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1919, Ehrung der Kämpfer

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Le cercueil du Soldat inconnu hissé sur un canon de 155 sous l’Arc de Triomphe lors des cérémonies du 11 novembre 1920 à Paris
Der auf eine Canon de 155 hochgezogene Sarg des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen bei den Feierlichkeiten zum 11. November 1920 in Paris - © Excelsior-L’Équipe/Roger-Viollet

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    DATUM: 14. Juli 1919

    ORT: Frankreich

    BETREFF: Siegesparade

    TEILNEHMER: Frankreich, Alliierte

    Der nationale Tag des 11. November, den heute jeder kennt, geht auf die Feiern des Jahres 1919 sowie auf seine doppelte Bedeutung zurück, die lange weiterbestehen wird: die Ehrung der Toten, welche die Massentrauer den kriegsführenden Nationen aufzwingt und der Wunsch, den Sieg gemeinsam mit den Alliierten zu feiern.

    Als neuartiger Konflikt unterscheidet sich der Erste Weltkrieg auch in der Hinsicht, wie die französische Gesellschaft die Erinnerung der Öffentlichkeit gestaltet und pflegt. Die Kriegsdenkmäler, die in den 36.000 Gemeinden des Landes errichtet wurden und denen in Paris der unbekannte Soldat entspricht, der unter dem Triumphbogen beigesetzt ist; das Ritual des 11. November, das von den lokalen Gemeinschaften vor den Denkmälern sowie von den höchsten Repräsentanten des Staates vor dem unbekannten Soldaten ausgeführt wird: all dies sind Elemente eines zusammengehörigen Gedenksystems. Obwohl es in nur wenigen Jahren eingeführt wurde, prägt es die Zeit und den kollektiven Raum wesentlich mit.

    Dieses Gedenken zeichnet sich auch durch seinen dauerhaften Eindruck aus. Die Hundertjahrfeiern haben erneut seine mobilisierenden Eigenschaften bewiesen, trotz der Tatsache, dass die letzten direkten Zeugen des Konflikts verschwunden sind: oder ist das Gedenken an 14-18 grundlegend nicht vielmehr die Dramaturgie eines Kampfes gegen das Vergessen, zu dessen Reaktivierung die öffentliche Inszenierung der verschwundenen „letzten Frontsoldaten“ Ende der 2000er-Jahre beigetragen hat?

    Die Untersuchung nur auf das erste Jahr nach dem Waffenstillstand zu konzentrieren, ist nicht naheliegend. Üblicherweise wird die Einrichtung des Gedenkens bis in die Mitte der 1920er-Jahre (als die wichtigsten Elemente des Gedenksystems bereits eingerichtet sind) oder in der Zwischenkriegszeit eingehend untersucht. Wenn man den zeitlichen Fokus verändert, kann man dagegen vielleicht etwas anderes sehen. In diesem im Aufbau befindlichen Gedenken mit einer Fülle von schnell aufgegebenen Projekten und Initiativen gab es viele Versuche und Streichungen, welche andere Vorstellungsmöglichkeiten der Kriegserinnerungen zuließen, Wege, die, auch wenn sie schließlich nicht eingeschlagen wurden, am Ende des Ersten Weltkriegs jedoch offenstanden. Auf diese Weise kann dem Gedenken an den Ersten Weltkrieg seine Selbstverständlichkeit genommen werden. Darüber hinaus ist es vor allem die Gliederung in eine „feierliche“ Erinnerung der Sieger und an den Sieg einerseits und eine Erinnerung an die Toten und den Verlust andererseits, die sich aus dieser Beobachtung entnehmen lässt.

    FEIER DER SIEGER

    Die Unterzeichnung des Waffenstillstandes führt zu einer intensiven öffentlichen Debatte über das Kriegsgedenken. Inschriften der Erinnerung an den Krieg im Stein der Statuen und Stelen oder doch Eintragung im öffentlichen Kalender durch die Einrichtung eines eigenen Tages: ein Hauptabschnitt der Projekte und Veranstaltungen im Jahr 1918 hat die Sieger, die Helden und die von der Front heimkehrenden Soldaten zum Thema. In den Monaten November und Dezember 1918 werden in der Abgeordnetenkammer zahlreiche Entschließungs- und Gesetzesentwürfe eingebracht und diskutiert, welche die Ehrungen der Akteure des Krieges und die Mittel betreffen, sie zeitlich zu verorten. Auch wenn die Frage des Totenkults einen wesentlichen Platz in den Diskussionen einnimmt, ist sie nicht die einzige. Es geht allgemeiner auch darum, den Fortbestand der Erinnerung an den Sinn des Krieges selbst und seine Schlussfolgerung sicherzustellen, wie sie damals verstanden wurden.

    Bereits am 11. November debattieren die Abgeordneten über den Entwurf eines Gesetzes, das durch eine dauerhafte Verankerung in allen Schulen und Rathäusern „den Streitkräften, dem Ratspräsidenten, George Clemenceau, und Marschall Foch nationale Anerkennung zollen“ soll. Bezeichnenderweise wird ein Änderungsantrag der Sozialisten Bracke und Renaudel abgelehnt, der anstelle der im Originaltext genannten „Väter des Sieges“ nur die Republik in der Inschrift erwähnt. Die Frage einer politischen Instrumentalisierung des Sieges durch ein republikanisches Regime, dessen Gegner nie aufgehört hatten, vor 1914 die Kriegstüchtigkeit infrage zu stellen, wird ad acta gelegt: der Wunsch, die heilige Einheit fortzusetzen, hat daher starken Einfluss auf diese anfängliche Zeit der Bewahrung der Erinnerung an den Konflikt. Der republikanische Charakter des Sieges ist bis heute ein toter Winkel geblieben.

    Die Diskussion über eine zweite Änderung von Bracke und Renaudel illustriert eine weitere Koordinate der öffentlichen Kriegserinnerung, die sich am Ende der Kampfhandlungen zu bilden scheint: der zentrale Platz der Alliierten, der untrennbar mit dem Sinn verbunden ist, der damals am Ende des Krieges als Sieg der Demokratien über den Imperialismus gesehen wird. Die Änderung verlangt, dass ein zweiter Text, der Präsident Wilson würdigt, auf den Wänden aller Schulen und Rathäuser des Landes eingraviert wird. Der Vorschlag, der auf die amerikanische Nation und alle anderen Alliierten erweitert wird, sollte schließlich am 20. November angenommen werden. Die Tatsache ist – allgemeiner gesagt – für eine breite Übereinstimmung über die Bedeutung bezeichnend, die kollektive Figur der Alliierten in den Mittelpunkt der Darstellung des Ersten Weltkriegs zu stellen, die man damit der Nachwelt vermitteln möchte. Sie kündigt den Plan an, der wenige Tage später eingebracht wird, den 11. November zum Fest der Alliierten zu machen, um „den siegreichen Ausgang des Krieges zu rühmen und der Befreiung der Völker zu gedenken“. Dieser Entwurf, der vielen geplanten Denkmälern ähnelt, bei denen die Alliierten als zentrale Protagonisten inszeniert werden, lässt ebenfalls eine andere mögliche Erinnerung an den Ersten Weltkrieg erkennen. Ein Weg, der durch den rasanten Rückgang der Verherrlichung der Alliierten und die schnelle Renationalisierung der Erinnerung an den Krieg in den ersten Jahren nach dem Krieg aufgegeben werden sollte.

    VON DEN „HEIMKEHRERFEIERN“ ZUR „SIEGESFEIER“

    Neben der Diskussion über dauerhafte Gedenkprojekte ist das Jahr 1919 durch zahlreiche Feiern zur Würdigung der Kämpfer zum wichtigen Zeitpunkt ihrer Heimkehr gekennzeichnet. Während der 11. November 1918, wie Bruno Cabanes betonte, den Gipfel des Gefühls der Distanz darstellt, welche die Soldaten angesichts eines „Hinterlands“ empfinden, dem Gleichgültigkeit und Undankbarkeit vorgeworfen wird, ist ihre Wiedereingliederung in die zivile Welt eine große Herausforderung der Demobilisierung. Die Formen der Anerkennung, die damals den öffentlichen Raum sättigen, sollten im Rahmen der „moralischen Wirtschaftlichkeit der Demobilisierung“ die – klarerweise immer unzureichende – Honorierung der Opfer der Soldaten bilden und die Spaltung abwenden.

    Die Feiern zur „Heimkehr der Regimenter“ finden daher im Rhythmus des Demobilisierungsprozesses statt: die Truppen legen den Weg, der sie im August 1914 von ihrer Kaserne zum örtlichen Bahnhof führte, von wo sie an die Front aufgebrochen sind, in umgekehrter Richtung zurück.  Es geht darum, die Kriegszeit symbolisch zu beenden, nicht ohne der Fantasievorstellung einer „Rückkehr zur Normalität“ gerecht zu werden. Diese Feiern sind auch ein Mittel, um der unkoordinierten Rückkehr der Soldaten den Charakter einer kollektiven Erfahrung zu verleihen, wodurch auch die Zivilisten und lokalen Gemeinschaften die Kämpfer würdigen können. Dieser – weitgehend fiktive – Augenblick der Rückkehr der Regimenter ist auch für die neu entstandenen Veteranenverbände die Gelegenheit, mit der Organisation einer Feier eine erste Initiative zu ergreifen. Diese Verbände behaupten damit bereits ihre Rolle als Bewahrer der Erinnerung an die Opfer der Überlebenden und der Toten.

    Der Sommer 1919 ist der Höhepunkt der symbolischen Veranstaltungen zur öffentlichen Anerkennung der Soldaten. Die Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles am 28. Juni stellt eine wesentliche Etappe des Kriegsaustritts dar und bietet Anlass zu neuen gemeinsamen Feiern. Der Demobilisierungsprozess, der im April unterbrochen wurde, um einem eventuellen Vormarsch der Armee in Deutschland im Falle einer Ablehnung der Bedingungen der Friedenskonferenz vorzubeugen, wird wieder aufgenommen. Die Voraussetzungen für die Organisation einer „Siegesfeier“ am 14. Juli in Paris sind erfüllt und das nationale Pendant zu den Rückkehrfeiern. Das symbolische Programm des Tages ist bereits eine Form der Geschichte der Kriegserinnerung. Angeführt von den Marschällen Foch und Joffre ziehen französische und alliierte Truppen durch die Hauptstadt von der Porte Maillot unter dem Triumphbogen hindurch und die Champs-Élysées hinab, über die Place de la Concorde und die großen Boulevards entlang bis zur Place de la République. Zwischen ein und zwei Millionen Menschen sind bei dieser Parade dabei. Die Grundzüge bilden dabei die Unauffälligkeit des republikanischen Bezuges (an den nur der Endpunkt der Parade, die Place de la République, erinnert), die Omnipräsenz der alliierten Symbolik (mit Kontingenten aus allen alliierten Nationen) und die zentrale Rolle der Ehrung der Toten – auf die wir noch zurückkommen werden.

    Die drei Wochen später von der französischen Union der großen Verbände und der Regierung am 2. und 3. August veranstaltete „Feier der nationalen Anerkennung“ reiht sich in denselben Kontext ein. Im großen Hörsaal der Sorbonne lauschen am 2. mehrere Hundert Schulkinder im Beisein verwundeter und versehrter Soldaten den Erklärungen des Präsidenten der Republik, des Ratspräsidenten, von Marschall Foch, Ernest Lavisse und anderen Politikern und Kulturschaffenden. Am Tag des 3. August wird die Botschaft des Vortages im ganzen Land verbreitet. Die Präfekten verbreiten ein Grundmodell der Zeremonie, das offenbar von den Gemeinden weitgehend übernommen wird: Rede des Bürgermeisters, Wiedergabe der Erklärungen des Präsidenten der Republik und des Ratspräsidenten bei der Feier in der Sorbonne für die Bevölkerung, Übergabe eines Diploms an die Familien der für Frankreich Gefallenen.

    Die Szenographie der Feier in der Sorbonne gibt – besser noch als die Reden – klar die Richtung vor: um die Anerkennung des Landes für die Kämpfer zu bezeugen, muss auch die zivile Gemeinschaft Letzteren versichern, dass die Erinnerung an ihre Opfer – daher die spezifische Anwesenheit verletzter und versehrter Soldaten – bewahrt und erhalten wird – das ist der Sinn der anwesenden Kinder. Die Feier ist nichts anderes als eine Inszenierung des Aktes der Bewahrung der Erinnerung an den Konflikt oder, genauer gesagt, an die Opfer. Die Forderung der Anerkennung und das – gleichzeitige – Gefühl einer zu begleichenden Schuld müssen sofort nachhaltig wirken: die Sieger zu feiern läuft bereits darauf hinaus, das Gedenken an ihre Opfer aufzubauen. Jay Winter stellt fest, dass ab 1914 „das Gedenken zu einem Akt der Bürgerschaft wird. Sich erinnern bedeutete, die Existenz der nationalen Gemeinschaft und ihren moralischen Charakter zu bekräftigen.“

    EHRUNG DER TOTEN

    Das Gedenken der Toten steht im Mittelpunkt der Veranstaltungen zur Anerkennung der Sieger im Zuge der Demobilisierung, so sehr, dass es Letztere fast schon in den Schatten stellt. So schreibt Clemenceau in seiner Rede an die Kammer am 11. November 1918 „unseren großen Toten“ den ersten Verdienst des Sieges zu. Einige Monate später sind die Organisatoren der Siegesfeier vom 14. Juli 1919 ganz konkret mit der Schwierigkeit konfrontiert, das Ausmaß der Feiern der Sieger nicht durch die Ehrung der Toten zu schmälern. Schließlich entscheidet man sich für die Aufstellung eines mobilen Ehrengrabmals unter dem Triumphbogen: die Toten werden so von der versammelten Menge in der Nacht vor der Parade geehrt; am nächsten Morgen wird das Ehrengrabmal entfernt, um den Triumphzug passieren zu lassen. Es war sogar einmal geplant, dass die Truppen schweigend am Denkmal für die Gefallenen auf den Champs-Élysées vorbeiziehen.

    Bei den Feiern der nationalen Anerkennung am 3. August 1919 räumen die lokalen Feiern den Toten häufig einen zentralen Raum ein. Zum Beispiel lässt die Gemeinde Amiens 5.000 Schulkinder der Stadt an einem provisorischen Denkmal vorbeiziehen, das im Gedenken an die Vermissten errichtet wurde. Selbst mitten in der Würdigung der Lebenden lässt sich auch der Trend zu einer Erinnerung an den Ersten Weltkrieg erkennen, die mit dem Kult um die Toten zu verwechseln ist. Diese stehen an der Spitze einer Hierarchie von Soldaten, deren militärische Auszeichnungen nur eine untergeordnete Rolle nach dem höchsten Opfer darstellen. So erklärt Léon Robelin beim Pariser Teil der Feier der nationalen Anerkennung am 2. August 1919: „Die Toten […] haben noch mehr als die Lebenden den Fortbestand der Heimat sichergestellt.“

    Das Schicksal einer im November 1918 in der Kammer eingebrachten Resolution mit dem Ziel, alle Kriegsauszeichnungen in einem goldenen Buch zusammenzufassen, ist ebenfalls bezeichnend. Als deren Initiatoren fordern, dass die während des Krieges vergebenen Auszeichnungen in dem damals geplanten goldenen Buch der für Frankreich Gefallenen eingetragen werden, antwortet der Berichterstatter: „Wir dachten, das schönste Zitat ist auch das ausgewogenste: „Für Frankreich gefallen“. Wir möchten diesem goldenen Buch nichts als diese einfache, bewegende Inschrift hinzufügen.“ Der Tod gleicht in der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg nicht nur die militärische Hierarchie an (die Unterscheidungen der Grade sind auf den Gedenkstätten weniger präsent als nach früheren Konflikten), sondern das Heldentum selbst. Am 1. Oktober 1919 sieht das „Gesetz zur Errichtung eines Denkmals für den Ersten Weltkrieg in jeder Gemeinde“ auch vor, dass der Staat den Gemeinden ein Verzeichnis liefert, in dem die Namen, Auszeichnungen und Verwundungen all jener enthalten sind, die am Krieg teilgenommen haben. Dieses Gesetz beruht noch auf der Idee eines Gedenkens, das sich auf alle Soldaten erstreckt, „die an den Operationen des Feldzugs von 1914-1918 teilgenommen haben“, und nicht nur auf die Toten konzentriert ist. Bezeichnenderweise sollte es kaum angewendet werden.

    „LABORATORIEN DES GEDENKENS“

    De facto stellten die Anerkennungsfeiern im Zusammenhang mit der Heimkehr der Kämpfer und der Demobilisierung 1919 Laboratorien des Gedenkens dar. Das Ehrengrabmal der Siegesfeier vom 14. Juli 1919 kündigt die Kriegsdenkmäler ebenso an, wie das Zögern der Organisatoren bezüglich des Platzes, der der Stille inmitten der Feier mit der Bedeutung der Schweigeminute eingeräumt werden sollte, den sie in der Liturgie der Feierlichkeiten zum 11. November ab den 1920er-Jahren einnimmt.

    Natürlich machen Heimkehrerfeiern und Gesetzesdebatten nur den sichtbarsten Teil einer tiefgreifenderen Bewegung aus, die sich auch in den Regionen mit dem Auftauchen lokaler Feiern verankert. Denn im Jahr 1919 vervielfachen sich die Einweihungsfeiern von Kriegsdenkmälern, die auf Initiative der Bürgermeister oder anderer Persönlichkeiten und öffentlicher Ausschreibungen errichtet werden.

    Die Mobilisierung ist umso stärker, als die Denkmäler eine Art Ersatzgrab darstellen, da die Zahl der Vermissten, deren Leichnam nicht identifiziert werden konnte, in die Hunderttausende geht. Die Einweihungsfeiern dieser Denkmäler, von denen viele am 11. November 1919 stattfinden, stellen den ersten Entwurf des Gedenkrituals dar, bei dem im ganzen Land und rund um diese Denkmäler dazu aufgerufen wird, die Jahrestage des Waffenstillstands in der Zwischenkriegszeit und danach zu begehen.

    Ende 1919 ist die Frage der nationalen Einrichtung eines jährlichen Datums für das Kriegsgedenken jedoch immer noch offen. Die Schaffung eines Gedenkens am 11. November ist gewiss seit November 1918 geplant. Jedoch geht es damals darum, den Sieg feierlich zu begehen, sicherlich nicht mit einer militaristischen Verherrlichung, aber mit einer alliierten Feier des Triumphs der Demokratien. Ein Jahr später scheint das Datum des 11. November vom Gesetzgeber aufgegeben worden zu sein. Darauf bedacht, dass die Feiertage in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld nicht mehr werden, sieht er daher vor, dass die Gemeinden am 1. oder 2. November (Allerheiligen und Allerseelen) Feiern organisieren, die „der Erinnerung und Verherrlichung der für die Heimat gefallenen Helden“ gewidmet sind und „[…] von der Gemeinde gemeinsam mit den zivilen und militärischen Behörden veranstaltet werden“. Erst 1922 erreichen die Veteranen, dass der 11. November zum Nationalfeiertag erklärt wird. Die Bedeutung dieses 11. November sollte jedoch völlig anders sein, als es 1918 geplant war. Der 11. November der Veteranen, der sich durchgesetzt hat, konzentriert sich auf die Bewahrung der Erinnerung an ihre verschollenen Kameraden.

    Fast ein Jahr nach Ende der Kämpfe reagiert die Verabschiedung des „Gesetzes über das Gedenken und die Verherrlichen der für Frankreich im Ersten Weltkrieg Gefallenen“ auf eine in der französischen Gesellschaft seit mindestens 1916 weit verbreitete Sorge. Der Text sieht insbesondere vor, dass im Panthéon Verzeichnisse mit den Namen aller für Frankreich Gefallenen hinterlegt werden; die Übergabe eines goldenen Buches mit den Namen der Gefallenen, die in der Gemeinde geboren wurden oder dort wohnten, an jede Gemeinde durch den Staat; die Errichtung eines nationalen Denkmals für die für Frankreich Gefallenen in Paris oder in der Umgebung; die Vergabe von Beihilfen an die Gemeinden für Initiativen zur Verherrlichung der für Frankreich Gefallenen; die - bereits erwähnte - Organisation einer Feier zum Totengedenken durch die Gemeinden jeden 1. oder 2. November. Mehrere Bestimmungen sollten nicht angewandt werden, was zeigt, dass die „Kulturarbeit“ (Daniel Sherman) zum Aufbau des Gedenkens erst teilweise geleistet ist. Jedoch festigt sich der Trend zu einer Reduzierung der öffentlichen Erinnerung an den Ersten Weltkrieg auf das Totengedenken allein deutlich.

    Zwischen den möglichen Wegen einer verherrlichenden Erinnerung der Nation durch ihre Verdienste, einer politisch legitimierten Erinnerung des republikanischen Regimes sowie des Sinns des Kampfes und einer Erinnerung der Andacht und des Trostes für die Trauernden, war die allgemeine Richtung des Sinns des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg bereits etabliert.

    Autor

    Victor Demiaux, Doktor für Geschichte, Kabinettdirektor des Vorsitzenden der EHESS

    Mehr kennen

    Entre Deuil et mémoire. La Grande Guerre dans l’histoire culturelle européenne, Jay Winter, Paris, Armand Colin, 2008.

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