1907 "La première étape de l'aviation militaire" und 1909 "L'aviation militaire" und legt darin seinen Standpunkt über die Entwicklung der Luftwaffe bei den kommenden Konflikten dar. Jedoch erst viel später wurden sein Wert und die Bedeutung seiner Arbeiten gewürdigt, als er 1922 zum "Kommandeur der Ehrenlegion" ernannt wurde.

 

Vincent Auriol

1884-1966

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Portrait von Vincent Auriol. Quelle: Museum Clément Ader

Vincent Auriol ist eine unumgängliche Persönlichkeit in der zeitgenössischen Geschichte Frankreichs. Als Führer der sozialistischen Bewegung, Leiter der Verhandlungen über die von Deutschland zu leistenden Kriegsentschädigungen 1918 und erbitterter Gegner des Vichy-Regimes wird er als einer der "Gründungsväter" der 4. Republik angesehen. Vincent Jules Auriol wurde in Revel (Dep. Haute-Garonne) in einer bäuerlichen Familie geboren. 1902 machte er sein Abitur am humanistischen Gymnasium und 1905 er sein juristisches Abschlussexamen. In demselben Jahr wurde er Mitglied der sozialistischen Föderation im Departement Haute-Garonne. Er erzielte einen Doktortitel für politische Wissenschaften, bevor er sich als Anwalt in Toulouse niederließ. Dort wurde er Mitarbeiter bei der vom Bürgermeister von Toulouse und Abgeordneten Albert Bedouce gegründeten Zeitung "La Dépêche du Midi", und bei der Zeitung "Le Midi socialiste". Er unterhielt eine regelmäßige Korrespondenz mit den Politikern Jean Jaurès und Jules Guesde. Im Juni 1912 heiratete er Michelle Accouturier, die ihm zwei Kinder gab: Paul (1918-1992), der später im 2. WK den Widerstand im Departement Tarn organisierte, und Jacqueline (1912-2000), die 1952 den Geschwindigkeitsweltrekord für Düsenflugzeuge erreichte.

Von Mai 1914 bis Mai 1936 war er der Vertreter der Sozialisten von Muret bei der Nationalversammlung, wobei er sich auf wirtschaftliche und finanzielle Fragen spezialisierte und ab 1914 Mitglied der "Kommission für Abschlussbilanzen" war. Bei der Friedenskonferenz 1919/20 vertrat er eine Politik einer Begrenzung der Forderungen gegen Deutschland zur Wiedergutmachung in den durch den 1. WK verwüsteten Gebieten und der Annullierung aller Schulden zwischen den Alliierten. Im Dezember 1920 gehörte er zu den zwölf sozialistischen Abgeordneten, die Léon Blum folgten und sich nicht an der zweiten kommunistischen Internationale beteiligten. IIm Mai 1925 wurde er zum Bürgermeister von Muret gewählt. Er war Mitglied der Finanzkommission und deren Vorsitzender von Juni 1924 bis Juli 1926, drei Jahre später Mitglied des Generalrats des Departements Haute-Garonne für den Kanton Carbonne. Seine Tätigkeiten im Parlament zeichneten sich durch zahlreiche Gesetzesvorschläge sowie seine ständige Opposition gegen die Finanzpolitik der Regierungen unter Poincaré, Herriot, Daladier, Doumergue, Tardieu und Laval aus.

Im Juni 1936 trat Auriol der Regierung unter Léon Blum als Finanzminister bei. Er führte eine Währungspolitik ein, bei der der von Poincaré gefestigte französische Franken entwertet und eine fluktuierende Währung eingeführt wurde. Er war 1937 Justizminister in der Chautemps-Regierung und im nachfolgenden Jahr Minister ohne besondere Zuweisung in der Blum-Regierung, wobei er sich um die Koordination der Leistungen des Ratsvorsitzes kümmerte. Trotz der Niederlage im Juni 1940 verweigerte er seine Zustimmung zur Erteilung der politischen Vollmacht an Marschall Pétain am 10. Juli. Aufgrund seiner Opposition wurde er mit Paul Raynaud, Georges Mandel und Marcel Dassault zuerst im Gefängnis von Pellevoisin und danach in dem von Vals-les-Bains in Haft gehalten. Zwischen 1941 und 1942 wurde ihm ein überwachter Wohnsitz in Muret zugewiesen, wobei er sich jedoch bald der Résistance anschloss und im Oktober 1943 in den unbesetzten Teil Frankreichs überwechselte, in dem er Mitglied der vorläufigen beratenden Versammlung bei deren ersten Tagung in Algier war. Seine Frau blieb in der Zwischenzeit in Lyon und beteiligte sich am Dechiffrieren der Geheimmeldungen des Generalstabs der Alliierten. Bei der Befreiung Frankreichs wurde er aufgrund seiner Kompetenz und seiner Funktion als Vorsitzender Kommission für Auslandsangelegenheiten der Verfassungsgebenden Nationalversammlung als Vertreter Frankreichs zur Konferenz von Bretton Woods entsandt. m 21. Oktober 1945 nahm er wieder seinen Platz als Abgeordneter des Departements Haute-Garonne im Parlament ein und wurde danach auch wieder zum Bürgermeister von Muret und Mitglied des Generalrats gewählt. Er war Vorsitzender der Gruppe der sozialistischen Parlamentarier und wurde im November vom General de Gaulle zum Staatsminister für die Beziehungen zur Nationalversammlung ernannt.

Nach der Aufgabe des Vorsitzenden der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im Januar 1946 war er Vorsitzender der Nationalversammlung und der Gründung der 4. Republik, die ihn am 16. Januar 1947 zum Präsidenten der Französischen Republik und der Französischen Union wählte. ENach Ablauf seiner Amtszeit 1953 kehrte Vincent Auriol zu seinen lokalen Tätigkeiten und seinem Familienleben zurück, unternahm Reisen und schrieb seine Memoiren. Er veröffentlichte "Hier, demainé, das "Journal du septennat" und "Dix années d'administration socialiste". Bei einem Kongress des Weltverbands der Kriegsveteranen und Widerstandskämpfer im Dezember 1954 in Österreich wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. Er setzte sich für die Rückkehr des Generals de Gaulle zur Macht im Mai 1958 ein und wurde Mitglied der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im März 1959. Aufgrund seiner Meinungsverschiedenheit mit dem damaligen Generalsekretär der sozialistischen Partei trat er 1959 zurück. Als "graue Eminenz der Republik" nahm er auch weiterhin, jedoch außerhalb der Parteiquerelen am öffentlichen Leben teil. Aufgrund seines politischen und militärischen Engagements wurde Vincent Auriol mit dem "Großen Kreuz der Ehrenlegion" und dem "Großen Kreuz der nationalen Orden der zweiunddreißig ausländischen Staaten" ausgezeichnet, erhielt die "Rosette de la Résistance" sowie das "Croix du combattant volontaire de la Résistance" und wurde von den Universitäten Columbia (New York), Laval (Quebec), Oxford und Rio de Janeiro zum Ehrendoktor ernannt. Vincent Auriol starb am 1. Januar 1966 in Paris an den Folgen eines Hüftenbruchs mit Komplikationen in seinem Wohnsitz in Labourdette.

Alfred Gaspart

1900-1993

Aktie :

Au centre, Alfred Gaspart

Der in Argentinien 1900 als Sohn französischer Eltern geborene Gaspart kehrt wenige Jahre später zu Studienzwecken nach Frankreich zurück. Er ist leidenschaftlicher Liebhaber der Kunst und Poesie und schreibt sich daher für die Kurse an der Ecole Germain Pilon und später an der Nationalen Hochschule der schönen Künste in Paris, im Atelier Cormon, ein. In den 30er Jahren lässt er sich im Viertel Montparnasse in Paris nieder, wo er seine Freundschaften zu Pierre-Albert Birot, André Derain, Jean Follain, Marie Laurencin und André Salmon pflegt. Er ist dem Realismus verschrieben (Ecole française) und malt und fotografiert Menschen, Landschaften und Stillleben.

Während seiner fünfjährigen Gefangenschaft (Stalag VII A in Moosburg - Bayern) nimmt sein Bekanntheitsgrad zu. Der an Neurasthenie erkrankte Gaspart lernt den jungen Bildhauer Volti kennen, der ihn unterstützt, seine Krankheit zu überstehen. 1943 kehrt Volti mit einem Teil der Bilder von Alfred Gaspart nach Frankreich zurück. Im selben Jahr wird sein Atelier von einer Bombe getroffen, wobei ein großer Teil seiner Werke zerstört werden. Die Malereien von Gaspart können jedoch gerettet werden und sie sind noch heute ein Zeugnis des schmerzvollen Lebens in diesen Lagern. Im Oktober 1944 erhält Alfred Gaspart unter dem Pseudonym "Timour" für sein Werk YMCA von Genf den ersten Preis im Wettbewerb der Gefangenschaft. Nach seiner Befreiung im Jahr 1945 zieht er sich zurück und stellt seine Werke nur gelegentlich im engsten Kreis und für die Nationale Förderation der in Gefangenschaft geratenen Kämpfer aus. Weit ab von der Öffentlichkeit widmet er sich weiter der Malerei. 1993 stirbt er in aller Abgeschiedenheit. Das in Gefangenschaft entstandene Werk des Künstlers setzt sich aus 1948 Teilen zusammen (eine Vermischung zahlreicher Techniken und Formate). Diese Teile werden ergänzt durch tägliche Notizen (293 beidseitig beschriebene Blätter), die einen tiefen Einblick in den Alltag, die Gedanken und das Leiden von Alfred Gaspart liefern. Zahlreiche Briefwechsel mit seiner Schwester Paule, die für ihn Muse und Vertraute war, tragen weiterhin dazu bei, das Leben dieses Künstlers zu verstehen.

Mata Hari

1876-1917

Aktie :

Portrait von Mata Hari. Quelle : www.arcobaleno.net

Margaretha Geertruida ZELLE ist die einzige Tochter von Adam Zelle und Antje van der Meulen. Ihr Vater, ein reicher Fabrikant von Hüten und Kappen, kümmert sich sehr viel um sie. Das kleine Mädchen, das oft aufgrund seiner Hautfarbe für eine Eurasierin gehalten wird, zeigt sehr für eine Neigung zum Fabulieren und Schauspielern. Die familiäre Schutzhülle wird im Januar 1889 zerrissen, da das Unternehmen Zelle bankrott geht. Die Familie zieht um, Adam Zelle verlässt seine Kinder und das Paar trennt sich am 4. September 1890. Acht Monate später stirbt Frau Zelle und die Geschwister werden auseinander getrieben.

Im November 1892 tritt Margaretha in die Schule in Leiden ein, von der sie entlassen wird, da sie ein Verhältnis mit dem Rektor hat. Sie lebt dann bei einem Onkel in Den Hag. Im März 1895 antwortet sie auf eine Heiratsanzeige eines Schiffskapitäns der königlichen indischen Armee: "Offizier zurück aus Indien sucht junge liebenswerte Frau zwecks Heirat". Letzterer ist neunzehn Jahre älter als sie und heißt Rodophe Mac Leod, alias John. Er hat die väterliche Autorität, die ihr fehlt. Am 11. Juli ist ihre Vereinigung offiziell. Am 30. Januar, als sie bei einer Schwester Rodolphes in Amsterdam weilen, kommt das erste Kind des Paares zur Welt: Norman John.
Zu Beginn des Monats Mai 1897 schifft sich die Familie nach Toempong (westlich von Java), niederländisch-Indien ein, wo der Offizier Mac Leod einen Posten annehmen soll. Dort haben die Eheleute eine Tochter, Jeanne Luise genannt "Non". Die junge Frau interessiert sich für balinesiche Tänze und nimmt das Pseudonym Mata Hari "Auge des Tages" (Name der Sonne in Indonesien) an. Währenddessen wird das Eheleben schwierig. Margareth ist von den Kolonien berauscht und verlässt ihre Familie. Das Paar streitet sich wegen Ehebruchs. Ihr Sohn stirbt an den Folgen einer Vergiftung. Nach achtundzwanzig Jahren Dienst verlässt Rodolphe Mac Leod 1900 die Armee. Im März 1902 kehrt Mac Leod in die Niederlande zurück und lässt sich fünf Monate später scheiden. Trotz des Urteils verweigert Rodolphe sein monatliches Besuchsrecht und entzieht das Kind der Aufsicht seiner Mutter.

1903 kommt die Holländerin im Alter von 26 Jahren nach Paris. Sie ist arbeitslos und kehrt für einige Monate in die Niederlande zurück, bevor sie in der ewigen Stadt eine Laufbahn als Tänzerin in Erscheinung einer javanesischen Prinzessin mit Namen "Lady Mac Leod" beginnt. Sie macht ihr Debut im Salon von Madame Kiréesky und zieht dann von einem Privatetablissement zum anderen unter dem Pseudonym "Mata Hari" weiter, bis sie von Herrn Guimet, Besitzer eines privaten Schauspielhauses eingeladen wird. Ihre Vorstellung am Abend des 13. Mai 1905 als indische Prinzessin und vollkommen nackt ist der Beginn ihres mondänen Lebens. Sie zeigt dort mit anderen Artisten einen "hinduischen Tanz" zu Ehren der Göttin Shiva. Die Aufführung hat Erfolg und die Schauspieler sind aufgefordert, sich den Großen dieser Zeit zu zeigen : am 18. August auf der Olympiade in Paris, im Januar 1906 in Madrid; in Monte Carlo spielt sie in Der König von Lahore von Jules Massenet (1842-1912); in Berlin, in Den Hag, in Wien und in Kairo. Ihre artistischen Talente sind jedoch zweifelhaft.Mata Hari hat vielmehr eine im Kabarett und in den Kreisen, in denen Exotik ein Synonym für Sinnlichkeit ist, beliebte Choreographie erfunden als indische Tänze gezeigt. Vor den Journalisten zeigt sie sich als Schauspielerin : sie liebt es, ihre Mutter als indische Prinzessin zu spielen, hebt ihren Vater in den Stand eines Barons und fügt hinzu: "ich bin auf Java geboren, mitten in der tropischen Vegetation und Priester haben mich von jüngster Kindheit an in die tiefe Bedeutung dieser Tänze eingeführt, die ein echter Kult sind." Dies ändert nichts daran, dass sie ab 1907 von anderen Tänzerinnen wie Colette ausgestochen wird und etwas später durch russische Ballettänzerinnen ersetzt wird. Mata Hari sieht, dass ihr Ruhm nachlässt und führt ein mondänes Leben, sammelt Wohltäter und ist immer auf der Suche nach neuen Liebhabern.

Als der Krieg erklärt wird, lebt Margaretha Zelle in Berlin bei einem alten Kavalier, Alfred Kiepert, Husar, wo sie darauf wartet, sich in der Metropole zu zeigen. Durch ihre sprachlichen Fähigkeiten kann sie in die Niederlande zurückkehren und sich dann in Paris einrichten, wo sie im Grand Hôtel lebt und weiterhin von ihren Amüsements zehrt. Auf einer Reise durch Deutschland (Köln, Frankfurt) zu Beginn des Jahres 1916 wird Mata Hari, die durch ihren Lebensstil vollkommen verschuldet ist, von Cramer, einem deutschen Konsul in Den Hag, angesprochen. Dieser bietet an, ihre Schulden zu bezahlen und ihr 20 000 Kronen für Informationen über Frankreich zu geben. So wird sie Agent H 21. Im Juli ist sie zurück in Paris und knüpft Kontakte mit den alliierten Offizieren. Sie verliebt sich in einen jungen Kapitän der russischen Armee. Dieser ist verletzt und wird in Vittel gepflegt. Mata Hari intrigiert, um an seiner Seite weilen zu dürfen. Da macht sie die Bekannschaft des Kapitän Ladoux, Offizier der französischen Staatssicherheitsdienste. Für ihre Dienste und eine Million Franken (die nie überwiesen werden) schlägt er ihr vor, den Kronprinzen, einer ihrer früheren Liebhaber, auszuspionieren.Der Franzose traut ihr nicht: er lässt sie während der gesamten Mission bewachen. Nach Beendigung dieser Arbeit wird Mata Hari Anfang August ohne Geld oder genaue Richtlinien nach Belgien und im November nach Spanien, Zentrum des geheimen Krieges, geschickt. Die britischen Geheimdienste, die glauben, es mit der Spionin Klara Benedix zu tun zu haben, nehmen sie an der Zwischenstation Falmouth fest, als sie in die Niederlande reist, um von dort aus nach Deutschland zu gelangen und unterziehen sie einer strengen Befragung. Kapitän Ladoux telegraphiert seinem britischen Counterpart, Sir Basil Thomson, um die Zweifel aus dem Weg zu räumen.

Als sie wieder frei ist, kehrt Mata Hari am 11. Dezember 1916 für drei Wochen nach Madrid zurück. Sie knüpft Kontakte mit einem Militärattaché der deutschen Botschaft, Arnold von Kalle und übergibt dem französischen Geheimdienst eine Liste von Agenten, ein Verfahren mit unsichtbarer Tinte und einen Landungsort in Marokko - diese "Ernte" an Informationen dient in Wirklichkeit Denvignes, der mit der Kommunikation beauftragt ist, und der diese Arbeit für sich verbucht. Zwischenzeitlich hören die britischen Geheimdienste die Telegramme des deutschen Attaché in Berlin ab und entschlüsseln sie. Sie verwechseln die Kennzeichen des Agenten H 21 und Mata Haris (aufgrund mangelnder Vorsicht des Oberst von Kroon) und erhalten somit den Beweis, dass sie eine Doppelagentin ist. Eine dieser Nachrichten, die die Vorbereitungen zur Erhebung des Erbprinzen Georg auf den Thron von Griechenland betrafen, erwähnt, dass "Agent H-21" sich "nützlich gemacht hat". Eine andere Mitteilung besagt, dass von Kalle, der Mata Hari nicht traut, selbst die Untersuchung bewirkt hat, indem er diese Funknachrichten mit einem leicht von den Alliierten zu entschlüsselnden Code nach Berlin sandte. Sie kehrt im Januar 1917 nach Paris zurück, um dort ihren Liebhaber zu treffen und hofft auf eine Belohnung und eine neue Mission. Sie wird am 13. Februar im Hotel Elysée Palast durch Kapitän Bouchardon, dem Instruktionsrichter gefangen genommen, der "von der Spionage und dem Informationsaustausch mit dem Feind zugunsten dessen Unternehmungen" unterrichtet war.

Sie wird in das Frauengefängnis Saint-Lazarre gesperrt. Nach vier Monaten und vierzehn Befragungen (vom 23. Februar bis 1. Juni) stellt Bouchardon sie als Agent H 21 heraus - diese jedoch streitet ihre Verbindungen mit dem deutschen Informationschef in Madrid ab, auch wenn sie zugibt, Geld von dem deutschen Konsul Cramer im Rahmen ihres mondänen Lebens erhalten zu haben. Mitgerissen von übertriebenem Patriotismus berücksichtigt Bouchardon die von der Angeklagten geleisteten Dienste nicht - er glaubt auch nicht daran:" katzenartig, geschmeidig, künstlich, ohne Skrupel, gnadenlos war sie die geborene Spionin" schreibt er in seinen Memoiren. Der Prozess, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, beginnt am 24. Juli 1917 vor dem 3. Militärausschuss im Justizpalast von Paris. Dem Gericht sitzt Oberstlieutenant Sompour und der Regierungskommissar- Oberst Mornet vor- der einige Jahre nach dem Prozess erklärt: es war nichts besonderes." Ihr Anwalt, Maître Clunet, ein ehemaliger Liebhaber, ist ein renommierter Fachmann des internationalen Rechts.

Mit Ausnahme von Jules Cambon, Vadim Maslov und dem Diplomaten Henri de Marguérie, der erklärt, dass Thema Militär nie in ihrer Gegenwart angesprochen zu haben und sich für ihre absolute Redlichkeit verbürgen zu können, möchte keiner ihrer ehemaligen Liebhaber zu ihren Gunsten aussagen. Der Prozess, wie auch die Befragung, machen keinen Unterschied zwischen ihrem mondänen Leben, das als unmoralisch verurteilt wird, ihrem fraglichen weltweiten Denken und ihren Geheimdienstaktivitäten. Sie spiegeln nur die Meinung der französischen und alliierten Öffentlichkeit wider, die Schuldige für die Toten, die Meutereien und andere Kriegsleiden forderte. Dahinter steht die Presse, die die Idee vom Komplott des Feindes schürt und die Treibjagd auf die Mitarbeiter aller Seiten eröffnet. Margueritte Francillard ist die erste Französin, die am 10. Januar 1917 wegen Spionage erschossen wird. Fräulein Dufays erlebt das gleiche Schicksal im März. Die Affaire Mata Hari, einer Person mit höchst merkwürdigem Benehmen, ist eine weitere Gelegenheit, den nationalen Zusammenhalt zu verstärken - die britischen Archive zeigen außerdem, dass sie den Deutschen keine wichtigen Informationen geliefert hat (Léon Schirmann).

In dem Prozess erklärt das Gericht sie des Informationsaustauschs mit dem Feind schuldig und sie wird dafür verurteilt, sich der Waffen bedient zu haben - andere Frauen werden angeklagt und während der letzten Kriegsmonate wegen Spionage verurteilt : Augustine Josèphe, Susy Depsy, Regina Diano usw. Am Morgen des 15. Oktobers 1917 um 6 Uhr 15 wird ihr die Gnade vom Präsidenten der Republik Raymond Poincaré verweigert und Margaretha Zelle, die sich vor kurzem dem evangelischen Glauben angeschlossen hat, wird mit einem Gefängniswagen in das Polygon von Vincennes gebracht, wo Soldaten und Gaffer sie erwarten. Mata Hari weigert sich, die Augen verbinden zu lassen. Elf Kugeln und der Gnadenschuss, der von einem Kavallerieoffizier verabreicht wird, beenden die öffentliche Verfolgung :" ihr Verschwinden bekräftigt erneut die Autorität eines von einem tödlichen Krieg, dessen Unnutzen sich langsam zeigt, geschändetes Land" (J.-M. Loubier). Ihr Körper der nicht zurückgefordert wurde, wird der Gerichtsmedizin zur Verfügung gestellt.

Henri Queuille

1884-1970

Aktie :

Algir. Henri Queuille, Staatskommissar. Quelle: DMPA/SHD

 

Als Sohn von François Queuille und Maris Masson de Saint-Félix, wächst Henri in einer bürgerlichen Familie in der Provinz auf.

Nach dem Tod seines Vaters (Apotheker) im Jahr 1895 zieht Queuille nach Tulle und besucht ab 1896 das Gymnasium. Der junge Abiturient studiert in Paris Medizin, freundet sich mit Maurice Bedel und Georges Duhamel an und zieht dann 1908 wieder in seine Heimatstadt. 1910 heiratet er Margueritte Gratadour de Sarrazin, mit der er zwei Kinder zeugt: Suzanne und Pierre. Bald stieg er politisch in bedeutende Positionen auf: Gemeinderat im Jahr 1912, im darauffolgenden Jahr Bürgermeister und wichtigster Berater von General de Corrèze, 1914 Abgeordneter.

Während des Ersten Weltkriegs leistet er als Arzt seinen Militärdienst in verschiedenen medizinischen Lagern an der Front ab, womit er mit dem Kriegsverdienstkreuz 14-18 ausgezeichnet wird.

Als gemäßigtes Mitglied der radikalen Partei tritt er im Juli 1920 der Regierung von Alexandre Millerand als Unterstaatssekretär für Landwirtschaft bei. Der für seine Taten bekannte Politiker schafft eine Vielzahl von Geschäftsbereichen (Landwirtschaft, Gesundheit, Postwesen, öffentliche Arbeiten, Versorgung) und wird zwischen 1920 und 1940 19 Mal zum Minister ernannt. Er gilt als Hauptinitiator der französischen Landwirtschaftspolitik zwischen den beiden Weltkriegen (Entwicklung ländlicher Technologien, Errichtung und Organisation der Bildung im landwirtschaftlichen Bereich, Entwicklung von Techniken für den ländlichen Bereich usw.). Er ist Vorsitzender der nationalen Föderation für Genossenschaftswesen und der landwirtschaftlichen Kooperative.

Er unterstützt weiterhin die Nationalisierung der Eisenbahn und die Gründung der SNCF, er leitet das nationale Büro für Kriegsversehrte, Veteranen, Kriegsopfer und Kriegswaisen (1937). 1939 veröffentlicht er das Werk: Le Drame agricole: un aspect de la crise économique.


Der überzeugte Republikaner schloss Kompromisse mit den Sozialisten und wurde zum Vertrauten von Edouard Herriot. Dennoch weigerte er sich, am 10. Juli 1940 für die volle Machtübernahme von Maréchal Pétain zu stimmen. Infolgedessen wird er seines Amtes als Bürgermeister von Neuvic entlassen. Das Engagement seines Sohnes Pierre in der Widerstandsbewegung verschaffte ihm die Kontakte zur Organisation France libre. Hettier de Boislambert überzeugt ihn, nach England zu gehen.

Gemeinsam mit Astier de la Vigerie, Daniel Mayer und Jean-Pierre Levy gelingt ihm die Einnahme Londons im April/Mai 1943, trotz seines Misstrauens gegenüber de Gaulle. Im Mai startet er über die BBC einen Aufruf an die Landbevölkerung Frankreichs. Er wird daraufhin zum Präsident der Kommission der Landung der Alliierten ernannt und ist zuständig für entsprechende Befreiungsaktionen. Zwei Monate später erlässt die Vichy-Regierung eine Verordnung, auf deren Basis Henri Queuille von der Nationalversammlung Frankreichs ausgeschlossen wird und ihm sein Mandat als Senator aberkannt wird. Im August reist er nach Algier, wo de Gaulle einige politische Parteien versammelt. Im November 1943 tritt er dem Comité français de Libération nationale (CFLN) bei. Im September 1944 legt Queuille seine Posten nieder, um nach der Rückkehr der Regierung nach Paris seine politische Karriere wieder aufzunehmen. Im Oktober 1945 wird er zum Bürgermeister und während der Parlamentswahlen 1946 zum Abgeordneten gewählt.

Seine Erinnerungen an die Kriegsjahre und die Medaille des Widerstands werden im Journal 1939/1945 veröffentlicht.

Seinem Weggefährten Edouard Herriot stets treu ergeben, unterstützt er zwischen Juli 1948 und Juni 1954 die Regierung der 4. Republik. Die Eckpfeiler seiner dreimaligen Ratspräsidentschaft bildeten die Eindämmung der sozialen Unruhen, die Stärkung des Gaullismus und der instabilen Regierung, indem er eine solide Politik der „Immobilisierung“ durchsetzt und dabei nicht zögert, entsprechenden Druck auszuüben (Oktober bis November 1948) und die Wahlen hinauszuzögern; eine Politik, die der Republik eine gewisse Beständigkeit verschafft.

Seine Ansätze in der Außenpolitik waren ähnlich erfolgreich. Ihm war es zu verdanken, dass im März 1949 ein französisch-vietnamesisches Abkommen unterzeichnet wurde, das einer Anerkennung der Unabhängigkeit der Kolonie gleichkam. Weiterhin bemühte er sich um den Beitritt Frankreichs zum Atlantikbündnis und die Umsetzung des Marschallplans im darauffolgenden Monat.

Nachdem er bei den Parlamentswahlen im Jahr 1958 ohne Mandat ausging, setzt Henri Queuille seine politische Karriere auf Lokalebene fort. Er errichtet in seiner Gemeinde Freizeiteinrichtungen und gründet ein landwirtschaftliches Gymnasium sowie eine technische Hochschule. Er arbeitet weiterhin an seinen Dokumentationen über das Jahr 1944. In den Archiven des nach ihm benannten Museums befinden sich Dokumente, Zeitzeugenberichte und Gegenstände des Zweiten Weltkriegs und des Widerstands.

Louis Adrian

1859-1933

Aktie :

Louis Auguste Adrian. Quelle: Archives départementales de la Manche

Von der erfolgreichen Teilnahme am Auswahlverfahren bis zum Ritter der Ehrenlegion

Louis Auguste wird 1859 in einer einfachen katholischen Familie aus Metz geboren. Seine Eltern sind Jean Louis (Gasbeamter) und Cornélie Joseph. Die Niederlage von 1871 zwingt die Adrians ins Exil, zunächst nach Saint-Omer dann nach Bourges und schließlich nach Tours (5 rue Sully). Der Stipendiat und brillante Schüler des Lycée Descartes nimmt erfolgreich am allgemeinen Auswahlverfahren, dem Concours Général im Jahr 1878 teil. Er tritt 1880 in die Ingenieursschule Ecole Polytechnique ein und wählt das Pionierwesen. Er bleibt ein Jahr in der Militärschule Ecole d'application in Fontainebleau bevor er zum Leutnant im 3. Regiment von Arras ernannt wird. Hier die physische Beschreibung in der Datei der ehemaligen Schüler der Ecole Polytechnique: "Hellbraunes Haar - gewöhnliche Stirn - durchschnittliche Nase - blaue Augen - durchschnittlicher Mund - rundes Kinn - ovales Gesicht - Größe 170"

Er wird 1885 zum Hauptmann ernannt und kommt in den Verwaltungsbezirk Cherbourg, wo er an der Errichtung der neuen Kasernen der Manche sowie an den Verteidigungsanlagen der Küste arbeitet. Durch das Leben in der Garnison lernt er Saumur, Rennes und Granville kennen, wo er 1889 Marguerite Pigeon heiratet. 1885 organisierte er die Entsendung und nimmt selbst am Expeditionscorps nach Madagaskar teil. Vor Ort koordiniert er die Logistik: Verbesserung des Straßennetzes, Errichtung von Brücken und leichten Baracken. Erschöpft von Klima und Dienst kehrt er 1895 nach Hause zurück, wo er mit 36 Jahren für seine Kriegsdienste mit dem Kreuz des Ritters der Ehrenlegion ausgezeichnet wird.

Der Reformer der Intendantur

Adrian wird in den Verwaltungsbezirk Paris (rechtes Ufer) versetzt und besucht dann den Vorbereitungskurs für die Aufnahme in die Intendantur. Im März 1898, im Rang eines militärischen Unterintendanten 3. Klasse, arbeitet er als Abteilungsleiter in der Unterintendantur von Valenciennes. In der Revue de l'Intendance veröffentlicht er Artikel über die Forschung und die Nutzung der Ressourcen im Norden und schreibt ein Handbuch für die Offiziersstellvertreter der Unterintendanten. 1900 wird er in die erste Unterintendantur von Paris in die Versorgungsabteilung versetzt. Im darauf folgenden Jahr überprüft er die Konten der Truppencorps der zweiten Unterintendantur von Vincennes, und unterrichtet die Offiziersanwärter der Intendanz. Im Juli 1904 kommt er mit einem Rang als 2. Klasse nach Arras zurück. Adrian wird zum Unterdirektor der Intendantur im Kriegsministerium ernannt und soll Betrug und Korruptionsversuche der Armeelieferanten aufdecken. Er bekämpft diese mit einem neuen Lastenheft der Intendantur, das zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Truppen führt. Diese Arbeit beschert ihm 1908 eine Beförderung in die 1. Klasse und seine Eintragung, am 20. Juli 1911, in die Listen für den Rang eines Offiziers der Ehrenlegion für "außergewöhnliche Dienste anlässlich der Übernahme durch den Staat des Materials der Hersteller von Militärbetten". Er erhält die Auszeichnung am 31. Dezember 1912. Er wird auf eigenen Wunsch 1913 in den vorzeitigen Ruhestand entlassen und lässt sich im Haus der Familie in Genêts (Manche) nieder, bevor er als Experte den Rinderzüchtern von Orinoco (Venezuela) bei der Produktion und Konservierung von Rindfleisch zur Seite steht. Für sie konzipiert er vorgefertigte und abbaubare Holzbaracken.

 

Der "Chef der Abteilung für Improvisierung"

Auf eigenen Wunsch 1914 wieder aktiviert, wird er als Aushilfsbeamter in der Versorgungsabteilung in der Beauce und in der Touraine eingesetzt. Als Stellvertreter des Direktors der Intendantur im Kriegsministerium kümmert er sich um die Fragen der Kleidung und der Ausrüstung, wobei es ihm völlig an Mitteln fehlt. Anfang 1914 ist er mit der Beschaffung von Textilien in Lille beauftragt, schnappt den Deutschen über 4000 Tonnen Tuch, Leinen und Wollstoffe unter der Nase weg und organisiert die Weiterbehandlung der Stoffe. Nach der Rückkehr von seiner Mission plant er den Ersatz der Uniformen, reorganisiert die Anlagen zur Textilherstellung, lässt die Uniformen der Feuerwehrleute und Briefträger beschlagnahmen. Er ist über das tägliche Leben an der Front informiert und lässt den Soldaten auf eigene Initiative Umhänge aus Schaffell zukommen, um sie besser vor dem harten Winter zu schützen. 1915 schlägt er ein Modell von Schützengrabenstiefeln und sein in Venezuela erprobtes Barackenmodell vor, das die konischen Militärzelte ersetzen soll. 1915 geht der Bau von Baracken vom Genie auf die Intendantur über. In Voraussicht auf den Winterfeldzug dezentralisiert Adrian die Herstellung der Baracken und setzt über zweihundert Unternehmen für eine Tagesproduktion von fünfzig Stück ein.


Der Militärintendant und sein Helm

Der Name Adrian ist eng mit dem Helm des "Poilu" verbunden. Der Krieg in den Schützengräben wird mit Streugeschossen geführt. Drei Viertel der Verletzten haben Kopfverletzungen, 88 % davon enden tödlich. Die Soldaten benötigen einen schützenden und gleichzeitig leichten Helm. Adrian entwickelt also einen Kopfschutz, die Cervelière, eine metallische Haube aus 0,5 mm dickem Metall, das in der Schirmmütze getragen wird und den Schädel vor Steinen, Kugeln etc. schützen soll. Aber dieses in 700.000 Exemplaren hergestellte und Ende des Winters 1915 verteilte Modell wird als unzureichend angesehen, auch wenn es vor 60 % der Splitter schützt. Am 21. Februar 1915 entscheidet sich das Kriegsministerium auf Empfehlung des Generals Joffre für den Einsatz eines Stahlhelms für die Infanterie. Weniger als einen Monat später einigt man sich auf das vom Militärmaler Georges Scott entworfene Modell "Drachenhelm", dessen zu komplizierte Form die Fabrikationszeiten verlängert und damit dem Prototyp von Adrian zu Gute kommt. Um den Schutz vor den Kugeln zu verbessern, entwirft Adrian einen Helm, der auf einem neuen Konzept beruht und eine einfache Herstellung mit Wirksamkeit verbindet. Im April 1915 wird der Helm, der aus 700 g Stahlblech besteht, vorgestellt und genehmigt. 1.600.000 Exemplare dieses Helms werden am 5. Juni 1915 bestellt. Über 7 Millionen Stück werden bereits im ersten Jahr hergestellt. Der Helm ist ein solcher Erfolg in Militärkreisen, dass die westlichen Armeen ihn massenweise bestellen (Italien, Belgien, Serbien, Rumänien, Holland und Russland). Im Oktober 1915 wird Adrian für seine gesamte Arbeit zum Kommandanten der Ehrenlegion ernannt.


Ein Erfinder im Dienst der Soldaten

Adrian entwickelt bereits im Herbst 1915 einen Bauchpanzer, der effizient vor Stacheldraht und Bajonetten schützt und versieht die Träger der Rucksäcke mit einem Haltesystem, um das Gewicht besser zu verteilen und die Abnutzung durch die Gurte zu verringern. Der Militärintendant ist auch einer der Erfinder der Taxis de la Marne. Joffre und Gallieni übernehmen später seine Idee, das Automobil zu verwenden, um rasch Truppen an die Front zu bringen.


Die Wiedereingliederung, der "Retter von Paris", der der Großoffizier der Ehrenlegion

Im April 1916 ermöglicht ein Gesetz über die Rekrutierung der Intendantur die Wiedereingliederung von militärischen Unterintendanten, die in Friedenszeiten vorzeitig in den Ruhestand gegangen sind und während des Kriegs außergewöhnliche Dienste geleistet haben, in den aktiven Dienst. Seine Ernennung durch das Dekret von 17. Mai 1916 löst Beschwerden und Neid aus. Der Untersuchungsbericht beschuldigt ihn unter anderem sich illegal um Geschäfte gekümmert zu haben und sich seine militärischen Erfindungen patentiert haben zu lassen. Ende 1916 wird die Abteilung von Adrian aufgelöst und die Herstellung der Baracken kehrt zum Pionierwesen zurück. Im Februar 1917 wird Adrian zur Mission für technische Versuche, Studien und Experimente im Untersekretariat der Erfindungen versetzt. Er setzt seine Arbeiten an Rüstungen, splitterfesten Brillen, gepanzerten Geschütztürmen für Flugzeugsitze und der Nutzung der Sonnenenergie fort. Ein zweiter Bericht unterstreicht die Bedeutung der von ihm geleisteten Dienste und rechtfertigt seine Handlungsweise unter den besonderen Umständen. Er wird am 26. Juni 1917 zum Militärintendanten ernannt und vom Ratspräsidenten Clemenceau mit der Leitung der Generalinspektion der Quartiere des Unterstaatssekretariats der Administration beauftragt. Der Militärintendant kontrolliert die Beschaffungsabteilungen der Armee und ab 1918 kümmert er sich um die Abteilung der Evakuierten, Flüchtlinge und Heimkehrer. Seine Beliebtheit wächst weiter, als er durch Triangulation, ausgehend von den auf Paris gefallenen Bomben, die "Grosse Bertha " im Wald von Compiègne ausfindig macht. Der Militärintendant wird von der Kommission zur Verjüngung der Führungskräfte im August 1918 in die Reservesektion abgeschoben. Aber die von Unterstaatssekretär Abrami durchgeführte Gegenuntersuchung annulliert im Dezember 1918 die Entscheidung der Kommission und gliedert den Militärintendanten im März 1919 wieder in seine Funktion als Generalinspektor ein. Louis Auguste Adrian erhält am 16. Juni 1920 die Auszeichnung als Großoffizier der Ehrenlegion. Er erkrankt und zieht sich auf sein Gut in Genêts in der Normandie zurück. Im August 1933 stirbt er im Militärkrankenhaus Val-de-Grâce.

Victor-Emmanuel II

1820 -1878

Aktie :

Portrait von Victor-Emmanuel. Quelle: www.fuhsd.net

 

König von Sardinien und später von Italien (Turin, 14.03.1820 - Rom, 09.01.1878)

 

Victor-Emmanuel ist eine der Hauptfiguren der Ereignisse auf der italienischen Halbinsel im 19. Jh. Er war der Sohn von Charles-Albert und der Königin Theresa, Tochter des Großherzogs Ferdinand von Toscana, und verband damit die Macht der beiden führenden italienischen Fürstenhäuser. Seine Hochzeit mit Adelaide von Österreich ist der Beweis für den seit Karl dem V. unverändert starken Einfluss des Hauses Habsburg. Diese Allianz machte ihn allerdings bei der italienischen Bevölkerung unbeliebt, als sein Vater am 23. März 1849 - mitten im Krieg gegen Österreich - zu seinen Gunsten abtrat. Victor-Emmanuel war gezwungen, den Mailänder Vertrag am 6. August 1849 zu unterzeichnen, blieb jedoch der Politik seines Vaters und der Dynastie treu, einen vereinten und unabhängigen italienischen Staat zu bilden. Somit hielt er den Status einer konstitutionellen Monarchie Piemont (Proklamation von Moncalieri) entgegen der Forderungen Österreichs aufrecht, auch wenn dabei er hinnehmen musste, dass ein Teil Piemonts von den österreichischen Truppen besetzt wurde. Er setzte sich verstärkt für die Einheit und Unabhängigkeit Italiens ein, was ihm den Rufnamen "Re Galatuomo" (edler König) einbrachte. Er machte sich insbesondere Graf Cavour zum Verbündeten, den er 1852 zum ersten Premierminister Italiens ernannte.

Seine Außenpolitik zielte darauf ab, die Identität und Präsenz Italiens im Konzert der Nationen zu bekräftigen. Im Krimkrieg 1855 schickte er den General La Marmora mit zwei Divisionen dorthin und gewann damit eine Sitz im Kongress von paris Paris. Bei dem Geheimabkommen von Plombières im Juli 1858 zwischen Graf Cavour und Napoleon III. und dem Militärbündnis vom Januar 1859 fand er einen starken Alliierten in seinem Kampf gegen Wien und erweiterte seine Dynastie durch die Heirat zwischen Clotilde und Prinz Jéröme, dem Vetter von Napoleon III. Bei den Kämpfen 1859 zeichnete sich Victor-Emmanuel bei der Schlacht von Palestro aus. Kurz nach dem Sieg von Solferino zog er als Befreier in Mailand ein und verfolgte die Einigung Italiens mit den Waffen trotz des Abfalls von Napoleon III., der in Villafranca einen Waffenstillstand mit Österreich schloss. Mit seinen sardinischen Truppen eroberte er im Laufe des Jahres 1860 nacheinander Parma, Modena und die Romagna. Als Gegenleistung für das Bündnis mit Frankreich musste er diesem mit dem Vertrag von Turin am 24. März 1860 Nizza und das Herzogtum Savoyen abtreten.

Das Königreich beider Sizilien wurde durch die "Expedition der Tausend" von Garibaldi unterworfen, die insgeheim von der Regierung von Piemont unterstützt wurde. Nachdem die militärische Einigung Italiens erfolgreich abgeschlossen war, ließ sich Victor-Emmanuel vom Senat (mit hundertneunundzwanzig gegen zwei Stimmen) als König von Italien bestätigen.

 

Als König einer konstitutionellen Monarchie ab 14. März 1861 führte er eine gemäßigte Politik, indem er den Eifer der Anhänger Garibaldis dämpfte und sich bemühte, die Konflikte mit del Heiligen Stuhl zu beizulegen, gleichzeitig jedoch auch das wirtschaftliche und diplomatisch Werk von Graf Cavour fortzusetzen. Mit Napoleon III. als Vermittler (Treffen in Biarritz im Oktober 1865) verbündete er sich mit Preußen unter Bismarcks Kanzlerschaft im Krieg zwischen Österreich und Preußen im Jahre 1866 und so wurde Italien im Anschluss an die Verträge von Prag und Wien Venezien zugeschlagen. Die Niederlage Frankreichs als recht schwierigem Alliierten im Krieg 1870-71 bot ihm die Gelegenheit, Rom 1870 militärisch zu besetzen und dort am 2. Juli 1871 Einzug zu halten. Die Konsolidierung im Inneren Italiens, aber insbesondere die territoriale Bekräftigung des neuen Staates bildeten die Hauptbeschäftigung in den letzten Jahren seiner Regierung. So betrieb er eine "offensive" Politik der Besatzung und Verstärkung der Grenzen. Die Opposition zu Frankreich in der Zeit der Dritten Republik fand ihren konkreten Ausdruck im Bau der Befestigungsanlagen am Tende-Pass als Reaktion auf die Befestigungsanlagen von Séré de Rivières.

François-Joseph Ier de Habsbourg

1830-1916

Aktie :

Portrait von Franz-Joseph. Quelle: www.elysee.fr

 

Franz-Joseph gelangt nach dem revolutionären Aufstand von 1848 an die Macht und folgt somit seinem Onkel Ferdinand I (am 2. Dezember 1848) in Olmütz.Er ist der älteste Sohn des Erzherzogs Franz-Karl und der Prinzessin Sophie von Bayern. 1854 heiratet er Elisabeth von Bayern. Die Siege seines Kanzlers, dem Prinz von Schwarzenberg und des Generals Radetzki erneuern die Vorherrschaft Österreichs über die Ungarn und die Italiener (1849). Von Russland unterstützt, richtet er eine autoritäre Politik ein, die nationalen Minderheiten feindselig gegenübersteht. 1855 verliert er den Schutz Russlands durch sein Zögern während des Krimkrieges. Der Kaiser wird 1859 durch die Truppen von Victor-Emmanuel und Napolean geschlagen (Schlachten von Solferino und Magenta). Er muss die Lombardie durch das Abkommen von Zürich (10. November 1859) abgeben. Die Rivalität mit Preussen bezüglich der Vorherrschaft über die Herzogschaften Schleswig und Holstein, welche 1864 von Dänemark erstanden wurden, bietet Preussen 1866 die Gelegenheit, den Krieg zu erklären. Am 3. Juli 1866 wird er in Sadowa geschlagen und schliesst Frieden mit Preussen (Abkommen von Prag am 23. August 1866). Er gibt damit seine Rechte in Norddeutschland sowie jedes Eingreifen in den Zusammenschluss von Deutschland zugunsten des Siegers auf - die Regierung von Wien ist 1851 an der von Preussen angeführte Bewegung des "Kleinen Deutschlands" gescheitert. Außerdem muss er Venetien über Frankreich (Abkommen von Wien, 3. Oktober 1866), welches sich nach einer geheimen Zusammenkunft von Napoleon III und Bismarck in Biarritz mit Preussen verbündete, an Italien abgeben.

Um die nationalistischen Bewegungen seines Reiches zu beruhigen, bewilligt er Österreich 1867 einen Status, welcher das Land in eine doppelte Monarchie verwandelt (österreichisch-ungarisch), die föderalistisch geführt wird. Die Gebiete des früheren Reiches von Österreich werden in zwei Teile beiderseits der Leitha werden aufgeteilt und bilden die Gebiete Cisleithanien um Österreich und Transleithanien um Ungarn. Cisleithanien besteht aus Österreich, Böhmen, Mähren, Gabissien, Slowenien, Istrien und der Gebiete entlang der dalmatischen Küste. Transleithanien besteht aus Ungarn, Kroatien, der Begiete um Temesvar und Transsylvanien. Es gibt kein allgemeines männliches Wahlrecht, welches die Rolle der anderen Völker unter der Vorherrschaft von Budapest hervorgehoben hätte. Der Kaiser schwankte immer zwischen dem autoritären Weg (von Deutschland inspiriert) und dem Föderalismus der Ministerien Taaffe und Badeni. Franz-Joseph versucht, diese Blockade durch die Innenpolitik auszugleichen.

Die von Andrassy geleitete Annäherungspolitik an Preußen führt zu einer Aussöhnung mit der Politik Bismarcks: 1873 Bündnis der drei Kaiser (Deutschland, Russland, Österreich), was 1879 zum Doppelbündnis von Deutschland und Österreich und 1883 durch das Dazukommen von Italien zum Dreierbündnis wurde - ab 1892-1893 spricht man sogar von einer "diplomatischen Unterordnung gegenüber Deutschland". Österreich besetzt (1878) Bosnien-Herzegowina und annektiert dies 1908, um den russischen Einfluss in den Balkanländern zu vermindern. Seit dem Austritt aus dem Bündnis führten die Russen eine panslawistische Politik und griffen in die Angelegenheiten der Doppelten Monarchie ein. Der Anschluss von Bosnien-Herzegowina bringt eine internationale Krise mit sich. Das Problem Bosniens scheint mit dem Serbiens und der Lage der Südslawen unter der Vorherrschaft von Budapest verbunden zu sein, die sich in Richtung Belgrad orientieren. Zwischen dem erobernden Panslawismus und Pangermanismus scheitert Franz-Joseph mit seinem Willen, einen Weg der Mitte in Zentral-Ost-Europa zu verkörpern. In seiner lange Herrschaft von 68 Jahren musste er die Hinrichtung seines Bruders Maximilian im Jahre 1867 in Mexiko, den Selbstmord seines Sohnes Rudolph 1889 in Mayerling, das Attentat auf seine Gattin durch einen Anarchisten 1889 in Genf und das auf seinen Neffen und mutmaßlichen Erben Franz-Joseph am 28. Juni 1914 in Sarajevo, ein Ereignis, welches den 1. Weltkrieg auslöste, ertragen. Die doppelte Monarchie tritt somit politisch relativ stabil in den Krieg ein. Ihr Herrscher konnte bei den meisten Untertanen, jedoch auch in der Armee und anderen Einrichtungen eine gewisse Untergebenheit erreichen. Als sein Gründer verstirbt, muss Österreich-Ungarn mehr unter den Härten des Krieges und seiner Million Toten leiden als unter antimonarchistischen Bewegungen.

Jean Degoutte

1866-1938

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Porträt des Generals der Infanterie Degoutte. Foto DMPA

Jean-Marie Degoutte tritt am 7. März 1887 in das 31. Regiment der Artillerie ein und besucht seit Oktober 1888 Saint-Cyr, im Jahrgang "Grand Triomphe". Er verlässt die Schule als 9. von 435. Er entscheidet sich für die Zuaven und dient vier Jahre in Tunesien. Ein Akteur in dem kolonialen Abenteuer Frankreichs Er bittet um die Teilnahme an der Madagaskar - Expedition im Jahr 1895. Die Weigerung seiner Vorgesetzten umgeht er, indem er um einen dreimonatigen Urlaub bittet und sich an Bord eines zivilen Dampfers in eine Jesuitenmission begibt. An Ort und Stelle bietet er bei der Landung des französischen Expeditionskorps General Dechesnes seine Dienste an, der ihn für dreißig Tage in Arrest schickt. Der junge Offizier Degoutte verdankt dann seine Rettung Oberst Bailloud, dem Leiter der Etappen der Expedition, der seine Vorgesetzten von dem Nutzen seiner Kenntnis der madagassischen Sprache überzeugt. Er kehrt im März 1896 für drei Jahre nach Tunesien zurück. 1899 wird er in die Kriegsakademie aufgenommen, die er mit der Generalstabsurkunde verlässt. 1900 nimmt ihn Baillaud in das Expeditionskorps von China auf. Er wird zwei Mal im Tagesbefehl des Korps ehrenvoll erwähnt. Nach der Rückkehr nach Nordafrika ist er im Januar 1905 Ordonnanzoffizier des kommandierenden Generals der Division von Algier und im folgenden Jahr bei dem kommandierenden General des 20. Korps.

Ende des Jahres 1906 geht er wieder als Bataillonschef zu den Zuaven, bevor er drei Jahre später in den Divisionsstab von Algier eintritt. Von Februar 1911 bis Dezember 1912 nimmt er als Leiter der Etappen an den Operationen in Westmarokko teil.
Bei seiner Rückkehr nach Frankreich, inzwischen Oberstleutnant, nimmt er an den Kursen des Zentrums für höhere militärische Studien teil. Zunächst als stellvertretender Chef, dann als Chef des Stabes des 4. Korps von Februar bis März 1914 zeichnet er sich in den Kämpfen aus und wird am 1. November desselben Jahres zum Oberst befördert, bevor er am 10. April 1915 zum Offizier der Ehrenlegion ernannt wird. Nach den Angriffen vom September 1915 in der Champagne wird er zum Stabschef ernannt. Am 25. März 1916 wird er Brigadegeneral und übernimmt im August das Kommando über die marokkanischen Truppen. Das Korps zeichnet sich an der Somme, in der Champagne und in Verdun aus, was ihm zwei ehrenvolle Erwähnungen und die Krawatte eines Kommandeurs der Ehrenlegion einbringt. Im September 1917 wird er Generalmajor und führt das 21. Korps der 6. Armee von General Maistre. Er nimmt an der Offensive von la Malmaison teil, die zum Fall des Chemin des Dames führt, woraufhin er von Neuem im Tagesbefehl der Armee ehrenvoll erwähnt wird. Am 10. Juni 1918, als Führer der 6. Armee, hält er den Vormarsch der Deutschen an der Marne auf und unternimmt mit General Mangin am 15. Juli 1918 den Angriff, der den Anfang der Schlacht um Frankreich bildet. Er befreit Château-Thierry und drängt die Deutschen an Marne, Ourcq und Vesle zurück. Im September wird er zum Generalmajor beim belgischen König ernannt. Er leitet die Offensive in Flandern, nimmt den Kamm von Passchendaele und erobert den Süden Belgiens mit belgischen, britischen und französischen Truppen zurück. Nach Kriegsende wird er zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt und damit beauftragt, unter der Leitung von Foch die Bedingungen des Versailler Vertrages auszuarbeiten.
Nach seiner Ernennung zum Kommandeur der Rheinarmee im Oktober 1919 wird er im Januar 1920 Mitglied des Obersten Kriegsrats. 1923 besetzt er das Ruhrgebiet bis zu seiner völligen Räumung im Jahr 1925. Auf Grund seiner Verdienste erhält er 1923 das Großkreuz der Ehrenlegion. Er erhält 1928 die Militärmedaille. Er bleibt weiterhin aktiv und nimmt Einfluss auf die strategischen Überlegungen zur Verteidigung des Territoriums im Obersten Kriegsrat. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigt er sich mit der Planung der Verteidigungslinie in den Alpen.

Charlotte Delbo

1913-1985

Aktie :

Portrait von Charlotte Delbo. Quelle: Foto aus Privatsammlung

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Augen vor Hunger leuchten und der Durst sie verblassen lässt

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie es ist, seine Mutter sterben zu sehen und keine Tränen zu haben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie sehr man am Morgen sterben möchte, und am Abend nur noch Angst hat

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, dass ein Tag länger dauert als ein Jahr und eine Minute länger als ein ganzes Leben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Beine keinen Schmerz mehr empfinden, die Augen und Nerven immer schwerer werden und unsere Herzen schwerer sind als Stahl

Wisst ihr, dass die Pflastersteine nicht weinen, dass es keine Worte gibt für dieses Grauen, keine Worte für diese Angst

Wisst ihr, dass das Leiden und der Horror keine Grenzen kennen

Wisst ihr das

Ihr, die ihr alles wisst


 

Charlotte Delbo, aus Keiner von uns wird zurückkehren, Verlag Gonthier, 1965

Charlotte Delbo wird am 10. August 1913 in Vigneux-sur-Seine, in Seine-et-Oise, als Tochter von Charles Delbo, Maschinenbauer, und Erménie Morero geboren. Sie ist die älteste von vier Kindern.

Nach abgeschlossenem Abitur studiert sie Philosophie an der Sorbonne und schließt sich den jungen Kommunisten an. Dort lernt sie Georges Dudach kennen, den sie dann am 17. März 1936 heiratet. 1937 unterbricht sie ihr Studium und wird 1939 die Sekretärin des Comedian und Regisseurs Louis Jouvet. Im Mai 1941 begleitet sie die Truppe von Jouvet auf deren Tournee durch Südamerika. Ihr Ehemann bleibt in Frankreich und schließt sich dem kommunistischen Widerstand an.

Im September 1941 erfährt Charlotte in Buenos-Aires von der Hinrichtung ihres Freundes Jacques Woog, verurteilt wegen „kommunistischer Propaganda“. Voller Wut und bereit für den Widerstand, kehrt sie nach Frankreich zurück. In Paris tritt das Ehepaar dem Widerstand bei. Charlotte schreibt die Mitteilungen von Radio London und Radio Moskau mit und arbeitet für die von Jacques Decour gegründete französische Zeitschrift Les Lettres.


 

Am 2. März 1942 werden Charlotte und ihr Mann von fünf französischen Polizisten des Sonderkommandos verhaftet. Sie wird ins Gefängnis von Santé gebracht, wo sie am 23. Mai von der Hinrichtung Georges am Mont Valérien erfährt. Am 17. August wird sie in die Festung von Romainville verlegt, wo sie auf zahlreiche andere Frauen trifft, insbesondere Kommunistinnen. Eine Woche später wird sie nach Fresnes verlegt.


Sie ist eine von 230 Frauen, die Compiègne am 24. Januar 1943 in Richtung Auschwitz verlassen. Als diese Frauen am 27. Januar in Auschwitz ankommen, singen sie die Marseillaise. Die zunächst dem Block 14 der Frauen von Birkenau zugewiesenen Frauen, werden dann isoliert von den anderen zu schweren Arbeiten gezwungen, insbesondere in den Sümpfen. Viele von ihnen starben an Typhus. Am 3. August waren nur noch 57 von ihnen am Leben. Auch sie kommen unter Quarantäne. Am 7. Januar 1944 wird Charlotte Delbo mit sieben anderen Deportierten ins Lager Ravensbrück verlegt. Sie kommt nach Furstenberg, ein Arbeitskommando des Hauptlagers.


Die meisten der Überlebenden des Konvois wurden im Sommer 1944 nach Ravensbrück deportiert. Dank des Roten Kreuzes gelang es ihr mit anderen Frauen, das Lager am 23. April 1945 in Richtung Schweden zu verlassen und im Juni 1945 nach Frankreich zurückzukehren. Von den 230 Frauen des Transports vom 24. Januar 1943 haben 49 überlebt.

Nachdem sie in der Schweiz Fuß gefasst hatte, verfasste sie mit dem Buch „Keiner von uns wird zurückkehren“ ihr erstes literarisches Werk über die Deportation und die Transporte von Frankreich in Richtung Auschwitz. Das Buch wird erst im Jahr 1965 vom Gonthier Verlag veröffentlicht.


 

Nach Kriegsende arbeitet sie bei der UNO und dann im Französischen Zentrum für Wissenschaft. Sie stirbt im März 1985. Zuvor hatte sie zahlreiche Werke verfasst: Berichte über ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern und den Transport am 24. Januar (1965), Une connaissance inutile (1970), Mesure de nos jours (1971, Minuit-Verlag) und Qui rapportera ses paroles (1974, Verlag P.J. Oswald).


 

Georges Dudach:
Zum Zum Gedächtnis der erschossenen Männer von Mont-Valérien 1939−1945

Name: Dudach. Familienname. Vornamen: Georges Paul. Geburtsdatum 18.09.1914. Geburtsort: Saint Maur des Fossés. Département des Geburtsorts: Seine. Geburtsland: Frankreich. Beruf: Journalist. Wohnort: Paris 16. Département Wohnort: Seine. Land des Wohnsitzes: Frankreich. Ort der Inhaftierung. Anklage: Geiselnahme. Prozessdatum. Ort der Hinrichtung: Mont Valérien. Datum der Hinrichtung: 23.05.1942.

 

Alain-Fournier

1886-1914

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Portrait von Henri-Alban Fournier

 

"Wie sollten wir diesen schrecklichen Weg finden, auf dem sie vor uns geflohen ist, über die Wenden zu Tod hinweg, diese Seele, die nie ganz eins mit uns war, die uns zwischen den Fingern entwich wie ein träumerischer und verwegener Schatten" ? "Ich bin vielleicht nicht vollkommen reell."

Als Alain-Fournier auf diese vertrauliche Anmerkung von Benjamin Constant stieß, wurde er davon tief bewegt. Sofort bezog er diesen Satz auf sich selbst und empfahl uns feierlich - ich erinnere mich noch genau daran - ihn nie zu vergessen, wenn wir in seiner Abwesenheit etwas über ihn erklären müssten." Ich sehe genau, was in seinen Gedanken war: "Bei allem, was ich tue, fehlt etwas, um es ernsthaft, offensichtlich, unbestreitbar zu machen. Aber auch der Bereich, in dem ich mich bewege, ist nicht ganz dieselbe wie der eure. Er ermöglicht es mir vielleicht, dahin zu gelange, wo ihr einen Abgrund seht : Für mich besteht vielleicht nicht dieselbe Zusammenhangslosigkeit wie für Euch zwischen dieser Welt und der anderen."

Auszug aus dem Vorwort von Jacques Rivière zum posthumen Werk "Miracles" (1924), einer Sammlung verschiedener Gedichte und Prosatexte von Alain-Fournier.

Henri-Alban Fournier wurde am 3. Oktober 1886 in La Chapelle-d'Angillon im Departement Cher geboren. Sein Vater wurde 1891 zum Volksschullehrer in Epineuil-le-Fleuriel ernannt, in der Henri ebenfalls bis 1898 Schüler war, bis er in die 6. Klasse des Gymnasium Voltaire in Paris kam. 1901 besuchte er das Gymnasium in Brest und hatte zunächst die Absicht, in die Marineschule einzutreten, gab diesen Plan jedoch sehr bald auf und kam Ende 1902 ins Gymnasium von Bourges, wo er 6 Monate später das Abitur ablegte.

Im Herbst 1903 trug er sich im Gymnasium Lakanal in Sceaux zur Vorbereitung auf den Wettbewerb für die Aufnahme in die École Normale Supérieure ein. Dort lernte er Jacques Rivière kennen, der sein bester Freund (ihre Korrespondenz - eine der schönsten der französischen Literatur - wurde zwischen 1926 und 1928 veröffentlicht), und etwas später sein Schwager wurde, als er 1909 seine jüngere Schwester Isabelle Fournier heiratete. 1906 misslang Fournier sein Projekt, in die Ecole Normale Supérieure aufgenommen und Lehrer zu werden. Er versuchte es zum zweiten Mal mit einer Vorbereitung auf den Wettbewerb im Gymnasium Louis Le Grand, aber auch hier misslang es ihm, in die Ecole Normale Supérieure aufgenommen zu werden.

In dieser Zeit erlebte Alain Fournier ein Ereignis, dass ausschlaggebend für sein späteres seelisches und literarisches Leben: Am 1. Juni 1905 kreuzte er beim Verlassen des Grand Palais ein junges Mädchen, das sehr schön war. Er folgte ihm in einiger Entfernung bis zu seinem Haus am Boulevard Saint Germain. Am 11. Juni begab er sich erneut dorthin und sprach sie beim Verlassen des Hauses mit einem leisen "Sie sind schön" an. Yvonne de Quiévrecourt antwortete nicht, sondern ging in die Kirche von Saint-Germain des Près. Nach der Messe hatten die beiden jungen Leute jedoch ein langes Gespräch, an dessen Ende Yvonne ihm mitteilte, dass sie verlobt und damit ihr Schicksal bereits festgelegt sei. Yvonne de Quiévrecourt wurde Yvonne de Galais in dem Roman "Der große Meaulnes" (oder auch "Der große Kamerad") und heiratete 1907.
Im Jahr darauf wurde Henri-Alban Fournier zum Wehrdienst eingezogen. Er besuchte dabei zuerst die Offizierschule in Laval und wurde anschließend als Leutnant dem 88. Infanterieregiment in Mirande im Departement Gers zugewiesen. Immer noch von der Gestalt von Yvonne besessen, verfasste er dort seine ersten Gedichte und Essais, d.h. seine ersten literarischen Werke, die nach seinem Tod von seinem Freund Jacques Rivière unter dem Titel "Miracles" veröffentlicht wurden (1924). Nach dem Wehrdienst fand Henri-Alban Fournier im April 1910 Arbeit als Journalist bei der Zeitung "Paris-Journal" für die er regelmäßig einen "courrier littéraire" schrieb. In dieser Zeit hatte er auch eine Beziehung mit Jeanne Bruneau, einer Modistin in der Rue Chanoinesse, die er bereits in Bourges kennengelernt hatte. Diese Beziehung, die bis April 1912 dauerte, inspirierte ihn wahrscheinlich für die Rolle von Valentine in dem Roman "Der große Meaulnes".

In diesem Zeitraum begann er in seiner Wohnung in der Rue Cassini mit der Aufzeichnung seines autobiografischen Romans "Le Grand Meaulnes". 1912 verließ er die Redaktion der Zeitung und trat - mit der Unterstützung durch Charles Péguy - in den Dienst von Claude Casimir-Perier, dem Sohn des ehemaligen französischen Staatspräsidenten. Dort unterhielt der junge Mann eine recht ungetüme Beziehung zur Gattin des Politikers, der Schauspielerin Pauline Benda, die in den Künstlerkreisen der Hauptstadt besser unter ihrem Pseudonym "Madame Simone" bekannt war.

Im Februar 1913 erhielt Henri-Alban Fournier zum letzten Mal eine Zusammenkunft mit seiner Jugendromanze Yvonne de Quiévrecourt (inzwischen Madame Vaugrigneuse), die inzwischen Mutter von zwei Kindern war. Zwischen Juli und November 1913 begann die Nouvelle Revue française mit der Veröffentlichung seines Romans "Le Grand Meaulnes", den er Anfang desselben Jahres beendet hatte. Das Werk wurde anschließend als Buch (1913) bei dem Verleger Émile-Paul herausgegeben, wobei der Autor bei derselben Gelegenheit den Namen Alain-Fournier annahm. "Le Grand Meaulnes" wurde in diesem jahr auch für den Literaturpreis "Prix Goncourt" vorgeschlagen und wurde nur knapp von dem Buch "Le Peuple de la Mer" von Marc Elder geschlagen. Anfang des Jahres 1914 machte sich Alain-Fournier an ein Theaterstück, "La Maison dans la forêt" (Das Haus im Wald) und einen neuen Roman, "Colombe Blanchet". Beide Werke sind unvollendet geblieben. Denn der Autor wurde nach der Kriegserklärung im August 1914 eingezogen. Er kam als Leutnant der Infanterie mit seinem 288. Infanterieregiment an die Front. Nach einigen Wochen Kämpfen wurde Alain Forunier am 22. September südlich von Verdun im Gebiet der Maas getötet. Wie zwanzig andere seiner Waffengefährden galt er als vermisst, bis sein Körper 1991 in einem Sammelgrab entdeckt wurde, das von den deutschen Soldanten gegraben worden war. 1992 wurden die Gebeine der 21 Infanteristen des 288. RI - darunter die des Schriftstellers Alain-Fournier im Wald von Saint-Rémy exhumiert und gesammelt. Henri-Alban Fournier ruht nun im Soldatenfriedhof von Saint-Remy-la-Calonne im Departement Meuse.

 

"Ich erhalte alle Deine Briefe, meine liebe kleine Isabelle. Manche erhielt ich sogar mitten im Gefecht. Ich bin bei bester Gesundheit und hoffe, demnächst näher bei Jacques zu sein. Ich bin jetzt dem Stab der Kavallerie zugewiesen. Ich habe viel Zuversicht für den Ausgang des Kriegs. Betet zu Gott für uns. Und habt Ihr ebenfalls Vertrauen. Ich umarme Dich und Deine Jacqueline recht stark und herzlich Dein Bruder Henri"

Hubert Lyautey

1854-1934

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Portrait des Marschalls Lyautey, photo collection DMPA

 

Im Dezember 1977 wird er Oberleutnant und wird dem 20. Regiment der Jäger zu Pferd in Rambouillet zugewiesen, dann auf seine Anfrage nach Châteaudun versetzt. Im 2. Husarenregiment der Kavallerie bewandert, stößt er im August 1880 in Sézanne auf sein Regiment, welches sich zwei Monate später nach Algerien einschifft. Zunächst in Orléansville, dann in Alger begeistert er sich für die arabische Bevölkerung, lernt die Sprache und macht sich mit den Kolonialangelegenheiten, der französischen Verwaltung und Politik in Algerien vertraut. Er bevorzugt die Selbständigkeit oder das Schutzgebiet vor einer vollständigen Angleichung und der direkten Verwaltung durch Frankreich. Die Maßnahmen Frankreichs können nur unter Achtung der Bevölkerungen und Kulturen, auf welche das Land trifft und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Eliten ausgeführt werden.

Nach einigen Monaten in Teniet-el-Haad, einem fortgeschrittenen Posten in Südalgerien, wird Kapitän Lyautey 1882 dem 4. Regiment der Jäger in Bruyères, Vogesen, zugewiesen. Im Oktober des darauf folgenden Jahres wird er Adjutant des General L'Hotte, Generalinspektor der Kavallerie, dem er bei seinen Einsätzen nach Commercy und anschließend nach Tours folgt. Am 19. November 1887 übernimmt er das Kommando über das 1. Geschwader des 4. Regiments der berittenen Jäger von Saint-German-en-Laye. In dieser Funktion bemüht er sich, die Lebensbedingungen seiner Männer auf materiellem und kulturellem Niveau zu verbessern, zudem ihre Ausbildung, indem er die seine reformistischen Prinzipien hinsichtlich der sozialen Aufgabe eines Offiziers anwendet. Er erhält die Gelegenheit, seine neuen Theorien in einem Artikel mit großem Widerhall niederzuschreiben, welcher den Titel "Über die Rolle des Offiziers im universellen Militärdienst" trägt und am 15. März 1891 in La Revue des Deux Mondes veröffentlicht wird.

Kommandant Lyautey wird dem 12. Husarenregiment in Gray und 1893 dem Generalstab der 7. Kavalleriedivision in Meaux zugeteilt; 1894 wird er nach Indochina gesandt. Stabschef des Oberst Gallieni und Kommandant des Militärgebiets an der Grenze Chinas (Gebiet von Lang Son) nimmt er an den Expeditionen des oberen Tonkin gegen chinesische Piraten teil, die die Gegend plündern. An den Seiten Gallienis und überzeugt von dem Gedanken, dass er den Bevölkerungen die Stärke der französischen Armee zeigen muss, um sich dieser nciht bedienen zu müssen, nimmt er die nötigen Maßnahmen zur Aufwertung der Region vor: Wiederaufbau der Dörfer, Einrichtung der Verbindungsstraßen, Wiederaufnahme und Entwicklung der Kulturen und des Handels. Zunächst Souschef, dann Generalstab des Besatzungskorps wird er dann Leiter der Militärkanzlei von Armand Rousseau und Generalgouverneur von Indochina. Er vertieft sein Wissen bezüglich der politischen, verwaltungstechnischen und finanziellen Fragen Indochinas und verfolgt seine Maßnahmen auf dem gesamten Gebiet. Im März 1897 trifft er wieder auf Gallieni, der einige Monate zuvor zum Generalgouverneur von Madagaskar ernannt wurde. Dieser beauftragt ihn mit der Befriedung des Nordosten und Westens der Insel und schließlich mit der Organisation des Südens. Die Besetzung der Gebiete wird von weitläufigen Ausbauarbeiten begleitet, die den Wirtschafts- und Handelssektor des Landes eröffnen sollen.

1900 wird er zum Oberst befördert und kehrt 1902 nach Frankreich zurück, um das Kommando über das 14. Husarenregiment in Alençon zu übernehmen, bevor er 1903 von Charles Jonnart, Generalgouverneur von Algerien, nach Süd-Oranais abberufen wird. Als Brigadegeneral übernimmt er im Oktober das Kommando der Unterdivision von Ain Sefra und Ende des Jahres 1906 das der Division von Oran. 1907 wird er zum Divisionär ernannt und wird im folgenden Jahr Oberkommissar der Regierung für das besetzte marokkanische Gebiet von Oudjda. Er beginnt damit, die Einrichtungen des algerisch-marokkanischen Grenzgebiets zu überprüfen, die ein ständiger Unruheherd sind und richtet dort neue Posten ein, die einerseits die Sicherheit der Region garantieren, die ständig von Angriffen feindlicher Stämme auf die französische Übernahme bedroht ist, und andererseits den Weg nach Marokko freimachen sollen. Somit richtet er eine Reihe von Posten ein, ausgehend von Béchar, welches in Colomb umgetauft wurde und im Oktober 1903 besetzt wurde, bis zum Norden in Berguent, in der Oasis Ras el Ain, im Juni 1904.Die folgenden Monate dienen der Verstärkung und Ausdehnung der Anlage nach Westen. Da Lyautey sowohl Diplomat als auch Militär ist, vervielfacht er die Kontakte mit den verschiedenen Ortsvorstehern, um ihre Zugehörigkeit zur französischen Politik zu wecken. Nach der Befriedung des algerisch-marokkanischen Grenzgebiets kommt er 1910 nach Frankreich zurück, wo er die Spitze des 10. Armeekorps von Rennes einnimmt.

Im März 1912 legt der Beschluss von Fes das französische Protektorat auf Marokko fest, der Norden des Landes bleibt unter spanischem Einfluß. Lyautey wird am 28. April Generalkommissar vor Ort. In Marokka wird das Protektorat nicht einstimmig akzeptiert. Die Gegner des Beschlusses und des Sultans, der diesen unterzeichnet hat, sind zahlreich. Die Lage verschlechtert sich ständig. Lyautey kommt Mitte Mai in Casablanca an und wendet sich nach Fes, was von den Streitmächten der Berberleiter besetzt ist. Dies ist der Anfang eines schwierigen Feldzugs. Das Land lebt im verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Chaos, das Protektorat muss vollständig aufgebaut werden. Am Ende der heftigen Kämpfe kehrt der Frieden schließlich wieder in Fes und dessen Umgebung ein. Im Laufe des Sommers wird ein neuer Sultan ernannt. Lyautey bemüht sich, die religiöse und politische Autorität dieses neuen Herrschers im gesamten Land herzurichten. Die Befriedung des Landes erfolgt nach und nach. Im Mai 1914 wird Taza, eine entscheidender Zugang zu Algerien, erobert. Die Ebenen und die Küstenstädte befinden sich nun unter französischer Kontrolle. Neben den militärischen Operationen unternimmt er bedeutende Arbeiten zur wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung für den Aufschwung des Landes. Wichtige administrative, rechtliche und wirtschaftliche Reformen werden in Angriff genommen. Einsatz von administrativen Führungskräften, Ausbau der Häfen, der Landwirtschaft, der Forschung und der Minenarbeit, Infrastrukturen für Städte, Verbindungsstraßen, Gründung von Schulen, Bau von Krankenhäusern, Gesundheitszentren und Eröffnung von festen und mobilen Sanitärposten... es gibt viel Arbeit.

Während des Ersten Weltkrieges wird er von Dezember 1916 bis März 1917 kurz Kriegsminister unter dem Kabinett Briand. Dann kehrt er nach Marokko zurück. Trotz der eingeschränkten Mittel gelingt es ihm nicht nur, die französische Gegenwart aufrechtzuhalten, sonder auch, seinen Einfluss während des Konflikts zu stärken. Bei seiner Rückkehr und noch acht Jahre lang arbeitet er ohne Pause und bewirkt eine intensive politische und wirtschaftliche Aktivität, die den Aufbau des Landes begünstigt. Als Krönung seiner Karriere wird er 1921 in den Stand des Marschalls von Frankreichs erhoben. Im Rif ist die Lage allerdings bedenklich. Die von Abd el-Krim geführte Erhebung gegen die Spanier schreitet fort und bedroht die französischen Marokkaner. Im Frühjahr 1925 greift Abd el-Krim an und bedroht die Bereiche von Taza und Fes. Lyautey, dessen Streitmächte in den letzten Jahren vermindert worden sind, organisiert sofort eine Verteidigungsschranke, während er auf Verstärkung wartet. Da er sich der französischen Regierung bezüglich der Durchführung der Operationen widersetzt, wird er von dieser verleugnet und kehrt im Oktober definitiv nach Frankreich zurück, wo er sich nach Thorey in Lothringen zurückzieht. Von 1927 bis 1931 führt er eine letzte Mission aus : die Organisation der internationalen Kolonialausstellung von Vincennes.

Der Marschall Lyautey stirbt am 27. Juli 1934. Er wird zunächst in Rabat beerdigt, seine Leiche wird jedoch 1961 nach Frankreich zurückgeführt, um dort im Invalidendom bestattet zu werden. Hubert Lyautey erhielt das Grosse Kreuz der Ehrenlegion und Inhaber eines Militärordens, des Kolonialordens Tonkin und Marokka, des marokkanischen Orderns mit der Inschrift "Casablanca" - "Oudjda" - "Haut-Guir" sowie vieler ausländischer Dekorationen. Er wurde am 31. Oktober 1912 an die französische Akademie gewählt und war Autor mehrerer Studien und Werke, darunter "Über die soziale Rolle des Offiziers im universellen Militärdienst", welche1891 in La Revue des Deux Mondes veröffentlicht wurde, Die Kolonialrolle der Armee, 1900, Im Süden von Madagaskar, militärisches Eindringen, politische und wirtschaftliche Lage, 1903, Briefe aus Tonkin und Madagaskar: 1894-1899, 1920, Worte der Aktion : 1900 - 1926, 1927, Briefe der Jugend : 1883-1893, 1931.

Raymond Poincaré

1860-1934

Aktie :

Porträt Raymond Poincarés. Foto der "University of Texas at Austin""

 

Poincaré wird am 20. August 1860 in Bar-le-Duc in einer bürgerlichen Familie geboren.Sein Vater, ein Brücken- und Straßenbauingenieur, hätte sich vielleicht eher eine wissenschaftliche Laufbahn für seinen Sohn gewünscht, doch dieser bevorzugt Literaturwissenschaften und Recht. Nach einem gründlichen Studium in Bar-le-Duc und Paris wird er im Jahr 1880 Anwalt. Im Alter von 26 Jahren macht er seine ersten Schritte in der Welt der Polititk als Kabinettsleiter des Landwirtschaftsministers. In den Jahren 1887 bis 1903 ist er Abgeordneter des Wahlkreises Commercy und wird in dieser Zeit Senator des Departements Meuse. 1893 wird er erstmals Minister - für das öffentliche Schulwesen - (dieses Amt wird er fünf Mal bekleiden), 1912 nach der Affäre Agadir Ratspräsident (diesen Posten wird er vier Mal innehaben); er ist ein Verfechter der Wiederherstellung der Exekutivmacht gegenüber der Nationalversammlung, eines liberalen, aber starken Staaates. Der "weltliche Republikaner", ein Mann der Ordnung, wird im Jahr 1913 zum Staatspräsidenten gewählt. Vor dem außenpolitischen Hintergrund eines sich abzeichnenden Krieg verstärkt er seine Allianzen...

Als Senator des Departements Meuse von 1903 bis 1913 übernimmt er 1906 das Ressort der Finanzen im Kabinett Sarrien. 1909 wird er in die Académie française aufgenommen. Im Januar 1912, nach der Agadir - Affäre, in der sich Deutschland und Frankreich in Marokko gegenüber stehen, wird er Präsident des Rates und Außenminister. Er setzt sich für die erneute Stärkung der Exekutive gegenüber der Nationalversammlung ein, für einen liberalen aber starken Staat und stellt sich die Aufgabe, die Probleme der Außenpolitik zu lösen. Am 30. März unterzeichnet er mit dem Sultan von Marokko den Vertrag für das Protektorat. Im Übrigen setzt er sich für engere Beziehungen Frankreichs mit Großbritannien und Russland ein. Zu diesem Zweck wird mit Großbritannien über ein Abkommen zur Hilfe auf See verhandelt, und im August begibt er sich nach Russland, um das Bündnis neu zu beleben. Der "Laienrepublikaner" und Mann der Ordnung wird am 17. Januar 1913 zum Präsidenten der Republik gewählt. Während sich der Krieg abzuzeichnen beginnt, lässt er im August über das Gesetz für den dreijährigen Wehrdienst abstimmen und festigt außenpolitisch die Bündnisse, wozu er im Juli 1914 eine weitere Reise nach Russland unternimmt. Als der Krieg erklärt ist, sieht er es als seine wesentliche Aufgabe an, den Krieg zu gewinnen. Zu diesem Zweck müssen alle Energien aufgebracht, aller gute Wille mobilisiert werden, ob von links oder rechts, d.h. es muss die "Union sacrée", die heilige Einheit geschaffen werden. Die Regierung wird nacheinander von Viviani, Briand, Ribot und Painlevé geführt, ohne dass sich ein endgültiger Erfolg in den Kriegshandlungen einstellt. Es gibt immer mehr militärische und politische Schwierigkeiten: die französische Niederlage am Chemin des Dames, Meutereien an der Front, Aufkommen sozialer Spannungen und das Ende der Union sacrée. Poincaré unterdrückt seine persönlichen Gefühle und ruft seinen politischen Gegner, Clemenceau, zu Hilfe, der am 16. November 1917 Ratspräsident wird. 1918 kommt der Sieg und die Rückkehr von Elsass - Lothringen zu Frankreich.

 

Nach Ablauf seiner siebenjährigen Amtszeit als Präsident wird Poincaré wieder Senator im Departement Meuse. Von Februar bis Mai 1920 ist er Präsident der für die Reparationen zuständigen Kommission und wird 1922 wieder zum Ratspräsidenten und Außenminister ernannt. Als Verfechter der vollständigen Durchsetzung des Versailler Vertrages lässt er am 11. Januar 1923 trotz des Zögerns der Alliierten das Ruhrgebiet durch die Truppen von General Degoutte besetzen, da Deutschland die Reparationsleistungen nicht pünktlich zahlt. Das Ergebnis der Parlamentswahlen, in denen das "Linkskartell" die Mehrheit erhält, zwingt ihn im Juni 1924 zurück zu treten. Als er am 23. Juli 1926 wieder in das Amt berufen wird, um zu versuchen, die katastrophale finanzielle Situation in Ordnung zu bringen, stellt er sofort das Vertrauen wieder her, und es gelingt im, den Franc zu stabilisieren. Da ihn die Geldprobleme vollkommen in Anspruch nehmen, überlässt er die Außenpolitik Briand, der sich für eine Politik des Ausgleichs mit Deutschland entscheidet. Wegen einer Krankheit tritt Poincaré im Juli 1929 zurück und widmet sich seinen Memoiren "Au service de la France" (Im Dienst Frankreichs) (1926-1933). Er stirbt am 15. Oktober 1934. Nach dem Staatsbegräbnis in Paris wird er in Nubécourt beigesetzt.

Aristide Briand

1862-1932

Aktie :

Porträt Aristide Briands. Archivaufnahme aus dem Außenministerium

Aristide Briand wird am 28. März 1862 in Nantes geboren, in einer Familie von ursprünglich vom Land stammenden Cafebesitzern. Nach einem Studium der Rechte lässt er sich im Anwaltsbezirk Saint-Nazaire nieder, ehe er nach Paris geht, wo er bei der "Lanterne" arbeitet, der populistischen und antiklerikal eingestellten Zeitung Eugène Mayers. An der Seite von Jean Jaurès bemüht er sich darum, die streitenden Strömungen innerhalb der sozialistischen Bewegung zusammenzuhalten. Im Jahr 1902 wird er zum Abgeordneten gewählt und nimmt immer mehr politische Ämter an. Als brillanter Redner wird er beim Gesetzesprojekt zur Trennung zwischen Kirche und Staat, das 1905 verabschiedet wird, zum Kommissionssprecher ernannt. 1906 wird er Minister für Unterrichtswesen und Kultus. Er folgt Georges Clemenceau im Jahr 1909 als Ministerpräsident nach und setzt sich insbesondere für die Verabschiedung des Gesetzes über die Renten für Arbeiter und Landwirte ein (April 1910).

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs bemüht sich Aristide Briand - obgleich er die Verlängerung des Militärdienstes befürwortet - um eine friedliche Lösung des Konfliktes. Als der Krieg dennoch erklärt wird, tritt er dem Kabinet des Oppositionsbündnisses "Union Sacrée" als Justizminister und stellvertretender Ministerpräsident bei und unterstützt die Kommandoführung während der Marne-Schlacht. Als Regierungschef und Außenminister spielt er in den Jahren 1915 bis 1917 eine wichtige Rolle, insbesondere bei der Organisation der Saloniki-Expedition und bei der Koordination der Militär- und Wirtschaftsmaßnahmen mit den Alliierten. Nach vier Jahren Krieg ist Europa ausgeblutet. Die ehemaligen Kriegführenden, die sich hoch verschuldet haben, um ihre Versorgung sicherzustellen, gehen äußerst geschwächt aus dem Konflikt hervor. In Frankreich sind die reichsten und industrialisiertesten Regionen verwüstet. Mit nahezu eineinhalb Millionen Toten und über einer Million Invaliden ist das Land an seinem Lebensnerv getroffen. Die Kriegsrenten und der Wiederaufbau belasten die Staatskasse noch mehr. Der am 28. Juni 1919 in Versaille unterzeichnete Friedensvertrag mit Deutschland verpflichtet Deutschland zu Reparationszahlungen für die Kriegsschäden. Die heikle Frage der Bezahlung dieser Reparationsleistungen ist für die nächsten etwa zehn Jahre vorherrschendes Thema in den deutsch-französischen Beziehungen und sorgt auch unter den Alliierten selbst für Divergenzen.

Bei Kriegsausgang ist Aristide Briand als Anhänger einer strikten Umsetzung des Versailler Vertrags einer von denen, die Deutschland zur Zahlung von Reparationen verpflichten wollen. Er gibt diese unerbittliche Haltung jedoch rasch auf und bekehrt sich im Rahmen des Völkerbundes zu einer Friedenspolitik, bei der er sich für die Aussöhnung mit Deutschland einsetzt. Anlässlich der Konferenz von Cannes im Januar 1922 zeigt er sich offen für den Vorschlag eines Schuldenplans für die deutsche Kriegsschuld als Gegenleistung für eine Garantie der französischen Grenzen. Da er von Staatspräsident Alexandre Millerand keine Unterstützung mehr erhält, reicht er seinen Rücktritt ein. 1924 geht er als Abgesandter Frankreichs zum Völkerbund und bemüht sich dort um eine Politik der Aussöhnung, ganz im Bewusstsein dessen dass eine deutsch-französische Annäherung nur unter gewissen Zugeständnissen erfolgen kann. Diese Politik drückt sich aus in den Worten "Innerer Friede, politischer und sozialer Friede werden meiner Meinung nach vom ganzen Land sehnlichst herbeigewünscht....In einem Land wie Frankreich, dass so sehr unter dem Krieg gelitten hat und sich seit dem Waffenstillstand mit unzähligen Herausforderungen und Provokationen konfrontiert sah, welche Ungeduld durchaus rechtfertigen würden, erfordert der Wunsch nach Frieden außerordentlich viel Geduld." Im Jahr 1925 wird er erneut Außenminister und setztt seine Politik der Aussöhnung mit Deutschland fort, als einzige Möglichkeit für dauerhaften Frieden in Europa. Er nähert sich seinem deutschen Amtskollegen Gustav Stresemann an, auch er ein Anhänger der Aussöhnung. Anlässlich der Konferenz von Locarno, auf der die Abgeordneten Deutschlands, Belgiens, Italiens, Frankreichs und Großbritanniens zusammenkommen, unterzeichnet er am 16. Oktober 1925 den Vertrag, der die Grenzen Frankreichs und Belgiens zu Deutschland garantiert und einen gegenseitigen Hilfspakt besiegelt. Nach Locarno unterstützt er die deutsche Kandidatur beim Völkerbund, der im folgenden Jahr stattgegeben wird. Im Jahr 1926 erhält er gemeinsam mit Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis.

Die Verträge von Locarno und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund - von manch einem als Beginn einer neuen Ära und Ende des deutsch-französischen Antagonismus' gefeiert - stellen für Aristide Briand jedoch nur einen ersten Schritt dar. Die Tatsache, dass die USA nicht Mitglied des Völkerbunds sind, schmälert außerdem die Bedeutung dieser Ereignisse. Im Jahr 1927 setzt er sich daher dafür ein, die Vereinigten Staaten zur Aufgabe ihrer Isolationismuspolitik zu bewegen. Sein Appell an die "amerikanische Nation" wird von mächtigen Pazifistenverbänden unterstützt. Am 27. August 1928 brandmarkt der "Briand-Kellogg-Pakt" - so benannt nach dem amerikanischen Staatssekretär, der Briands Verhandlungspartner war - Krieg als "ungesetzlich": "Artikel 1: Die Hohen Vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, daß sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten. Artikel 2: Die Hohen Vertragschließenden Parteien vereinbaren, daß die Regelung und Entscheidung aller Streitigkeiten oder Konflikte, die zwischen ihnen entstehen könnten, welcher Art oder welchen Ursprungs sie auch sein mögen, niemals anders als durch friedliche Mittel angestrebt werden soll." Obgleich dieser Pakt von siebenundfünfzig Ländern - darunter insbesondere Deutschland, Japan und die Sowjetunion - ratifiziert wird, hat er doch nur moralischen Wert, da er die Frage der im Falle einer Nichtbeachtung der Bestimmungen zu verhängenden Sanktionen offen lässt. Die Vereinigten Staaten, die sich zu dieser Zeit in einer Phase des wirtschaftlichen Wohlstands befinden, zeigen sich so auch zurückhaltend hinsichtlich ihrer Haltung im Falle eines möglichen europäischen Konfliktes.

Aristide Briand schlägt nunmehr den Weg einer neuen, entschieden europäischen Politik ein.Im September 1929 greift er in einer Diskussion in Genf die Idee des Grafen Coudenhove-Kalergi, eines österreichischen Diplomaten und Begründers der Pan-Europa-Bewegung, auf und schlägt die Gründung einer regionalen Union vor, einer "europäischen Föderation", die vor allem im Wirtschaftsbereich Kompetenz erhalten soll und die nationalen Souveränitäten nicht beeinträchtigt. Dieser Vorschlag wird begeistert aufgenommen und die Delegierten aus siebenundzwanzig europäischen Staaten beauftragen ihn mit der Abfassung eines Memorandums zu diesem Thema. Dieses Memorandum wird ihnen im Mai 1930 vorgelegt. Aristide Briand entwickelt darin sein Projekt. Diese Institution, die sich unter das Dach des Völkerbundes eingliedern soll, soll aus einer Konferenz der Europäischen Union bestehen, einem repräsentativen Organ, in dem die Vertreter aller europäischen Mitgliedsregierungen des Völkerbundes versammelt sind, sowie aus einem ständigen Politikausschuss, dem Exekutivorgan, dem die Mitgliedsstaaten abwechselnd vorsitzen und aus einem Sekretariat. Eines der Hauptziele soll "die Errichtung eines gemeinsamen Marktes sein, um den Menschen im gesamten Gebiet der europäischen Gemeinschaft größtmöglichen Wohlstand zu sichern."

Das Memorandum löst nicht dieselbe Begeisterung aus wie seine Rede vor dem Völkerbund. In Frankreich und der übrigen Welt stößt das Handeln Aristide Briands auf immer stärkeren Widerstand. Als größtes Hindernis erweist sich das anhaltende nationalistische Denken. Wenngleich der Grundsatz einer Zusammenarbeit nicht in Frage gestellt wird, so erregt die Vorstellung einer umfassenden und sowohl im politischen als auch im wirtschaftlichen Bereich omnipotenten Europäischen Union doch Furcht. Besonders der politische Aspekt des Projekts mit den angedachten "föderalen Verbindungen" sorgt für Mißtrauen. Am 23. September 1930 wird eine Untersuchungskommission mit Aristide Briand als Vorsitzendem eingesetzt. Sie ist damit beauftragt, die Möglichkeiten einer eventuellen Zusammenarbeit in Europa zu untersuchen, kommt jedoch nicht wirklich zu Ergebnissen. . Aristide Briand, der "Pilger des Friedens", hat zu keinem Zeitpunkt in seiner politischen Laufbahn aufgehört, die Gelegenheiten für Frieden in Europa zu mehren. Sein Projekt einer Europäischen Union hielt jedoch der Wirtschaftskrise und den aufkommenden Diktaturen leider nicht Stand. Aristide Briand stirbt am 7. März 1932.

Wilhelm Keitel

1882 - 1946

Aktie :

Wilhelm Keitel. Foto Sammlung DMPA

Wilhelm Keitel trat 1901 in die Armee ein und besetzte im Ersten Weltkrieg verschiedene Offiziersposten des Generalsstabs. Nach der Kapitulation Deutschlands im Jahre 1918 verfolgte er seine militärische Laufbahn in der neuen deutschen Armee, der Reichswehr, die im Abkommen von Versailles genehmigt worden war.

Als Adolft Hitler 1933 an die Macht kam und begann, die Streitkräfte wieder aufzubauen, machte Wilhelm Keitel schnell Karriere. Er wurde 1934 zum Brigadegeneral ernannt, wurde Vorsteher des Kabinets des Kriegsministers, Direktor des Wehrmachtsamtes und im folgenden Jahr mit der Koordinierung der Streitkräfte beauftragt. 1938 wird Wilhelm Keitel zum Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) ernannt, das neu gegründet wurde. Am 22. Juni 1940 unterzeichnet er den französisch-deutschen Waffenstillstand in Rethondes. Dieser eifrige Ausführer der Befehle Adolf Hitlers wird im Juli 1940 zum Marschall ernannt und trifft während des Krieges alle militärischen Entscheidungen sowie die jeweiligen Terrormaßnahmen in den besetzten Gebieten, was sich hauptsächlich auf die Hinrichtung der Geiseln und der politischen Kommissare der Roten Armee, sowie auf die Hinrichtung von Kriegsgefangenen der NN ausrichtet. Trotz einiger Versuche seitens der führenden Kreise der Armee und des Generalstabs zum Austausch von Personen, behält er seinen Posten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 9. Mai 1945 unterzeichnet er die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht auf Anordnung des Kanzler-Admirals Dönitz. 1946 verurteilt ihn das Nürnberger Gericht für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode.