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La Marseillaise, chant de guerre, chant de liberté

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Chapeau

Das Jahr der Marseillaise endet am 2. Dezember 2016 mit einem Kolloquium im Verteidigungsministerium. Diese wissenschaftliche Veranstaltung versammelt französische und ausländische Forscher und bietet die Gelegenheit, sich aus historischer oder auch musikalischer Sicht mit der langen Geschichte der verschiedenen Bedeutungen und Aneignungen der Nationalhymne, ihrer weltweiten Verbreitung und ihrer internationalen Bedeutung zu befassen.

Affiche du colloque
Texte

Die im April 1792, nach der Kriegserklärung an Österreich komponierte Marseillaise war zunächst ein Lied, das die Menschen mobilisierte. Es ertönte während der Kämpfe der Freiwilligenbataillone, die sich bereits 1791 gebildet hatten. In diesen revolutionären Zeiten war der Krieg nicht mehr nur der alleinige Wille des Königs. Die gesamte Nation war involviert und die politische Bedeutung war groß. Auf diese Weise wurde den Kriegsliedern eine ganz neue Funktion zuteil. Der zentrale Punkt war nun nicht mehr nur das Preisen der kriegerischen Wut, sondern auch das Zusammenschweißen eines politischen Apparats durch den Elan der Freiwilligen.

Die als "Kriegslied für die Rheinarmee" komponierte Marseillaise war zugleich ein Aufruf zum Kampf gegen die Tyrannei. Schnell wurde sie von den aus Marseille stammenden Freiwilligen aufgenommen, die die an der Front kämpfenden Armeen unterstützten, und sie begleitete auch den Sturz der Monarchie im August 1792.

Selbst während des Ausrufens der Republik unterstrich der Gesang der Freiwilligen die Bestätigung des souveränen Volkes und der Verteidigung der Republik durch die bewaffneten Bürger, die sich das Gemeinwesen zu eigen machten. Der Krieg ermöglichte tatsächlich die Realisierung der republikanischen Vorstellung, bevor diese institutionell in Kraft trat. So wird am Morgen nach der Schlacht von Valmy, am 21. September 1792 die Republik ausgerufen. Durch das Abkommen von 1795 wird dieser Bezug offiziell festgestellt, indem die Marseillaise, die Kriegshymne, zur "Nationalhymne" erklärt wird. Das unter der Monarchie entstandene und von einem Offizier, der keine republikanischen Gedanken hegte, geschriebene Lied wurde sodann ein Symbol der Republik.

Diese historischen Anfänge in der langen Zeit der Marseillaise unterstreicht das wesentliche Merkmal, d. h. die Fähigkeit, deutlich mehr auszudrücken und zu suggerieren, als einen reinen Aufruf zum Kampf. Damit beginnt die lange Geschichte der Marseillaise und ihrer verschiedenen Fassungen, die im Rahmen dieses Kolloquiums aus drei verschiedenen Betrachtungswinkeln nachvollzogen werden.

INTERNATIONALER ERFOLG EINER NATIONALHYMNE

Die im Ersten Kaiserreich und den späteren Regimen des 19. Jahrhunderts ausgesetzte Marseillaise erlangt am 14. Februar 1879 erneut den Status der Nationalhymne, nachdem die Republik konsolidiert und ihre Herkunft aus der Französischen Revolution bestätigt wurde, was gleichermaßen die Symbolkraft ihres historischen Erbes unterstrich: nach der Festlegung der Marseillaisewird der 14. Juli durch ein Gesetz vom 6. Juli 1880 zum Nationalfeiertag ernannt. Dieses offizielle Erinnern an die Symbole der Republik war damit längst nicht zu Ende - ganz im Gegenteil! Es folgten Genehmigungen, Zweckentfremdung und Debatten. Die Geschichte der Marseillaise und des lebendigen Erbes des Vaterlands geht weiter und wird ständig wieder neu entdeckt.

Die Hymne und die Geschichte der Republik sind eng miteinander verbunden, wobei die Hymne zu Zeiten des nationalistischen Wendepunkts Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sowie während des Ersten Weltkriegs die patriotischen Verherrlichung verkörpert. Während die einen sie mit der Internationale vergleichen, bestätigen wiederum andere wie Jaurès ihre Verbundenheit mit beiden Liedern, indem sie an ihre Herkunft erinnern und die sozialistische Hymne, gesungen zur Melodie der Marseillaise eine tiefgreifende und umfangreiche Ambivalenz unterstreicht.

Darüber hinaus erreicht die Nationalhymne internationalen, umwerfenden Erfolg, indem sie zum Emblem verschiedener revolutionärer Bewegungen und sogar zur Hymne der russischen Revolution im Jahr 1917 wird. Der Aufruf zum Kampf gegen Tyrannei könnte tatsächlich auch allen Missständen sozialer oder politischer Befreiung beigemessen werden.

ZWISCHEN OFFIZIELLER GESCHICHTE UND ZWECKENTFREMDUNG

International gesehen und tief verwurzelt in der nationalen Geschichte beschwört die Marseillaise allgemeingültige Prinzipien und Werte gleichermaßen wie die einzigartige Geschichte und Identität Frankreichs. Das Symbol der Republik wurde auch zum Emblem unseres Landes, das oftmals mit Verbundenheit einhergeht. Dies erklärt die mühelose und häufige Verbreitung dieser Hymne in Volksliedern auf der ganzen Welt. Schon wenige Noten reichen in der Tat aus, um sie zu erkennen und sofort den Hauch von Frankreich zu verspüren, ähnlich dem Bekanntheitsgrad von All you need is love, dem berühmten Beatles-Hit.

Die feierliche Hymne, die offiziellen Feiern vorbehalten ist, wird zur bekannten Melodie, die gerne auch bei zahlreichen anderen Gelegenheit gespielt, gesungen und teilweise auch verfremdet wiedergegeben wird.

Respektlose und teilweise provozierende Interpretationen zeigen auf ihre Art die Vitalität dieser Hymne, die gänzlich ohne Zeremonie in den Stadien gesungen wird. Es ist ein Paradoxem, das in der Tat nicht offensichtlich ist, dass der Marseillaise eine äußerst vertraute Verehrung widerfährt. Die Geschichte ihrer diversen Aneignungen, selbst der kritischen oder das Gesetz überschreitenden, unterstreichen schlussendlich die Verbundenheit mit diesem Vaterland und dem Willen, sie sich zu eigen zu machen, sie umzuwandeln. Die wiederkehrende Debatte über die Änderung der als zu kriegerisch empfundenen Texte ist dafür ein gutes Beispiel. Beispielsweise führte die plakative Rhetorik von "unreinem Blut" bereits zu viel Kritik oder auch zu distanzierter Haltung, die paradoxerweise darauf abzielen, der Originalversion der Marseillaise treu zu bleiben und ihren Status als Freiheitslied zu idealisieren.

EIN GEMEINSAMES ERBE

Der Schlüssel dieser Anpassungsfähigkeit ist zweifelsohne der eigentliche Inhalt dieses zutiefst ambivalenten Liedes. Die kriegerische Hymne, die Kampfszenen ins Gedächtnis ruft, kann nicht auf die brutale Bejahung eines aggressiven Antriebs reduziert werden. Trotz des Aufrufs zur Ermordung von Tyrannen werden die Franzosen in der fünften Strophe aufgefordert, "großherzige Kämpfer" zu sein. Jenseits ihrer Ambivalenz spielt sich die Marseillaise jedoch auf Gefühlsebene ab, die die Unbeständigkeit des Sinngehalts relativiert. Vor allem ist sie eine Erklärung der "heiligen Liebe" für das Vaterland oder die "geschätzte Freiheit". Unterbrochen vom unregelmäßigen Rhythmus, ist die musikalische Form der bevorzugte Vektor dieses leidenschaftlichen Elans. Und obwohl sie Gegenstand zahlreicher Interpretationen ist, so hat sich dennoch eine gemeinsame und besonders eindrucksvolle Grundlage herauskristallisiert, angepasst an die Wortwahl.

Die Marseillaise ist zudem ein wunderbares Forschungsobjekt, dass sowohl Historikern wie auch Musikern ein Beispiel für ein lebendiges und ständig neu interpretiertes Werk liefert. Ihre Vitalität unterstreicht die Grundsätze, in denen sich die Nation wiedererkennt.


Auteur
Hervé Drévillon - Professor der Geschichte, Direktor des Instituts der Studien über Krieg und Frieden, Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne, Direktor der Forschung beim Historischen Dienst der Verteidigung

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