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Josephine Baker

1906 - 1975

Aktie :

Photo (C) Ministère de la Culture - Médiathèque du Patrimoine, Dist. RMN-Grand Palais / Studio Harcourt
< Joséphine Baker 1948.

Josephine Baker wurde auf Entscheidung des Staatspräsidenten am 30. November 2021 im Pantheon beigesetzt. Die gebürtige Amerikanerin, Entertainerin, Widerstandskämpferin und militante Antirassistin kämpfte an allen Fronten. Da sie den Einsatz der Frauen im Kampf des Freien Frankreich verkörpert, wurde sie von der Heimat geehrt.

Rufen Sie online auf der Website des Museums des Widerstands eine Ausstellung über die Persönlichkeit von Joséphine Baker ab

 

Sie wurde am 3. Juni 1906 als Tochter von Carrie McDonald und Eddie Carson geboren und wuchs in den Armenvierteln von Saint-Louis (Missouri) auf. Mit 13 Jahren verlässt sie das Elternhaus und wird Kellnerin. Sie fängt als Tänzerin in kleinen Truppen an, bevor sie zur Truppe The Jones Family Bound kommt, die von Washington bis Saint Louis auftritt. Mit 18 Jahren lässt sie sich in New York nieder, wo sie an mehreren Produktionen teilnimmt, darunter den Folies Bergères und der Revue Nègre.

1925 tritt ihre Truppe in Paris im Théâtre des Champs-Elysées auf. Die junge Künstlerin erobert das Publikum in Paris, wo der Jazz gerade aufkommt, im Sturm. Als Kabarett-Tänzerin interpretiert sie eine Darstellung namens „La danse sauvage“ (der wilde Tanz). Ein Jahr später leitet sie die Revuen in den Folies-Bergère. Dort tanzt sie mit ihrem berühmten Bananenröckchen und beginnt zu singen. 1930 interpretiert sie „J'ai deux amours“ im Casino de Paris, wo ihre Revue auf die von Mistinguett folgt. Sie sammelt Erfolge in Europa: sie wird zur Königin der Kolonialausstellung 1931 ernannt, sie spielt in „Zouzou“ mit Jean Gabin und in „Princess Tam Tam“, sie tritt im Casino de Paris in „Si j'étais blanche“ und 1934 in „Die Kreolin“, einer Operette von Offenbach, auf.

Im darauffolgenden Jahr kehrt Josephine Baker in die Vereinigten Staaten zurück und tritt vor einem sehr zwiespältigen Publikum auf. Wieder in Frankreich heiratet sie 1937 einen Franzosen und wird französische Staatsbürgerin.

Zu Kriegsausbruch kann sie noch an der Seite von Maurice Chevalier in den Folies-Bergère und im Casino de Paris auftreten. Josephine Baker ist ihrer Wahlheimat treu und engagiert sich in der Résistance. Dabei arbeitet sie im Grad des Unterleutnants der Luftwaffe, Korps der weiblichen Hilfskräfte, für den Geheimdienst des Freien Frankreich. Daniel Marouani schlägt Jacques Abtey, dem Leiter der militärischen Spionageabwehr in Paris, vor, sie zu engagieren. So sammelt Josephine Baker während des Sitzkriegs (September 1939 und Mai 1940) bei offiziellen Vertretern, die sie bei Abendveranstaltungen kennenlernt, Informationen über den Standort der deutschen Truppen. Zur selben Zeit tritt sie an der Maginot-Linie auf, um die Moral der Truppen zu heben. Ab dem Sommer 1940, in dem die Maginot-Linie überschritten wird, erhält sie jedoch infolge der rassistischen Gesetze der Vichy-Regierung Auftrittsverbot. Da sie in Begleitung von Abtey zu einer Tournee nach Portugal und Südamerika aufbrechen sollte, bringt sie Informationen nach Portugal, die mit unsichtbarer Tinte auf ihre Partituren geschrieben sind. Sie führt „Die Kreolin“ erneut auf, um mit Paillole in Marseille Kontakt aufnehmen zu können, bevor sie zu Abtey in Portugal stößt, das damals ein neutrales Land war. Anschließend geht sie nach Nordafrika. Bei der Abreise nach Marokko hilft sie Solmsen, einem deutschen Kinoproduzenten, und seinem Freund Fritz dabei, Frankreich zu verlassen.

Nachdem sie sich in Marrakesch niedergelassen hat, pflegt sie politische Beziehungen: zu Moulay Larbi el-Alaoui, Cousin des Sultans, und Si Mohammed Menebhi, sein Schwager, Sohn des ehemaligen Großwesirs, und Si Thami el-Glaoui, Pascha von Marrakech. Ab 1943 wird Josephine Baker zu einer echten Botschafterin des Freien Frankreich. Im Frühjahr unternimmt sie eine große Tournee im Maghreb, in Ägypten und im Maschrek. Dabei wird sie offiziell Unterleutnant der weiblichen Hilfstruppen der französischen Luftwaffe. Diese Widerstandstätigkeit Josephines wird 1949 durch das Werk „La Guerre secrète de Joséphine Baker“ von Jacques Abtey mit einem Brief von General de Gaulle bekannt.

Die offizielle Anerkennung erfolgt am 18. August 1961: General Valin verleiht ihr den Orden der Ehrenlegion sowie das Kriegskreuz mit Palmenzweig.

Nach ihrer Wiederheirat mit Jo Bouillon setzt sie sich für die Verteidigung der Bürgerrechte ein und unterstützt Kriegsopfer mit zahlreichen Benefiz-Galas. Ihre karitative Tätigkeit ist ihrer Karriere übergeordnet, von der sie sich 1949 zurückzieht. Sie kauft ein Schloss in Milandes im Périgord und beginnt Waisenkinder zu adoptieren.

Nachdem sie in finanzielle Schwierigkeiten gerät, beginnt sie mit Welttourneen in einem Umfeld, in dem das Kabarett nicht mehr so gut ankommt. Ihre Verbissenheit bringt sie 1975 mit einer Aufführung über ihre Karriere erneut auf die Bühne des Bobino. Der Erfolg ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn sie stirbt vier Tage nach der Premiere infolge einer Gehirnblutung.

 

Quellen: Abtey J., 2e Bureau contre Abwehr, Paris, La Table Ronde, 1966 - Abtey J., La Guerre secrète de Josephine Baker, Paris, Siboney, 1949
Bilé S., Noirs dans les camps nazis, Editions du Serpent à Plumes, 2005

 

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Jean-Marie de Lattre de Tassigny

1889-1952

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Porträt von Marschall de Lattre de Tassigny. Quelle: www.lesfeuillants.com/Vivre/site_150eme/p7.htm

Jean-Marie de Lattre de Tassigny, geboren am 2. Februar 1889 in Mouilleron-en-Pareds in der Vendée, als Sohn einer alten Aristokratenfamilie von Französisch Flandern, erhält eine ausgezeichnete Erziehung im Collège Saint Joseph in Poitiers.

Militärische Karriere

Von 1898 bis 1904 bereitet er sich auf die Marineakademie und die Militärschule von Saint-Cyr vor, in die er 1908 aufgenommen wird. Er macht seine Ausbildung bei den 29. Dragonern in Provins. Von 1909 bis 1911 ist er Schüler von Saint-Cyr, im Jahrgang "Mauretanien", in dem er als Viertbester abschneidet. 1911 tritt er in die Kavallerieschule in Saumur ein. 1912 wird er den 12. Dragonern in Pont-à-Mousson zugeteilt und kommt dann an die Front. Während des Ersten Weltkriegs ist er Hauptmann im 93. Infanterieregiment und kehrt mit 4 Verwundungen und 8 ehrenden Erwähnungen aus dem Krieg zurück. Dann wird er von 1919 bis 1921 dem 49. Infanterieregiment in Bayonne zugeteilt. 1921 bis 1926 wird er in das 3. Büro und den Führungsstab der Region von Taza in Marokko versetzt. Von 1927 bis 1929 besucht er Kurse der Kriegsschule mit dem 49er Jahrgang. Er heiratet 1927 Simone de Lamazière und bekommt 1928 mit ihr einen Sohn. 1929 wird er Bataillonschef im 5. Infanterieregiment in Coulommiers.

1932 wird er in den Stab der Armee und dann in den Stab des Vizepräsidenten des Obersten Kriegsrates, General Maxime Weygand, versetzt und erhält den Titel eines Oberstleutnants. 1935 wird er Oberst und Kommandeur des 151. Infanterieregiments in Metz. Von 1937 bis 1938 besucht er Kurse an der Militärhochschule und wird 1938 Stabschef des Gouverneurs von Straßburg.

Zweiter Weltkrieg

Am 23. März 1939 wird er zum Brigadegeneral ernannt und ist am 2. September 1939 Stabschef der 5. Armee. Am 1. Januar 1940 übernimmt er das Kommando der 14. Infanteriedivision, die er während der Kämpfe mit der Wehrmacht in Rethel führt, bei denen seine Division heldenhaft standhält, bis zur Champagne und der Yonne, und ihren militärischen Zusammenhalt mitten im Chaos des Zusammenbruchs aufrecht erhält. Von Juli 1940 bis September 1941 ist er Stellvertreter des kommandierenden Generals der 13. Militärregion in Clermont-Ferrand und wird dann Divisionsgeneral und hat bis Ende 1941 die Führung der tunesischen Truppen. Danach kommandiert er die 16. Division in Montpellier und wird zum General eines Armeekorps' ernannt. Als die freie Zone von den deutschen Truppen überrannt wird, verweigert er den Befehl, nicht zu kämpfen und wird verhaftet. Er wird von dem Staatsgericht der Abteilung Lyon zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 3. September 1943 gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis von Riom, und er geht nach London und dann nach Algier, wo er am 20. Dezember 1943 eintrifft, nachdem er am 11. November 1943 von General de Gaulle zum Armeegeneral ernannt worden war. Im Dezember 1943 kommandiert er die Armee B, die zur ersten französischen Armee wird. Am 16. August 1944 landet er in der Provence, nimmt Toulon und Marseille ein, rückt über das Rhône- und das Rheintal nach Norden vor, befreit das Elsass und marschiert in Deutschland ein, bis zur Donau. Er war der Vertreter Frankreichs bei der Unterzeichnung des Waffenstillstands am 8. Mai 1945 in Berlin im Hauptquartier von Marschall Schukow.

Nach dem Krieg

Von Dezember 1945 bis März 1947 ist er Generalinspekteur und Chef des Generalstabs der Armee. Im März 1947 ist er Generalinspekteur der Armee, dann Generalinspekteur der Streitkräfte. Von Oktober 1948 bis Dezember 1950 ist er der Oberkommandierende der westeuropäischen Armeen in Fontainebleau. Er wird Hochkommissar und Oberkommandierender in Indochina und Oberkommandierender im Fernen Osten (1950-1952) und gründet eine nationale vietnamesische Armee. Erschöpft von der Überanstrengung, der er sich während seiner gesamten Karriere ausgesetzt hat und die seiner Verwundung von 1914 nicht gut bekommen ist, und tief getroffen von dem Tod seines Sohnes Bernard, der während des Indochinafeldzuges gefallen ist, erkrankt er an Krebs und stirbt am 11. Januar 1952 in Paris an den Folgen einer Operation. Bei seiner Beerdigung am 15. Januar 1952 wird er posthum zum Marschall von Frankreich ernannt. Er wird in seinem Geburtsort Mouilleron-en-Pareds beigesetzt.

Henry Frenay

1905-1988

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Henry Frenay. Foto Ordre national de la Libération

Henri Frenay wurde am 19. November 1905 in Lyon geboren. Sein Vater war Offizier, dessen beide Söhne ebenfalls. Henri Frenay gehört der Generation an, die den Sieg Frankreichs über Deutschland 1918 feierte und dies von Grund auf hassten. Er besuchte von 1924 bis 1926 die Militärakademie Saint-Cyr, diente von 1926 bis 1929 in Frankreich, wurde 1929 nach Syrien versetzt und kam 1933 wieder nach Frankreich zurück. 1935 machte Henri Frenay eine Bekanntschaft, die sein Leben prägen sollte: Die von Berty Albrecht, einer außergewöhnlichen Frau und großen Figur des Feminismus, die sich stark für die Menschenrechte einsetzte. Sie beteiligte sich an der Betreuung der ersten Flüchtlinge aus dem NS-Deutschland. Durch sie lernte Henri Frenay eine andere Welt und vor allem die wirkliche Bedrohung des Nationalsozialismus kennen, die mehr als eine pangermanistische Schwärmerei war. Wahrscheinlich beschloss er aus diesem Grund, nach dem Besuch der Kriegsakademie von 1937 bis 1938 nach Straßburg zu gehen und dort im gemanistischen Seminar die nationalsozialistische Doktrin und deren Anwendung in Deutschland eingehend zu studieren. Er begriff schnell, dass ein Krieg unvermeidlich sein würde und dass dies ein Zivilisationskrieg sein würde, der wenig mit dem 1. Weltkrieg gemein haben dürfte.

Tief enttäuscht darüber, dass sich die politischen Parteien mit internen Querelen abgaben, wendete sich Frenay fortan dem europäischen Themenbereich zu. In seinen Artikeln in Combat träumte Frenay von einem Europa, das mit sich und mit Deutschland Frieden geschlossen hat. Als Präsident der 1946 gegründeten Union Europäischer Föderalisten unternahm er alles in seiner Macht stehende, um die damaligen Regierungen davon abzubringen, hauptsächlich national zu denken, sondern vielmehr eine einheitliche Währung und eine gemeinsame europäische Wehrmacht zu schaffen. Nach der Rückkehr des Generals de Gaulle an die Macht 1958 begriff Frenay, dass sein Traum nicht verwirklicht werden würde. Er gab alle "staatsbürgerlichen" Tätigkeiten auf und widmete sich der Aufzeichnung seiner Erinnerungen als Widerstandskämpfer. Diese kamen in dem sehr schönen Buch "La Nuit" zum Ausdruck, das 1973 veröffentlicht wurde. Darin befasst er sich u.a. auch mit den Gründen für seine Rivalität mit Jean Moulin. Bis zu seinem Tod 1988 warf er Jean Moulin - eher aus persönlichen Gefühlen als auf der Suche nach der Wahrheit - vor, ein "crypto-communiste" zu sein, der de Gaulle und die Résistance verraten habe. Dies war eine zweifelhafte Anklage und ein Schritt zuviel, den ihm die öffentliche Meinung nicht verzeihte.

Vincent Auriol

1884-1966

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Portrait von Vincent Auriol. Quelle: Museum Clément Ader

Vincent Auriol ist eine unumgängliche Persönlichkeit in der zeitgenössischen Geschichte Frankreichs. Als Führer der sozialistischen Bewegung, Leiter der Verhandlungen über die von Deutschland zu leistenden Kriegsentschädigungen 1918 und erbitterter Gegner des Vichy-Regimes wird er als einer der "Gründungsväter" der 4. Republik angesehen. Vincent Jules Auriol wurde in Revel (Dep. Haute-Garonne) in einer bäuerlichen Familie geboren. 1902 machte er sein Abitur am humanistischen Gymnasium und 1905 er sein juristisches Abschlussexamen. In demselben Jahr wurde er Mitglied der sozialistischen Föderation im Departement Haute-Garonne. Er erzielte einen Doktortitel für politische Wissenschaften, bevor er sich als Anwalt in Toulouse niederließ. Dort wurde er Mitarbeiter bei der vom Bürgermeister von Toulouse und Abgeordneten Albert Bedouce gegründeten Zeitung "La Dépêche du Midi", und bei der Zeitung "Le Midi socialiste". Er unterhielt eine regelmäßige Korrespondenz mit den Politikern Jean Jaurès und Jules Guesde. Im Juni 1912 heiratete er Michelle Accouturier, die ihm zwei Kinder gab: Paul (1918-1992), der später im 2. WK den Widerstand im Departement Tarn organisierte, und Jacqueline (1912-2000), die 1952 den Geschwindigkeitsweltrekord für Düsenflugzeuge erreichte.

Von Mai 1914 bis Mai 1936 war er der Vertreter der Sozialisten von Muret bei der Nationalversammlung, wobei er sich auf wirtschaftliche und finanzielle Fragen spezialisierte und ab 1914 Mitglied der "Kommission für Abschlussbilanzen" war. Bei der Friedenskonferenz 1919/20 vertrat er eine Politik einer Begrenzung der Forderungen gegen Deutschland zur Wiedergutmachung in den durch den 1. WK verwüsteten Gebieten und der Annullierung aller Schulden zwischen den Alliierten. Im Dezember 1920 gehörte er zu den zwölf sozialistischen Abgeordneten, die Léon Blum folgten und sich nicht an der zweiten kommunistischen Internationale beteiligten. IIm Mai 1925 wurde er zum Bürgermeister von Muret gewählt. Er war Mitglied der Finanzkommission und deren Vorsitzender von Juni 1924 bis Juli 1926, drei Jahre später Mitglied des Generalrats des Departements Haute-Garonne für den Kanton Carbonne. Seine Tätigkeiten im Parlament zeichneten sich durch zahlreiche Gesetzesvorschläge sowie seine ständige Opposition gegen die Finanzpolitik der Regierungen unter Poincaré, Herriot, Daladier, Doumergue, Tardieu und Laval aus.

Im Juni 1936 trat Auriol der Regierung unter Léon Blum als Finanzminister bei. Er führte eine Währungspolitik ein, bei der der von Poincaré gefestigte französische Franken entwertet und eine fluktuierende Währung eingeführt wurde. Er war 1937 Justizminister in der Chautemps-Regierung und im nachfolgenden Jahr Minister ohne besondere Zuweisung in der Blum-Regierung, wobei er sich um die Koordination der Leistungen des Ratsvorsitzes kümmerte. Trotz der Niederlage im Juni 1940 verweigerte er seine Zustimmung zur Erteilung der politischen Vollmacht an Marschall Pétain am 10. Juli. Aufgrund seiner Opposition wurde er mit Paul Raynaud, Georges Mandel und Marcel Dassault zuerst im Gefängnis von Pellevoisin und danach in dem von Vals-les-Bains in Haft gehalten. Zwischen 1941 und 1942 wurde ihm ein überwachter Wohnsitz in Muret zugewiesen, wobei er sich jedoch bald der Résistance anschloss und im Oktober 1943 in den unbesetzten Teil Frankreichs überwechselte, in dem er Mitglied der vorläufigen beratenden Versammlung bei deren ersten Tagung in Algier war. Seine Frau blieb in der Zwischenzeit in Lyon und beteiligte sich am Dechiffrieren der Geheimmeldungen des Generalstabs der Alliierten. Bei der Befreiung Frankreichs wurde er aufgrund seiner Kompetenz und seiner Funktion als Vorsitzender Kommission für Auslandsangelegenheiten der Verfassungsgebenden Nationalversammlung als Vertreter Frankreichs zur Konferenz von Bretton Woods entsandt. m 21. Oktober 1945 nahm er wieder seinen Platz als Abgeordneter des Departements Haute-Garonne im Parlament ein und wurde danach auch wieder zum Bürgermeister von Muret und Mitglied des Generalrats gewählt. Er war Vorsitzender der Gruppe der sozialistischen Parlamentarier und wurde im November vom General de Gaulle zum Staatsminister für die Beziehungen zur Nationalversammlung ernannt.

Nach der Aufgabe des Vorsitzenden der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im Januar 1946 war er Vorsitzender der Nationalversammlung und der Gründung der 4. Republik, die ihn am 16. Januar 1947 zum Präsidenten der Französischen Republik und der Französischen Union wählte. ENach Ablauf seiner Amtszeit 1953 kehrte Vincent Auriol zu seinen lokalen Tätigkeiten und seinem Familienleben zurück, unternahm Reisen und schrieb seine Memoiren. Er veröffentlichte "Hier, demainé, das "Journal du septennat" und "Dix années d'administration socialiste". Bei einem Kongress des Weltverbands der Kriegsveteranen und Widerstandskämpfer im Dezember 1954 in Österreich wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. Er setzte sich für die Rückkehr des Generals de Gaulle zur Macht im Mai 1958 ein und wurde Mitglied der Verfassungsgebenden Nationalversammlung im März 1959. Aufgrund seiner Meinungsverschiedenheit mit dem damaligen Generalsekretär der sozialistischen Partei trat er 1959 zurück. Als "graue Eminenz der Republik" nahm er auch weiterhin, jedoch außerhalb der Parteiquerelen am öffentlichen Leben teil. Aufgrund seines politischen und militärischen Engagements wurde Vincent Auriol mit dem "Großen Kreuz der Ehrenlegion" und dem "Großen Kreuz der nationalen Orden der zweiunddreißig ausländischen Staaten" ausgezeichnet, erhielt die "Rosette de la Résistance" sowie das "Croix du combattant volontaire de la Résistance" und wurde von den Universitäten Columbia (New York), Laval (Quebec), Oxford und Rio de Janeiro zum Ehrendoktor ernannt. Vincent Auriol starb am 1. Januar 1966 in Paris an den Folgen eines Hüftenbruchs mit Komplikationen in seinem Wohnsitz in Labourdette.

Alfred Gaspart

1900-1993

Aktie :

Au centre, Alfred Gaspart

Der in Argentinien 1900 als Sohn französischer Eltern geborene Gaspart kehrt wenige Jahre später zu Studienzwecken nach Frankreich zurück. Er ist leidenschaftlicher Liebhaber der Kunst und Poesie und schreibt sich daher für die Kurse an der Ecole Germain Pilon und später an der Nationalen Hochschule der schönen Künste in Paris, im Atelier Cormon, ein. In den 30er Jahren lässt er sich im Viertel Montparnasse in Paris nieder, wo er seine Freundschaften zu Pierre-Albert Birot, André Derain, Jean Follain, Marie Laurencin und André Salmon pflegt. Er ist dem Realismus verschrieben (Ecole française) und malt und fotografiert Menschen, Landschaften und Stillleben.

Während seiner fünfjährigen Gefangenschaft (Stalag VII A in Moosburg - Bayern) nimmt sein Bekanntheitsgrad zu. Der an Neurasthenie erkrankte Gaspart lernt den jungen Bildhauer Volti kennen, der ihn unterstützt, seine Krankheit zu überstehen. 1943 kehrt Volti mit einem Teil der Bilder von Alfred Gaspart nach Frankreich zurück. Im selben Jahr wird sein Atelier von einer Bombe getroffen, wobei ein großer Teil seiner Werke zerstört werden. Die Malereien von Gaspart können jedoch gerettet werden und sie sind noch heute ein Zeugnis des schmerzvollen Lebens in diesen Lagern. Im Oktober 1944 erhält Alfred Gaspart unter dem Pseudonym "Timour" für sein Werk YMCA von Genf den ersten Preis im Wettbewerb der Gefangenschaft. Nach seiner Befreiung im Jahr 1945 zieht er sich zurück und stellt seine Werke nur gelegentlich im engsten Kreis und für die Nationale Förderation der in Gefangenschaft geratenen Kämpfer aus. Weit ab von der Öffentlichkeit widmet er sich weiter der Malerei. 1993 stirbt er in aller Abgeschiedenheit. Das in Gefangenschaft entstandene Werk des Künstlers setzt sich aus 1948 Teilen zusammen (eine Vermischung zahlreicher Techniken und Formate). Diese Teile werden ergänzt durch tägliche Notizen (293 beidseitig beschriebene Blätter), die einen tiefen Einblick in den Alltag, die Gedanken und das Leiden von Alfred Gaspart liefern. Zahlreiche Briefwechsel mit seiner Schwester Paule, die für ihn Muse und Vertraute war, tragen weiterhin dazu bei, das Leben dieses Künstlers zu verstehen.

Henri Queuille

1884-1970

Aktie :

Algir. Henri Queuille, Staatskommissar. Quelle: DMPA/SHD

 

Als Sohn von François Queuille und Maris Masson de Saint-Félix, wächst Henri in einer bürgerlichen Familie in der Provinz auf.

Nach dem Tod seines Vaters (Apotheker) im Jahr 1895 zieht Queuille nach Tulle und besucht ab 1896 das Gymnasium. Der junge Abiturient studiert in Paris Medizin, freundet sich mit Maurice Bedel und Georges Duhamel an und zieht dann 1908 wieder in seine Heimatstadt. 1910 heiratet er Margueritte Gratadour de Sarrazin, mit der er zwei Kinder zeugt: Suzanne und Pierre. Bald stieg er politisch in bedeutende Positionen auf: Gemeinderat im Jahr 1912, im darauffolgenden Jahr Bürgermeister und wichtigster Berater von General de Corrèze, 1914 Abgeordneter.

Während des Ersten Weltkriegs leistet er als Arzt seinen Militärdienst in verschiedenen medizinischen Lagern an der Front ab, womit er mit dem Kriegsverdienstkreuz 14-18 ausgezeichnet wird.

Als gemäßigtes Mitglied der radikalen Partei tritt er im Juli 1920 der Regierung von Alexandre Millerand als Unterstaatssekretär für Landwirtschaft bei. Der für seine Taten bekannte Politiker schafft eine Vielzahl von Geschäftsbereichen (Landwirtschaft, Gesundheit, Postwesen, öffentliche Arbeiten, Versorgung) und wird zwischen 1920 und 1940 19 Mal zum Minister ernannt. Er gilt als Hauptinitiator der französischen Landwirtschaftspolitik zwischen den beiden Weltkriegen (Entwicklung ländlicher Technologien, Errichtung und Organisation der Bildung im landwirtschaftlichen Bereich, Entwicklung von Techniken für den ländlichen Bereich usw.). Er ist Vorsitzender der nationalen Föderation für Genossenschaftswesen und der landwirtschaftlichen Kooperative.

Er unterstützt weiterhin die Nationalisierung der Eisenbahn und die Gründung der SNCF, er leitet das nationale Büro für Kriegsversehrte, Veteranen, Kriegsopfer und Kriegswaisen (1937). 1939 veröffentlicht er das Werk: Le Drame agricole: un aspect de la crise économique.


Der überzeugte Republikaner schloss Kompromisse mit den Sozialisten und wurde zum Vertrauten von Edouard Herriot. Dennoch weigerte er sich, am 10. Juli 1940 für die volle Machtübernahme von Maréchal Pétain zu stimmen. Infolgedessen wird er seines Amtes als Bürgermeister von Neuvic entlassen. Das Engagement seines Sohnes Pierre in der Widerstandsbewegung verschaffte ihm die Kontakte zur Organisation France libre. Hettier de Boislambert überzeugt ihn, nach England zu gehen.

Gemeinsam mit Astier de la Vigerie, Daniel Mayer und Jean-Pierre Levy gelingt ihm die Einnahme Londons im April/Mai 1943, trotz seines Misstrauens gegenüber de Gaulle. Im Mai startet er über die BBC einen Aufruf an die Landbevölkerung Frankreichs. Er wird daraufhin zum Präsident der Kommission der Landung der Alliierten ernannt und ist zuständig für entsprechende Befreiungsaktionen. Zwei Monate später erlässt die Vichy-Regierung eine Verordnung, auf deren Basis Henri Queuille von der Nationalversammlung Frankreichs ausgeschlossen wird und ihm sein Mandat als Senator aberkannt wird. Im August reist er nach Algier, wo de Gaulle einige politische Parteien versammelt. Im November 1943 tritt er dem Comité français de Libération nationale (CFLN) bei. Im September 1944 legt Queuille seine Posten nieder, um nach der Rückkehr der Regierung nach Paris seine politische Karriere wieder aufzunehmen. Im Oktober 1945 wird er zum Bürgermeister und während der Parlamentswahlen 1946 zum Abgeordneten gewählt.

Seine Erinnerungen an die Kriegsjahre und die Medaille des Widerstands werden im Journal 1939/1945 veröffentlicht.

Seinem Weggefährten Edouard Herriot stets treu ergeben, unterstützt er zwischen Juli 1948 und Juni 1954 die Regierung der 4. Republik. Die Eckpfeiler seiner dreimaligen Ratspräsidentschaft bildeten die Eindämmung der sozialen Unruhen, die Stärkung des Gaullismus und der instabilen Regierung, indem er eine solide Politik der „Immobilisierung“ durchsetzt und dabei nicht zögert, entsprechenden Druck auszuüben (Oktober bis November 1948) und die Wahlen hinauszuzögern; eine Politik, die der Republik eine gewisse Beständigkeit verschafft.

Seine Ansätze in der Außenpolitik waren ähnlich erfolgreich. Ihm war es zu verdanken, dass im März 1949 ein französisch-vietnamesisches Abkommen unterzeichnet wurde, das einer Anerkennung der Unabhängigkeit der Kolonie gleichkam. Weiterhin bemühte er sich um den Beitritt Frankreichs zum Atlantikbündnis und die Umsetzung des Marschallplans im darauffolgenden Monat.

Nachdem er bei den Parlamentswahlen im Jahr 1958 ohne Mandat ausging, setzt Henri Queuille seine politische Karriere auf Lokalebene fort. Er errichtet in seiner Gemeinde Freizeiteinrichtungen und gründet ein landwirtschaftliches Gymnasium sowie eine technische Hochschule. Er arbeitet weiterhin an seinen Dokumentationen über das Jahr 1944. In den Archiven des nach ihm benannten Museums befinden sich Dokumente, Zeitzeugenberichte und Gegenstände des Zweiten Weltkriegs und des Widerstands.

Charlotte Delbo

1913-1985

Aktie :

Portrait von Charlotte Delbo. Quelle: Foto aus Privatsammlung

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Augen vor Hunger leuchten und der Durst sie verblassen lässt

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie es ist, seine Mutter sterben zu sehen und keine Tränen zu haben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie sehr man am Morgen sterben möchte, und am Abend nur noch Angst hat

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, dass ein Tag länger dauert als ein Jahr und eine Minute länger als ein ganzes Leben

O ihr, die ihr so viel wisst,

Wisst ihr, wie die Beine keinen Schmerz mehr empfinden, die Augen und Nerven immer schwerer werden und unsere Herzen schwerer sind als Stahl

Wisst ihr, dass die Pflastersteine nicht weinen, dass es keine Worte gibt für dieses Grauen, keine Worte für diese Angst

Wisst ihr, dass das Leiden und der Horror keine Grenzen kennen

Wisst ihr das

Ihr, die ihr alles wisst


 

Charlotte Delbo, aus Keiner von uns wird zurückkehren, Verlag Gonthier, 1965

Charlotte Delbo wird am 10. August 1913 in Vigneux-sur-Seine, in Seine-et-Oise, als Tochter von Charles Delbo, Maschinenbauer, und Erménie Morero geboren. Sie ist die älteste von vier Kindern.

Nach abgeschlossenem Abitur studiert sie Philosophie an der Sorbonne und schließt sich den jungen Kommunisten an. Dort lernt sie Georges Dudach kennen, den sie dann am 17. März 1936 heiratet. 1937 unterbricht sie ihr Studium und wird 1939 die Sekretärin des Comedian und Regisseurs Louis Jouvet. Im Mai 1941 begleitet sie die Truppe von Jouvet auf deren Tournee durch Südamerika. Ihr Ehemann bleibt in Frankreich und schließt sich dem kommunistischen Widerstand an.

Im September 1941 erfährt Charlotte in Buenos-Aires von der Hinrichtung ihres Freundes Jacques Woog, verurteilt wegen „kommunistischer Propaganda“. Voller Wut und bereit für den Widerstand, kehrt sie nach Frankreich zurück. In Paris tritt das Ehepaar dem Widerstand bei. Charlotte schreibt die Mitteilungen von Radio London und Radio Moskau mit und arbeitet für die von Jacques Decour gegründete französische Zeitschrift Les Lettres.


 

Am 2. März 1942 werden Charlotte und ihr Mann von fünf französischen Polizisten des Sonderkommandos verhaftet. Sie wird ins Gefängnis von Santé gebracht, wo sie am 23. Mai von der Hinrichtung Georges am Mont Valérien erfährt. Am 17. August wird sie in die Festung von Romainville verlegt, wo sie auf zahlreiche andere Frauen trifft, insbesondere Kommunistinnen. Eine Woche später wird sie nach Fresnes verlegt.


Sie ist eine von 230 Frauen, die Compiègne am 24. Januar 1943 in Richtung Auschwitz verlassen. Als diese Frauen am 27. Januar in Auschwitz ankommen, singen sie die Marseillaise. Die zunächst dem Block 14 der Frauen von Birkenau zugewiesenen Frauen, werden dann isoliert von den anderen zu schweren Arbeiten gezwungen, insbesondere in den Sümpfen. Viele von ihnen starben an Typhus. Am 3. August waren nur noch 57 von ihnen am Leben. Auch sie kommen unter Quarantäne. Am 7. Januar 1944 wird Charlotte Delbo mit sieben anderen Deportierten ins Lager Ravensbrück verlegt. Sie kommt nach Furstenberg, ein Arbeitskommando des Hauptlagers.


Die meisten der Überlebenden des Konvois wurden im Sommer 1944 nach Ravensbrück deportiert. Dank des Roten Kreuzes gelang es ihr mit anderen Frauen, das Lager am 23. April 1945 in Richtung Schweden zu verlassen und im Juni 1945 nach Frankreich zurückzukehren. Von den 230 Frauen des Transports vom 24. Januar 1943 haben 49 überlebt.

Nachdem sie in der Schweiz Fuß gefasst hatte, verfasste sie mit dem Buch „Keiner von uns wird zurückkehren“ ihr erstes literarisches Werk über die Deportation und die Transporte von Frankreich in Richtung Auschwitz. Das Buch wird erst im Jahr 1965 vom Gonthier Verlag veröffentlicht.


 

Nach Kriegsende arbeitet sie bei der UNO und dann im Französischen Zentrum für Wissenschaft. Sie stirbt im März 1985. Zuvor hatte sie zahlreiche Werke verfasst: Berichte über ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern und den Transport am 24. Januar (1965), Une connaissance inutile (1970), Mesure de nos jours (1971, Minuit-Verlag) und Qui rapportera ses paroles (1974, Verlag P.J. Oswald).


 

Georges Dudach:
Zum Zum Gedächtnis der erschossenen Männer von Mont-Valérien 1939−1945

Name: Dudach. Familienname. Vornamen: Georges Paul. Geburtsdatum 18.09.1914. Geburtsort: Saint Maur des Fossés. Département des Geburtsorts: Seine. Geburtsland: Frankreich. Beruf: Journalist. Wohnort: Paris 16. Département Wohnort: Seine. Land des Wohnsitzes: Frankreich. Ort der Inhaftierung. Anklage: Geiselnahme. Prozessdatum. Ort der Hinrichtung: Mont Valérien. Datum der Hinrichtung: 23.05.1942.

 

Wilhelm Keitel

1882 - 1946

Aktie :

Wilhelm Keitel. Foto Sammlung DMPA

Wilhelm Keitel trat 1901 in die Armee ein und besetzte im Ersten Weltkrieg verschiedene Offiziersposten des Generalsstabs. Nach der Kapitulation Deutschlands im Jahre 1918 verfolgte er seine militärische Laufbahn in der neuen deutschen Armee, der Reichswehr, die im Abkommen von Versailles genehmigt worden war.

Als Adolft Hitler 1933 an die Macht kam und begann, die Streitkräfte wieder aufzubauen, machte Wilhelm Keitel schnell Karriere. Er wurde 1934 zum Brigadegeneral ernannt, wurde Vorsteher des Kabinets des Kriegsministers, Direktor des Wehrmachtsamtes und im folgenden Jahr mit der Koordinierung der Streitkräfte beauftragt. 1938 wird Wilhelm Keitel zum Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) ernannt, das neu gegründet wurde. Am 22. Juni 1940 unterzeichnet er den französisch-deutschen Waffenstillstand in Rethondes. Dieser eifrige Ausführer der Befehle Adolf Hitlers wird im Juli 1940 zum Marschall ernannt und trifft während des Krieges alle militärischen Entscheidungen sowie die jeweiligen Terrormaßnahmen in den besetzten Gebieten, was sich hauptsächlich auf die Hinrichtung der Geiseln und der politischen Kommissare der Roten Armee, sowie auf die Hinrichtung von Kriegsgefangenen der NN ausrichtet. Trotz einiger Versuche seitens der führenden Kreise der Armee und des Generalstabs zum Austausch von Personen, behält er seinen Posten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 9. Mai 1945 unterzeichnet er die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht auf Anordnung des Kanzler-Admirals Dönitz. 1946 verurteilt ihn das Nürnberger Gericht für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode.

Félix Eboué

1884-1944

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Félix Eboué. Photo DMPA

Adolphe Félix Eboué wird am 26. Dezember 1884 in Cayenne (Guyana) als vierter Sohn von insgesamt fünf Kindern einer schwarzen Familie geboren. Sein Vater, der zunächst als Goldsucher arbeitete, eröffnet 1898 mit seiner Frau einen Gemischtwarenladen. 1901 erhält er ein Teilstipendium um seine Studien in Bordeaux fortsetzen zu können. Er schließt die Schule 1905 ab und wechselt nach Paris auf die Kolonialschule, die er 1908 mit einem Diplom verlässt. Sehr früh schon wird er - auf Grund seiner kreolischen Abstammung - von Schwarzafrika und seinen Zivilisationen angezogen. Er entscheidet sich für die Verwaltung von afrikanischen Kolonien und wird 1909 als Chefverwalter in Ubangi-Schari (heute Zentralafrikanische Republik) eingesetzt, wo die Penetration der westlichen Zivilisation noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Er verbleibt bis 1933 auf diesem Posten, kommt aber für seinen Urlaub regelmäßig nach Guyana zurück. 1921 heiratet er Eugénie Tell. In Schwarzafrika erarbeitet Félix Eboué seine eigene Vorstellung von Kolonialpolitik, wobei er versucht, die Modernisierung des materiellen Lebens mit der Erhaltung der afrikanischen Kultur zu verbinden. Er fördert neue Agrarkulturen, wie zum Beispiel die Baumwolle und entwickelt das Schienen- und Straßennetz. Gleichzeitig setzt er sich für die Erhaltung der zur Ernährung dienenden Kulturen ein, erlernt die lokalen Sprachen und erweitert seine Forschungen über die Traditionen...

Verfechter der Angliederung - und nicht der Übernahme - der kolonialisierten Völker, kommt er häufig mit seinen Vorgesetzten in Konflikt, die seinen Eintritt die die Menschenrechtsliga im Jahr 1928 nicht befürworten. Félix Eboué stellt sich tatsächlich der großen Herausforderung, auf der einen Seite ein sorgfältiger Kolonialverwalter und auf der anderen Seite ein kompromissloser Humanist zu sein. 1934 begibt er sich in den französischen Sudan (heute Mali). Er stützt sich auf die schwarzen Eliten und beginnt mit einer Bewirtschaftung der Ufer des Sudan sowie der Ansiedlung der Nomaden, um die Felder zu bestellen. Zwischenzeitlich arbeitet er von 1932 bis 1933 als Generalsekretär auf Martinique, wo er versucht, die Insel weiterzuentwickeln, die Bedingungen der Ärmsten zu verbessern und die Konfliktpunkte zwischen Weißen, Mulatten und Schwarzen zu verringern.

Er wird im September 1936 aus dem Sudan abgezogen, um die Politik der Volksfront, der "Front Populaire" auf Guadeloupe umzusetzen. Er findet auf dieser Insel eine Krisensituation vor und eröffnet die Gespräche, er setzt einen Plan zur Hilfe bei der Kreditaufnahme, für die berufliche Weiterbildung und den Bau von Wohnsiedlungen ein und saniert die öffentlichen Finanzen. Am 4. Januar 1939 wird er zum Gouverneur des Tschads ernannt, einer neuen, gerade erst befriedeten Kolonie. Er ist sich über die strategische Lage des Landes in einer Region im Klaren, in der die italienische Gefahr immer deutlicher spürbar wird und beginnt mit bedeutenden Infrastrukturarbeiten. Am 6. Juni 1940 erreichen die Informationen der französischen Niederlage und des Waffenstillstands Fort-Lamy. Auch der Aufruf von General de Gaulle wird nur wenige Tage später gehört. In Brazzaville stellt sich der Generalgouverneur von Französisch-Äquatorialafrika, Boisson, am 29. Juni nach einigem Zögern auf die Seite von Pétain. Eboué, vertritt die Ansicht, dass dieser Waffenstillstand sein Land um die Werte bringt, die er stets verteidigt hat und schickt die Nachricht, dass er dessen Klauseln nicht umsetzen wird. Auch wenn seine isolierte Lage den Tschad in eine unbequeme Position versetzt, verbleibt das Land im Kriegszustand. Am 16. Juli sagt ihm ein Telegramm von de Gaulle die Unterstützung des Anführers des Freien Frankreichs zu, dessen Abgesandte am 24. August eintreffen. Am 26. August erklärt eine Proklamation die Zugehörigkeit des Tschads zum Freien Frankreich. Kamerun und Kongo folgen diesem Beispiel: Eboué hat das Zeichen für die afrikanische Abspaltung gegeben, und gab damit der Sache des kämpfenden Frankreichs einen wichtigen Rückhalt.

Von der Regierung in Vichy seiner Funktionen enthoben und in Abwesenheit zu Tode verurteilt, wird Félix Eboué am 13. November vom General de Gaulle zum Generalgouverneur von Französisch-Äquatorialafrika ernannt und sitzt mit im Verteidigungsrat des Reichs. Der Tschad wird zur Rückenstutzpunkt der Franzosen, die den Kampf wiederaufnehmen: Von hier aus startet Leclerc im März 1942 seinen legendären Angriff auf Kufra und von hier aus greifen die F.F.L. die Italiener in Fezzan und dann in Tripolitanien an. Zur gleichen Zeit, in der er die Truppen mit Nachschub versorgt, eine Kriegswirtschaft einrichtet, kommerzielle Kreisläufe wieder in Gang bringt, versucht Eboué, den zivilen Frieden nach Französisch-Äquatorialafrika zurückzubringen, und die seit 1940 bestehenden Spannungen zwischen Gaullisten und Petainisten abzubauen. Er ist außerdem fest davon überzeugt, dass sich eine französische Autorität ohne eine durchgreifende Reform der Kolonialpolitik nicht dauerhaft in Schwarzafrika halten kann.
In diesem Sinn sieht sein Rundschreiben vom 8. November 1941 auch den Respekt des Gewohnheitsrechts, die Zusammenarbeit der Verwaltung mit afrikanischen Ratsstrukturen, die Ausbildung von eingeborenen Führungskräften, die Ausweitung von Arbeitsverträgen etc. vor. Im Juli 1942 unterzeichnet de Gaulle drei Dekrete, die ebenfalls in diese Richtung gehen. Am 30. Januar 1944 eröffnet der Chef des Freien Frankreichs in Brazzaville eine Konferenz über die Zukunft der französischen Territorien in Afrika. Die Empfehlungen der Konferenz nehmen zwar die für Eboué so wichtigen Themen wie die Beteiligung der Einheimischen an der Verwaltung oder die Verteilung der Regionen entsprechend der ethnischen Zugehörigkeit auf, er ist aber dennoch nicht zufrieden. Eine spätere Autonomie wird von der Konferenz abgelehnt, auch wenn eine gewählte Vertretung der afrikanischen Territorien empfohlen wird. Müde geworden nimmt Eboué Urlaub und fährt im Februar 1944 mit seiner Familie, die 1942 aus Frankreich zu ihm gestoßen ist, nach Ägypten. Dort findet er noch Zeit, an den diplomatischen Beziehungen zwischen diesem Land und der provisorischen Regierung der französischen Republik zu arbeiten. Am 17. Mai 1944 stirbt er an den Folgen einer Lungenstauung. Am 19. Mai 1949 wird die Asche von Félix Eboué in das Panthéon nach Paris überführt. Zu diesem Anlass erinnert der Senatspräsident Gaston Monnerville daran, dass "es eine Nachricht der Menschlichkeit gewesen sei, die Félix Eboué, und uns alle, die Widerstandskämpfer jenseits des Ozeans, zu einer Zeit geleitet hat, in der bestialischer Fanatismus fast die Lichter des Geistes ausgelöscht hätte, und in der, zusammen mit Frankreich beinahe auch die Freiheit untergegangen wäre". Die Erinnerung an Félix Eboué wird heute durch mehrere Denkmäler und Gedenktafeln wach gehalten. In Paris trägt eine Station der Untergrundbahn seinen Namen, gemeinsam mit dem von Daumesnil.

Anna Marly

1917-2006

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Anna Marly

 

Anna Betoulinksy wurde am 30. Oktober 1917 während der Revolution von 1917, in der ihr Vater erschossen wurde, geboren. Anfang der 20er Jahre verließ sie Russland und ging nach Frankreich. Sie flüchtete mit ihrer Mutter, ihrer älteren Schwester und dem treuen Kindermädchen in die russische Gemeinde Menton und durchlebte dort schwierige Jahre, von denen sie dennoch eine schöne Erinnerung behält. Mit dreizehn Jahren schenkte man ihr eine Gitarre. Dieses Geschenk, von dem sie sich nie trennte, veränderte ihr Leben. "In dieser Zeit entdeckte ich den Zauber der Töne unter dem Einfluß von Charles Trénet." 1934 gelangte Anna nach Paris und begann eine Künstlerlaufbahn unter dem Pseudonym Anna Marly, einen Namen, den sie aus dem Telefonbuch wählte. Sie tanzte zunächst in den russischen Balletvorführungen von Paris, die sie auf eine Reise durch Europa brachten, dann im Ballet Wronska, das sie als Startänzerin engagierte.

Dennoch vergißt Anna die Musik nicht. Nach einem Besuch der Musikhochschule von Paris, um ihre Stimme zu schulen, tritt sie ab 1935 mit ihrer Gitarre und einem kleinen Repertoire im Shéhérazade, dem Pariser Cabaret der goldenen Jugend und dann im Théâtre des Variétés und im Savoy Club von Den Haag auf. Bei ihrem Aufenthalt in Holland lernt sie den Mann kennen, der im April 1939 ihr Mann wird, der Baron van Doorn. Im gleichen Jahr hat Anna großen beruflichen Erfolg, da sie die Jüngste der SACEM wird (Gesellschaft der Komponisten und Herausgeber von Musik). Am 13. Juni 1940 wird Paris zur offenen Stadt erklärt. Anna und ihr Mann verlassen die Hauptstadt und wandern aus. Nach einer Reise durch Spanien und Portugal lassen sie sich 1941 in London nieder, wo Anna sich freiwillig in der Kantine der Forces Françaises Libres engagiert. Manchmal singt sie auch im Café. Bald danach trennt sie sich von ihrem Mann und wird Filmvorführerin, meldet sich dann im Armeetheater an und singt am Mikrofon der BBC in der Sendung "Franzosen sprechen zu Franzosen".

Aus dieser Zeit stammen die berühmtesten Lieder von Anna Marly, vor allem "Le Chant des partisans". Eines Tages, Ende 1942, nachdem sie in den britischen Tageszeitungen von der Trägodie der Schlacht von Smolenks gelesen hat, erwacht ihre russische Seele. Ein Wort kommt ihr in den Sinn, das Wort "Partisanen". "Aufgeregt nehme ich meine Gitarre und spiele eine rythmische Musik, die durch diese russischen Verse direkt aus meinem Herzen gelangt: Wir gehen dorhin, wo der Rabe nicht fliegt/und das Raubtier sich keinen Weg freimachen kann. Keine Macht und niemand/läßt uns zurückschrecken." Dieses Lied, was zunächst "La Marche des partisans" heißt, wird von seiner Autorin ins Russische übersetzt, bis dass Joseph Kessel beim ersten Zuhören ausruft "Genau das braucht Frankreich" und er die französische Übersetzung zusammen mit seinem Neffen Maurice Druon schreibt. Das Lied wird als Slogan der BBC-Sendung "Honneur et Patrie" und dann als Erkennungszeichen in der Widerstandsbewegung verwendet. "Le Chant des partisans" (englisch "Guerilla Song") setzt sich schnell als Hymne des Widerstands durch.

La Complainte du partisan wird zur gleichen Zeit geschrieben. "Als ich an das besetzte Frankreich dachte, habe ich eine stechende Melodie ohne Worte geschrieben." Es war Emmanuel d'Astier de la Vigerie, Leiter der Bewegung Libération-Sud, der den Text zu diesem Lied schrieb, was später von Joan Baez und Leonard Cohen gesungen wurde. Bei ihrer Rückkehr nach Frankreich im Jahre 1945 wird Anna Marly gefeiert. Dennoch entscheidet sie sich, nach Südamerika zu gehen, wo sie Botschafterin des französischen Gesangs wird. 1947 lernt Anna in Brasilien ihren zweiten Mann, den Russen Yuri Smiernow, kennen. Sie reist immer noch viel und durquert Afrika, immer in Begleitung ihrer Gitarre. Heute lebt sie in den Vereinigten Staaten, wo sie sich auf das Schreiben von Fabeln und von Erinnerungen durchwebten Gedichten spezialisiert hat. Genau wie ihre kürzlich veröffentlichten Memoiren (Anna Marly, Troubadour de la Résistance. Tallandier-Historia), wünscht sie, dass das vorliegende Werk der jungen Generation und all denen, die diese aufgewühlten Zeiten der Geschichte nicht miterlebt haben, als Zeugnis dient, damit sie wiederum das Licht der Erinnerung weitergeben.

Anna Marly, auch "Troubadour des Widerstands" genannt und von der General de Gaulle schrieb "sie machte aus ihrem Talent eine Waffe für Frankreich" hat mehr als dreihundert Lieder komponiert (darunter "Une chanson à trois temps" für Edith Piaf). Einige darunter sind heute nationales Kulturerbe. In den 60er Jahren gehörte "Chant des partisans" zusammen mit "la Marseillaise" und "Le Chant du départ" zum Pflichtunterricht. Die Lieder von Anna Marly handeln alle vom Krieg und stellen ein lebendiges Zeugnis der Geschichte Frankreichs dar. Dafür wurde sie 1965 mit dem Großen Staatlichen Verdienstkreuz und 1985 von der Ehrenlegion ausgezeichnet. Im Jahr 2000 nimmt sie anlässlich des 40. Geburtstags des 18. Juni an einer Ehrung von Jean Moulin teil, wo sie mit den französischen Armeechören den "Chant des partisans" singt. Anna Marly stirbt am 17. Februar 2006 im Alter von 88 Jahren in Alaska.