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Verdun, Stätte des deutsch-französischen Gedenkens

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Am 29. Mai 2016 fand die offizielle Gedenkfeier zum 100. Jahrestag der Schlacht um Verdun statt. Auch wenn sie das Sinnbild für die extreme Gewalt des Ersten Weltkriegs ist, muss der Ort auch als eine wichtige Stätte des europäischen Gedenkens betrachtet werden.

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VERDUN, SYMBOL DER EUROPÄISCHEN VERSÖHNUNG

Am 21. Februar 2016, dem Jahrestag des Beginns der Schlacht, offiziell eröffnet, ist der Gedenkzyklus der Schlacht um Verdun eine der sinnstiftendsten Veranstaltungen der Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs. Den Höhepunkt der diesjährigen Gedenkfeierlichkeiten bildete die offizielle Zeremonie am 29. Mai 2016 auf dem Schlachtfeld, an der hochrangige französische und ausländische Persönlichkeiten teilnahmen.

Die internationale Gedenkfeier fand in Anwesenheit von François Hollande, Präsident der Republik Frankreich, und Angela Merkel, Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, sowie zahlreichen Bürgermeistern und Abgeordneten statt, ihres Zeichens Vertreter der durch die ausdauernden Kämpfe stark in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete und die am Wiederaufbau von Verdun mitgewirkt haben. Diese Zeremonie war der krönende Abschluss mehrtägiger Gedenkfeierlichkeiten, die in Verdun und auf dem Schlachtfeld abgehalten und zu denen die Familien und Nachfahren der Frontkämpfer der beiden in diese grauenhafte Schlacht verwickelten Länder begrüßt wurden.

Denn die Schlacht um Verdun bleibt im Bewusstsein der französischen Familien und Öffentlichkeit tief verankert. Man vergegenwärtige sich: Hier wurden in den 10 Monate währenden, erbitterten Kämpfen knapp 700.000 französische und deutsche Soldaten getötet, verwundet oder als vermisst erklärt. Der Krieg hätte in Verdun eine andere Richtung nehmen können. Für die Franzosen konnte der Zusammenbruch der Front gerade noch abgewendet werden. Was konnte aus einem solchen Gemetzel Neues entstehen? Was konnte man nach so vielen Toten noch zu hoffen wagen? Wie konnte man sich von so viel Leid erholen und sich nach so viel Hass wieder begegnen? Dennoch ist Verdun heute ein eindrucksvolles Symbol der deutsch-französischen Versöhnung. Diese Stätte, die die Stigmata der Konfrontationen bewahrt, zeugt von der Fähigkeit der Nationen, ihre vergangenen Feindschaften zu überwinden, und der Völker, die ihnen auferlegten Zerreißproben zu meistern. Verdun ist der Beweis, dass Frieden möglich ist.

Verdun ist ab der Zwischenkriegszeit Schauplatz zahlreicher großer und kleiner Gesten der deutsch-französischen Freundschaft und der Versöhnung zwischen den kriegsführenden Nationen. Schon 1936 leisten 30.000 französische und deutsche Kriegsveteranen auf dem Schlachtfeld selbst einen gemeinsamen Friedenseid. 1966 wird, anlässlich des 50. Jahrestages der Schlacht um Verdun, das "Friedensbuch" im Rathaus aufgelegt und von General de Gaulle unterzeichnet. Verdun wird aus diesem Anlass zur "Hauptstadt des Friedens" erhoben. Vor dem Beinhaus von Douaumont besiegeln am 22. September 1984

Präsident François Mitterrand und Kanzler Helmut Kohl Hand in Hand über über den Gräbern wiedererlangte Verständigung. Es ist auch dieses "gemeinsame Gedenken", das die Zeremonien vom 29. Mai 2016 beschwören. Denn Verdun und sein Schlachtfeld sind zu einem Touristenmagneten universellen Ausmaßes geworden. Auch wenn die Deutschen fast 40 % der Besucher stellen, weist die Besucherstatistik der Gedenkstätten auf die Entwicklung eines internationalen Tourismus hin, der ein stetig wachsendes Interesse an dieser hohen Gedenkstätte belegt.

VERDUN UND SEINE REGION, EIN AUSSERGEWÖHNLICHES KULTURERBE

Die 100-Jahrfeier von Verdun eröffnet auch die Möglichkeit, das touristische Erbe der Region an der Maas zu entdecken. Ganz gleich, wohin man blickt, das so hart umkämpfte Gebiet offenbart allerorten die Spuren und Zeugnisse der Kriegshandlungen: Nationalfriedhöfe, Gedenkstätten, zerstörte Dörfer, Militärbauten der damaligen Zeit, vom Trommelfeuer zerklüftete Landschaften ...

Die symbolträchtigste der achtzehn Nationalfriedhöfe (Nekropolen) dieses Schlachtfeldes ist der Nationalfriedhof von Fleury-devant-Douaumont, der anlässlich des 100. Jahrestages des Ersten Weltkrieges vollständig restauriert wurde. Der riesige, 144.000 m2 große Friedhof umfasst über 16.000 Gräber. Nur 500 m weiter nördlich umfasst der Bajonettgraben unter einem beeindruckenden Beton-Monument die Gebeine von sieben Infanteristen, die 1916 Opfer der Bombenangriffe wurden. Dieses Bauwerk zeichnet sich insbesondere durch ein monumentales Tor aus, ein Werk des Kunstschmieds Edgar Brandt, der 1923 auch den Eisenofen für die Flamme der Erinnerung auf dem Grab des Unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen geschmiedet hat. Die Stadt Verdun beherbergt das Weltfriedenszentrum sowie das 1929 eingeweihte Siegesdenkmal. An der Spitze dieses 30 m hohen Turms blickt eine auf ihr Schwert gestützte Kriegerstatue in Richtung Osten.

10 km von der Stadt entfernt erstrecken sich die Ruinen der Forts Vaux und Douaumont, die man besichtigen kann: Mächtige Bauwerke der befestigten Stadt Verdun und Schauplätze zahlreicher ebenso erbitterter wie mörderischer Kämpfe. Diese ausgeweideten Forts sind das Zeugnis einer von den französischen und deutschen Soldaten vor Verdun gemeinsam durchlebten Erfahrung.

In Vaux-devant-Douaumont stellt das Denkmal von Verdun den Besucher in den Mittelpunkt des Schlachtfeldes, damit er das tägliche Leben der Soldaten an der Front besser nachvollziehen und die Auswirkungen dieser Schlacht auf die umliegenden Landschaften besser ermessen kann. Durch ihre Vielfalt bieten diese Gedenkorte jedem einzelnen die Möglichkeit, die Schlacht um Verdun in all ihren Dimensionen und ihrer ganzen Maßlosigkeit zu verstehen.

DREITÄGIGE GEDENKFEIERN

Im Rahmen dieses Programms wurde den Frontkämpfern alle Ehre erwiesen. Drei Tage lang, vom 27. bis 30. Mai 2016, haben die Stadt Verdun und der Ballungsraum Grand Verdun kulturelle und erinnerungsstiftende Veranstaltungen zusammengestellt, die die Bevölkerung der Region und Besucher zusammenführen.

Nach der Einweihung der Gedenkstätte von Verdun führten François Hollande und Angela Merkel in Douaumont den Vorsitz der offiziellen Zeremonie zum 100. Jahrestag der Schlacht um Verdun. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurde eine Gedenkplatte im Beinhaus enthüllt.

An den Feierlichkeiten teilgenommen haben zudem 3.400 französische und deutsche Schüler aus allen Departements Frankreichs und Bundesländern Deutschlands, die von 300 jungen Menschen des Freiwilligendienstes und des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) betreut wurden. Anschließend entzündeten der Präsident der französischen Republik und die deutsche Kanzlerin die Flamme der Erinnerung im Beinhaus von Douaumont, wo sie, während die Trauerglocken läuteten, mit einem Händedruck den "Geist von Verdun" beschworen haben.

Das Programm, die Auftritte und die Momente der Sammlung gaben jedem einzelnen Gelegenheit, sich dem ehrenden Gedenken an die Soldaten anzuschließen, die wiedergefundene Freundschaft zu bekräftigen und die Bedeutung von Verdun als "Hauptstadt des Friedens" zu bestätigen.


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Die Redaktion

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